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Die Woche in Bild und Ton…


Damit ihr nicht vollkommen den Überblick über alle hörens- und sehenswerten Neuerscheinungen der letzten Woche(n) verliert, hat ANEWFRIEND hier wieder einige der Video- und Songneuerscheinungen der letzten Tage für euch aufgelesen…

 

Johnny Cash – She Used To Love Me A Lot

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Johnny Cash – da haben die meisten sicherlich das gebrechliche Bild jenes Mannes in Erinnerung, der sich im Musikvideo zur großartigen Nine Inch Mails-Coverversion von „Hurt“ über die Tasten des vor ihm stehenden Pianos schaut und auf (s)ein langes Leben zurückblickt… Nicht umsonst gelten Cashs letzte Jahre, für die er sich mit Erfolgsproduzent Rick Rubin zusammentat, um mit der Aufnahmereihe der „American Recordings“ sein eigenes, in all den Jahren leicht country’esk angestaubtes Image aufzupolieren, als seine wohl besten und produktivsten.

Doch der „Man in Black“ war auch vor (und nach) seiner Zeit der Alternative Credibility äußerst umtriebig und veröffentlichte in seiner Karriere zwischen 1954 und 2003 nahezu 100 Alben auf diversen Labels. Dass bei dieser Masse freilich so einiges unters Mischpult rutscht, dürfte nicht verwundern. Dass nun, elf Jahre nach Cashs Tod im Alter von 71 Jahren, nach und nach all die „verschollenen Aufnahmen“ plötzlich (?) das Licht der Plattenläden entdecken, gehört wohl dazu. „Out Among The Stars„, das in Deutschland am 21. März, erscheint, enthält nun Songs, die Johnny Cash zwischen 1981 und 1984 (also in den Jahren seiner Popularitätsflaute) mit dem Country-Produzenten Billy Sherrill aufgenommen hatte. Weil sich sein damaliges Label Columbia Records jedoch weigerte, das Album zu veröffentlichen, verschwanden die Songs und tauchten erst kürzlich wieder auf, als sich Cashs Sohn John Carter Cash deren annahm und ein wenig auf Zeitgeist „polierte“.

Im Musikvideo zur Auskopplung „She Used To Love Me A Lot“ stellt der verantwortliche Film- und Musikvideoregisseur John Hillcoat in eleganten, schwarzweiß und matt farbig gehaltenen Bildern der romantischen Vorstellung des amerikanischen Traumes die Entfremdung und soziale Zwiespältigkeit der Realität entgegen: Ur-amerikanische Landschaftsaufnahmen reihen sich an Bilder von Naturzerstörung, Symbolen des Kapitalismus – auf zwei kämpfende Bisons in der Steppe folgt beispielsweise der Stier der New Yorker Wall Street – und vom Leben gezeichneten und geprüften Menschen mit traurigen Augen. „Der Text des Liedes klang für mich, als hätte er ihn an das heutige Amerika gerichtet“, erklärt Hillcoat seine Interpretation des Cash-Songs. „An die Nation, die ihn liebte, und gegen deren Spaltung er immer gekämpft hat. Diese Spaltung hat sich seit seinem Tod nur noch extrem verstärkt, deshalb wollten Amerika in diesem krassen Licht zeigen, als Hommage an den Grund, aus dem Cash immer schwarz getragen hat: weil es beschämenderweise immer mehr Entrechtete und Ausgeschlossene gibt.“

Gleichzeitig ist das Musikvideo laut Hillcoat auch ein Kommentar zu Cashs persönlichem Leben – nicht umsonst sind immer wieder Bilder des Musikers im Hintergrund auf Wänden zu sehen. „Wir wollten auch den Kampf und die Reise dieses großen Mannes zeigen, von der Liebe seines Lebens hin zu den verbrannten Ruinen seines berühmten Hauses am See, persönliche Fotos, die Höhle, wo er versuchte, sich das Leben zu nehmen und dann sein Leben umkrempelte, den Ort wo er zuletzt aufnahm und das letzte Foto von ihm vor seinem Tod.“ Letzteres bildet denn auch eindrucksvollen Schluss des Videos…

 

 

 

Editors – Sugar

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Im krassen Gegensatz zu den weiten Landschaften des Cash-Clips stehen die Bilder des neuen Musikvideos zu „Sugar“, der aktuellen Singleauskopplung aus dem im vergangenen Juni veröffentlichten vierten Editors-Studioalbum „The Weight Of Your Love„. Darin finden sich Sänger Tom Smith & Co. inmitten grauen Betons und kühler Neonbeleuchtung wieder. Und während geradezu aggressive Basslinien und Textzeilen wie „You swallow me whole / With just a mumbled hello / And it breaks my heart to love you / It breaks my heart to love you“ mal wieder ordentlich Melancholie ins Hörerherz pumpen, verlieren Schwerkraftgesetze ihre Gültigkeit und kommen die Wände immer näher…

 

 

 

Yesterday Shop – Trees & Games

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Ähnliches Setting inmitten verlassener Industriebauten und den nagenden Zähnen der Zeit, identisches Gespür für schwebende Indie-Schwermütigkeit: Das aus dem schwäbischen Reutlingen stammende und sich mittlerweile auf Hamburg und Berlin verteilende Quintett Yesterday Shop gewährt mit „Trees & Games“ einen ersten Vorgeschmack aufs kommende Album „Parodos“, welches ab dem 9. Mai in den Plattenläden stehen wird. Ob das ähnlich gut wird wie der Ende 2012 erschienene selbstbetitelte Erstling? ANEWFRIEND bleibt am Ball!

 

 

 

Warpaint – Love Is To Die (live at Conan O’Brien)

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Indie? Melancholisch? Schwebend? Faszinierend? All diese Attribute treffen freilich auch auf den All-Female-Vierer von Warpaint und deren aktuelles Album zu. Dass die Band aus Los Angeles bei allem Touren rund um die Welt und all den Vorband-Aufritten für The National, Nick Cave & The Bad Seeds oder die Queens Of The Stone Age das heimische (TV-)Publikum nicht vergessen hat, bewiesen Emily Kokal, Theresa Wayman, Jenny Lee Lindberg und Stella Mozgawa kürzlich bei Late Night-Talker Conan O’Brien, bei dem sie eine tolle Live-Version der aktuellen Single „Love Is To Die“ zum Besten gaben…

 

 

 

Joan As Police Woman – Holy City

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Für den hartnäckigsten Ohrwurm in den ANEWFRIEND’schen Gehörgängen sorgte in der vergangenen Woche übrigens Joan „Joan As Police Woman“ Wasser mit „Holy City“, der aktuellen Single aus dem neuen Album „The Classic„. Dabei sei betont, dass sich der dazugehörige Rest von Platte Nummer fünf der 43jährigen Wahl-New Yorkerin ebenso lohnt, immerhin lässt sich laut.de in seiner knappen Review zu dem euphorischen Urteil hinreißen, das in den zehn neuen – und absolut zeitgemäß mit Elementen aus Soul, Blues, Swing und Sixties-Doo-Wop spielenden – Stücken „das echte Leben tobt“…

 

 

 

Die Coverversion(en) der Woche…

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…stammt von der jungen Musikerin Kawehi, die im Rahmen ihrer Kickstarter-Kampagne für das Musikprojekt Robot Heart Cover-Wünsche annahm. Einer dieser Unterstützer-Vorschläge war Nirvanas „Heart-Shaped Box“, das die Künstlerin mit Beatboxing intoniert und nach und nach – mittels Loop-Maschine – Gesangs- und Keyboard-Schleifen einfügt, bis am Ende eine komplett eigene Variante des Kurt Cobain-Angstkleinodes entsteht.

Auch gut ist Sarah Stones A Capella-Handclap-, Tischklopf- und Becherknall-Variante von „Royals“ (das Original von Neuseelands 17-jährigem Shooting Star Lorde dürfte wohl hinlänglich bekannt sein), während Meytal Cohens Drum-Cover des Tool-Evergreens „Forty Six & 2“ beweist, wie *hust* ansehnlich und leichtfüßig weibliches Schlagzeugspiel inmitten schöner Sonnenlandschaften daher kommen kann. Das Auge hört ja bekanntlich auf YouTube mit, oder?

 

 

Rock and Roll.

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Das Album der Woche


Schluss, aus, vorbei! Mit dem ersten „Album der Woche“ hält nun auch auf ANEWFRIEND das Jahr 2013 endgültig Einzug. Aber bei all den bevorstehenden potentiell großartigen Neuveröffentlichungen lassen wir uns vom ausgefallenen Weltuntergang doch gern zum Weitermachen zwingen, oder?

„A revolution without dancing is a revolution not worth having.“

(V For Vendetta)

Yesterday Shop – Yesterday Shop (2012)

Yesterday Shop (Cover)-erschienen bei Trickster/Broken Silence- 

Löblich ist, dass sich die „Brigitte“ für’s neue Jahr wohl auf die Redaktionsfahnen geschrieben hat, ihren Teil zur Förderung des talentierten deutschen Musikernachwuchses beizutragen. Weniger schmeichelhaft ist dann jedoch, wie gekonnt die doch eher für hausfräuliche Modestrecken und 1001 Abnehmtipps bekannte Illustrierte in ihrer kurzen Einschätzung auf die falsche Fährte abbiegt: „Yesterday Shop setzen mit ihrem Indie-Pop in etwa da an, wo Chris Martin & Co 2005 nicht weitergemacht haben.“ Öhm… ja. Leider hat das, was man dann auf dem selbstbetitelten Debüt von Yesterday Shop zu hören bekommt, rein gar nichts – und das ist bitte ausdrücklich positiv gemeint – mit all dem zu tun, was Coldplay nach ihrem fulminant guten, 2002 erschienenen Zweitwerk „A Rush Of Blood To The Head“ zustande gebracht (respektive: verbrochen) haben. Zugute halten sollte man den „Brigitte“-Damen – und Herren? – jedoch, das ihnen all die näher liegenden Vergleichsbands unter Garantie kaum etwas sagen werden. Dabei beweist das aus dem Schwabenland – genauer: Reutlingen – stammende und sich mittlerweile auf Hamburg und Berlin verteilende Quintett während der elf Stücke – beziehungsweise 44 Minuten Spieldauer – mehrfach, dass es schon mit dem Debüt zum Sprung hin zu internationalen Weihen bereit scheint…

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Bestimmt nach dem atmosphärischen, an Sigur Rós gemahnenden Intro „Voile“ in „Fat Man & Little Boy“ anfangs noch androgyner, sich überlappender Falsettgesang á la Maximilian Hecker die Szenerie, nimmt der Song, dessen Titel die Codenamen der beiden 1945 über Hiroshima und Nagasaki abgeworfenen Atombomben zitiert, schon bald an Fahrt zu, nur um sich am Ende wieder in einer einsamen Gitarre zu verlieren. Das dezent an die Foals erinnernde „Winter Act I“ wechselt immer wieder zwischen atmosphärisch-leichten Flächen und kurzen Ausbrüchen hin und her und wird im Hintergrund gewinnbringend von Streichern und weiblichem Backgroundgesang unterstützt. Rein musikalisch schlägt da „Slow Motion Olymp.“, dessen Synthesizer den Hörer schon einmal sanft Richtung Tanzfläche schubsen, nur um im Mittelteil das Shoegazerhaupt diebisch grinsend wieder zu senken, und gegen Ende erneut zu schubsen, einige Haken mehr, während „Paralyzing“ mit den hallenden Vocals von Sänger Clemens Kluck, einer einsamen Akustikgitarre, weiten Soundscapes, Handclaps, einem fernen Schlagzeug und Klaviertupfern zum Träumen einlädt. „Paris Syndrom“ stellt mit seiner eingängigen Melodie so etwas wie den „Hit“ der Platte dar, das darauf folgende „Ludwig II“ fährt als Hommage an den bayrischen „Märchenkönig“ die ganz großen Kopfkinogeschütze auf: Synthesizerflächen wabern umher, der Gesang ebbt auf und ab, Gitarrenfiguren umspielen sich sanft, nur um am Ende den Ausbruch zu wagen. In „Me & Meursault“, in Titel und Text eine Reminiszenz an Albert Camus‘ Roman „Der Fremde„, scheinen sich technoide Flächen erstmals gegen die Gitarren durchzusetzen, „Modern Philosophy“ bildet trotz der ein oder anderen hektisch mitspielenden Gitarre – zumindest anfänglich – einen Ruhepol, der alsbald dem Hymnus anheim fällt, in „Winter Act II“ zeigen sich wieder die an den Foals geschulten Gitarren und Harmonien. Im siebenminütigen Abschluss „We Like Chopin“ fahren Yesterday Shop noch einmal alle Register hoch und verabschieden sich mit den ihnen zur Verfügung stehenden musikalischen Waffen und einem ordentlichen Eindruck: dichte Atmosphäre, die sich in Klangflächen verliert, unaufdringlicher Gesang und ein Song, der erst Stufe für Stufe erklimmt, um final und mehrstimmig langsam abzuebben.

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Natürlich sind Yesterday Shop, die sich den Bandnamen von einem befreundeten Kurzfilmer „entliehen“ haben, auf ihrem gemeinsam mit Produzent Kristian Kühl in Hamburg aufgenommenen Debüt von bandinternen Vorbildern wie Radiohead noch so weit entfernt wie, sagen wir, die TSG Hoffenheim vom erfolgreichen Klassenerhalt – oder, um den fussballunkundigen Monopolyfreunden unter euch einen Vergleichspunkt zu liefern, die Theaterstraße von der Schlossallee -, jedoch können alle, denen die bisher erwähnten Vergleichsbands und -künstler, allen voran die immer wieder ins Feld geführten Foals, aber auch Freunde zum Beispiel der Editors, Interpol oder den bayrischen Landmännern Slut, hier mehr als ein Ohr – und auf Tour auch ein Auge – riskieren. Denn Bands wie Yesterday Shop, die in der heutigen, musikgeschäftstechnisch nicht eben risikofreien Zeit das Wagnis der Gründung eines eigenen Labels (in diesem Fall „Trickster“ – jaja, wieder so ein selbstgewählter potentieller Radiohead-Verweis) sowie der Finanzierung via Crowdfunding eingehen, sind durchaus unterstützenswert. Umso schöner, wenn die Songs dieser talentierten Schlauberger dann mit ihren Kopfkinovarietévorstellungen in grauen Wintertagen auch noch zu Kopfhörertagträumen einladen… „Brigitte“ sei Dank!

 

Auf der Soundcloud-Präsenz der Band kann man sich einige der Songs des Debütalbums anhören…

 

…und hier das durchaus sehenswerte Video zu „Paris Syndrom“ flimmern lassen:

 

Und, für alle Freunde der gepflegten musikalischen Bühnenunterhaltung: Yesterday Shop sind in diesen Tagen – also: im Rahmen ihrer „Januar-Tour“ – live und in Farbe zu erleben:

– 15.01.2013: Societätstheater, Dresden

– 16.01.2013: Atomino, Chemnitz

– 17.01.2013: Merlin, Stuttgart, Pop Freaks Festival

– 18.01.2013: KiFF, Aarau (CH)

– 19.01.2013: MuZClub, Nürnberg

– 22.01.2013: Schlosskeller, Darmstadt

(…mehr dazu hier)

 

Rock and Roll.

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