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Moment! Aufnahme.


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(Tina Turner, * 26. November 1939 als Anna Mae Bullock in Brownsville, Tennessee; † 24. Mai 2023 in Küsnacht, Kanton Zürich, Sängerin und Schauspielerin)

  

Rock and Roll.

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Song des Tages: Sir Chloe – „Hooves“


Mit den Pixies oder Beck auf Tour zu gehen und mit Harry Styles (ja, genau dem Harry Styles) befreundet zu sein, noch bevor man sein Debütalbum veröffentlicht hat, kann schon für mächtige Vorschusslorbeeren sorgen – Millionen von Spotify-Streams hin oder her. Da stellt sich – halb logisch, halb selbstverständlich – die Frage: Wie gut ist diese Band, die von solch hochgelobten und einflussreichen Künstlern unterstützt wird, nun wirklich? Und zumindest im Fall von Sir Chloe kann ebenjenes Fragezeichen mit einem fixen „Tatsächlich gar nicht mal übel!“ beiseite gewischt werden.

Gänzlich neu ist die 2017 gegründete Newcomer-Band um Sängerin, Songwriterin und Gitarristin Dana Foote, zu der noch Gitarrist Teddy O’Mara, Bassistin Emma Welch, Keyboarder Austin Holmes und Schlagzeuger Palmer Foote gehören, freilich nicht, schließlich machte man bereits 2020 mit der EP „Party Favors“ sowie dem viralen Mini-Hit „Michelle“ auf sich aufmerksam. Seitdem hat das aus dem US-amerikanischen Vermont stammende Quintett fleißig an ihrem Sound-Outfit und neuen Songs gewerkelt. Das Ergebnis: ihr nun erschienener Debüt-Langspieler „I Am The Dog„, der sich klanglich irgendwo zwischen Neunziger-Grunge, St. Vincent und PJ Harvey positioniert – in elf recht kompakten Akten, die zwar nie die Vier-Minuten-Marke reißen, dafür jedoch umso düsterer schimmern, faszinierendst einlullen, und an den richtigen Stellen narkotisch zubeißen.

Mit am besten beweist all das die vorab veröffentlichte Single „Hooves“, in welcher Sir Chloe reichhaltige Wandteppiche aus düsteren Gitarren, melodischen Akkordwechseln und der lasziv-lässigen Stimme von Leadsängerin Foote weben, in deren Berge sie sich anschließend kopfüber hinein stürzen. Liest sich enigmatisch? Nun, dazu passen denn auch Dana Footes Textzeilen: „I don’t wanna hold hands / I don’t wanna hold hands / You’ve been chewing my hair / Over and over again“.

Gleichsam symbolträchtig und rätselhaft gibt sich das dazugehörige Musikvideo, bei dem Molly Hawkins und Grant Spanier Regie führten – hochstilisierte Bilder, eine dezent grungy Ästhetik sowie ein Hauch von Mystik inklusive. Es beginnt mit einer Szene, in der Foote allein in einem roten Raum in weltbester „Twin Peaks“-Optik steht und ein Lamm auf ihren Schultern trägt. Während der Song immer intensiver gerät, wandert die Sir Chloe-Frontfrau mit dem an die junge Madonna erinnernden Porzellanpuppengesicht anschließend durch eine Reihe weiterer Räume und manische Montagen, in denen ihr eine wachsende Anzahl von Schafen und Lämmern als einzige Gesellschaft dient. David Lynch hätte es wohl kaum besser hinbekommen.

Wen all dieser optische Mystizismus und das in manchem Moment doch recht schroffe Klangoutfit nicht längst in die Flucht geschlagen haben, der sollte auch den anderen Songs von „I Am The Dog“ durchaus (s)ein Ohr leihen, denn die Platte eignet sich sowohl als Untermalung eines schwülwarmen Roadtrips als auch als Soundtrack für bierselige Abende im heimischen Garten und schafft es, sowohl die helle Sommersonne als auch den dunklen Abendhimmel in sich zu vereinen. Die Empfehlung „Die sollte man im Auge behalten!“ mag zwar oft etwas vorschnell Verwendung finden, doch wenn Sir Chloe ihren derzeitigen Weg fortsetzen, werden sie wohl nur schwerlich zu übersehen sein…

  
 

Rock and Roll.

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Das Album der Woche


The National – First Two Pages Of Frankenstein (2023)

-erschienen bei 4AD/Beggars/Indigo-

Ambivalente neue Zeiten. Dank TikTok und Social-Media-ADHS schleppt sich kaum ein popkultureller Charterfolg noch über die magische Drei-Minuten-Marke. Ein Album ist – leider leider – oft nur noch das zusammengeschusterte Wegwerfprodukt nach einer Riege von Singles, bestenfalls ein Werkzeug zum Vermarkten der nächsten Tournee. Doch in all dieser Unruhe, in all diesem steten Wandel sind The National, gewissermaßen eine Antithese zu dieser Entwicklung, plötzlich größer denn je – und das im immerhin 24. Jahr ihrer Bandhistorie. Was also ist seit ihrer tollen, 2019 in die Regale gestellten Konzeptkunst-Neuerfindung „I Am Easy To Find“ passiert? Nun, Gitarrist Aaron Dessner hat mal eben zwei Alben namens „Folklore“ und „Evermore“ für eine gewisse Taylor Swift mitgeschrieben und -produziert und ist seitdem, ob nun als Produzent oder Co-Songwriter, an allen möglichen Ecken des Pop-Kosmos ebenso gefragt wie präsent. Auch Sänger Matt Berninger war seit dem bislang letzten The National-Langspieler keineswegs untätig, veröffentlichte etwa 2020 sein Solo-Debüt „Serpentine Prison„, hatte danach jedoch mit Depressionen und Schreibblockaden zu kämpfen – so sehr, dass die Zukunft seiner Haupt- und Herzensband zeitweise ernsthaft in Frage stand. Und doch liegt nun – glücklicherweise – „First Two Pages Of Frankenstein“ auf dem Tisch, das nunmehr neunte The National-Album.

Kurzer Realitätscheck: Keiner der Songs geht unter drei Minuten ins Ziel, keines der Stücke fällt direkt und holterdipolter mit dem Refrain ins Haus. Einzig die Single-Veröffentlichungspolitik hat sich dem allgemeinen Trend weiter angeglichen, diesmal sind vier der elf Songs als Preview vorausgeschickt worden. Sonderlich zweckdienlich ist das der Sache nicht: Auf sich allein gestellt wirkten die Vorab-Stücke oft zahm, wie auf verlässlichem Trademark-Autopilot. Im Albumkontext fragt man sich nun, was eigentlich genau das Problem war. Wo ist denn „Eucalyptus“ bitte nicht die Hymne zwischen Melancholie und Kammer-Indie-Rock-Euphorie, in der Berninger sich vokaltechnisch verausgabt? „You should take it ‚cause I’m not gonna take it“, bringt er angestrengt heraus, während die Blasinstrumente um ihn herum jubilieren. Das Stück dividiert im ersten Anschein auf materieller Ebene eine lange Beziehung auseinander, bevor sich die darin versteckten Bedeutungen offenbaren, in den Gegenständen, die das Paar im Song untereinander aufteilt – ein Geniestreich. Und was ist nicht grandios am gleichzeitig nervösen und völlig in sich ruhend eine offenbar vergangene Zwischenmenschlichkeit bilanzierenden „New Order T-Shirt“ oder am super-melodischen und hypnotischen „Tropic Morning News“, dem ersten für dieses Album geschriebenen Song, an dem außerdem Berningers Frau Carin Besser mitbeteiligt war? Ein geradliniger, tanzbarer Beat treibt das Stück voran, für ein kurzes Gitarrensolo reißen die bedrückenden Textwolken auf, und auch Matt Berninger selbst klingt weniger bekümmert, wenn er davon singt, wie sehr ihn der morgendliche Nachrichtensturm abgelenkt und gelähmt hat und dabei die Vergangenheitsform nutzt.

„Oh, what happened to the wavelength we were on?“ Danke der Nachfrage, Mr. Berninger – es ist noch alles da, fast alles an seinem vertrauten Platz. „First Two Pages Of Frankenstein“ mag sicher keine Revolution im Bandkosmos sein, schließlich gab es die über die Jahre mit „Alligator“ und „Boxer„, mit „High Violet“ und „Trouble Will Find Me„, mit „Sleep Well Beast“ und „I Am Easy To Find“ – im Großen wie im Kleinen – bereits zuhauf. Nein, Langspieler Nummer neun tritt eher ein, zwei Schritte zurück – weniger ausufernd, auf die Kernstärken des von Bryce Dessner sowie Bryan und Scott Devendorf komplettierten US-Quintetts konzentriert. Gleich der Opener „Once Upon A Poolside“, bei dem Sufjan Stevens stimmliche Unterstützung liefert, verheiratet das herrliche Klavierspiel mit einer zurückhaltenden Meditation samt ewig fragendem Blick auf eine Beziehung: „What was the worried thing you said to me? / I thought we could make it through anything.“ Wohin mit dem Schamgefühl, sich den im Vergleich nichtigen privaten Problemen zu widmen, während die Welt brennt und sich die Katastrophenmeldungen stapeln? Überhaupt ist vor allem die erste Albumhälfte voll solcher Perlen. „You find beauty in anything“, singt Berninger im gewohnt samtigen Bariton in „This Isn’t Helping“, während diesmal die nicht nur hier gastierende Phoebe Bridgers aus dem Hintergrund Unterstützung leistet.

Überhaupt: die Gastbeiträge. Dass die Tracklist dieses Mal Features explizit ausweist, entbehrt keineswegs einer gewissen Ironie. Bis auf das hübsche Duett „The Alcott“ mit Pop-Starlett Taylor Swift, ihrerseits ein bekennender The National-Fan, halten sich die Gäste viel mehr im Hintergrund als auf dem 2019er Vorgänger. Und dass die prominenten Gastsänger*innen hier nicht breitbeinig durchpreschen, tut dem Album unglaublich gut. So beschränkt sich auch Bridgers‘ zweiter Auftritt im eindringlichen „Your Mind Is Not Your Friend“ auf den Hintergrundgesang, der Star ist der zweifellos Song selbst. Etwas „Exile Vilify„, ein wenig „Light Years“ und jede Menge Mitgefühl. „Don’t you understand? / Your mind is not your friend again / It takes you by the hand / And leads you nowhere.“ Klar, dass Berninger das durchlaufene graue Tal, von welchem er auch in der pointierten Innenansicht „Ice Machines“ singt, noch tief in den 52-jährigen Knochen steckt. Und doch ist er es, der zum Abschluss in „Send For Me“ die helfende Hand ausstreckt. „If you’re ever sitting at the airport / And you don’t want to leave / If you don’t even know what you’re here for / Send for me.“ Mehr als etwas spartanische Begleitung braucht diese Band in ihren besten Momenten nicht, um ins Mark zu treffen. „Luxusmelancholie„? Von The National: immer gern genommen, jederzeit.

Natürlich haben Berninger sowie die Dessner- und Devendorf-Brüder auch diesmal keinen laut drauflos polternden Rocksong wie zu seligen Anfangszeiten, kein zweites „About Today“ geschrieben. Mit „Eucalyptus“ zusammen ist „Grease In Your Hair“ der energischste und insgesamt auch der flotteste Track. Er erinnert etwas an „Graceless“ von „Trouble Will Find Me“, nimmt jedoch eine andere, positiver gestimmte Abfahrt. „Don’t splash apart / Everything changes.“ Nope, Mr. Berninger – alles verändert sich bestimmt nicht. Wer The National schon immer langweilig oder zu pathetisch und lethargisch fand, wer bei Matt Berningers Gesang und Texten schon immer den von einer Midlife Crisis geplagten, jungen Studentinnen und verpassten Gelegenheiten hinterträumenden Universitätsprofessor vorm inneren Auge hatte, wird von „First Two Pages Of Frankenstein“ sicher nicht umgestimmt. Wer die bedrückt-melancholische Stimmung und die filigranen Kniffe im Songwriting auf der Habenseite sieht, kann sich dagegen erneut glücklich schätzen – wenngleich man Aaron Dessner ehrlicherweise durchaus vorwerfen kann, die warme Atmosphäre früherer Alben für (s)eine glatte, klinische Soundästhetik zu opfern. Damit die Band wieder funktionierte, brauchte es vielleicht kein mutiges oder auf Teufel komm raus an allen Ecken und Enden neuartiges, sondern einfach nur das nächste verdammt tolle Album. Stillstand auf höchstmöglichem Niveau.

 

 

 

 

Rock and Roll.

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Zitat des Tages


(gefunden bei Facebook)
 

(Jeffrey Ross Hyman aka. Joey Ramone, 19. Mai 1951 – 15. April 2001, US-amerikanischer Musiker, Leadsänger und einer der Songwriter der Punk-Band Ramones)

 

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Das Album der Woche


Wednesday – Rat Saw God (2023)

-erschienen bei Dead Oceans-

Manchmal sind es die scheinbar unbedeutendsten Momente, an die man sich ein Leben lang erinnert, mit allen mannigfaltigen dazugehörigen Emotionen und Gerüchen in der Nase. Karly Hartzman hat diesen Momenten ein Lied gewidmet. „Chosen To Deserve“ heißt der Song ihrer Band Wednesday, ganz ungeschliffen erzählt sie darin vom Sex auf SUV-Rücksitzen, von ordentlichen Mengen Schnaps, Krankenhausaufenthalten aufgrund von Tablettenüberdosen und Wildpinkeleinlagen. Solche Sachen halt, und wenn die Nacht am Pool des Nachbargrundstückes endet, geht Frau am nächsten Tag direkt zum Unterricht in die Sonntagsschule. Obendrein wird das Ganze umrahmt von einem Gitarrenriff, für das Tom Petty eigentlich noch einmal aus seinem zu früh eingelassenen Grab steigen müsste, um es Wednesday in Rechnung zu stellen.

Fotos: Promo / Zachary Chick

Es geht auf „Rat Saw God„, dem neuen, fünften Album der Band aus Asheville, North Carolina, also um längst verstrichene Momente, die nicht im klassischen Sinne denkwürdig sind, von Wednesday aber denkwürdig verpackt werden. Vor allem durch die scheinbar überflüssigen Details wirkt die Platte so lebendig: Fanta ist in Hartzmans Texten nicht einfach gelb, sondern „pissefarben“, Menschen, die von Überdosen erzählen, tun das nicht irgendwo, sondern auf dem Parkplatz eines Fitnessstudios. „I want to remember anything“, sang die Musikerin auf dem vorherigen, 2021 erschienenen Wednesday-Langspieler „Twin Plagues“ (das 2022er Cover-Album „Mowing The Leaves Instead Of Piling ‚em Up“ einmal außen vor) – und scheint sich diesmal vielmehr um das „Everything“ kümmern zu wollen. Denn „Rat Saw God“ ist bis oben voll mit Zeilen, die sich wie verschwommene Erinnerungsschnipsel aus einer oft übersehenen Vorstadtjugend lesen, irgendwo zwischen Tristesse, Nostalgie und Trauma.

I sat on the stairs with a never-ending nosebleed„, singt Hartzman in „Bull Believer“, einem zweigeteilten, insgesamt knapp neunminütigen Song, der als Herzstück des neuen Langspielers fungiert. Ihr Gegenüber aber? Daddelt weiter ungerührt „Mortal Kombat“. Es geht also darum, nicht wahrgenommen zu werden, und das ausgerechnet in einem Lied, dass sich breit macht wie ein US-amerikanischer Flugzeugträger. Eine Ansage ist „Bull Believer“ aber nicht nur wegen seiner Ausmaße, sondern wegen seines aggressiven Endes. „Finish him!“, schreit Hartzman da mehrfach, „mach ihn fertig!“, wahrscheinlich noch einmal mit Blick auf das Prügelspiel „Mortal Kombat“. Immer weiter steigert sich die Intensität ihrer Stimme, und als sie das höchstmögliche Level erreicht, geht der Song erst richtig los. Ja, so klingt Schmerz, der befreit. 

Hilfe erhalten Karly Hartzman und ihre absolut alltäglichen Kurzgeschichten, in denen sie auch mal von ihrem Vater erzählt, der versehentlich ein Feld abgefackelt hat und einen Polizeieinsatz auslöste („Quarry“), oder die Chronik eines Roadtrips schildert („TV In The Gas Pump“), dabei von ihren vier Bandkollegen, die über die Jahre dazugestoßen sind und den Wednesday-Sound Stück für Stück weiter ausfüllen und bereichern. Anders als die prägendsten und oft auch beliebtesten Indie-Acts der letzten Jahre, bei denen es sich etwa um Solo-Künstlerinnen wie Phoebe Bridgers oder De-facto-Ein-Mann-Bands wie Tame Impala handelte, schöpfen Wednesday ihre emotionale Wucht nicht nur aus verträumter Melancholie, sondern aus, nun ja, musikalischer Wucht. Häufig explodieren ihre Songs so plötzlich, brachial und dissonant wie in den seligen Neunzigern (don’t call it Grunge!), wie die besten Pixies-Stücke, kombinieren Schrammliges mit schwerem Getrommel sowie Rückkopplungen von gefühlt jedem anderen Instrument – und enthalten statt konventioneller Zwischenparts etwas viel Besseres: sorgfältig konstruierten Lärm. 

Hart ist diese Musik, aber eben nicht im Sinne von Moshpits, Headbanging und Pommesgabel-Handzeichen, sondern so, wie es hart sein kann, aus einer speckigen Matratze wieder hochzukommen, in der man ganz tief versunken ist. Nach Shoegaze klingen Wednesday dann, diesem hypnotisierenden Rockmusik-Genre, in dem gelangweilt aussehen eine bewusste Entscheidung ist und man hinter Wänden aus E-Gitarren keine einzelnen Noten mehr heraushören kann. Es dröhnt auf dem innerhalb einer Woche aufgenommenen „Rat Saw God“, und nicht immer weiß man genau, woher es kommt. Muss ja auch nicht, soll wahrscheinlich auch nicht. 

Und dann ist doch wieder Platz für Schönheit, die beinahe ganz ohne Krach funktioniert. Der Song „Formula One“ schunkelt weg vom Shoegaze Richtung Americana und Alt.Country, einem Einfluss, der sich auch im verschwitzten Zusammenspiel der Band und der Alltäglichkeit von Hartzmans Texten spiegelt. „Rat Saw God“ geht angenehm unkonventionell mit dieser Prägung um, sie zeigt sich im mitunter jodeligen Twang der Sängerin. Auch Xandy Chelmis setzt seine Lap- und Pedal-Steel-Gitarren so radikal ein, dass ihr Klang eher an Alarmsirenen als an ländliche Heimeligkeit made in Nashville erinnert. Spielt der Musiker Soli, dann nicht zusammen, sondern gleichzeitig mit dem E-Gitarristen Jake Lenderman. Wichtiger Unterschied, fürwahr.

Apropos Jake Lenderman: Letztes Jahr veröffentlichte der eben erwähnte Gitarrist sein Solo-Durchbruchsalbum „Boat Songs“ unter dem Namen MJ Lenderman. Auch bei ihm klang eine Mischung aus Indieästhetik und Country Rock angenehm roh, im Vergleich zu Wednesday jedoch humorvoller und wärmer – nicht zuletzt, weil sich der Song „You Are Every Girl To Me“ an seine Band- und Lebenspartnerin Hartzman richtete. Während Lenderman also voller Leichtigkeit über „Jackass“ und dämlich aussehende Hüte sang, heißt es bei Hartzman und Wednesday schwermütiger: „Every daughter of God has a little bad luck sometimes“ – wir alle unter Gottes Sonne haben eben auch mal Pech. Traurige Erkenntnis, aber absolut wahr.

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Song des Tages: Muff Potter – „Beachbar“


Foto: Promo / Bastian Bochinski

Muff Potter haben – sowohl via Online-Release als auch physisch – ihre neue Single “Beachbar” veröffentlicht. Der Song ist Teil einer gemeinsamen Split-Seven-Inch mit Hot Water Music – nicht die erste Zusammenarbeit der beiden Bands, denn neben zahlreichen gemeinsamen Touren und Konzerten veröffentlichten die Punkkombos aus Münster (Muff Potter) beziehungsweise Gainesville, Florida (Hot Water Music) 2003 und 2007 bereits zwei gemeinsame Splits unter dem Bandnamen Hot Potter Music.

Thematisch bleiben Thorsten „Nagel“ Nagelschmidt und seine Potter-Jungs mit „Beachbar“ einem der wichtigsten Sujets des jüngsten, im August 2022 erschienenen Comeback-Albums „Bei aller Liebe“ treu, kritisieren einmal mehr die Schnelllebigkeit und den vermeintlichen Arbeitswahn der Gesellschaft, wenn auch ein wenig subtiler als zum Beispiel noch in “Hammerschläge, Hinterköpfe”. Das wird in Zeilen wie “Trostlos und nevös / Jagen die Rudel an mir vorbei” oder “Ich feier’ meine Laster / Nur der Holzweg führt zum Ziel” deutlich. Außerdem will der Protagonist im Song aus einer scheinbaren Spirale der Alltäglichkeit ausbrechen: “Ich habe einen Body / Und den möchte ich jetzt spüren”.

Im dazugehörigen Musikvideo gibt es anfangs zwei Erzählstränge. So begleitet der Zuschauende einen Mann mit einem Instrumentenkoffer auf einem Gang durch die Stadt, es gibt unter anderem einen Stopp an einem Kiosk. Dazwischen sind immer wieder Performance-Bilder der Band in einem vermeintlich leeren Club zu sehen. Später tritt der Protagonist auf die Bühne, holt eine Lap-Steel-Gitarre aus seinem Koffer und beginnt mit der Band zu spielen. Nach einem Schnitt spielen sie dann gemeinsam auch vor Publikum. Die Hauptrolle in dem Clip spielt Swans-Gitarrist Kristof Hahn, der bereits auf einigen Songs des aktuellen Albums zu hören ist.

Das Stück stammt aus den Sessions zu ihrem aktuellen Album “Bei aller Liebe”, ist laut Frontmann Nagelschmidt sogar der erste Song, der während der Songwriting-Sessions entstand. Auch die auf der Split-Single enthaltene Hot Water Music-Nummer “Drawn” ist ein Outtake, stammt aus den Sessions zum im März 2022 veröffentlichten Album “Feel The Void” der US-Punkrocker.

Rock and Roll.

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