Wir leben in verdammt unbeständigen Zeiten, von daher ist’s schön wenn es Dinge gibt, die nunmal schlichtweg feststehen. Dass Bob Dylan mindestens ein, zwei phänomenal großartige Songs geschrieben hat und die Singer/Songwriter… ach was, die Musikszene heutzutage ohne Robert Allen Zimmerman aus Duluth, Minnesota eine nahezu undenkbare, jedoch mindestens völlig andere wäre.
Absolut verständlich also, dass im Laufe der Jahrzehnte zig mal mehr, mal weniger bekannte Künstler*innen und Bands die 81-jährige, unter anderem gar mit einem Literatur-Nobelpreis dekorierte Musik-Legende mit Coverversionen bedacht haben – zwar mit höchst unterschiedlichen qualitativen Erfolgen, dennoch sorgt jede einzelne von ihnen dafür, Dylans Erbe fester im Hier und Jetzt zu verankern.
Auf der positiven Habenseite präsentiert sich nun jene Coverversion, die Angel Olsen unlängst vom anno 1964 auf Bob Dylans drittem Album „The Times They Are A-Changin‘“ erschienenen Stück „One Too Many Mornings“ veröffentlicht hat. Die Version der US-Indie-Folk-meets-Art-Pop-Musikerin, welche ihrerseits unlängst mit „Big Time“ ein von der Kritik höchst positiv aufgenommenes neues Album in die Plattenläden stellte, ist Teil des Soundtracks zur Apple TV+-Serie „Shining Girls„, in der Elisabeth Moss („The Handmaid’s Tale“) sowohl als Darstellerin als auch als ausführende Produzentin in Erscheinung tritt.
Etwas Gutes hat der Musik gewordene Dylan-Knicks obendrein auch, denn Olsen spendet die Einnahmen aus den Streaming-Tantiemen für „One Too Many Mornings“ an die gemeinnützige US-Organisation Everytown for Gun Safety, die sich für die Kontrolle von Waffen einsetzt. Zudem wird die 35-jährige Musikerin in Kürze mit den befreundeten Kolleginnen Julien Baker und Sharon Van Etten auf ausgedehnte The Wild Hearts-US-Tour gehen und während der Konzerte, wie man so liest, den gemeinsamen Wurzeln für den guten alten, handgemachten Alt.Country fröhnen. Shows in good ol‘ Europe sind zwar aktuell nicht geplant, dafür kann man derzeit bestens Angel Olsens neusten kreativen Ergüssen auf Konserve (aka. Studio-Langspieler Nummer sechs) lauschen.
Was für Musik braucht man in einem so eigenartigen Jahr wie diesem? Solche, bei der die Halsschlagader wild pocht und der ganze gerechte Zorn auf diese ganze verdammt verrückte und aus den Angeln geratene Welt ein brodelndes Ventil bekommt. Solche, die einem sanft über den Kopf streicht und einem die Hoffnung einhaucht, dass alles schon besser, „normaler“, gewohnter werden wird – irgendwann, irgendwie. Und auch solche, die einen in ihrer Euphorie einfach gnadenlos mitreißt, und einen – im besten Fall – alles andere – das Gute wie das Schlechte – für Momente vergessen lässt. Eine Zuflucht. Eine Ton und Wort gewordene zweite Heimat. Zwischen diesen drei Fixpunkten ist in meiner Bestenliste der persönlich tollsten Alben des Musikjahres 2021 einmal mehr recht wenig zu finden, an den Endpunkten dafür umso mehr. Bühne frei und Vorhang auf für ANEWFRIENDs Alben des Jahres!
2021, ein Jahr, welches rückblickend im Schatten dieser vermaledeiten Pandemie an einem vorbeizog. Januar… Corona… Dezember. War irgendwas? Habe ich irgendetwas verpasst? Nope? Okay, gut – ich leg’ mich mal wieder hin.
Trotzdem musste es auch in den zurückliegenden zwölf Monaten – und fern aller Kontakbeschränkungen, Li-La-Lockdown-Hin-und-hers, Impfdiskussionen und Wutbürgereien (alles so Begriffe, die kaum einer noch hören oder lesen mag, jedoch längst in unseren sprachlichen Alltag übergegangen sind) – ja irgendwie weitergehen. Während der große Musikfestival- und Konzerttross auch 2021 – allen Lösungs- und Anschubversuchen der Beteiligten zum Trotz – im Gros zum Stillstand verdonnert war, durfte der musikalische Veröffentlichungskalender das ein oder andere Highlight für sich verbuchen, welches es eventuell ohne Fledermaus, menschliche Dummheit und eben Corona nie gegeben hätte. Wäre, wäre, Fahrradkette – klar.
Ebenso auffällig ist, dass sich die ANEWFRIEND’sche Alben-Jahresbestenliste in 2021 wieder auffällig vom Konsens anderer Musikmagazine und -portale unterscheidet, nachdem ich 2020 noch – völlig berechtigt – in die Jubelfeier von Phoebe Bridgers’ großartigem Werk „Punisher“ einstimmen durfte. Denn während andernwebs gefühlte Konsens-Platten von Turnstile oder Little Simz abgefeiert, hochjubiliert und über den grünen Kritikerklee gelobt werden, finden diese hier so gar nicht statt. Hab’s versucht, habe reingehört – just not my cup o’tea. (Dass jedoch weder die neue Platte von The War On Drugs, noch die von etwa The Notwist oder Mogwai – um nur eben die paar Beispiele zu nennen, welche mir gerade einfallen – Erwähnung finden, ist wohl vielmehr dem simplen Fakt geschuldet, dass ich bei all den tollen neuen Tönen des Musikjahres noch nicht zum Hören dieser Alben gekommen bin.) Andererseits findet mein persönliches Album des Jahres andernwebs (beinahe schon erschreckend) wenig Erwähnung. Verehrte Kritiker-Kolleg*innen – was’n da los?
An Luke Gruntz und Ian Fraser alias Cleopatrick kann’s keinesfalls liegen, denn die beiden Kanadier zerlegen mit ihrem Langspiel-Debüt „BUMMER“ in weniger als einer halben Stunde in bester Duo-Manier mal eben alles, was gerade noch unbehelligt im eigenen verranzten Proberaum in Coburg, Ontario im Weg stand. The Black Keys sind euch zu bluesmuckig? Royal Blood sind mittlerweile – und spätestens mit ihrem diesjährigen dritten Album „Typhoons“ – zu sehr in Richtung Indiedisco gehüpft? Bei den White Stripes hat die so schrecklich eintönig neben dem Beat trommelnde Meg White eh schon immer genervt? Dann sind diese zehn Stücke euer persönlicher Hauptgewinn! Im Grunde gibt’s über diese Platte im tiefen Dezember auch gar nicht mehr zu berichten als das, was ich knapp sechs Monate zuvor in meiner Review zum Ausdruck gebracht habe (oder zum Ausdruck bringen wollte). Das Ding rockt wie die im Lockdown ganz fuchsteufelswild gewordene Sau! Mehr juvenile, am Zeitgeist zwischen Blues’n’Indierock- und Hippe-di-Hopp-Gestus gewachsene Pommesgabel brauchte es 2021 nicht. Hat leider kaum ein grunzendes Nutztier mitbekommen, macht’s für mich selbst aber keineswegs schlechter. Geil, geiler, Cleopatrick on fuckin’ repeat.
Hätte ich nie erwartet, ist aber tatsächlich passiert – Teil 1: Brandon Flowers und seine Killers durfte man eigentlich – nach immerhin vier im Großen und Ganzen (n)irgendwohin musizierenden Alben zwischen 2008 und 2020 (also alle nach „Sam’s Town“) – schon ad acta legen. Umso überraschender, dass dem Bandkopf der Las-Vegas-Alternative-Poprocker ein solches qualitativ dichtes, tatsächlich zu Herzen rührendes Werk wie „Pressure Machine“ in den kreativen Schoß fiel, während Flowers – wie viele seiner Kolleg*innen auch – dazu verdonnert war, konzertfrei zu Hause herumzusitzen. Er machte das Beste daraus und zog sich gedanklich nach Nephi zurück, einem 5.000-Seelen-Örtchen im Nirgendwo von Utah, Vereinigte Staaten, wo er als zehn- bis 17-Jähriger lebte, bevor es ihn wieder in seine Geburtsstadt Las Vegas verschlug. Die daraus resultierenden Tagträumereien sind jedoch keineswegs biografisch verklärter Hurra-US-Patriotismus, sondern ein ehrlicher, scheuklappenfreier Tribut an die oft von der Gesellschaft vergessenen „einfachen Leute“, an ihre Leben, Lieben und persönlichen Geschichten. Dass diese irgendwo zwischen auf Balladeskes im Heartland Rock und – ja klar, gänzlich können es Flowers und seine drei Bandkumpane auch hier nicht lassen – schillernde Festivalhauptbühnendiscokugel pendelnden elf Songs ebenjene „einfachen Leute“ zwischendrin auch selbst zu Wort kommen lassen, macht das Gesamtergebnis eben nur noch dichter, tiefer und zu einem Konzeptwerk-Erlebnis, welches selbst die größten, wohlwollendsten Killers-Freunde anno 2021 kaum mehr erwartet haben dürften. Großes Breitwandformatkino für die Ohren.
Man einem Künstler, manch einer Künstlerin verleiht das Glück der Liebe ja keine kreativen Hemmschuhe, sondern vielmehr tönende Flügel – das beste aktuelle Beispiel dürfte Mackenzie Ruth „Torres“ Scott sein. Deren fünfte Platte bestätigt zudem, dass die im wuseligen Big Apple beheimatete US-Musikerin längst aus der Indie-Singer/Songwriterinnen-Sadcore-Nummer früherer Tage heraus gewachsen ist. Für die zehn Stücke von „Thirstier“ setzt sie auf raumgreifende Rock-Hymnen, welche selbst kleine Alltäglichkeiten immer etwas glänzender darstellen, als man sich das zunächst denken würde. „Before my wild happiness, who was I if not yours?“ konstatiert Torres beispielsweise in „Hug From A Dinosaur“. Oft genug stellt man sich beim Hören der Songs selbst die Frage: Wie schön – zum Himmel, zur Hölle – kann man bitte über die Liebe singen?!? Exemplarisch etwa das sanft startende und in einem fulminanten Feuerwerk endende fantastische Titelstück: „The more of you I drink / The thirstier I get“ – Zeilen fürs von Herzen umrahmte Poesiealbum, ebenso das Zitat aus dem manischen Finale des Albumabschlusses „Keep The Devil Out“, welches passenderweise die Auslaufenrillen der A- und B-Seiten der Vinylversion ziert: „Everybody wants to go to heaven / But Nobody wants to die to get there“. Bei Torres sind diese gefühligen Momente anno 2021 meist mit donner-dröhnenden Gitarrenteppichen unterlegt, die sich so mit ihrer mahnend bis sehnsüchtig-zerrenden Stimme verbinden, dass man nur jubilieren möchte: Endlich mehr Liebe, endlich mehr Epos! Ihr bisher gelungendstes Werk, ohne Zweifel.
Moritz Krämer macht mit „Die traurigen Hummer“ ein nahezu lupenreines „Moritz-Krämer-Album“ und beweist, dass er noch immer der besten bundesdeutschen Liedermacher ist. Dass dieses irgendwie ja vor dem zweiten Album „Ich hab’ einen Vertrag unterschrieben“ entstand? Dass der Berliner Musiker, den man sonst als ein Viertel von Die höchste Eisenbahn kenn kann, hier einmal mehr den Blick auf die abseitigen kleinen Alltagsmomente legt und für jene Sätze findet, auf die man selbst in abertausend Leben nicht gekommen wäre, die aber nun plötzlich ebenso richtig wie wichtig scheinen? Dass Krämer sich in den zehn Songs einmal mehr als wohlmöglich größter Kauz des deutschen Indie Pops erweist? Alles erfreulich, alles ebenso unterhaltsam wie kurzweilig, genau wie dieses Album.
Hätte ich nie erwartet, ist aber tatsächlich passiert – Teil 2: Gisbert zu Knyphausen, seines Zeichens – neben dem gerade erwähnten Moritz Krämer – ein anderer großer deutscher Liedermacher, und Kai Schumacher, mit Talent gesegneter Pianist und hier der andere kongeniale Part, kommen mit Neuvertonungen von Franz Schubert-Stücken ums Eck. Was im ersten Moment – und ohne einen der Töne von „Lass irre Hunde heulen“ im Gehörgang zu haben – anmuten könnte wie die nervtötende siebente Stunde im Deutsch- oder Musik-Leistungskurs, gerät überraschenderweise derart faszinierend, dass es eine wahre Schau ist. Gisbert zu Knyphausen und Kai Schumacher transportieren etwa 200 Jahre alte Stücke ins 21. Jahrhundert als wäre dieses Kunststück das kleinste der Welt. Romantik meets Moderne, und man selbst hört fasziniert träumend zu.
Mal Butter bei die Fische: Jene Band, die einst mit „Infinity Land“ und „Puzzle“ auch meinen eigenen musikalischen Kosmos im Sturm eroberte, gibt es längst nicht mehr. Sie wird wohl auch kaum mehr wiederkommen, da brauchen sich selbst innigst Hoffende wenig vormachen. Zu breit ist die Fanbasis geworden, die sich Biffy Clyro mit den darauffolgenden Alben in den vergangenen zehn Jahren erschlossen haben, zu mainstreamig fällt das Festival-Publikum aus, das die Headlines-Auftritte der drei Schotten mittlerweile besucht. Und doch gibt „The Myth Of The Happily Ever After“ endlich wieder berechtigten Grund zur Hoffnung – und all jenen die Hand, die einst Songs wie „Wave Upon Wave Upon Wave“ erlagen. Wenngleich Biffy Clyro recht wenig Interesse daran haben, die Uhren so weit zurückzudrehen. In Ansätzen gab bereits der letztjährige Vorgänger „A Celebration Of Endings“ den neuen Glauben an die Band zurück, allen voran durch den ruppigen Schlusstrack „Cop Syrup“. Aber erst sein in Lockdown-Eigenregie entstandenes Geschwister-Album, mit Fleisch gewordenem Alternative Rock in „A Hunger In Your Haunt“, einer Gänsehaut erzeugenden Verneigung vor einem zu früh verstobenem Freund in „Unknown Human 01“, der aufbäumenden Ehrerbietung für ein unterentwickeltes japanisches Rennpferd namens „Haru Urara“ und einem erneut aggressiv schäumendem Finale, lässt das 2016er Werk „Ellipsis“ endgültig als elektropoppigen Solitär in der Vita einer der größten und sympathischsten Stadionbands der Gegenwart erscheinen. Mon the Biff!
„Seventeen Going Under“, das Nachfolgewerk zu Sam Fenders bockstarkem Debütalbum „Hypersonic Missiles“ (welches seinerzeit, 2019, den Spitzenplatz der ANEWFRIEND’schen Jahrescharts erobern konnte), ist eine klassische Coming-Of-Age-LP. Der Musiker aus North Shields, einer kleinen Stadt im Nordosten Englands, berichtet von seinen eigenen Erfahrungen als Teenager, die oft genug von Angst, Wut und Problemen handeln – „See, I spent my teens enraged / Spiralling in silence“ wie es im eröffnenden Titelstück heißt. Trotz der sehr persönlichen Geschichten schafft es Fender, die Themen – schwierige Beziehungen mit Familie und Freunden, Umgang mit Erwartungshaltungen, Erfahrungen mit Alkohol und Gewalt, Gefahren toxischer Männlichkeit – universell zugänglich und nachfühlbar für alle Hörer*innen zu machen. So handelt „Get You Down“ davon, wie eigene Unsicherheiten Partnerschaften beeinflussen, oder „Spit Of You“ von der schwierigen Beziehung von Vätern und Söhnen. Aber auch seine politische Seite zeigt der Engländer wieder, wenn er etwa in „Aye“ seinem Ärger über die gegenwärtigen Zustände Luft macht und zu dem Schluss kommt: „I’m not a fucking patriot anymore, […] I’m not a fucking liberal anymore“. In eine ähnliche Richtung geht „Long Way Off“, in dem es heißt: „The hungry and divided play into the hands of the men who put them there“. Beim Sound wird Fender seinem Ruf als „Geordie Springsteen“ oder als einer Art „britischer Antwort auf The War On Drugs“ weitgehend gerecht. Klassischer, hymnisch orientierter Rock-Sound trifft in den elf Songs (in der Deluxe Edition sind’s sogar fünf mehr) auf treibende Gitarrenriffs und Saxofon-Einlagen, der jedoch wegen seiner kraftvollen Produktion und dem pumpenden Schlagzeug dennoch alles andere als gestrig tönt. Und: Der 27-Jährige und seine Band variieren und spielen auch – etwa, wie bei „Spit Of You“, mit Country-Einflüssen oder Piano-Balladen-Interpretationen („Last To Make It Home“ und „The Dying Light“). Fast ein bisschen experimentell klingt „The Leveller“ an, wenn sich hämmernde Drums mit Streichern auf Speed verbinden. Alles in allem mag „Seventeen Going Under“ zwar im ersten Hördurchgang nicht dieselbe Sogwirkung entwickeln wie der Erstling, geht jedoch dennoch als würdiger Nachfolger von „Hypersonic Missiles“ durch, der einen trotz der ernsten, gesellschaftskritischen Themen mit einem zwar melancholischen, jedoch durchaus guten Gefühl entlässt. Oder, wie Sam Fender es selbst recht passend zusammenfasst: „It’s a celebration of life after hardship, and it’s a celebration of surviving.“
Dass Manchester Orchestra, bei genauerem Hinhören seit einiger Zeit eine der faszinierendsten Bands im Alternative-Rock-Kosmos, kein Album zweimal schreiben, macht den Sound des US-Quartetts aus Atlanta, Georgia irgendwie aus und lässt ihre Werke bestenfalls zu von Hördurchgang zu Hördurchgang stetig wachsenden Klang-Kaleidoskopen werden wie das 2017er Album „A Black Mile To The Surface“. Auf „The Million Masks Of God“, seines Zeichens Langspieler Nummer sieben, entfernt sich die Band um Frontmann Andy Hull noch weiter von ihren frühen Emo-Rock-Einflüssen zugunsten eines poppigen, noch weiter aufgefächerten Indie-Sounds, der hier vor allem um Einflüsse aus Americana, Alt. Country und sogar Gospel erweitert wird. Wer’s böse meint, der könnte behaupten, dass es wohlmöglich das „amerikanischste Album“ sei, dass Manchester Orchestra je (oder zumindest bisher) geschrieben haben. So versetzt etwa „Keel Timing“ alle Hörer*innen direkt in eine Midwest-Szenerie, die einem einen Güterzug vors innere Auge pinselt. Wer noch mehr zu kriteln haben mag, der darf gern behaupten, dass dem Album in Gänze – zumindest im ersten Moment – jener „Pop-Approach“ fehlen mag, welchen einzig „Bed Head“, ein nahezu perfekt geschriebener Popsong mit hohem Suchtfaktor, liefert. Stattdessen verlagern Andy Hull und Co. das Faszinosum hier weiter ins Detail und hinein in die stilleren Töne, wenngleich es mit „The Internet“ auch einen kleinen Rückblick auf den Vorgänger „A Black Mile To The Surface“ gibt. Mit dem hat „The Million Masks Of God“ dann noch etwas anderes gemein: Einmal mehr benötigt ein Manchester Orchestra-Langspieler mehr Zeit, mehr Hördurchgänge, um zu wachsen, um in Tiefe wirklich erfasst werden zu können. Freunde der Band aus Zeiten vor dem ähnlich einnehmenden „Simple Math“ wird es jedoch wohl nur schwerlich begeistern können.
Spätestens seit ihrer Rückkehr nehmen Thrice verlässlich Platten von großmeisterlicher Souveränität auf – „Horizons / East“ bildet da erfreulicherweise keine Ausnahme. Dass Frontmann Dustin Kensrue dieses Mal eindringlich von bröckelnden Gewissheiten singt, darf dennoch als Hinweis an alle durchgehen, die sich vor der Altersmilde einer ehemaligen Sturm-und-Drang-Band fürchten. Klar, behagliche Gitarren-Ströme beherrscht das US-Quartett genauso mühelos wie aufbrandende Refrains, das macht Songs wie das erst anmutig torkelnde und schließlich explodierende „Dandelion Wine“ oder die knackige Deftones-Hommage „Scavengers“ jedoch nicht weniger beeindruckend. Schuld daran sind Details in den Texturen – die verdrehten Riffs in „Scavengers“ etwa – oder rhythmische Haken, die den umliegenden Wohlklang bestenfalls schaumig schlagen. Andere Songs experimentieren stilistisch, „Northern Lights“ mischt zum Gefrickel unruhigen Bar-Jazz, „Robot Soft Exorcism“ wiederum integriert thematisch passend synthetische Sounds. Im Finale „Unitive / East“ lösen sich Thrice gar spektakulär in einer fluoreszierenden Soundpfütze auf, in welche ein klimperndes Piano tröpfelt – mit dem Versprechen, bald mit den Nachfolger „Horizons / West“ zurückzukehren.
„Everything I get, I deserve / You whisper to me ‚Don’t you like when it hurts?’…“ Niemand leidet so schön wie Julien Baker. Die Musik der Singer/Songwriterin aus Tennessee ist ein offenes Buch, das in wunderschönen Worten von Depressionen, Alkoholismus, Zweifeln an der eigenen Spiritualität und zerbrochenen Beziehungen erzählt. Schon auf ihrem 2015er Debüt kümmerte sich Baker herzlich wenig darum, geneigten Hörer*innen Oden von der Freude vorzuträllern – ist schließlich ihr Album, sind ihre Probleme, also ist all das ihre Therapie. Und all jene, die den Werdegang der mittlerweile 26-jährigen US-Musikerin genauer verfolgen, wissen: daran hat sich über die Jahre nichts – und wenn, dann lediglich in Detailfragen – geändert. Auch „Little Oblivions“, ihr nunmehr drittes Album, erzählt von recht ähnlichen Problemen in ebenso schönen Worten – und trifft einen damit erneut mitten ins Herz. Was sich allerdings geändert hat, ist die Art, wie Baker das Lecken ihrer Wunden musikalisch aufbereitet. Wo „Sprained Ankle“ und „Turn Out The Lights“ in ihrer Spärlichkeit und desolaten Klanglandschaften fast schon nihilistisch wirkten (was umso ironischer gerät, wenn man weiß, wie offen Julien Baker ihren Glauben zur Schau stellt), erklingen in „Little Oblivions“ erstmals detaillierte, organische Orchestrationen, die den tröstenden Silberstreifen verbildlichen, der sich im Laufe der Platte immer wieder flüchtig manifestiert. „Little Oblivions“ beschreibt diesen Moment, sucht danach – und macht darin am Ende doch vieles wieder kaputt. Man lausche nur dem fulminanten Finale von „Hardline“! Baker findet immer wieder kurz Halt, nur um erneut vom destruktiven Strudel aus Selbstzweifeln und der schlichten Unfähigkeit, glücklich zu sein, hinabgerissen zu werden. „It doesn’t feel too bad / But it doesn’t feel too good either“ – Ihre Songs sind bittersüße Umarmungen, ein wohltuendes Bad in den eigenen Tränen, das auf „Little Oblivions“ mehr denn je dazu einlädt, kopfüber einzutauchen, während Julien Baker einem klammheimlich das Herz aus der Brust reißt. Katharsis und Destruktion, Erlösung und Zweifel lagen 2021 selten näher beieinander.
Klingen hier nun Traumschlossgebilde an – oder sind’s eher Albtraumnachtmähre? So ganz deutlich wird auf Anhieb nicht, in welchen Sphären sich Phoebe Bridgers eigentlich bewegt. Für eine klassische Singer/Songwriterin ist ihr Sound zu ungewöhnlich, für gängigen Pop sind ihre Songs zu tiefsinnig. „Indie“ mag das, was sie macht, gewiss auf seine Weise sein, dabei aber auch sanft und zugänglich. Und „emo“ ist ihre Haltung ganz bestimmt, aber nicht auf die übliche „ach-wie-schwer-ist-das-Leben-doch“ Art. Denn Phoebe Bridgers jammert nicht, sie säuselt, haucht und klagt, liebkost und umarmt einen dabei. Und lässt dann plötzlich wieder den ihr eigenen, gerne auch mal düsteren-geekigen Humor aufblitzen.
Schwer zu glauben, dass die vielerorts – zurecht – hochgelobte „Queen of Indie-Emo“ gerade einmal 26 Jahre jung ist. Als sie vor drei Jahren ihr weit beachtetes Debütalbum „Stranger In The Alps“ veröffentlichte, durfte sie erfahren wie die Industrie versucht, hinter dem Erfolg (und vor allem der unleugbaren kreativen Qualität) einer jungen Künstlerin einen Mann auszumachen, der die eigentlichen Fäden in der Hand hält – chauvinistische Gestrigkeit, ick hör‘ dir trapsen! Anfang 2019 gehörte sie zu einer Reihe von Musikerinnen, die in einem Artikel in der „New York Times“ Alt.Country-Rocker Ryan Adams körperlichen und psychischen Missbrauch vorwarfen. Als „Stranger In The Alps“ erschien, hatte sie sich aus der toxischen Beziehung zu ihrem einstigen Mentor bereits befreit, ihre Erfahrung verarbeitete sie unter anderem in dem Song „Motion Sickness“, der sie einem breiterem Publikum zugänglich machte.
Wer genauer hinschaut, der erkennt schnell: Phoebe Bridgers liebt zwar den kreativen Austausch, braucht jedoch keinen männlichen Strippenzieher im Hintergrund, sie hat ihr Leben und ihre außerordentliche Kreativität höchstselbst in der Hand. Nicht ganz grundlos gehört sie, die einst in einem iPhone-Werbespot in Erscheinung trat (und daraufhin ihre erste Band Sloppy Jane ad acta legte), zu den aktivsten Indie-Künstlerinnen der letzten Jahre, gründete gemeinsam mit Lucy Dacus und Julien Baker – ihres Zeichens zwei weitere, ähnliche talentierte, ähnlich von Feuilleton und Publikum umjubelte Jung-Künstlerinnen – die Supergroup boygenius, veröffentlichte gemeinsam mit Conor Oberst im vergangenen Jahr ein formidables Album unter dem Projektnamen Better Oblivion Community Center, nahm einen gemeinsamen Song mit The National-Grantler Matt Berninger auf, sorgte auf dem jüngsten Werk von The 1975 für etwas Folk-Sensibilität, produzierte das zweite Album des aufstrebenden Singer/Songwriters Christian Lee Hutson (der passenderweise auch in ihrer Begleitband spielt). Und trotzdem bleibt immer noch Raum für mehr – mehr Entwicklung, mehr Kreativität, mehr Freiheit. Ihr neues Album „Punisher“ klingt nun wie der nächste logische Schritt. Aber auch: nach sehr viel Eigensinn, Verweigerung und irgendwie nach einem formvollendeten Befreiungsschlag.
„What if I told you I feel like I know you? But we never met
It’s for the best…“
Dass man sich dem Charme ihrer Songs nur schwer entziehen kann, liegt an Bridgers‘ Ehrlichkeit, dem Mut zur Verletzlichkeit und dem bei ihr wenig vorhandenen Bestreben, sowohl als Frau als auch als Künstlerin in irgendeiner Weise „glatt“ zu sein. Ihre Songs handeln von Liebe, vermitteln aber kein romantisiertes Weltbild. Auch bleibt stets Raum für Widersprüchlichkeit. In „Kyoto“ etwa erzählt sie von dem Gefühl, sich an einem eigentlich perfekten Ort trotzdem falsch zu fühlen. Im zerbrechlichen „Garden Song“ erinnert sich Bridgers kulminierend an ihre Kindheit, die Erlebnisse, die ihr Leben prägten – eine Art Comig-of-Age-Song und traumartiger Dialog mit ihrem vergangenen Ich, quasi: „The doctor put her hands over my liver / She told me my resentment’s getting smaller„, singt sie. Der Groll mag noch lange nicht verheilt sein, aber sie erahnt nun, im Rückspiegel, den Weg zur Ausgeglichenheit. Das wahnsinnig große, für minutenlange Gänsehaut sorgende Titelstück wiederum behandelt Phoebe Bridgers‘ beinahe schon beängstigende Liebe zum Schaffen des 2003 verstorbenen Singer/Songwriters Elliott Smith (so ist ein „Punisher“ jemand, der seinem Idol nachstellt). In „ICU“, welches, ähnlich wie auch „Halloween„, von einer vergangenen Beziehung berichtet, findet sie das vielleicht schönste Bild für das Gefühl, jemandem zu nahe zu stehen: „If you’re a work of art / I am standing too close / I can feel the brush strokes“. Und setzt hinterher: „I hate your mom / I hate it when she opens her mouth / It’s amazing to me / How much you can say / When you don’t know what you’re talking about“ – mal eben Hände hoch, wer sich noch nie ähnlich gefühlt hat.
Bridgers umrundet die stärksten Emotionen, ohne mit einem Dartpfeil auf das das Bulls Eye zielen zu müssen. Mitten ins Schwarze trifft sie dabei trotzdem verdammt oft. Wachstumsschmerz war nie schöner, Hoffnungen nie wehmütiger. Kein Festlegen, kein in Stein meißeln, nur das Leben in einem einzigen somnambulen Moment. Phoebe Bridgers fängt damit – ungewollt und unbewußt, schließlich entstanden die Songs bereits zwischen 2018 und 2019 – unwillkürlich auch die kollektive Gemütslage der vergangenen Monate ein, die durch Selbstisolation und beunruhigenden Eilmeldungspushnachrichten dirigiert wurden und eine unvermeidliche Eigenreflexion mit sich brachten. Klar fragt man sich da: Würde sich „Punisher“ ohne all das etwa anders anfühlen? Die Musik anders berühren, die vielen tollen Songzeilen weniger aufwühlen? Oder ist eine weltweite Pandemie nur eine weitere Karte in der Ausredenkartei, um das eigene Gefühlschaos zu legitimieren?
Musikalisch pendelt „Punisher“ dabei beständig zwischen Zurückhaltung, Verspieltheit und sanftem Bombast. „DVD Menu“ ist das einminütige Intro und gemäß des Titels das, was vergessen wird abzustellen, wenn man nach einem ergreifend tiefgründigen Film paralysiert und apathisch auf der Couch klebt und die Wiederholungen des Menüs nur widerwillig durchdringen (und wer genau hinhört, der wird merken, dass hier das letzte Stück ihres Vorgängeralbums, “You Missed My Heart”, gesammelt wird). Andererseits ist das den Abschluss bildende „I Know The End“ vielleicht das größte Stück Musik, das Phoebe Bridgers bisher geschrieben hat – immer hymnischer schraubt sich der Musik gewordene Nachtmahr-Koloss im Laufe seiner fast sechs Minuten in die Höhe, bis nur noch Furor und ihre nackte Stimme bleiben. Das Grundtempo des Albums jedoch ist ein sanftes, der fast schon energetische Uptempo-Song „Kyoto“ (mit Jenny Lee Lindberg von Warpaint am Bass, während sich Bright Eyes‘ Nathaniel Walcott für Bläser-Arrangements verantwortlich zeichnete) bildet da eher eine an Juliana Hatfield und Spätneunziger-Collegerock gemahnende Ausnahme. Gleichzeitig lässt sie sich stilistisch wenig festlegen, was zum Beispiel der fiebrige MDMA-Traum „Graceland Too“ beweist, der mit Banjo, Fiddle, Country-Anleihen und der freundlichen Unterstützung ihrer boygenius-Kolleginnen Lucy Dacus und Julien Baker überrascht. Anderswo, im tollen „Halloween“, schaut auch Kreativ-Buddy Conor Oberst zur stimmlichen Veredelung vorbei. Umso witziger, dass ausgerechnet das Gesamtbild des Albumsounds mehr an die melancholisch-nachtträgen Großtaten eines Elliott Smith als an die troubadour’schen Hansdampf-Launen ihres Better Oblivion Community Center-Kollegen Oberst erinnert.
In Gänze besticht „Punisher“, bei dem aufgrund des tollen, in der kalifornischen Wüste aufgenommenen Coverartworks und dem liebevoll gestalteten Booklet jedem explizit die großformatige Vinyl-Ausgabe ans Herz gelegt sei, durch Phoebe Bridgers‘ beeindruckendes Songwriting, das irgendwo zwischen knallharten Wahrheiten, ungewöhnlichen Metaphern und ihrem geschätzten Hintersinnhumor pendelt – sinnbildlich etwa jene Zeile aus „Moon Song“ („We hate ‚Tears In Heaven‘ / But it’s sad that his baby died“), in der sie Eric Clapton eben nicht nur seine ihrer Einschätzung nach„extrem durchschnittliche Musik“ ankreidet, sondern auch seine rassistische Vergangenheit. Mehr noch als auf dem Vorgänger „Stranger In The Alps“ gibt sich Bridgers auf den zehneinhalb Stücken einem permanenten, ungebrochenen Empfindsamkeitsgestus hin. Sie singt darüber, was sie fühlt – mal nichts, mal irgendwas, mal das gesamte Spektrum in einem einzigen Moment. Aber sie fühlt immer. Die daraus resultierenden Songs sind bei genauer Betrachtung wahre Füllhörner popkultureller Bezüge von „Harry Potter“ bis hin zu Carmen Maria Machado („In The Dream House“), von Phoebe Waller-Bridge („Fleabag“) bis hin zur Zerstreuung durch irgendwelche YouTube-Tutorials (über die Inspirationen kann man hier sowie hier mehr lesen) – da passt es doch nur zu gut ins dunkel schimmernde Kaleidoskop, dass die Musikerin offen über das Thema Mental Health spricht, für ein Interview mit dem US-„Playboy“ kurzerhand blank zog oder während der Corona-bedingten Ausgangssperre mal eben eine „Welttournee“ in den eigenen vier Wänden spielte. Wer mag, den nimmt Phoebe Bridgers gern mit auf diesem Kopfhörersoundtrack gewordenen nächtlichen Spaziergang durch Echo Park, jenen Stadtteil von Los Angeles, in dem Elliott Smith einst starb und die Singer/Songwriterin nun zu Hause ist. Wäre all das ein Film, so hätte wohl Sofia Coppola Regie geführt (und Bill Murray mindestens einen Gastauftritt gehabt). Berührender als mit diesen Traumschlössern aus Albträumen wird’s in diesem eigenartigen Musikjahr wohl nimmermehr. *hach*
Hier findet man die Musikvideos zu „Garden Song“…
…“Kyoto“…
…“I Seee You“…
…und „I Know The End“…
…sowie Live-Versionen von „ICU“ und „Halloween“, welche im März vor kleinem Publikumskreis im Los Angeles Memorial Coliseum aufgenommen wurden:
Zarte zwanzig Jahre ist die aus dem kanadischen Winnipeg stammende Singer/Songwriter-Newcomerin Taylor Janzen jung – und hat sich mit ihren mal nachdenklichen, mal wunderschön traurigen Songs hier und da bereits einen Namen gemacht. Dabei zeichnen sich ihre melancholischen Stücke vor allem durch sehr ehrliches, aufrichtiges Songwriting aus, das unter anderem mit wahren Sturzbächen von Halsklößen behaftete Themen wie die psychische Gesundheit und emotionalen Missbrauch anspricht und sich klanglich nicht allzu fern von Julien Baker oder Phoebe Bridgers einordnet.
Janzens im Mai erschienene neuste – und nunmehr zweite – EP hört auf den Titel „Shouting Matches“ und enthält fünf Songs, bei denen sie sogar Angst hatte, sie zu veröffentlichen, weil sie dafür „zu verletzlich“ seien. Das verriet die Newcomerin im Interview mit „Noisey US“, fügt jedoch hinzu: „[Die Lieder] sind furchterregend für mich, aber sie sind meine liebsten Songs, die ich je geschrieben habe.“
Wer das titelgebende „Shouting Matches“ hört, weiß, das Taylor Janzen mit der Behauptung, dass ihren Songs Einiges an Fragilität innewohnt, keineswegs übertrieben hat. Während der Anfang mit von Folk-Spirit ummantelten E-Gitarren-Akkorden sacht und bedächtig gerät, wird das Stück alsbald von Soundscapes und Drums in emotionale Höhen getragen. Nicht wirklich verwunderlich, dass all das einen kaum kalt lassen kann. „Shouting Matches“ gehört zu der Kategorie von Songs, die den Hörer tief im Herzen berühren – inklusive einem geradezu Gänsehaut verursachenden dramatischen Höhepunkt (auch das ist bei einer wie etwa Julien Baker ja des Öfteren der Fall).
Zum Hintergrund des Stücks verriet die junge Musikerin gegenüber dem ‚Paste’-Magazin: „Der Song handelt von meiner Tendenz dazu, ein bisschen an meiner eigenen Traurigkeit festzuhalten, was nach meiner Meinung viele Leute tun, besonders wenn Traurigkeit zu einer regelmäßigen Sache für dich geworden ist. Manchmal ist sie nützlich, aber manchmal leben wir in ihr. Es geht darum, eine Balance [zwischen diesen beiden Dingen] zu finden.“
Hier gunt’s das Musikvideo…
…sowie „Shouting Matches“ in der „Buzzsession“-Live-Variante:
„Night falls and I look out and I can’t make out a thing So I burned all my bridges down just to have something to see You don’t need to worry, darling, I don’t need to escape from this ever-growing sadness that I can’t help but create for myself, for myself
Well, if I knew what was good for me, I’d open up the blinds, I’d let the sun fill my room and I’d let it change my life But you don’t need to worry, darling – one day I’ll be just fine I’ll stare right up into the sun until it burns right through my eyes
Is that what you want? Is that what you wanted from me? Is that what you want? Is that what you needed to see? Oh, if I see the beauty in everything then how am I to know just what to sing when it all burns down and there’s no one around?
Melancholy has always got me right where it wants My voice is used for starting shouting matches with God But you should start to worry, darling, if you can’t hear the sirens calling out through my broken promise Didn’t you ask me to be honest?
Is that what you want? Is that what you wanted from me? Is that what you want? Is that what you needed to see? Oh, if I see the beauty in everything then how am I to know just what to sing when it all burns down and there’s no one around?
And it all falls down, and it all falls down I’ve been practicing the steps for when it all falls down again When it all falls down“
Nun haben die verbliebenen Bandmitglieder der „Angsthasen“ (Frontmann Scott Hutchison verstarb im vergangenen Mai bekanntermaßen viel zu früh) eine 24-minütige Mini-Dokumentation zur Tribute-Compilation, auf der zahlreiche befreundete Künstler und Bands wie The Twilight Sad, Manchester Orchestra, Julien Baker, Biffy Clyro, Josh Ritter, Craig Finn (The Hold Steady), Benjamin Gibbard (Death Cab For Cutie), Aaron Dessner (The National), Daughter oder Wintersleep die Songs des Albums, mit welchem der schottischen Indierock-Band damals der Durchbruch hin zu einem größeren Publikum gelang, neu interpretieren, veröffentlicht. Diese zeichnet den Werdegang des Albums vom Konzept über die Songauswahl bis hin zu den Aufnahmen nach und lässt auch die teilnehmenden Künstler selbst zu Wort kommen.
Etwa ein Jahr nach dem ebenso frühen wie tragischen Tod ihres Frontmanns Scott Hutchison haben die verbliebenen Mitglieder der schottischen Indierocker Frightened Rabbit mit „Tiny Changes: A Celebration Of The Midnight Organ Fight“ einen Tribute-Sampler angekündigt. Und obwohl der Anlass im Grunde janusköpfiger kaum sein könnte – sprich: das logische traurige Ende der glasgower Band einerseits sowie das zehnjährige Jubiläum ihres zweiten (Durchbruchs)Albums im vergangenen Jahr andererseits – gibt es trotzdem gleich siebzehnfachen Grund zur Vorfreude, schließlich versammelt die Trackliste (findet ihr weiter unten) viele prominente Freunde, die sich der Songs von „The Midnight Organ Fight“ annehmen und ihre ganz eigenen Interpretationen präsentieren – und das auch noch für einen guten Zweck…
So versammelt die Liste der Beitragenden naturgemäß einige schottische Lads wie Biffy Clyro, The Twilight Sad oder Fiskur, schließt aber auch so einige, ebenfalls befreundete Künstler aus Rest-Großbritannien (etwa Daughter) und Nordamerika (etwa Josh Ritter oder The Hold Steady-Stimme Craig Finn) mit ein. So covern die Kanadier Wintersleep „The Twist“, Manchester Orchestra nehmen sich „My Backwards Walk“ vor, Death Cab For Cutie-Vorsteher Benjamin Gibbard spielt „Keep Yourself Warm“ nach und The National-Gitarrist Aaron Dessner schließt sich mit CHVRCHES-Sängerin Lauren Mayberry zusammen, um „Who’d You Kill Now“ zu interpretieren. Bereits hören kann man zwei Versionen von „The Modern Leper“, einmal von Biffy Clyro, einmal von Julien Baker (gibt’s weiter unten auf die Öhrchen).
Obwohl Frightened Rabbit-Sänger und -Hauptsongwriter Scott Hutchison im Mai 2018 verstarb, war der charismatische Musiker die Triebfeder hinter dem „The Midnight Organ Fight“-Jubiläumsprojekt, dessen Planungen seit 2017 liefen. So schreiben etwa Wintersleep in einem Facebook-Beitrag, dass Hutchison sie gebeten habe, eines ihrer großen Drum-Fills in das Cover von „The Twist“ einzubringen. Außerdem zeichnete er das Cover des Tribute-Samplers. James Graham von The Twilight Sad wiederum erinnert sich (ebenfalls via Facebook) an persönliche Begegnungen mit Scott Hutchison und Frightened Rabbit während der Zeit um 2008 herum, als die Glaswegian Lads kurz vor dem Durchbruch standen.
In den Monaten nach Hutchisons Tod hatten ihm zahlreiche Musiker und Freunde gedacht. So fand bereits im vergangenen Dezember in New York ein Benefiz-Tribute-Konzert unter namenhafter Beteiligung statt (von denen nun einige Künstler wie Julien Baker, Craig Finn oder Aaron Dessner ebenfalls wieder mit von der Partie sind), welches ebenfalls „Tiny Changes“ hieß. Und auch Death Cab For Cutie hatten den „The Midnight Organ Fight“-Song „My Backwards Walk“ im September 2018 als Spotify-exklusive Single gecovert.
„Tiny Changes: A Celebration Of The Midnight Organ Fight“ erscheint am 12. Juli und kann im Webshop von Frightened Rabbit vorbestellt werden (oder eben hier digital). Ein Teil der Einnahmen geht an Tiny Changes, die Charity-Organisation, welche Hutchisons Familie vergangenen Monat gegründet hatte, um mit dieser auf psychische Probleme und den Umgang damit speziell bei Kindern und Jugendlichen aufmerksam machen.
— TINY CHANGES: A Celebration of Frightened Rabbit’s ‘The Midnight Organ Fight’ —
01 Biffy Clyro – “The Modern Leper”
02 Oxford Collapse – “I Feel Better”
03 Fiskur – “Good Arms vs Bad Arms”
04 Right On Dynamite – “Fast Blood”
05 Josh Ritter – “Old Old Fashioned”
06 Wintersleep – “The Twist”
07 Peter Katis – “Bright Pink Bookmark”
08 Craig Finn – “Heads Roll Off”
09 Katie Harkin & Sarah Silverman – “My Backwards Walk”
10 Benjamin Gibbard – “Keep Yourself Warm”
11 Jeff Zeigler – “Extrasupervery”
12 Daughter – “Poke”
13 The Twilight Sad – “Floating in the Forth”
14 Aaron Dessner & Lauren Mayberry – “Who’d You Kill Now”
15 Julien Baker – “The Modern Leper”
16 Piano Bar Fight – “The Twist”
17 Manchester Orchestra – “My Backwards Walk”