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Song des Tages: Jensen McRae – „Immune“


Foto: Promo / Caity Krone

Eigentlich war es anfangs nur eine lieb gemeinte, dystopisch angehauchte Parodie: „2023 wird Phoebe Bridgers ihr drittes Album herausbringen und der Opener handelt davon, wie man im Auto rummacht, während man damit im Stau auf dem Weg zum Dodger Stadium steht, wo man die Impfung bekommt, und es wird mich zum Heulen bringen“, schrieb Indie-Singer/Songwriterin Jensen McRae vor etwa 14 Tagen in einem Tweet und lieferte dann gleich eine kurze dazu passende Eigenkomposition. Und Bridgers? Die teilte das knapp einmütige Video mit einem begeisterten „oh my god“, geschmeichelt von diesem doch etwas verschrobenen Kompliment.

„A couple weeks ago I had this idea about the idea of the vaccination anthem. This pandemic has coloured pop culture permanently, whether we like it or not. On the way to us, almost inevitably, are pandemic romcoms and pandemic novels and, in my case, pandemic songs.

The way this pandemic has upended our lives has meant that pretty much no artist can escape writing about it. I imagined the fictional story of two friends whose dynamic has taken on a possibly false new dimension as a result of the chaos of the world, and how that chaos and the friendship would put kind of a lot of pressure on the relationship to be somehow life-changing. It’s also about how once the pandemic ‘ends’ – whenever that is – we’re all gonna have to find something new to talk about to each other.

This song came about partly as a joke, a parody of one of my favourite songwriters of all time, Phoebe Bridgers, who specialises in dark, spare, precise lyrics about our unprecedented times. My prediction about how Bridgers would tackle love in the time of vaccination – and an accompanying clip of the hypothetical song – took off on Twitter, so me and my producer, Rahki, decided to finish the song and turn it into something that sounds like me. It’s about how the emotional stakes of our relationships have been ratcheted up in light of global calamity, about hipsters and science and dogs and love. Enjoy.“

So ganz von Ungefähr dürfte die spontane Begeisterung des weitaus bekannteren Indie-Folk-Vorbilds übrigens nicht kommen, schließlich hat McRae damit trotz des durchaus vorhandenen ironischen Untertons so sehr die Essenz von Bridgers‘ Musik getroffen, dass aus „Immune“ nun eben ein vollwertiger Song inklusive Visualizer-Musikvideo wurde. Und man höre her – Zeilen wie „What will we say to each other when the needle goes in? / What will we be to each other if the world doesn’t end?“ würden nahezu perfekt auf Phoebe Bridgers‘ letztjähriges, völlig zurecht allerorts gelobtes Album „Punisher“ oder (potentiell) seinen hypothetischen Nachfolger passen. Simples Abkupfern gibt’s hier trotzdem nicht zu belauschen, denn McRae macht sich das Stück mit ihrem markanten Timbre in der Stimme mit jeder Faser, jeder Note zueigen. Um nett gemeinte Lobeshymnen von Bridgers-Fans, die der 23-jährigen attestierten, dass sie „mehr nach Phoebe Bridgers klingt als Phoebe Bridgers“, kam sie trotzdem nicht herum…

Möge ihr also die – eventuell dezent kalkulierte, eventuell auch unerwartete – Aufmerksamkeit helfen: Nach einigen Vorabsongs in den letzten Monaten – etwa das famose „Wolves„, welches das heikle Thema der physischen Gewalt gegen Frauen anpackt, „The Plague„, „White Boy“ oder einer bewegenden BLM-Version des durch Billie Holiday bekannt gewordenen Klassikers „Strange Fruit“ – soll noch in diesem Jahr der gemeinsam mit Produzent Rahki (Eminem, Kendrick Lamar, Sampa The Great) entstandene Debüt-Langspieler der talentierten Newcomerin aus Los Angeles erscheinen. Und auch deshalb sollte man Jensen McRae im Auge (und Ohr!) behalten…

„My name is Jensen McRae. I’m 23 & I’m a Virgo. I write songs about mental illness, being brown, fearing adulthood, and falling in love with every boy who’s ever been nice to me. I am probably writing about you in my journal.“

Rock and Roll.

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Sunday Listen: Message To Bears – „Wolves“ (feat. Gemma Alexander)


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Ehrlich gesagt: Es gibt nicht besonders viel, was man den Songs von Matthew Houck noch verbessern könnte… Matthew wer?

Okay, der aus Athens, Georgia stammende Americana-Singer/Songwriter sollte den Meisten wohl eher unter seinem stage name Phosphorescent, unter dem er seit 2003 sechs Studio- und im vergangenen Jahr zuletzt das formidable Live-Album „Live at the Music Hall“ in die Plattenregale gestellt hat, bekannt sein. Nicht? Dann habt ihr ab jetzt einen kleinen Musiktipp mehr auf eurem Zettel…

Einer der wohl schönsten und auch bekanntesten Songs von Phosphorescent ist – spätestens seit es 2011 im Film „Margin Call“ (unter anderem mit Kevin Spacey und Jeremy Irons) Verwendung fand – das vom 2007er Album „Pride“ stammende „Wolves“. Und: Ja, auch Tim „Strand Of Oaks“ Showalter hat sich dieses Stück vor fünf Jahren bereits einmal vorgenommen und ihm seine ganz eigene Note verliehen (und es danach zum freien Download angeboten).

In die Liste der gelungenen Coverversionen des Phosphorescent-Originals reihte sich 2011 auch ein gewisser Jerome Alexander. Und da wir – Phosphorescent, Strand Of Oaks – gerade so schön dabei sind, Eigenbrötler, deren Namen erst einmal kein Glöckchen zum Klingeln bringen, und ihre musikalischen Vehikel aufzuzählen: Der britische Musiker dürfte als Message To Bears dem ein oder anderen etwas sagen. Für alle anderen: Multiinstrumentale Leisetreterei im Ambient- und Postrock-Sphären mit so einigen elektronischen Experimenten, welche unlängst, am 1. Juli diesen Jahres, das durchaus zu empfehlende vierte Album „Carved From Tides“ hervorgebracht hat. Und um einen Kreis von 2011 zu 2016 zu schließen: Wie schon bei der wunderschönen Neuinterpretation des Phosphorescent-Stückes greift auch auf dem aktuellen Message To Bears-Album Alexanders Schwester Gemma dem sonst oft allein im Studio hockenden Sound- und Stimmungstüftler stimmlich unter die Arme…

 

 

„Mama, there’s wolves in the house
Mama, they won’t let me out
Mama, they’re mating at night
Mama, they wont make nice

They’re pacing and glowing bright
Their faces all snowy and white
Bury their paws in the stone
Make for my heart as their home

They tumble and fight
And they’re beautiful
On the hilltops at night
They are beautiful

Blazing with light
Is the whitest and the tallest and the biggest one
She’s muscled and fine
When she runs

They’re tearing up holes in the house
They’re tearing their claws in the ground
They’re staring with blood in their mouths
Mama, they won’t let me out

They tumble and fight
And they’re beautiful
On the hilltops at night
They are beautiful

Blazing with light
Is the whitest and the tallest and the biggest one
All muscled and fine
When she runs

Mama, there’s wolves in the house
Mama I tried to put them out
And m,ama I know you’re too wise
To wait till those wolves make nice“

 

Rock and Roll.

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Auf dem Radar: Rag’n’Bone Man


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Mal ein kleines Experiment: Schaut euch den Herrn auf dem Bild an. Welchem musikalischen Genre würdet ihr ihn ganz spontan und per erstem optischen Eindruck zuordnen? HipHop vielleicht? Elektronische Gefilde gar? Bildet euch eure eigene Meinung… Und dann schaut euch das Musikvideo zur aktuellen Single „Human“ an (welches ihr auch weiter unten findet) – und seid wohlmöglich ebenso überrascht wie ich…

 

Ganz klar: Das Optische mag bei Rory Graham aka Rag‘n’Bone Man trügen. Die Stimme keinesfalls. Denn mit seinem herrlich rauen Gesangsorgan und einem umwerfenden Gespür für den richtigen Groove changiert der aus dem englischen Brighton stammende Newcomer scheinbar mühelos zwischen Blues, Soul, HipHop oder Funk hin und her.

Überhaupt: das Phänomen Blues. Entstanden in der afroamerikanischen Gesellschaft der USA zu Beginn des 20. Jahrhunderts und in den folgenden Jahrzehnten von jeder Musikergeneration immer wieder neu interpretiert, verändert, wiederbelegt, modernisiert, aufgehübscht, recycled und wieder auf seine wesentlichen Bestandteile reduziert (u.a. wären da Gun Club, die White Stripes, die Black Keys, Kanye West oder Kendrick Lamar zu nennen), ist die amerikanische Ur-Musik, aus der einst Soul, Jazz, Rock’n’Roll, Jazz oder HipHop erwuchsen und immer mehr mit dem popkulturellen Massengeschmack verschmolzen, auch 2016 lebendig wie eh und je. Immer wieder widmen sich junge Musiker auf der ganzen Welt der Aufgabe, das musikalische Erbe der Muddy Waters, John Lee Hookers, Bo Diddelys, Howlin‘ Wolfs, Son House oder Big Bill Broonzys in der Gegenwart fortzuführen und dem Genre neue Wege in die Zukunft weisen. Einer der großen Hoffnungsträger und Erneuerer diesseits des Atlantiks trägt – ganz stilecht bluesig – den Namen Rag’n’Bone Man (deutsch: Lumpensammler).

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Zu seinem Künstlernamen ließ sich Graham von der britischen TV-Serie „Steptoe & Son“ inspirieren, welche in Großbritannien in den Sechzigern und Siebzigern gezeigt wurde. An diese Zeit erinnern auch seine vielen Tätowierungen, die man auch im bereits erwähnten Musikvideo zu „Human“ bestauen kann (auf den Knöcheln seiner Hände sind übrigens die Worte „Soul“ und „Funk“ unter die Haut gebracht). Der Song, welcher mit einem schleppenden Beat und Südstaaten-Blues-Samples startet, ist der erste Vorgeschmack aus dem Major-Debütalbum, das in Kürze erscheint (mit „Wolves“ erschien 2014 bereits sein Indie-Einstand, welchem 2015 die „Disfigured EP“ folgte). Dass der Mann Einiges an in die Wiege gelegtem Talent (die Mutter ist selbst Sängerin, der Vater Gitarrist), Charisma und Live-Präsenz mitbringt, welche sich kaum auf ein Genre beschränken mag, war ebenso beim Hamburger „Reeperbahn Festival“ im vergangenen Jahr zu sehen wie im kürzlich stattgefundenen „Montreux Jazz Festival„.

Ganz klar: Menschlichkeit hat viele Gesichter. Das von Rory „Rag’n’Bone Man“ Graham lehrt uns, einen Menschen nicht gleich auf dem ersten Eindruck fest und ad acta zu legen, während seine Stimme hoffentlich dafür sorgen wird, dass man ihn so schnell nicht wieder vergisst.

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Hier gibt’s das Musikvideo zur aktuellen Single „Human“…

 

…zum ebenfalls tollen Song „Bitter End“…

(alternativ hier ein Vimeo-Link)

 

…sowie selbiges Stück noch einmal in einer Live-Session-Varinate, mitgeschnitten während dem letztjährigen „Reeperbahn Festival“:

 

Rock and Roll.

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