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Song des Tages: Sir Chloe – „Hooves“


Mit den Pixies oder Beck auf Tour zu gehen und mit Harry Styles (ja, genau dem Harry Styles) befreundet zu sein, noch bevor man sein Debütalbum veröffentlicht hat, kann schon für mächtige Vorschusslorbeeren sorgen – Millionen von Spotify-Streams hin oder her. Da stellt sich – halb logisch, halb selbstverständlich – die Frage: Wie gut ist diese Band, die von solch hochgelobten und einflussreichen Künstlern unterstützt wird, nun wirklich? Und zumindest im Fall von Sir Chloe kann ebenjenes Fragezeichen mit einem fixen „Tatsächlich gar nicht mal übel!“ beiseite gewischt werden.

Gänzlich neu ist die 2017 gegründete Newcomer-Band um Sängerin, Songwriterin und Gitarristin Dana Foote, zu der noch Gitarrist Teddy O’Mara, Bassistin Emma Welch, Keyboarder Austin Holmes und Schlagzeuger Palmer Foote gehören, freilich nicht, schließlich machte man bereits 2020 mit der EP „Party Favors“ sowie dem viralen Mini-Hit „Michelle“ auf sich aufmerksam. Seitdem hat das aus dem US-amerikanischen Vermont stammende Quintett fleißig an ihrem Sound-Outfit und neuen Songs gewerkelt. Das Ergebnis: ihr nun erschienener Debüt-Langspieler „I Am The Dog„, der sich klanglich irgendwo zwischen Neunziger-Grunge, St. Vincent und PJ Harvey positioniert – in elf recht kompakten Akten, die zwar nie die Vier-Minuten-Marke reißen, dafür jedoch umso düsterer schimmern, faszinierendst einlullen, und an den richtigen Stellen narkotisch zubeißen.

Mit am besten beweist all das die vorab veröffentlichte Single „Hooves“, in welcher Sir Chloe reichhaltige Wandteppiche aus düsteren Gitarren, melodischen Akkordwechseln und der lasziv-lässigen Stimme von Leadsängerin Foote weben, in deren Berge sie sich anschließend kopfüber hinein stürzen. Liest sich enigmatisch? Nun, dazu passen denn auch Dana Footes Textzeilen: „I don’t wanna hold hands / I don’t wanna hold hands / You’ve been chewing my hair / Over and over again“.

Gleichsam symbolträchtig und rätselhaft gibt sich das dazugehörige Musikvideo, bei dem Molly Hawkins und Grant Spanier Regie führten – hochstilisierte Bilder, eine dezent grungy Ästhetik sowie ein Hauch von Mystik inklusive. Es beginnt mit einer Szene, in der Foote allein in einem roten Raum in weltbester „Twin Peaks“-Optik steht und ein Lamm auf ihren Schultern trägt. Während der Song immer intensiver gerät, wandert die Sir Chloe-Frontfrau mit dem an die junge Madonna erinnernden Porzellanpuppengesicht anschließend durch eine Reihe weiterer Räume und manische Montagen, in denen ihr eine wachsende Anzahl von Schafen und Lämmern als einzige Gesellschaft dient. David Lynch hätte es wohl kaum besser hinbekommen.

Wen all dieser optische Mystizismus und das in manchem Moment doch recht schroffe Klangoutfit nicht längst in die Flucht geschlagen haben, der sollte auch den anderen Songs von „I Am The Dog“ durchaus (s)ein Ohr leihen, denn die Platte eignet sich sowohl als Untermalung eines schwülwarmen Roadtrips als auch als Soundtrack für bierselige Abende im heimischen Garten und schafft es, sowohl die helle Sommersonne als auch den dunklen Abendhimmel in sich zu vereinen. Die Empfehlung „Die sollte man im Auge behalten!“ mag zwar oft etwas vorschnell Verwendung finden, doch wenn Sir Chloe ihren derzeitigen Weg fortsetzen, werden sie wohl nur schwerlich zu übersehen sein…

  
 

Rock and Roll.

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Das Album der Woche


ARXX – Ride Or Die (2023)

-erschienen bei Grand Hotel Van Cleef/The Orchard/Indigo- 

Dass in Brighton im Süden Englands zwischen Sehenswürdigkeiten wie dem Palace Pier oder dem Royal Pavillon irgendetwas ungemein Kreativförderndes zu wirken scheint, dürfte schon lange als offen zur Schau getragenes Geheimnis gelten. Gleichzeitig ist das beschauliche und bunte Städtchen in East Sussex auch als eine der europäischen Hochburgen für die LGBTQIA+-Szene bekannt. In Fällen wie dem des Duos ARXX kommen diese beiden Brighton-Trademarks zusammen: Hanni Pidduck und Clara Townsend kredenzen auf ihrem Langspiel-Debüt „Ride Or Die“ schnörkellosen, herzerwärmenden und queeren Wohlfühl-Indie-Pop, der ebenso in der Garage zuhause ist, wie er polternd durch die lokalen Indiediskos fegt. ARXX setzen dabei ganz auf simple und eindeutige Songs, die sich jedoch trotz ihres direkten Zugangs den absolut komplizierten Emotionen widmen. Sie besingen fiesen Herzschmerz, geistige Gesundheit, amouröse Anwandlungen, aber auch queeres Selbstverständnis, und verpacken das alles ohne nennenswerte Ausfälle in hinreißende kleine Hits.

Ob die vergangenen Liebhaber*innen nun wie in „Baby Uh Huh“ zu dezent HAIM’schen Harmonien in eine bessere Zukunft verabschiedet werden oder sich die chaotische Affäre auf ihrem herausfordernden Höhepunkt befindet, das Duo setzt immer wieder klare Akzente: So zieren ARXX sich beispielsweise nicht, den gepflegten Dance-Punk im Titelstück durch eine schon beinahe Queen’eske Choreinlage zu unterbrechen, der sie im „Outro“ eine Reprise spendieren. In „What Have You Done“ grätscht ein geradezu unverschämtes Schweinerock-Riff durch den fluffigen Indie-Pop, während Pidduck sich aus dem Staub macht und wiederholt das ein oder andere verzweifelte „Sorry“ zurücklasst. Stücke wie „Deep“ hingegen lassen mit Polyrhythmen im Handgepäck den Rock’n’Roll zugunsten einer ausgelassenen, elektronischen Tanzflursause absichtlich links liegen. Dennoch wirkt „Ride Or Die“ wie aus einem Guss und fühlt sich nur selten nach einem jener aus hunderten Singles zusammengepuzzelten Debütalben an, wie sie in den Zweitausendern für britische Hype-Acts noch gang und gäbe waren. Pidduck und Townsend spielen, Newcomer hin oder her, die noch recht junge Essenz ihres musikalischen Schaffens gekonnt nach außen.

„It’s a long, long dance till the end of the night“: ARXX sind immer auf der Suche, browsen mit grellen Cocktails in den Händen durch Brightons Nachtleben, auf dass die nächste Romanze weniger an die Substanz gehen möge und irgendetwas von ihr bleibt. Damit sie wie in „Stuck On You“ dann höchstmelancholische Balladen über die Begegnungen schreiben können und keine angepissten Breakup-Songs benötigen. „Iron Lung“ schaltet am Ende trotzdem in den Riot-Grrrl-Modus und zertrümmert zwischen Crossover und Royal Blood pogend den ganzen Laden, was als Erinnerung dafür sorgt, dass man es hier aller Niedlichkeit und allen pointierten Synth-Einsätzen zum Trotz immer noch mit Alternative Rrrrrrock zu tun hat. „Ride Or Die“ erinnert mit massig Ohrwurmtauglichkeit und Abwechslungsreichtum in petto mitunter daran, was Tegan And Sara mit mehr Krach anstellen würden, oder angenehm an „Box Of Secrets“, das Debüt von Blood Red Shoes (oder meinetwegen an die frühen Gossip). Tanzbarer Indie Rock mit lediglich Schlagzeug und Gitarre aus dem Küstenstädtchen funktioniert 2023 nämlich noch genauso gut wie 2008. Es gilt weiterhin: Brighton bleibt stabil!

 

 

 

Rock and Roll.

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Auf dem Radar: Tommy Lefroy


Foto: Promo / Claryn Chong

Empfehlung gefällig? Klar doch! Freunde von Tönen der Güteklasse Phoebe Bridgers, Mitski oder First Aid Kid dürfen sich das Duo Tessa Mouzourakis und Wynter Bethel – alias Tommy Lefroy – und ihre soeben erschienene zweite EP „Rivals“ gern auf ihre Ich-hör-mal-rein-Liste setzen.

„Diese EP ist um einiges selbstbewusster“, so die Band in einem Statement über den Nachfolger der 2021 veröffentlichten „Flight Risk EP„. „Die neuen Songs suchen keine Entschuldigungen. Wir haben unlängst den Scherz gemacht, dass ‚Flight Risk‘ die Flucht war und ‚Rivals‘ nun den Kampf aufnimmt, gar ein paar bösartige Gefühl in sich trägt. In vielerlei Hinsicht geht es um die Beziehung, die wir zueinander haben, wie wir uns gegenseitig herausfordern und beschützen.“

Benannt nach dem Fuckboy – wie’s die heutige Jugend wohl ausdrücken würde – des 19. Jahrhunderts – und der realen Inspiration für Mr. Darcy aus „Stolz und Vorurteil“ -, Thomas Langlois Lefroy, der Jane Austens Herz brach, fand das Newcomer-Zweiergespann trotz zeitweise stattlicher 5.000 Meilen zwischen ihnen zusammen (Mouzourakis stammt ursprünglich aus Vancouver, Bethel aus Michigan). Die beiden lernten sich 2018 in Nashville kennen und liefen sich dann öfter auf Partys über den Weg – an gemeinsame Songs dachte jedoch zunächst keine der beiden. Erst als Tessa Mouzourakis ein Konzert der aus Phoebe Bridgers, Julien Baker und Lucy Dacus bestehenden All-Female-Supergroup boygenius im Commodore Ballroom in ihrer Heimatstadt besuchte, erwachte in ihr der Wunsch, etwas ganz Ähnliches auf die Beine stellen zu wollen. Bald darauf postete sie ein Cover des boygenius-Songs „Ketchum, ID“, woraufhin Bethel antwortete: „Können wir eine Band gründen?“ Konnten sie.

Und dass ebendas keine allzu schlechte Idee war, zeigen einmal mehr die sechs neuen Songs der „Rivals EP“. Einer von ihnen ist die bereits im Januar veröffentlichte Single „Worst Case Kid“, welche von einem dunklen Dunst aus schrillen Gitarren getragen wird und von psychischen Problemen und prämenstrueller Dysphorie (PMDD) handelt. „Dieser Song verkörpert dysphorische Gedanken als eine Art toxische Liebesgeschichte“, erklärt die Band, die unlängst im Vorprogramm bei einigen Kanada-Shows der ebenfalls aufstrebenden Indie-Pop-Newcomerin Samia in Erscheinung trat. „Es geht darum, dass Schwarzmalerei trotz besseren Wissens so ähnlich ist wie die Rückkehr zu jemandem, von dem man weiß, dass er einem nicht gut tut. Wenn man wirklich intensive Depressionsphasen durchmacht, kommt man wie nass geschwitzt aus ihnen heraus, und wenn es wieder besser wird, ist die Hexe sozusagen ‚tot‘. Wir haben beide mit Anfällen von Traurigkeit zu kämpfen, und der Song handelt davon, sie zu überwinden.“

Etwas optimistischer gibt sich da zum Bespiel der EP-Opener „Dog Eat Dog“, der als Ode an alle Heldinnen, die sich in einer immer noch oftmals von Männern dominierten (Musk)Welt behaupten, daherkommt und auf Konfrontationskurs mit männlichen Machtstrukturen und den von ihnen auferlegten engen Hierarchien geht. Mit seinem Garage-Rock-Grunge-Flair und den vielschichtigen Gesangsharmonien ist der Song außerdem ein Aufruf an alle, sich in ihrem Anderssein bestätigt zu fühlen. Das Stück schmückt all diese Gefühle durch mittelalterliche Bilder in Text und Video aus und beschwört Schilde, Rüstungen und Arenen herauf: „Looking around the arena / Thinking I’m just like you / But a girl’s gotta do what a girl’s gotta do.“

Klare Sache: Tommy Lefroy wollen’s wissen.

Rock and Roll.

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Auf dem Radar: George Hennessey


Nee, George Hennessey macht beileibe keinen Hehl daraus, großer Fan des Britpops der seligen Neunziger zu sein, damals als Cool Britannia und schiere Heerscharen toller neuer Bands aus Good Ol‘ England die (Musik)Welt regierten. Mal ist der Sound des aus London stammenden 29-jährigen Newcomers psychedelischer Natur wie bei The Verve, mal eher ebenso hymnisch wie vollmundig poprockend wie weiland bei Oasis. Inhaltsleere muss trotzdem niemand befürchten, denn seine Songs sind im Kern persönlich, handeln unter anderem von der Desillusionierung junger Menschen – das hat durchaus seine Gründe: Auch Hennessey wusste vor ein paar Jahren noch nicht so genau, was er wollte. Die Musik war damals sein Anker: „Kreativ und produktiv zu sein, hat mich glücklich gemacht, mir Hoffnung gegeben. Ich fühle mich wohler in meinem Leben, ich bin recht optimistisch.“ Das kann er auch sein, denn am 3. Februar erscheint mit „If You Can’t Find What You’re Looking For Please Ask“ nach der 2021er „Purified EP“ sowie einigen Singles endlich sein Debütalbum. Und auch selbiges dürfte so einige in die Zukunft weisende Retro-Songs bieten. Irgendwann erlebt halt alles mal wieder (s)ein Revival…

Rock and Roll.

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Song des Tages: CVC – „Good Morning Vietnam“


Foto: Promo / Dan Hall

Klingt fast wie ein Witz, ist aber so: Ihren grandiosen US-Roots-Rock haben CVC in einem Kaff in Wales erdacht und eingespielt. Noch nicht eigentümlich genug? Dann wäre da nämlich noch etwas: David und Elliott, die beiden singenden Gitarristen der walisischen Newcomer-Band, heißen mit Nachnamen Bassey und Bradfield und sind tatsächlich mit Shirley „Goldfinger“ Bassey und James Dean Bradfield (Manic Street Preachers) verwandt, wenn auch nur entfernt. Da liegt doch glatt der Gag auf der Hand, Wales als eine Art britisches Saarland zu betrachten, in dem nicht nur jeder jeden zu kennen, sondern man auch miteinander verwandt zu sein scheint. Doch Schluss mit den Witzen, her mit der Anerkennung, denn anders als aus dem Saarland kommt aus Wales eine Vielzahl grandioser Bands und Künstler*innen – man denke nur an die Stereophonics, Feeder, Catatonia, The Joy Formidable, Funeral For A Friend oder die Super Furry Animals (nebst den bereits erwähnten Manic Street Preachers, freilich). Viele von ihnen eint dabei die Eigenart, sich musikalisch recht selten um das zu kümmern, was gerade in den musikalischen Metropolen des „großen“ Nachbarlandes, in London, Manchester oder Liverpool, so angesagt ist, sondern oftmals höchst eigene Wege zu gehen.

Und weil Traditionen manchmal über die Muttermilch weitergegeben werden, folgt das Sextett CVC, zu welchem noch Sänger Francesco Orsi, Bassist Ben Thorne, Schlagzeuger Tom Fry sowie Keyboarder Daniel `Nanial‘ Jones gehören, ebenjener. Die Abkürzung steht für „Church Village Collective“ – Sektenalarm ausgelöst? Mitnichten, dezente Entwarnung: Das Kirchendorf Church Village, etwa 15 Kilometer nord-westlich von Cardiff gelegen, ist lediglich die Heimat der Band, gut 5.000 Menschen leben hier, alles ist zu Fuß erreichbar, man hat seine Ruhe – manchmal sogar wohl mehr, als einem lieb sein mag. CVC machen aus dieser Abgeschiedenheit – ganz nach walisischer Tradition – das Beste. 2019 gründet sich die Band, seitdem bastelt sie an einem Sound, der wie aus der Zeit gefallen scheint. Wer nicht wüsste, dass CVC aus einem beschaulichen Kaff bei Cardiff stammen, würde wohl viel sauer Erspartes auf eine Herkunft aus den US of A verwetten. Das just erschienene „Get Real“ ist nach einer EP (aus dem vorherigen Jahr) das erste Album der Band, es klingt aber so reif, dass man kaum an ein Debüt glauben mag. Diese Verwunderung mag auch im recht zeitlosen Sound begründet liegen, denn beeinflusst sind CVC von Westcoast-Rock-Bands mit ihren sonnigen Harmonien aus dem Laurel Canyon, aber auch die Americana-Virtuosen von The Band oder mehrstimmiger Harmoniegesang der Marken Beatles, Beach Boys oder Neil Young haben hier deutliche Spuren hinterlassen. Dass die erste Single – ein stampfendes Soul-Rock-Stück mit minimalen Disco-Anleihen im Refrain – den Titel „Good Morning Vietnam“ trägt, fügt sich da nur wie ein weiteres Puzzleteil ins Bild ein. Auch der Song „Music Stuff“ verrät viel über den Ansatz dieser Band: „Get Real“ klingt nach einem Album, das die Musik ganz selbstverständlich zur wichtigsten Sache der Welt erklärt und dementsprechend ernst nimmt. Also lieber „Größer, besser, weiter!“ als britisches Understatement? Gut möglich, schließlich meinte die Band unlängst selbstbewusst, dass sie rasch große Arenen füllen will, auch vom Privatjet mit Bandlogo war die Rede. Klar, das ist 2022 (noch) augenzwinkernde Ironie. Andererseits ab und an gar nicht mal so schlecht, in dieser Zeit eine Band mit dem großspurigen Mindset à la Oasis vorzufinden, eine, die noch an das große Heilsversprechen einer Rockbandgründung glaubt – und alles dafür tut, dass diese vielleicht doch wahr werden. Warum auch nicht? Das erste Album der Kings Of Leon war vor knapp zwanzig Jahren schließlich eine ähnlich coole, nerdige und großartige Roots-Rock-Platte. Der Rest ist keinesfalls ein Witz, sondern Geschichte…

Rock and Roll.

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Song des Tages: Paul Weber – „Irgendwann“


Foto: Promo / Tim Loebbert

Oft wirkt es, als wären wir ohne Ziel. Wir probieren uns aus, ziehen weg aus dem Ort, an dem wir geboren und aufgewachsen sind und hin zu einem Ort, an dem Neues, Aufregendes, eventuell sogar das vermeintliche Glück – oder zumindest ein nach 22 Uhr noch offener Späti – auf uns wartet. Dass dieser Weg, den wir gehen, noch viel mehr ist als das, zeigt Paul Weber mit seiner neuen Single „Irgendwann“ – und besingt zu klaren Gitarren-Riffs treibendem Schlagzeug – beides erinnert ohne große Umschweife an die gar nicht mal üblen Seiten von The War On Drugs oder Sam Fender – (s)eine ganz eigene Suche, seine ganz eigenen Gefühle, die an mancher Stelle genauso unsicher und haltlos scheinen wie das Wort „Irgendwann“. Aber: Kein Umweg ist zu lang, keine falsche Entscheidung ist, im Rückspiegel betrachtet, falsch und kein Lange-wach-bleiben ist zu lang, solange wir uns selbst am Ende ein stückweit näher kommen. Und egal wie lang das auch dauern mag, eines ist klar: „Irgendwann“ kommen wir an. Wir alle.

Der aus Köln stammende Musik-Newcomer beschreibt seine Gedanken beim Schreiben des Textes zur gemeinsam mit Produzent Dennis Borger (Fibel, Betterov) entstandenen Nummer, die auf die 2021 veröffentlichte „Alles im Arsch EP“ und die Single „Zuversicht“ folgt, so: „Im Entstehungsprozess des Songs habe ich mich immer wieder in unserer komplizierten Welt sehr verloren gefühlt. Ich laufe manchmal rastlos mit der ständigen Angst, etwas zu verpassen, durch mein Leben. Immer auf der Suche nach einem Platz zum Ankommen. Der Song soll für die Hoffnung stehen, dass am Ende alles gut gehen wird.” 

Für das Musikvideo zum Song konnte Weber sich übrigens ganz auf seine Kontaktliste verlassen und einige andere aufstrebende Gesichter der deutschen Indie-Szene zusammentrommeln: Blinker, Kicker Dibs, Brenda Blitz oder Anoki gestalten gemeinsam mit ihm ein passendes Video, bei welchem man gut und gern eine Hommage an Wir sind Helden und deren bewegte Bilder zu „Nur ein Wort“ (und somit irgendwie ja auch an Bob Dylan) erkennen kann.

In jedem Fall ist hier eine im besten Sinne irgendwo zwischen Melancholie und Aufbruch, AnnenMayKantereit und Betterov festgefahrene Indierockedipop-Nummer gelungen, den Künstler dahinter sollte man also für Zukünftiges durchaus auf dem Schirm behalten…

Rock and Roll.

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