Übereinstimmungen mit: “kevin devine” …

Das Album der Woche


Kevin Devine – Nothing’s Real, So Nothing’s Wrong (2022)

-erschienen bei Triple Crown/Membran-

Regelmäßige Leser von ANEWFRIEND wissen es freilich: Kevin Devine ist seit Jahr und Tag ein regelmäßiger Gast auf diesem bescheidenen Blog, wannimmer es von neuen Tönen aus der Feder des kreativen 42-jährigen Singer/Songwriters aus Brooklyn zu berichten gibt.

Für alle anderen als kleiner Service hier noch einmal (s)ein Indie-Rock-Werdegang im Schnellabriss: Devines Karriere begann in den frühen Nullerjahren mit der Emo-Indie-Rock-Band Miracle of 86. Anschließend veröffentlichte er erste Soloalben, tourte mit seinem ständig wechselnden Backing-Kollektiv The Goddamn Band (welche ihrerseits unter anderem aus ehemaligen Mitgliedern von Miracle Of 86 besteht) und gründete mit Manchester Orchestra-Frontmann Andy Hull zudem das Projekt Bad Books. Neben seiner Solokarriere, welche zuletzt, 2016, die Alben “Instigator” sowie “We Are Who We’ve Always Been” (das 2017 erschien und Akustik-Versionen der “Instigator”-Songs beinhaltete) hervorbrachte, war Kevin Devine, der sich zudem auch politisch engagiert und oft genug Wort gegen soziale Missstände ergreift, auch Tourmusiker in zahlreichen anderen Bands und tourte weltweit, sowohl solo als auch mit befreundeten Bands und Musker*innen wie Frightened Rabbit, John K. Samson oder Julien Baker. Neuerdings beschritt der US-Musiker außerdem neue digitale Wege und bietet seinen treuesten Fans via Patreon exklusiven Content sowie Livestream-Shows (in welchen er etwa auch seinem Idol Elliott Smith die Ehre erwies).

Foto: Erik Tanner

Ja, auch ohne eigene „vollwertige“ Albumveröffentlichung hatte Kevin Devine in den letzten Jahren alle Hände voll zu tun. Wer da nicht versuchte, beständig am Ball zu bleiben, der konnte anhand des enormen Outputs des New Yorker Musikers (zu dem in der Vergangenheit außerdem ein Aus-Spaß-an-der-Freude-Komplettcover des Nirvana-Meilensteins „Nevermind“ zählte) schonmal den Überblick verlieren. Dass es nun doch ganze fünf Jahre gedauert hat, bis „Instigator“ einen Nachfolger erhält, kommt da fast ein wenig überraschend…

Andererseits platzt „Nothing’s Real, So Nothing’s Wrong“ mitten hinein in eine in vielerlei Hinsicht durch eine weltweite Pandemie, den Klimawandel, kriegerische Konflikte, rassistische Gewalttaten oder „Me Too“ aufgewühlte Zeit – vor allem, wenn man dessen Schöpfer selbst befragt: Konzepte wie Kapitalismus und Männlichkeit seien am Ende, so Devine, die Realität an Bizarrheit kaum noch zu überbieten. Wo Tocotronic ob des Zustands der Welt bereits anno 2007 einst „Kapitulation“ forderten, ruft der 42-Jährige nun zum eskapistischen Rückzug auf. Und zwar dem ins Innere: Realitätsverlust als Chance.

„Die Songs loten alle eine bestimmte Art aus, wie man auf eine Krise reagiert: spirituell, familiär und kulturell. Anstatt der ohnmächtigen Annahme, dass es einen unsichtbaren Architekten gibt, der alles bestimmt, sage ich mir: Alles ist genauso, wie es ist, und vieles von dem, was mir real vorkommt, ist gar nicht real: Ich muss mich nicht von Allem emotional kaputt machen lassen. ‚Nothing’s Real, So Nothing’s Wrong‘ ist natürlich eine plakative Aussage – Aber wie soll es sonst auch anders gehen heutzutage? Ich habe mir mit einem mentalen Skalpell einen ’safe space‘ erschaffen, in dem ich mich in Ruhe sortieren kann.“ (Kevin Devine)

Vor allem klanglich präsentiert sich Kevin Devines nunmehr zehntes Solo-Werk dabei in einem nahezu völlig neuen Gewand, denn garagiger Power Pop oder splitternackte Songwriter-Übungen sind auf „Nothing’s Real, So Nothing’s Wrong“ nicht mehr anzutreffen. Stattdessen balancieren Devine und Band spürbar mehr Tonspuren als je zuvor auf ihren schmalen Schultern und legen sich richtig hinein in die weiträumig ausgetüftelten und detailliert orchestrierten Stücke – ein „surrealer, cineastischer Bedroom-Rock-Fiebertraum“, wie’s im Begleittext zum neuen Album heißt. Songs wie „Override“ oder „Someone Else’s Dream“ klingen entsprechend, als hätte man rohen Elliott-Smith-Skizzen eine Pomp-Behandlung spendiert, so wie auch dieser seinen todtraurigen Songs auf „XO“ und insbesondere „Figure 8“ (freilich auch auf dem postum erschienenen „From A Basement On The Hill“) ein gewisses Mehr an Gewicht genehmigt hat. Schon das Eröffnungsstück „Laurel Leaf (Anhedonia)“, welches sich mit Anhedonia, der Unfähigkeit Freude und Lust zu empfinden, befasst, schichtet hibbelige Streicher und verrauschte Schlagzeugeffekte über eine Beatle’eske Pop-Melodie, die mit den Symptomen einer Depression konterkariert wird. „All the nights I cut myself and I felt nothing / Murder every messenger, but they keep coming“ – Auswege zu finden, ist oft genug unerträglich schwer. Manchmal bleibt da nur, sich mit dem inneren schwarzen Hund zu versöhnen. Mit dieser Überdosis Harmonie zwischen den Noten demonstriert Devine gleich zum Einstieg, wie viel Kraft und Selbstheilungspotential in tönender Kunst stecken kann – für die, die sie hören und die, die sie machen.

Galoppierende Stampf-Drums und flirrende Elektro-Sprengsel regnen in „How Can I Help You?“ herab, das zwar nicht direkt ins Ohr will, seine Qualitäten aber dennoch nach und nach offenbart. In anderen Songs experimentiert Devine nicht nur mit Soundcollagen, sondern auch mit Tempowechseln, weiteren Synthie-Backings und immer wieder mit traumwandlerischen, gar psychedelischen Harmonien, die in große Gesten umschlagen. Selbst in Momenten der Paranoia („Someone’s after me“) versucht er, seine innere, entspannte Mitte nicht zu verlieren, sodass ebenjene Momente fast ein wenig zugedröhnt wirken mögen. Was wiederum nicht heißt, dass Kompositionen wie etwa „It’s A Trap!“ nicht auch – im positiven Sinne – ein wenig chaotisch werden dürfen, wenn sich noch klarinettenähnliche Töne und krumme Rhythmen zu dem bunten Reigen dazugesellen – Größen von den Flaming Lips über Sparklehorse bis hin zu Wilco lassen hier als Referenzen lieb grüßen. Mit am besten kulminiert dies alles im vorab veröffentlichten „Albatross“. „I think my brain is broken“, fürchtet Devine in der nahezu formvollendeten, als feierlicher Sixties-Schunkler getarnten Stadion-Pop-Hymne, stellt jedoch auch relativierend fest: „Nothing matters anyway.“ – und man selbst merkt immer mehr, dass da vielleicht etwas dran sein könnte an seiner Feststellung. Das Album endet schließlich versöhnlich mit „Stitching Up The Suture“, und tatsächlich hat Devine im Laufe dieser Songs mit seinem vorsichtigen Optimismus so einige Wunden zugenäht – unsere, aber auch seine.

Obwohl „Nothing’s Real, So Nothing’s Wrong“, dessen Albumtitel etwas von zu viel Wein und Küchenphilosophie hat, nicht wenige musikalisch herausfordernde Geschütze auffährt (von denen zugegebenermaßen nicht jedes einen Volltreffer landet und einen im ersten Moment ein wenig überrumpeln mag), erstickt Album Nummer zehn dennoch nicht an der eigenen Theatralik. Auch lyrisch wagt sich der „Brooklyn Boy“ noch stärker als ohnehin schon ins Literarische vor, erzählt hochintrospektive, jedoch mit allerlei textlichen Verrenkungen ausgeschmückte Anekdoten eines zwar wachen, aber hochgradig an sich selbst zweifelnden Geistes, der sich vor der ihm fremd gewordenen Welt da draußen in sich selbst zurückzuziehen sucht. Letztendlich steckt jedoch mehr Konfrontation als Augenverschließen in Devines emphatischen Bewältigungsmechanismen, vor allem wenn es um seine eigene Einsamkeit geht – umso besser, dass all die Albträume, all die Ängste das Album nie in allzu dunkle Gefilde ziehen. Und natürlich tönen hier viele Songs schwer und sperrig, sind mit all den überbordenden, surrealen Arrangements, den gleißenden Synthies, den schwankenden Gitarren, den Popsongrahmen oft genug sprengenden Klangexperimenten recht nahe dran am Psychedelic Pop der bereits genannten Flaming Lips oder Sparklehorse, muten mitunter sogar ein bisschen esoterisch an, und sind von der Unbekümmertheit des jungen „Emo-Devine“ von vor einem Jahrzehnt, der nur Stimme, Gitarre und ein bisschen Grunge Rock benötigte, um jedes Hörerherz zu erwärmen, meilenweit entfernt. Aber auch eine konsequente Weiterentwicklung – zumindest musikalisch. Bei all dem absurden Irrsinn in der Welt da draußen bleibt eben manchmal nur noch die Einsiedelei und der Weg zurück zu sich selbst. Denn da, dort drinnen, kriegt einen keiner. Dennoch: all is not lost.

Rock and Roll.

Getaggt mit , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , ,

Was bringt das Musikjahr? – Der Veröffentlichungskalender 2022


Foto: Yaroslav Blokhin / via

Same procedure as every year – Das neue Jahr ist erst wenige Stunden alt, wirft jedoch bereits – auch in Punkto Albumneuerscheinungen – den ein oder anderen langen Schatten voraus. Damit ihr auch 2022 nicht ganz und gänzlich den Überblick verliert, fasst ANEWFRIEND als kleinen Service für euch wieder die ein oder andere relevante Ankündigung zusammen.

Nachdem auch das vergangene Jahr Corona-bedingt und gerade in kulturellem Sinne, seiner einmal mehr konzertfreien, gefühlt ewig langen Zeit wegen, als ein weiteres dezent seuchiges in die Annalen eingehen dürfte, bleibt für die kommenden zwölf Veröffentlichungsmonate nicht nur zu hoffen, dass nun baldigst wieder dauerhaft Konzerte und Festivals stattfinden werden (denn irgendwoher müssen gerade kleinere Künstler fernab der Rolling Stones, Madonnas und Coldplays – Einfallsreichtum mit Streaming-Shows hin oder her – ja ihre Butter aufs Brot bekommen), sondern auch, dass die Tage bis Dezember 2022 wieder das ein oder andere fulminant tönende Glanzlicht bereit halten werden… Also denn: ANEWFRIEND ist gespannt, ANEWFRIEND bleibt auch im zehnten Blogjahr (oder sogar schon elften – je nachdem, wie man’s betrachtet) maximal neugierig!

JANUAR 2022

The Wombats – Fix Yourself, Not The World (VÖ 07.01.2022)

Beirut – Artifacts (VÖ 10.01.2022)

Blood Red Shoes – Ghosts On Tape (VÖ 14.01.2022)

Broken Social Scene – Old Dead Young: B-Sides & Rarities (VÖ 14.01.2022)

Cat Power – Covers (VÖ 14.01.2022)

Miles Kane – Change The Show (VÖ 14.01.2022)

Billy Talent – Crisis Of Faith (VÖ 21.01.2022)

Boris – W (VÖ 21.01.2022)

Lars Bygdén – One Last Time For Love (VÖ 28.01.2022)

Eels – Extreme Witchcraft (VÖ 28.01.2022)

Madrugada – Chimes At Midnight (VÖ 28.01.2022)

Pinegrove – 11:11 (VÖ 28.01.2022)

Tocotronic – Nie wieder Krieg (VÖ 28.01.2022)

FEBRUAR 2022

Bastille – Give Me The Future (04.02.2022)

Black Country, New Road – Ants From Up There (VÖ 04.02.2022)

Circa Survive – Dream About Death EP (VÖ 04.02.2022)

The Districts – Great American Painting (VÖ 04.02.2022)

Korn – Requiem (VÖ 04.02.2022)

Mitski – Laurel Hell (VÖ 04.02.2022)

Pedro The Lion – Havasu (VÖ 04.02.2022)

A Place To Bury Strangers – See Through You (VÖ 04.02.2022)

Shoreline – GROWTH (VÖ 04.02.2022)

The Slow Show – Still Life (VÖ 04.02.2022)

alt-J – The Dream (VÖ 11.02.2022)

Big Thief – Dragon New Warm Mountain I Believe In You (VÖ 11.02.2022)

Cult Of Luna – The Long Road North (VÖ 11.02.2022)

Johnossi – Mad Gone Wild (VÖ 11.02.2022)

Slash feat. Myles Kennedy and The Conspirators – 4 (VÖ 11.02.2022)

Spoon – Lucifer On The Sofa (VÖ 11.02.2022)

Frank Turner – FTHC (VÖ 11.02.2022)

Eddie Vedder – Earthling (VÖ 11.02.2022)

Beach House – Once Twice Melody (VÖ 18.02.2022)

Dreamtigers – Ellapsis (VÖ 18.02.2022)

Hot Water Music – Feel The Void (VÖ 18.02.2022)

Intergalactic Lovers – Liquid Love (VÖ 18.02.2022)

MAITA – I Just Want To Be Wild For You (VÖ 18.02.2022)

Shout Out Louds – House (VÖ 18.02.2022)

White Lies – I Try Not To Fall Apart (VÖ 18.02.2022)

Casper – Alles war schön und nichts tat weh (VÖ 25.02.2022)

Dashboard Confessional – All The Truth That I Can Tell (VÖ 25.02.2022)

Gang Of Youths – Angel In Realtime. (VÖ 25.02.2022)

King Hannah – I’m Not Sorry, I Was Just Being Me (VÖ 25.02.2022)

Johnny Marr – Fever Dreams Pts 1-4 (VÖ 25.02.2022)

Spiritualized – Everything Was Beautiful (VÖ 25.02.2022)

Superchunk – Wild Loneliness (VÖ 25.02.2022)

Corey Taylor – CMFB…Sides EP (VÖ 25.02.2022)

MÄRZ 2022

Band Of Horses – Things Are Great (VÖ 04.03.2022)

Emma Elisabeth – Some Kind Of Paradise (VÖ 04.03.2022)

Guided By Voices – Crystal Nuns Cathedral (VÖ 04.03.2022)

Stereophonics – Oochya! (VÖ 04.03.2022)

Brandon Boyd – Echoes And Cocoons (VÖ 11.03.2022)

Alex Cameron – Oxy Music (VÖ 11.03.2022)

Drug Church – Hygiene (VÖ 11.03.2022)

Franz Ferdinand – Hits To The Head (VÖ 11.03.2022)

Ghost – Imperia (VÖ 11.03.2022)

Minor Majority – Kiss Off (VÖ 11.03.2022)

Cypress Hill – Back In Black (VÖ 18.03.2022)

Peter Doherty & Frédéric Lo – The Fantasy Life Of Poetry & Crime (VÖ 18.03.2022)

Feeder – Torpedo (VÖ 18.03.2022)

KMPFSRT – Euphorie und Panik (VÖ 18.03.2022)

Midlake – For The Sake Of Bethel Woods (VÖ 18.03.2022)

Camp Cope – Running With The Hurricane (VÖ 25.03.2022)

Caracara – New Preoccupations (VÖ 25.03.2022)

Destroyer – Labyrinthitis (VÖ 25.03.2022)

Kevin Devine – Nothing’s Real, So Something’s Wrong (VÖ 25.03.2022)

Get Well Soon – Amen (VÖ 25.03.2022)

Aldous Harding – Warm Chris (VÖ 25.03.2022)

Placebo – Never Let Me Go (VÖ 25.03.2022)

Sea Girls – Homesick (VÖ 25.03.2022)

APRIL 2022

Desaparecidos – Live at Shea Stadium (VÖ 01.04.2022)

FHEELS – Lotus (VÖ 01.04.2022)

Christian Lee Hudson – Quitters (VÖ 01.04.2022)

Sondre Lerche – Avatars Of Love (VÖ 01.04.2022)

Nullmillimeter – Wer die Wahrheit sagt, braucht ein schnelles Pferd (VÖ 01.04.2022)

PUP – The Unravelling Of Puptheband (VÖ 01.04.2002)

Red Hot Chili Peppers – Unlimited Love (VÖ 01.04.2022)

Die Arbeit – Wandel (VÖ 08.04.2022)

Banks – Serpentina (VÖ 08.04.2022)

Calexico – El Mirador (VÖ 08.04.2022)

Father John Misty – Chloë And The Next 20th Century (VÖ 08.04.2022)

Carla Geneve – Learn To Like It (VÖ 08.04.2022)

Jack White – Fear Of The Dawn (VÖ 08.04.2022)

Tim Kasher – Middling Age (VÖ 15.04.2022)

Spanish Love Songs – Brave Faces Etc. (VÖ 15.04.2022)

Kurt Vile – (watch my moves) (VÖ 15.04.2022)

Boy Omega – It’s Dangerous To Go Alone! Take This. (VÖ 22.04.2022)

Fountains D.C. – Skinty Fia (VÖ 22.04.2022)

Ryan Adams – Romeo & Juliet (VÖ 25.04.2022)

Archive – Call To Arms & Angels (VÖ 29.04.2022)

Bloc Party – Alpha Games (VÖ 29.04.2022)

Dälek – Precipice (VÖ 29.04.2022)

The Head And The Heart – Every Shade Of Blue (VÖ 29.04.2022)

Röyksopp – Profound Mysteries (VÖ 29.04.2022)

Tomberlin – I Don’t Know Who Needs To Hear This… (Ö 29.04.2022)

MAI 2022

Arcade Fire – WE (VÖ 06.05.2022)

Belle & Sebastian – A Bit Of Previous (VÖ 06.05.2022)

Sharon van Etten – We’ve Been Going About This All Wrong (VÖ 06.05.2022)

Everything Everything – Raw Data Feel (VÖ 06.05.2022)

Ok Kid – Drei (VÖ 06.05.2022)

Rolling Blackouts Coastal Fever – Endless Rooms (VÖ 06.05.2022)

Warpaint – Radiate Like This (VÖ 06.05.2022)

Bear’s Den – Blue Hours (VÖ 13.05.2022)

The Black Keys – Dropout Boogie (VÖ 13.05.2022)

Florence and the Machine – Dance Fever (VÖ 13.05.2022)

Friska Viljor – Don’t Save The Last Dance (VÖ 13.05.2022)

Husten – Aus allen Nähten (VÖ 13.05.2022)

Kevin Morby – This Is A Photograph (VÖ 13.05.2022)

The Smile – A Light For Attracting Attention (VÖ 13.05.2022)

Cave In – Heavy Pendulum (VÖ 20.05.2022)

Erdmöbel – Guten Morgen, Ragazzi (VÖ 20.05.2022)

Craig Finn – A Legacy Of Rentals (VÖ 20.05.2022)

Grillmaster Flash – Komplett Ready (VÖ 20.05.2022)

Charlie Hickey – Nervous At Night (VÖ 20.05.2022)

Porridge Radio – Waterslide, Diving Board, Ladder To The Sky (VÖ 20.05.2022)

Slut – Are We Bored My Dear EP (VÖ 20.05.2022)

Spice – Viv (VÖ 20.05.2022)

Coheed and Cambria – Vaxis II: A Window Of The Waking Mind (VÖ 27.05.2022)

Liam Gallagher – C’mon You Know (VÖ 27.05.2022)

Liam Gallagher – Down By The River Thames (VÖ 27.05.2022)

Stars – From Capelton Hill (VÖ 27.05.2022)

Wilco – Cruel Country (VÖ 27.05.2022)

JUNI 2022

INVSN – Let The Night Love You (VÖ 03.06.2022)

Angel Olsen – Big Time (VÖ 03.06.2022)

Trixsi – And You Will Know Us By The Grateful Dead (VÖ 03.06.2022)

Billy Howerdel – What Normal Was (VÖ 10.06.2022)

Shearwater – The Great Awakening (VÖ 10.06.2022)

Foals – Life Is Yours (VÖ 17.06.2022)

Perfume Genius – Ugly Season (VÖ 17.06.2022)

Bartees Strange – Farm To Table (VÖ 17.06.2022)

Pete Yorn – Hawaii (VÖ 17.06.2022)

Alesisonfire – Otherness (VÖ 24.06.2022)

Jack Johnson – Meet The Moonlight (VÖ 24.06.2022)

Petrol Girls – Baby (VÖ 24.06.2022)

Porcupine Tree – Closure / Continuation (VÖ 24.06.2022)

Soccer Mommy – Sometimes, Forever (VÖ 24.06.2022)

Regina Spektor – Home, Before And After (VÖ 24.06.2022)

Wolf Alice – Blue Lullaby EP (VÖ 24.06.2022)

JULI 2022

Jochen Distelmeyer – Gefühlte Wahrheiten (VÖ 01.07.2022)

Paolo Nutini – Last Night In The Bittersweet (VÖ 01.07.2022)

Berries – How We Function (VÖ 08.07.2022)

Metric – Formentera (VÖ 08.07.2022)

Neil Young & Crazy Horse – Toast (VÖ 08.07.2022)

Joyce Manor – 40 Oz. To Fresno (VÖ 10.07.2022)

…And You Will Know Us By The Trail Of Dead – XI: Bleed Here Now (VÖ 15.07.2022)

Beabadoobee – Beatopia (VÖ 15.07.2022)

Black Midi – Hellfire (VÖ 15.07.2022)

Bryde – Still (VÖ 15.07.2022)

Interpol – The Other Side Of Make-Believe (VÖ 15.07.2022)

Ryan Adams – FM (VÖ 22.07.2022)

Ben Harper – Bloodline Maintenance (VÖ 22.07.2022)

The Kooks – 10 Tracks To Echo In The Dark (VÖ 22.07.2022)

Ty Segall – Hello, Hi (VÖ 22.07.2022)

She & Him – Melt Away: A Tribute To Brian Wilson (VÖ 22.07.2022)

Jack White – Entering Heaven Alive (VÖ 22.07.2022)

Dance Gavin Dance – Jackpot Juicer (VÖ 29.07.2022)

Murder By Death – Spell/Bound (VÖ 29.07.2022)

Maggie Rogers – Surrender (VÖ 29.07.2022)

Jamie T – The Theory Of Whatever (VÖ 29.07.2022)

AUGUST 2022

Kasabian – The Alchemist’s Euphoria (VÖ 05.08.2022)

Danger Mouse & Black Thought – Cheat Codes (VÖ 12.08.2022)

Osees – A Foul Form (VÖ 12.08.2022)

Hot Chip – Freak Out/Release (VÖ 19.08.2022)

Love A – Meisenstaat (VÖ 19.08.2022)

Motorpsycho – Ancient Astronauts (VÖ 19.08.2022)

The Mountain Goats – Bleed Out (VÖ 19.08.2022)

Russian Circles – GNOSIS (VÖ 19.08.2022)

Silversun Pickups – Physical Thrills (VÖ 19.08.2022)

Faber – Orpheum (Live) (VÖ 26.08.2022)

Julia Jacklin – Pre Pleasure (VÖ 26.08.2022)

Long Distance Calling – Eraser (VÖ 26.08.2022)

Muff Potter – Bei aller Liebe (VÖ 26.08.2022)

Muse – Will Of The People (VÖ 26.08.2022)

Heather Nova – Other Shores (VÖ 26.08.2022)

Pianos Become The Teeth – DRIFT (VÖ 26.08.2022)

Tiny Moving Parts – Tiny Moving Parts (VÖ 26.08.2022)

SEPTEMBER 2022

Luke Sital-Singh – Like A Stranger (VÖ 02.09.2022)

Two Door Cinema Club – Keep On Smiling (VÖ 02.09.2022)

The Afghan Whigs – How Do You Burn? (VÖ 09.09.2022)

Built To Spill – When The Wind Forgets Your Name (VÖ 09.09.2022)

Ozzy Osbourne – Patient Number 9 (VÖ 09.09.2022)

Preoccupations – Arrangements (VÖ 09.09.2022)

Rocky Votolato – Wild Roots (VÖ 09.09.2022)

The Beths – Expert In A Dying Field (VÖ 16.09.2022)

Death Cab For Cutie – Asphalt Meadows (VÖ 16.09.2022)

Lissie – Carving Canyons (VÖ 16.09.2022)

The Mars Volta – The Mars Volta (VÖ 16.09.2022)

Marcus Mumford – (self-titled) (VÖ 16.09.2022)

Max Prosa – Wann könnt ihr endlich friedlich sein? (VÖ 16.09.2022)

Provinz – Zorn & Liebe (VÖ 16.09.2022)

Suede – Autofiction (VÖ 16.09.2022)

Turin Brakes – Wide-eyed Nowhere (VÖ 16.09.2022)

Christine And The Queens – Redcar les adorables étoiles (VÖ 23.09.2022)

Editors – EBM (VÖ 23.09.2022)

Nils Frahm – Music For Animals (VÖ 23.09.2022)

Future Teens – Self Help (VÖ 23.09.2022)

Lande Hekt – House Without A View (VÖ 23.09.2022)

Kraftklub – Kargo (VÖ 23.09.2022)

2nd Grade – Easy Listening (VÖ 30.09.2022)

Björk – Fossora (VÖ 30.09.2022)

Dropkick Murphys – This Machine Still Kills Fascists (VÖ 30.09.2022)

Jens Friebe – Wir sind schön (VÖ 30.09.2022)

Lambchop – The Bible (VÖ 30.09.2022)

Sebastian Madsen – Ein bisschen Seele (VÖ 30.09.2022)

Pixies – Doggerel (VÖ 30.09.2022)

Slipknot – The End, So Far (VÖ 30.09.2022)

Titus Andronicus – The Will To Live (VÖ 30.09.2022)

Yeah Yeah Yeahs – Cool It Down (VÖ 30.09.2022)

OKTOBER 2022

Broken Bells – Into The Blue (VÖ 07.10.2022)

Bush – The Art Of Survival (VÖ 07.10.2022)

Dillon – 6abotage (VÖ 07.10.2022)

Will Sheff – Nothing Special (VÖ 07.10.2022)

The Snuts – Burn The Empire (VÖ 07.10.2022)

A.A. Williams – As The Moon Rests (VÖ 07.10.2022)

Pup – Pup Unravels In Front Of Everyone They Know EP (VÖ 12.10.2022)

Betterov – Olympia (VÖ 14.10.2022)

Brian Eno – ForeverAndEverNoMore (VÖ 14.10.2022)

Fehlfarben – ?0?? (VÖ 14.10.2022)

L.A. Salami – Ottoline (VÖ 14.10.2022)

Press Club – Endless Motion (VÖ 14.10.2022)

Red Hot Chili Peppers – Return Of The Dream Canteen (VÖ 14.10.2022)

Sparta – Sparta (VÖ 14.10.2022)

Arctic Monkeys – The Car (VÖ 21.10.2022)

Brutus – Unison Life (VÖ 21.10.2022)

Dry Cleaning – Stumpwork (VÖ 21.10.2022)

Arny Margret – They Only Talk About The Weather (VÖ 21.10.2022)

Taylor Swift – Midnights (VÖ 21.10.2022)

Serj Tankian – Perplex Cities EP (VÖ 21.10.2022)

Tegan and Sara – Crybaby (VÖ 21.10.2022)

Fireside – Bin Juice (VÖ 28.10.2022)

Dan Mangan – Being Somewhere (VÖ 28.10.2022)

NOVEMBER 2022

Ef – We Salute You, You And You! (VÖ 04.11.2022)

First Aid Kit – Palomino (VÖ 04.11.2022)

William Fitzsimmons – Covers, Vol 1 (VÖ 04.11.2022)

Phoenix – Alpha Zulu (VÖ 04.11.2022)

Fjørt – Nichts (VÖ 11.11.22)

glaston – I Am Whole (VÖ 11.11.2022)

Franz Nicolay – New River (VÖ 11.11.2022)

Bruce Springsteen – Only The Strong Survive (VÖ 11.11.2022)

The Wombats – Is This What It Feels Like To Feel Like This? EP (VÖ 18.11.2022)

Neil Young & Crazy Horse – World Record (VÖ 18.11.2022)

Pale – The Night, The Dawn And What Remains (VÖ 25.11.2022)

The Smith Street Band – Life After Football (VÖ 25.11.2022)

DEZEMBER 2022

Leftfield – This Is What We Do (VÖ 02.12.2022)

Thees Uhlmann & Band – 100.000 Songs Live in Hamburg (VÖ 02.12.2022)

Shitney Beers – This Is Pop (VÖ 09.12.2022) 

Jupiter Jones – Die Sonne ist ein Zwergstern (VÖ 30.12.2022)

UND SONST?

Algiers – Shook (VÖ 24.02.2023)

The Baboon Show – God Bless You All (VÖ 13.01.2023)

The Cure – Songs Of A Lost World (2022)

The Distillers – tba. (tba.)

DMA’s – Everybody’s Saying Thursday’s The Weekend (VÖ 31.03.2023)

Donots – Heut ist ein guter Tag (VÖ 03.02.2023)

Dredg – tba. (tba.)

Fucked Up – One Day (VÖ 27.01.2023)

The Go! Team – Get Up Sequences Part Two (VÖ 03.02.2023)

Gorillaz – Cracker Island (VÖ 24.02.2023)

July Talk – Remember Never Before (VÖ 20.01.2023)

The Libertines – tba. (2022)

My Bloody Valentine – tba. (2022)

Paramore – This Is Why (VÖ 10.02.2023)

Pascow – Sieben (VÖ 27.01.2023)

Rival Sons – Darkfighter (VÖ 10.03.2023)

Philip Selway – Strange Dance (VÖ 24.02.2023)

The Smashing Pumpkins – Atum: A Rock Opera In Three Acts (VÖ 21.04.2023)

The Subways – Uncertain Joys (VÖ 13.01.2022)

(Wurde etwas vergessen? Dann lass’ es ANEWFRIEND in den Kommentaren wissen…)

Rock and Roll.

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Der Jahresrückblick – Teil 1


Was für Musik braucht man in einem so eigenartigen Jahr wie diesem? Solche, bei der die Halsschlagader wild pocht und der ganze gerechte Zorn auf diese ganze verdammt verrückte und aus den Angeln geratene Welt ein brodelndes Ventil bekommt. Solche, die einem sanft über den Kopf streicht und einem die Hoffnung einhaucht, dass alles schon besser, „normaler“, gewohnter werden wird – irgendwann, irgendwie. Und auch solche, die einen in ihrer Euphorie einfach gnadenlos mitreißt, und einen – im besten Fall – alles andere – das Gute wie das Schlechte – für Momente vergessen lässt. Eine Zuflucht. Eine Ton und Wort gewordene zweite Heimat. Zwischen diesen drei Fixpunkten ist in meiner Bestenliste der persönlich tollsten Alben des Musikjahres 2021 einmal mehr recht wenig zu finden, an den Endpunkten dafür umso mehr. Bühne frei und Vorhang auf für ANEWFRIENDs Alben des Jahres!

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Cleopatrick – BUMMER

2021, ein Jahr, welches rückblickend im Schatten dieser vermaledeiten Pandemie an einem vorbeizog. Januar… Corona… Dezember. War irgendwas? Habe ich irgendetwas verpasst? Nope? Okay, gut – ich leg’ mich mal wieder hin. 

Trotzdem musste es auch in den zurückliegenden zwölf Monaten – und fern aller Kontakbeschränkungen, Li-La-Lockdown-Hin-und-hers, Impfdiskussionen und Wutbürgereien (alles so Begriffe, die kaum einer noch hören oder lesen mag, jedoch längst in unseren sprachlichen Alltag übergegangen sind) – ja irgendwie weitergehen. Während der große Musikfestival- und Konzerttross auch 2021 – allen Lösungs- und Anschubversuchen der Beteiligten zum Trotz – im Gros zum Stillstand verdonnert war, durfte der musikalische Veröffentlichungskalender das ein oder andere Highlight für sich verbuchen, welches es eventuell ohne Fledermaus, menschliche Dummheit und eben Corona nie gegeben hätte. Wäre, wäre, Fahrradkette – klar.

Ebenso auffällig ist, dass sich die ANEWFRIEND’sche Alben-Jahresbestenliste in 2021 wieder auffällig vom Konsens anderer Musikmagazine und -portale unterscheidet, nachdem ich 2020 noch – völlig berechtigt – in die Jubelfeier von Phoebe Bridgers’ großartigem Werk „Punisher“ einstimmen durfte. Denn während andernwebs gefühlte Konsens-Platten von Turnstile oder Little Simz abgefeiert, hochjubiliert und über den grünen Kritikerklee gelobt werden, finden diese hier so gar nicht statt. Hab’s versucht, habe reingehört – just not my cup o’tea. (Dass jedoch weder die neue Platte von The War On Drugs, noch die von etwa The Notwist oder Mogwai – um nur eben die paar Beispiele zu nennen, welche mir gerade einfallen – Erwähnung finden, ist wohl vielmehr dem simplen Fakt geschuldet, dass ich bei all den tollen neuen Tönen des Musikjahres noch nicht zum Hören dieser Alben gekommen bin.) Andererseits findet mein persönliches Album des Jahres andernwebs (beinahe schon erschreckend) wenig Erwähnung. Verehrte Kritiker-Kolleg*innen – was’n da los?

An Luke Gruntz und Ian Fraser alias Cleopatrick kann’s keinesfalls liegen, denn die beiden Kanadier zerlegen mit ihrem Langspiel-Debüt „BUMMER“ in weniger als einer halben Stunde in bester Duo-Manier mal eben alles, was gerade noch unbehelligt im eigenen verranzten Proberaum in Coburg, Ontario im Weg stand. The Black Keys sind euch zu bluesmuckig? Royal Blood sind mittlerweile – und spätestens mit ihrem diesjährigen dritten Album „Typhoons“ – zu sehr in Richtung Indiedisco gehüpft? Bei den White Stripes hat die so schrecklich eintönig neben dem Beat trommelnde Meg White eh schon immer genervt? Dann sind diese zehn Stücke euer persönlicher Hauptgewinn! Im Grunde gibt’s über diese Platte im tiefen Dezember auch gar nicht mehr zu berichten als das, was ich knapp sechs Monate zuvor in meiner Review zum Ausdruck gebracht habe (oder zum Ausdruck bringen wollte). Das Ding rockt wie die im Lockdown ganz fuchsteufelswild gewordene Sau! Mehr juvenile, am Zeitgeist zwischen Blues’n’Indierock- und Hippe-di-Hopp-Gestus gewachsene Pommesgabel brauchte es 2021 nicht. Hat leider kaum ein grunzendes Nutztier mitbekommen, macht’s für mich selbst aber keineswegs schlechter. Geil, geiler, Cleopatrick on fuckin’ repeat.

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2. The Killers – Pressure Machine

Hätte ich nie erwartet, ist aber tatsächlich passiert – Teil 1: Brandon Flowers und seine Killers durfte man eigentlich – nach immerhin vier im Großen und Ganzen (n)irgendwohin musizierenden Alben zwischen 2008 und 2020 (also alle nach „Sam’s Town“) – schon ad acta legen. Umso überraschender, dass dem Bandkopf der Las-Vegas-Alternative-Poprocker ein solches qualitativ dichtes, tatsächlich zu Herzen rührendes Werk wie „Pressure Machine“ in den kreativen Schoß fiel, während Flowers – wie viele seiner Kolleg*innen auch – dazu verdonnert war, konzertfrei zu Hause herumzusitzen. Er machte das Beste daraus und zog sich gedanklich nach Nephi zurück, einem 5.000-Seelen-Örtchen im Nirgendwo von Utah, Vereinigte Staaten, wo er als zehn- bis 17-Jähriger lebte, bevor es ihn wieder in seine Geburtsstadt Las Vegas verschlug. Die daraus resultierenden Tagträumereien sind jedoch keineswegs biografisch verklärter Hurra-US-Patriotismus, sondern ein ehrlicher, scheuklappenfreier Tribut an die oft von der Gesellschaft vergessenen „einfachen Leute“, an ihre Leben, Lieben und persönlichen Geschichten. Dass diese irgendwo zwischen auf Balladeskes im Heartland Rock und – ja klar, gänzlich können es Flowers und seine drei Bandkumpane auch hier nicht lassen – schillernde Festivalhauptbühnendiscokugel pendelnden elf Songs ebenjene „einfachen Leute“ zwischendrin auch selbst zu Wort kommen lassen, macht das Gesamtergebnis eben nur noch dichter, tiefer und zu einem Konzeptwerk-Erlebnis, welches selbst die größten, wohlwollendsten Killers-Freunde anno 2021 kaum mehr erwartet haben dürften. Großes Breitwandformatkino für die Ohren.

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3.  Torres – Thirstier

Man einem Künstler, manch einer Künstlerin verleiht das Glück der Liebe ja keine kreativen Hemmschuhe, sondern vielmehr tönende Flügel – das beste aktuelle Beispiel dürfte Mackenzie Ruth „Torres“ Scott sein. Deren fünfte Platte bestätigt zudem, dass die im wuseligen Big Apple beheimatete US-Musikerin längst aus der Indie-Singer/Songwriterinnen-Sadcore-Nummer früherer Tage heraus gewachsen ist. Für die zehn Stücke von „Thirstier“ setzt sie auf raumgreifende Rock-Hymnen, welche selbst kleine Alltäglichkeiten immer etwas glänzender darstellen, als man sich das zunächst denken würde. „Before my wild happiness, who was I if not yours?“ konstatiert Torres beispielsweise in „Hug From A Dinosaur“. Oft genug stellt man sich beim Hören der Songs selbst die Frage: Wie schön – zum Himmel, zur Hölle – kann man bitte über die Liebe singen?!? Exemplarisch etwa das sanft startende und in einem fulminanten Feuerwerk endende fantastische Titelstück: „The more of you I drink / The thirstier I get“ – Zeilen fürs von Herzen umrahmte Poesiealbum, ebenso das Zitat aus dem manischen Finale des Albumabschlusses „Keep The Devil Out“, welches passenderweise die Auslaufenrillen der A- und B-Seiten der Vinylversion ziert: „Everybody wants to go to heaven / But Nobody wants to die to get there“. Bei Torres sind diese gefühligen Momente anno 2021 meist mit donner-dröhnenden Gitarrenteppichen unterlegt, die sich so mit ihrer mahnend bis sehnsüchtig-zerrenden Stimme verbinden, dass man nur jubilieren möchte: Endlich mehr Liebe, endlich mehr Epos! Ihr bisher gelungendstes Werk, ohne Zweifel.

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4.  Moritz Krämer – Die traurigen Hummer

Moritz Krämer macht mit „Die traurigen Hummer“ ein nahezu lupenreines „Moritz-Krämer-Album“ und beweist, dass er noch immer der besten bundesdeutschen Liedermacher ist. Dass dieses irgendwie ja vor dem zweiten Album „Ich hab’ einen Vertrag unterschrieben“ entstand? Dass der Berliner Musiker, den man sonst als ein Viertel von Die höchste Eisenbahn kenn kann, hier einmal mehr den Blick auf die abseitigen kleinen Alltagsmomente legt und für jene Sätze findet, auf die man selbst in abertausend Leben nicht gekommen wäre, die aber nun plötzlich ebenso richtig wie wichtig scheinen? Dass Krämer sich in den zehn Songs einmal mehr als wohlmöglich größter Kauz des deutschen Indie Pops erweist? Alles erfreulich, alles ebenso unterhaltsam wie kurzweilig, genau wie dieses Album.

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5.  Gisbert zu Knyphausen & Kai Schumacher – Lass irre Hunde heulen

Hätte ich nie erwartet, ist aber tatsächlich passiert – Teil 2: Gisbert zu Knyphausen, seines Zeichens – neben dem gerade erwähnten Moritz Krämer – ein anderer großer deutscher Liedermacher, und Kai Schumacher, mit Talent gesegneter Pianist und hier der andere kongeniale Part, kommen mit Neuvertonungen von Franz Schubert-Stücken ums Eck. Was im ersten Moment – und ohne einen der Töne von „Lass irre Hunde heulen“ im Gehörgang zu haben – anmuten könnte wie die nervtötende siebente Stunde im Deutsch- oder Musik-Leistungskurs, gerät überraschenderweise derart faszinierend, dass es eine wahre Schau ist. Gisbert zu Knyphausen und Kai Schumacher transportieren etwa 200 Jahre alte Stücke ins 21. Jahrhundert als wäre dieses Kunststück das kleinste der Welt. Romantik meets Moderne, und man selbst hört fasziniert träumend zu.

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6.  Biffy Clyro – The Myth Of The Happily Ever After

Mal Butter bei die Fische: Jene Band, die einst mit „Infinity Land“ und „Puzzle“ auch meinen eigenen musikalischen Kosmos im Sturm eroberte, gibt es längst nicht mehr. Sie wird wohl auch kaum mehr wiederkommen, da brauchen sich selbst innigst Hoffende wenig vormachen. Zu breit ist die Fanbasis geworden, die sich Biffy Clyro mit den darauffolgenden Alben in den vergangenen zehn Jahren erschlossen haben, zu mainstreamig fällt das Festival-Publikum aus, das die Headlines-Auftritte der drei Schotten mittlerweile besucht. Und doch gibt „The Myth Of The Happily Ever After“ endlich wieder berechtigten Grund zur Hoffnung – und all jenen die Hand, die einst Songs wie „Wave Upon Wave Upon Wave“ erlagen. Wenngleich Biffy Clyro recht wenig Interesse daran haben, die Uhren so weit zurückzudrehen. In Ansätzen gab bereits der letztjährige Vorgänger „A Celebration Of Endings“ den neuen Glauben an die Band zurück, allen voran durch den ruppigen Schlusstrack „Cop Syrup“. Aber erst sein in Lockdown-Eigenregie entstandenes Geschwister-Album, mit Fleisch gewordenem Alternative Rock in „A Hunger In Your Haunt“, einer Gänsehaut erzeugenden Verneigung vor einem zu früh verstobenem Freund in „Unknown Human 01“, der aufbäumenden Ehrerbietung für ein unterentwickeltes japanisches Rennpferd namens „Haru Urara“ und einem erneut aggressiv schäumendem Finale, lässt das 2016er Werk „Ellipsis“ endgültig als elektropoppigen Solitär in der Vita einer der größten und sympathischsten Stadionbands der Gegenwart erscheinen. Mon the Biff!

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7.  Sam Fender – Seventeen Going Under

Seventeen Going Under“, das Nachfolgewerk zu Sam Fenders bockstarkem Debütalbum „Hypersonic Missiles“ (welches seinerzeit, 2019, den Spitzenplatz der ANEWFRIEND’schen Jahrescharts erobern konnte), ist eine klassische Coming-Of-Age-LP. Der Musiker aus North Shields, einer kleinen Stadt im Nordosten Englands, berichtet von seinen eigenen Erfahrungen als Teenager, die oft genug von Angst, Wut und Problemen handeln – „See, I spent my teens enraged / Spiralling in silence“ wie es im eröffnenden Titelstück heißt. Trotz der sehr persönlichen Geschichten schafft es Fender, die Themen – schwierige Beziehungen mit Familie und Freunden, Umgang mit Erwartungshaltungen, Erfahrungen mit Alkohol und Gewalt, Gefahren toxischer Männlichkeit – universell zugänglich und nachfühlbar für alle Hörer*innen zu machen. So handelt „Get You Down“ davon, wie eigene Unsicherheiten Partnerschaften beeinflussen, oder „Spit Of You“ von der schwierigen Beziehung von Vätern und Söhnen. Aber auch seine politische Seite zeigt der Engländer wieder, wenn er etwa in „Aye“ seinem Ärger über die gegenwärtigen Zustände Luft macht und zu dem Schluss kommt: „I’m not a fucking patriot anymore, […] I’m not a fucking liberal anymore“. In eine ähnliche Richtung geht „Long Way Off“, in dem es heißt: „The hungry and divided play into the hands of the men who put them there“. Beim Sound wird Fender seinem Ruf als „Geordie Springsteen“ oder als einer Art „britischer Antwort auf The War On Drugs“ weitgehend gerecht. Klassischer, hymnisch orientierter Rock-Sound trifft in den elf Songs (in der Deluxe Edition sind’s sogar fünf mehr) auf treibende Gitarrenriffs und Saxofon-Einlagen, der jedoch wegen seiner kraftvollen Produktion und dem pumpenden Schlagzeug dennoch alles andere als gestrig tönt. Und: Der 27-Jährige und seine Band variieren und spielen auch – etwa, wie bei „Spit Of You“, mit Country-Einflüssen oder Piano-Balladen-Interpretationen („Last To Make It Home“ und „The Dying Light“). Fast ein bisschen experimentell klingt „The Leveller“ an, wenn sich hämmernde Drums mit Streichern auf Speed verbinden. Alles in allem mag „Seventeen Going Under“ zwar im ersten Hördurchgang nicht dieselbe Sogwirkung entwickeln wie der Erstling, geht jedoch dennoch als würdiger Nachfolger von „Hypersonic Missiles“ durch, der einen trotz der ernsten, gesellschaftskritischen Themen mit einem zwar melancholischen, jedoch durchaus guten Gefühl entlässt. Oder, wie Sam Fender es selbst recht passend zusammenfasst: „It’s a celebration of life after hardship, and it’s a celebration of surviving.“

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8.  Manchester Orchestra – The Million Masks Of God

Dass Manchester Orchestra, bei genauerem Hinhören seit einiger Zeit eine der faszinierendsten Bands im Alternative-Rock-Kosmos, kein Album zweimal schreiben, macht den Sound des US-Quartetts aus Atlanta, Georgia irgendwie aus und lässt ihre Werke bestenfalls zu von Hördurchgang zu Hördurchgang stetig wachsenden Klang-Kaleidoskopen werden wie das 2017er Album „A Black Mile To The Surface“. Auf „The Million Masks Of God“, seines Zeichens Langspieler Nummer sieben, entfernt sich die Band um Frontmann Andy Hull noch weiter von ihren frühen Emo-Rock-Einflüssen zugunsten eines poppigen, noch weiter aufgefächerten Indie-Sounds, der hier vor allem um Einflüsse aus Americana, Alt. Country und sogar Gospel erweitert wird. Wer’s böse meint, der könnte behaupten, dass es wohlmöglich das „amerikanischste Album“ sei, dass Manchester Orchestra je (oder zumindest bisher) geschrieben haben. So versetzt etwa „Keel Timing“ alle Hörer*innen direkt in eine Midwest-Szenerie, die einem einen Güterzug vors innere Auge pinselt. Wer noch mehr zu kriteln haben mag, der darf gern behaupten, dass dem Album in Gänze – zumindest im ersten Moment – jener „Pop-Approach“ fehlen mag, welchen einzig „Bed Head“, ein nahezu perfekt geschriebener Popsong mit hohem Suchtfaktor, liefert. Stattdessen verlagern Andy Hull und Co. das Faszinosum hier weiter ins Detail und hinein in die stilleren Töne, wenngleich es mit „The Internet“ auch einen kleinen Rückblick auf den Vorgänger „A Black Mile To The Surface“ gibt. Mit dem hat „The Million Masks Of God“ dann noch etwas anderes gemein: Einmal mehr benötigt ein Manchester Orchestra-Langspieler mehr Zeit, mehr Hördurchgänge, um zu wachsen, um in Tiefe wirklich erfasst werden zu können. Freunde der Band aus Zeiten vor dem ähnlich einnehmenden „Simple Math“ wird es jedoch wohl nur schwerlich begeistern können. 

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9.  Thrice – Horizons / East

Spätestens seit ihrer Rückkehr nehmen Thrice verlässlich Platten von großmeisterlicher Souveränität auf – „Horizons / East“ bildet da erfreulicherweise keine Ausnahme. Dass Frontmann Dustin Kensrue dieses Mal eindringlich von bröckelnden Gewissheiten singt, darf dennoch als Hinweis an alle durchgehen, die sich vor der Altersmilde einer ehemaligen Sturm-und-Drang-Band fürchten. Klar, behagliche Gitarren-Ströme beherrscht das US-Quartett genauso mühelos wie aufbrandende Refrains, das macht Songs wie das erst anmutig torkelnde und schließlich explodierende „Dandelion Wine“ oder die knackige Deftones-Hommage „Scavengers“ jedoch nicht weniger beeindruckend. Schuld daran sind Details in den Texturen – die verdrehten Riffs in „Scavengers“ etwa – oder rhythmische Haken, die den umliegenden Wohlklang bestenfalls schaumig schlagen. Andere Songs experimentieren stilistisch, „Northern Lights“ mischt zum Gefrickel unruhigen Bar-Jazz, „Robot Soft Exorcism“ wiederum integriert thematisch passend synthetische Sounds. Im Finale „Unitive / East“ lösen sich Thrice gar spektakulär in einer fluoreszierenden Soundpfütze auf, in welche ein klimperndes Piano tröpfelt – mit dem Versprechen, bald mit den Nachfolger „Horizons / West“ zurückzukehren.

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10. Julien Baker – Little Oblivions

„Everything I get, I deserve / You whisper to me ‚Don’t you like when it hurts?’…“ Niemand leidet so schön wie Julien Baker. Die Musik der Singer/Songwriterin aus Tennessee ist ein offenes Buch, das in wunderschönen Worten von Depressionen, Alkoholismus, Zweifeln an der eigenen Spiritualität und zerbrochenen Beziehungen erzählt. Schon auf ihrem 2015er Debüt kümmerte sich Baker herzlich wenig darum, geneigten Hörer*innen Oden von der Freude vorzuträllern – ist schließlich ihr Album, sind ihre Probleme, also ist all das ihre Therapie. Und all jene, die den Werdegang der mittlerweile 26-jährigen US-Musikerin genauer verfolgen, wissen: daran hat sich über die Jahre nichts – und wenn, dann lediglich in Detailfragen – geändert. Auch „Little Oblivions“, ihr nunmehr drittes Album, erzählt von recht ähnlichen Problemen in ebenso schönen Worten – und trifft einen damit erneut mitten ins Herz. Was sich allerdings geändert hat, ist die Art, wie Baker das Lecken ihrer Wunden musikalisch aufbereitet. Wo „Sprained Ankle“ und „Turn Out The Lights“ in ihrer Spärlichkeit und desolaten Klanglandschaften fast schon nihilistisch wirkten (was umso ironischer gerät, wenn man weiß, wie offen Julien Baker ihren Glauben zur Schau stellt), erklingen in „Little Oblivions“ erstmals detaillierte, organische Orchestrationen, die den tröstenden Silberstreifen verbildlichen, der sich im Laufe der Platte immer wieder flüchtig manifestiert. „Little Oblivions“ beschreibt diesen Moment, sucht danach – und macht darin am Ende doch vieles wieder kaputt. Man lausche nur dem fulminanten Finale von „Hardline“! Baker findet immer wieder kurz Halt, nur um erneut vom destruktiven Strudel aus Selbstzweifeln und der schlichten Unfähigkeit, glücklich zu sein, hinabgerissen zu werden. „It doesn’t feel too bad / But it doesn’t feel too good either“ – Ihre Songs sind bittersüße Umarmungen, ein wohltuendes Bad in den eigenen Tränen, das auf „Little Oblivions“ mehr denn je dazu einlädt, kopfüber einzutauchen, während Julien Baker einem klammheimlich das Herz aus der Brust reißt. Katharsis und Destruktion, Erlösung und Zweifel lagen 2021 selten näher beieinander. 

…auf den weiteren Plätzen:

Kevin Devine – Matter Of Time II mehr…

Jim Ward – Daggers mehr…

Slut – Talks Of Paradise

Danger Dan – Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt mehr…

Wolfgang Müller – Die Nacht ist vorbei mehr…

Rock and Roll.

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Auf dem Radar: Ethan Gruska


Foto: Josh Rothstein

Im Fall von Ethan Gruska ist die Behauptung, dass ihm das Gespür fürs Musikalische in die Wiege gelegt wurde, weitaus mehr als eine platte Phrase. Der in Los Angeles lebende 32-Jährige wuchs im sagenumwobenen San Fernando Valley auf und begleitete seinen Vater, den Emmy-nominierten Komponisten Jay Gruska, schon als kleiner Steppke bei der Arbeit mit mal diesen, mal jenen Session-Musikern in dessen Hinterhofstudio, in welchem dieser an der Hintergrunduntermalung für bekannte Fernsehserien wie “Supernatural” “Charmed” oder “Lois & Clark: The New Adventures of Superman” werkelte. Auch seine Begeisterung für die Soundtracks großer Filmklassiker von „Star Wars“ über „Der weiße Hai“ bis „Indiana Jones“ ist keinesfalls verwunderlich, immerhin stammen die Partituren von seinem Großvater, dem legendären John Williams. „Als Kind habe ich nicht verstanden, wie schwer das alles ist“, meint Ethan Gruska heute. „Aber die Studioumgebung fühlte sich für mich nie fremd oder beängstigend an.“

Diese früh erlernte Mentalität half Gruska wohl auch, als er 2019 einen recht unerwarteten Anruf von Fiona Apple erhielt, der dazu führte, dass sie zusammen ins Studio gingen. Und die unlängst mehrfach Grammy-prämierte Indie-Musikerin ist bei weitem nicht der einzige fashionable Name auf Gruskas Produzenten-Vita. So schrieb der Tausendsassa auch Songs für John Legend, arbeitete mit dem Ghanaisch-US-amerikanischen R’n’B-Soul-Jazzer Moses Sumney zusammen, co-produzierte etwa „Punisher“ von Singer/Songwriter-Senkrechtstarterin Phoebe Bridgers – ohne Zweifel eines der Indie-Konsens-Alben des vergangenen Jahres – und half mal hier, mal da bei der Arbeit an „The Million Masks Of God„, dem in Kürze erscheinenden neuen Album der Atlanta-Alternative-Rocker Manchester Orchestra aus. Und all das, während er selbst sein im Januar 2020 erschienenes zweites Solo-Werk „En Garde“ aufnahm. Und nun? „Ich hoffe, dass all das zu mehr Kollaborationen als Produzent und Autor führt“, sagt er. „Es ist ein langer Prozess, in dem ich alles zusammenführe, was ich gelernt habe – und es mit meiner eigenen Stimme verbinde.“

Dabei war die Zusammenarbeit mit Phoebe Bridgers die wohl wichtigste für den aufstrebenden Studio-Sidekick. Gruska traf die ebenfalls in Los Angeles beheimatete Indie-Musikerin zum ersten Mal durch Tony Berg, einen erfahrenen Studio-/A&R-Veteranen, der Gruskas erstes Soloalbum, das 2017 erschienene „Slowmotionary“, produzierte. „Phoebe, Tony und ich – wir nennen uns ‚The Trilemma‘: ein Dilemma mit drei möglichen Ausgängen“, meint Gruska lachend. „Wir helfen uns oft gegenseitig aus.“ Berg und er hatten bereits „Stranger In The Alps„, Bridgers‘ gefeiertes Albumdebüt von 2017, mitproduziert und waren umso mehr in den Kreativprozess des großartigen „Punisher“ (ANEWFRIENDs „Album des Jahres 2020„) eingebunden. „Sie [Phoebe Bridgers] brachte eine Reihe von Songs mit ins Studio, die wirklich klasse waren – sowohl textlich als auch kompositorisch“, meint Gruska. „Und ich hatte vor den Albumarbeiten ein paar neue Studio-Spielzeuge bekommen – Granular-Synthesizer-Sampler – also gab es so einige Soundspielereien auf der Platte.“

Auch Ethan Gruskas Kontakt zu Fiona Apple verdankt dieser wohl seinen familiären Banden: Seine ältere Schwester Barbara, mit der er übrigens als The Belle Brigade zwischen 2011 und 2014 zwei irgendwie sonnig-kalifornische, irgendwie auch somnambule Folk-Rock-Alben irgendwo im musikalischen Dickicht zwischen den Beach Boys und Fleetwood Mac in die Plattenregale stellte und die unter anderem für einige Zeit in Apples Live-Band hinterm Schlagzeug saß, machte ihn schon als Teenager mit den „klassischen“ Alben der lange von der breiten Masse verschmähten, jedoch stets vom distinguierten Feuilleton geliebten Indie-Musikerin bekannt. Wen wundert’s – Gruska verliebte sich sofort in die seelenvolle Tiefe von Werken wie „Tidal“ oder „When The Pawn…“. Als Tony Berg ihn also Mitte 2019 bat, bei einem von ihm produzierten Apple-Song – einer Coverversion des The Waterboys-Evergreens „The Whole Of The Moon“ für die Showtime-Serie „The Affair“ – Klavier zu spielen, war er logischerweise hellauf begeistert. „Ich hatte noch nie jemanden erlebt, der mit so viel Energie in einem Take singt und es dann auch noch perfekt hinbekommt“, erinnert sich Gruska. Wenige Wochen später war er Co-Produzent von Apples Cover von Simon & Garfunkels „7 O’Clock News/Silent Night„, das diese gemeinsam mit Bridgers und Matt Berninger von The National aufnahm und zugunsten der Charity-Organisation Planned Parenthood veröffentlichte.

Und auch seine Zusammenarbeit mit Manchester Orchestra verlief über ähnliche Umwege. So wurde Ethan Gruska 2019 hinzugezogen, um dem recht programmatisch im LedZep-Stil „III“ betitelten dritten Album von Bad Books, Andy Hulls Kollabo-Projekt mit Indie-Singer/Songwriter Kevin Devine, den letzten Schliff zu geben. Und Hull, rein zufällig eben auch Frontmann und Mastermind hinter Manchester Orchestra, war so beeindruckt, dass er Gruska für die Co-Produktion des kommenden sechsten Studioalbums seiner Hauptband engagierte, deren letztes Album, „A Black Mile To The Surface“ von 2017, für die vierköpfige Alternative-Rock-Band sowohl klanglich als auch was die Chart-Platzierungen betraf, einen kleinen Quantensprung darstellte. Und wenn man Gruska (sowie den ersten Hörproben „Bed Head“ und „Keel Timing„) Glauben schenken darf, dann werden Fans der Band auch an „The Million Masks Of God“ Gefallen finden. „Es gibt wirklich interessante, charaktergetriebene Erzählungen, aber man merkt immer, dass es um etwas geht, das für ihn [Andy Hull] real ist“, so Gruska über das neue Album von Manchester Orchestra.

Klare Sache: Von Ethan Gruska, dem das Gespür fürs Musikalische ohne jeden Zweifel in die Wiege gelegt wurde, wird in Zukunft noch einiges zu hören sein. Dennoch seien allen abseits der Sachen, die er auch in der kommenden Zeit für andere im Studio an den Reglern und Instrumenten in kreative Bahnen lenken wird, noch einmal Gruskas eigene Solo-Alben „Slowmotionary“ und „En Garde„, auf denen von hintersinnigen kleinen Indie-Pop-Experimenten über entspannt-kalifornischen Indie Rock bis hin zu verträumtem Indie Folk so vieles passiert, wärmstens empfohlen. Allein schon – aber natürlich nicht nur – wegen des tollen Duetts mit Phoebe Bridgers beim Song „Enough For Now“.

Rock and Roll.

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Sunday Listen: „Everybody Cares – An Elliott Smith Compilation“


Am 21. Oktober 2003 starb Elliott Smith viel zu früh im Alter von 34 Jahren. 17 Jahre später ist sein Einfluss auf die Singer/Songwriter- und Indie-Rock-Szene noch immer ungebrochen, gelten die Songs des US-Musikers samt und sonders als in balladeske Melancholie gefasste Kleinode, die es gilt zu schützen, zu bewahren und kommenden Generationen von Nachwuchs-Klampfern näher zu bringen. Kaum verwunderlich also, dass von Zeit zu Zeit immer mal wieder neue Tribute-Compilations das digitale Licht des Internets erblicken. So auch jetzt.

Der neue, zehn Beiträge umfassende Tribute-Sampler „Everybody Cares“ ist dabei quasi die Fortsetzung einer Livestream-Spendenaktion, die im vergangenen Jahr stattfand. Im letzten Sommer tat sich der ehemalige WU LYF-Bassist Francis Lung mit der französischen Website „La Blogothèque“ und dem Podcast „My Favorite Elliott Smith Song“ zusammen, um eine Reihe von Elliott-Smith-Covern zu präsentieren und mit diesen Livestream-Shows etwas Geld für die britischen LGBQ+-Wohltätigkeitsorganisationen AKT, das Audre Lorde Project und GIRES zu sammeln. Und so konnte er fürs Lineup dieser Shows einige namhafte Indie-Künstler wie Christian Lee Hutson, Marissa Nadler, Kevin Devine oder Marika Hackman verpflichten. Für alle jene, die die Streams damals verpasst haben, hat sich Lung nun erneut mit „La Blogothèque“ und „My Favorite Elliott Smith Song“ zusammengetan, um darauf aufbauend ein komplettes Album mit Smith’schen Coverversionen zu veröffentlichen.

Logisch also, dass auf „Everybody Cares – An Elliott Smith Compilation“ erneut Hutson, Nadler, Devine und Hackman mitwirken. Lung selbst nimmt sich Smiths „The Biggest Lie“ an. Auf der Compilation finden sich auch Coverversionen von Künstlern wie Lionlimb, Blaenavon oder Real Estate-Bandleader Martin Courtney, die sich mal mehr (etwa Marissa Nadlers langsame, gespenstische Version von „Pitseleh“), mal weniger weit von den bekannten Originalen weg bewegen. Obendrein kommen erneut alle Erlöse den oben genannten Charity-Organisationen zugute. So oder so: eine runde Sache.

Rock and Roll.

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„Let’s all make tiny changes to Earth“ – Der illustre New Yorker Tribute-Abend an Scott Hutchison im Stream und Download


Handmade Festival, Leicester, UK - 30 Apr 2018

Foto: RMV/Shutterstock

Im vergangenen Dezember fand sich eine recht illustre Runde bekannter Indie-Musiker – namentlich Ben Gibbard (Death Cab For Cutie), Julien Baker, Aaron Dessner (The National), Craig Finn (The Hold Steady) und Kevin Devine – auf der Bühne des Rough Trade Stores in Brooklyn, New York zusammen, um einem gemeinsamen Freund zu gedenken: Scott Hutchison, Frontmann der schottischen Indie-Rocker Frightened Rabbit, welcher im vergangenen Jahr viel zu jung verstarb. Tolles Line-up, bei dem einzig der traurige Anlass die Laune etwas getrübt haben dürfte…

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All jenen, die bei diesem sehr speziellen Tribute-Gig weder im Big Apple dabei sein konnten noch großen Spaß an semi-tollen Handy-Mitschnitten haben, macht der Rest der Frightened-Rabbit-Jungs (zu denen auch Scotts Bruder Grant gehört) nun ein tolles Geschenk, welches sie vor wenigen Tagen via Facebook teilten: einen gut 70-minütigen „rough recording“-Mitschnitt ebenjenes Konzertabends vom 5. Dezember 2018, welchen man bei Interesse hier aufs heimische Abspielgerät laden kann.

Und wer sich wiederum dafür bedanken möchte, dem empfehlen die verbliebenen Frightened Rabbits, selbst etwas Gutes zu tun und etwa dem in Gedenken an Scott Hutchison ins Leben gerufenen „Scott Hutchison Fund“ etwas zu spenden…

 

This night was not a night of mourning or a night of sadness but a celebration of an extremely special person and the music he created. Scott inspired everyone who met him, heard his lyrics or saw his art. We feel his loss every day but we are all in this together and we carry on strengthened by the support of the people involved in this recording and those around the world who have been affected by Scott’s passing. A huge thank you goes out to Ben Gibbard, Craig Finn, Aaron Dessner, Julien Baker and Kevin Devine for their support, love and kindness in being involved. We want to encourage people who listen to this to laugh, cry, hug and sing in your worst Scottish accent at the top of your lungs and keep the spirit of Scott alive in all our hearts and all our voices. While we’re alive let’s all make tiny changes to Earth.

 

 

Rock and Roll.

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