Brutus – Burst (2017)
-erschienen bei Hassle/Soulfood-
Kleines Quiz gefällig? Dann: Hefte raus, Klassenarbeit! Und nun nennt mir mal bitte zehn singende Schlagzeuger! Auf die Plätze – fertig, los!
Ringo Starr vielleicht? Nee, der hielt sich bei den Beatles ja tunlichst im Hintergrund, wurde von Lennon/McCartney ja – vielleicht zu recht – gar bewusst in den Hintergrund seiner kleinen Fell-Schießbude platziert. Der ewige Poppunker Bela B? Ja klar, der umtriebige Trommler der Ärzte ist aus der deutschen Musiklandschaft kaum mehr weg zu denken. Und Phil Collins natürlich – man hat fast vergessen, was der Mann zuerst mit Genesis in den Siebzigern für den Progrock und ab den Achtzigern und in den Neunzigern auch solo popmusikalisch geleistet hat und was der heute 66-Jährige – zumindest anno dazumal – für waghalsige Rhythmen am Drumkit zustande gebracht hat. Oder Josh „Father John Misty“ Tillman, der ja vor einiger Zeit noch als Taktgeber und Harmoniesänger der Fleet Foxes fürs nötige Hintergrundfeeling zuständig war. Und freilich Dave Grohl, der ja in den Neunzigern mit Nirvana erst dankenswerterweise dem dämlich-dumpfen Hair Metal den Garaus gemacht und flugs Grunge salonfähig in den Pop überführt hat. Aber der trommelt heute bei seiner Hauptband, den Foo Fighters, wie man weiß kaum noch, macht(e) das eher bei den Queens Of The Stone Age (das Jahrhundertwerk „Songs For The Deaf“) oder bei Nebenprojekten wie Them Crooked Vultures (da mit an Bord: QOTSA-Vorsteher Josh Homme und LedZep-Basser John Paul Jones). Wer trotzdem eine Ahnung davon bekommen möchte, was Grohl am Schlagwerk draufhaben mag, der dürfte sich das Gerücht, dass der Sympath einst für die bis heute einmalige Led-Zeppelin-Reunion-Show im Jahr 2007 als Ersatz für den legendären, 1980 verstorbenen Drummer John Bonham im Gespräch war, bis dessen Sohn Jason – statt Dave Grohl – die Stöcke in die Hand nahm, genüsslich auf der Zunge zergehen lassen… Ansonsten jedoch? Pophistorisch Fehlanzeige. Gerade wenn man versucht, nach singenden SchlagzeugerINNEN Ausschau zu halten. Und, Leute: Meg White von den seit 2011 auf Eis liegenden White Stripes scheidet natürlich aus, die Dame kann ja – bei aller Liebe – nicht einmal ordentlich trommeln…
Umso erstaunlicher ist das, womit Brutus auf ihren jüngst erschienenen Debütalbum „Burst“ um die Ecke biegen. Brutus? Gemeint sind hier natürlich weder die 2000 gegründete niederländische Death-Metal-Band noch die seit 2007 bestehende norwegische bluesende Hard-/Stoner-Rock-Formation. Nein, diese Brutus stammende aus dem belgischen Leuven und haben sich als Trio einst zusammengefunden, um den legendären Hardcore-Punk-Schweden von Refused als Tribute-Coverband ihre Ehre zu erweisen.
Mittlerweile sind Stefanie Mannaerts (Schlagzeug, Gesang), Stijn Vanhoegaerden (Gitarre) und Peter Mulders (Bass) den Coverband-Schuhen entwachsen und haben – wenn auch unter reichlich unkreativem Bandnamen, der geradezu zu Verwechselungen einlädt – ihren ganz eigenen Sound entwickelt, der Grenzen sprengt, sich allerhand Eigenwilligkeiten herausnimmt und gerade auf Albumlänge zu einem wahren Höllenritt zwischen den Genres gerät. So werfen Brutus Punkrock, (Post-)Hardcore, Shoegaze, Post-, Math- und Progrock in einen Topf und garnieren das Ganze auch noch mit einem Sträußchen sinistrem Black Metal. Ganz richtig: was sich so vogelwild liest, ist es auch. Dass diese Mischung dennoch aufgeht wie ein Hefezopf, ist das Verdienst von drei technisch höchst versierten Musikern, die mit allerhand frischem Herzblut an ihre Song gewordenen Kinder heran gehen und den schmalen Grat zwischen Genie und Wahnsinn bestens zu beherrschen scheinen.

Auch die Songstrukturen der elf Songs sind irgendwie… ungewöhnlich. Die Parts purzeln nur so durcheinander, dass dem geneigten Hörer bei all der Dynamik fast schon schwindelig wird. Der große Pluspunkt bei Brutus ist jedoch, dass die drei es dennoch verstehen, mitreißende Songs zu komponieren, denen es bei aller Härte keinesfalls an Melodien und Eingängigkeit fehlt. Im Gegenteil, die Stücke fesseln einen mit ihrer dichten Produktion, für welche sich Jesse Gander (Japandroids, White Lung, Comeback Kid), in dessen Studio im kanadischen Vancouver das belgische Trio an den Songs feilte, verantwortlich zeichnet, von der ersten Minute an, auch wenn es vielleicht ein paar Hördurchläufe braucht, bis man den ganzen Wahnsinn vollends begreift. Geduld wird in jedem Fall belohnt, denn Brutus haben ein unfassbares Talent und Gespür dafür, spannende, mitreißende Songs zustande zu bringen, die zu gleichen Teilen unvorhersehbar aber trotzdem äußerst eindringlich sind. Ein Höllenritt zwischen den Stilen, fürwahr. Aber einer, den man so seit Ewigkeiten nicht mehr erlebt hat!
Mein Erstkontakt mit Brutus vor weniger Tagen war diese Live-Session-Version des Albumsongs „Horde II“. Mein erster Gedanke, ganz simpel: „Geil.“. Kann ich noch immer so unterschreiben…
Auch toll: diese live in den Pariser Red Bull Studios eingespielte Version des beinahe schon poppigen „All Along“…
…zu dem man sich hier auch das Musikvideo anschauen kann:
Ebenfalls „geil“ ist das bei aller Punk-Abfahrts-Härte verdammt eingängige „Drive“…
Rock and Roll.
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[…] nun für den 23. Oktober angekündigten Livealbum, welches 13 Songs aus ihren beiden Alben „Burst“ und „Nest“ […]