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Song des Tages: Enno Bunger – „Bucketlist“


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Enno Bunger: guter Typ. Ja, im Ernst – bereits seit Bestehen dieses bescheidenen Blogs ist der Hamburger Liedermacher ein gern gehörter Gast in meinen Lauschern sowie sicherer Kandidat für den ein oder anderen Besuch in meiner Playlist…

60346108_10157507537598783_1118283628451725312_oInsofern bin ich dementsprechend gespannt auf das nun für den 26. Juli angekündigte vierte Album „Was berührt, das bleibt.„, seines Zeichens Nachfolger des 2015er Werks „Flüssiges Glück„, welches seinerzeit unter anderem den auch heute noch großartigen – da mit klarer Kante und Meinung vorgetragenen – Song „Wo bleiben die Beschwerden?“ enthielt. Wohin die musikalische Reise von und für Enno, der den neuen Longplayer vor wenigen Tagen mit den Worten „Uff. Mir fällt ein Riesenalbum vom Herzen.“ ankündigte, gehen wird? Das Vorbote „Bucketlist“ gibt ein erstes, nicht eben schlechtes Indiz…

Zu kraftvoller, mal gen Indiepop, mal gen Indierock pendelnder Instrumentierung, welche sich irgendwo zwischen seinen letzten Alben oder etwa Caspers tolle Durchbruchswerken „XoXo“ und „Hinterland“ parkt, jedoch immer noch das geliebte Piano im Vordergrund belässt, singt Enno Bunger – völlig zu unrecht immer noch mehr Geheimtipp, als er es sein sollte – darüber, nichts mehr nach hinten zu schieben, um sich an jeden Schritt in seinem Leben mit einem Lächeln erinnern zu können. Scheiß auf die ewige Bucketlist – carpe diem, Baby! Ein durch und durch vorwärtsgerichtetes Lied, das durchaus zum Nachdenken anregt und das bei dem politisch interessierten und gesellschaftskritisch denkenden 32-jährigen Musiker sicherlich nicht nur auf die eigene Privatleben-Nabelschau zu übertragen ist – und mächtig Laune aufs kommende Album macht.

 

„Eine Bucketlist ist eine Liste, auf die man all die Dinge schreibt, die man im Leben noch machen will, bezugnehmend auf die englische Redewendung ‚to kick the bucket‘, auf deutsch: den Löffel abgeben. Der Song handelt von meiner Erfahrung, nach mehreren einschneidenden Erlebnissen nichts mehr (auf die Bucketlist) aufschieben zu wollen, sondern die Zeit, die mir gegeben ist, jetzt zu nutzen, für alles, was mir wirklich wichtig ist. ‚Kein Kompromist mehr, kein Platz mehr für halbe Sachen – das was Du wirklich willst, das musst Du alles machen.'“

 

Hier gibt’s das dazugehörige Musikvideo, welches laut Enno Bunger der erste Teil einer Geschichte zum neuen Album sein soll und somit mit den nächsten Videos fortgesetzt werden wird:

 

Rock and Roll.

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Song des Tages: Enno Bunger – „Wo bleiben die Beschwerden?“ (live am Klavier)


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Fremdenhass, brennende Flüchtlingsheime und mal offen gelebter, mal latent schwelender Rassismus – eigentlich keine allzu typischen Themen für deutsche Pop- oder Rock-Songs. Well… Eigentlich. Nebst Bands wie den Ärzten, den Toten Hosen, Adam Angst oder den Donots hat auch Enno Bunger 2015 einen Song über Fremdenfeindlichkeit geschrieben, welcher verdammt nochmal gehört gehört…

In dem Stück „Wo bleiben die Beschwerden?“ fragt der Hamburger Liedermacher, ob „unser Mitgefühl etwa in einem Flüchtlingsheim verbrannt“ ist und sendet eine klare Botschaft: „Es gibt nur einen Weg: Widerlegen, widersetzen, widerstehen“.

51DC9rdhBFL._SY355_Der Musiker, 1986 im ostfriesischen Leer geboren, veröffentlichte 2015 sein aktuelles Album „Flüssiges Glück“, welches dem drei Jahre zurück erschienenen (und noch immer tollen) Trennungswerk „Wir sind vorbei“ nachfolgte, und sendete vor allem mit ebenjenem Song ein starkes musikalisches, jedoch auch bewusst politisches Statement. „Wer etwas verändern will, muss bei sich selbst anfangen“, schrieb Bunger auf seiner Facebook-Seite zu dem Stück und dem dazugehörigen Musikvideo. Musikalisch ist der Titel – wie der ein oder andere Song des dritten Albums auch – stark von elektronischen Klängen geprägt. Textlich setzt er sich mit Themen wie PEGIDA, dem NSU-Prozess, Oury Jalloh, mit Fällen rechter und rassistischer Gewalt in Deutschland oder der gezielten bundesdeutschen Verblödung auseinander. Harter Stoff für seine ruhige und poppige Indiemusik, die in Bungers Fall allerdings schon immer nachdenklich und mit vielen melancholischen Untertönen versehen war. Warum er das macht? Weil Deutschland in seinen Augen ein Rassismusproblem hat. An dem traurigen Fakt, dass Dummheit keinerlei Verfallsdatum besitzt, hat sich seit 1993, als Die Ärzte mit „Schrei nach Liebe“ einen lautstarken „Arschloch!“-Aufschrei durch das damals erst unlängst wiedervereinte Deutschland hallen ließen, auch heute herzlich wenig geändert. Bunger selbst habe nie gedacht, dass er einmal so politisch werde, aber er konnte einfach nicht anders. „Obwohl ich kein Hemdenträger bin, ist mir der Kragen geplatzt“, so der heute 31-Jährige. Also prangert er in „Wo bleiben die Beschwerden?“ deutlich das passives Verhalten und die Ignoranz im Zusammenhang mit Fremdenfeindlichkeit an. Im Refrain heißt es: „Wo bleiben die Beschwerden? Warum lassen wir das zu? Wir können was dafür, wenn wir nichts dagegen tun.“

Und Enno Bunger ging mit gutem Bespiel voran: Die Einnahmen aus diesem Song spendet(e) er an die Organisationen „Amadeu Antonio Stiftung“ und „Pro Asyl„. Zur Nachahmung empfohlen, Denken strengstens erlaubt…

 

 

Noch eindringlicher als die Albumversion gerät die Piano-Variante des Stücks, welche 2016 Teil der (digital veröffentlichten) Akustik-EP „Herzen auf links“ war:

 

„Feuerwerksraketen, Steine, Splitter, Fensterglas
Drinnen hat man Todesangst, draußen hat man Spaß
Schieben alle Schuld auf die, die sowieso schon nichts mehr haben
Außer den Bildern aus der Hölle und den nie heilenden Narben
Oury Jalloh war ein Zauberer – laut Polizeibericht
Vollführte im Verborgenen sein größtes Meisterstück
Hat mit Händen und mit Füßen, fixiert an Grund und Wand
Sich auf feuerfester Matte in Schutzhaft selbst verbrannt
Wie man von Einzelfällen sprechen kann? Ich werd‘ es nie verstehen
Es gibt Menschen, die das wollen, die das alles gerne sehen
Tief in ihren Herzen heben sie die rechte Hand
Zünden Krisenherde, hoffen auf den Flächenbrand

Wo bleiben die Beschwerden? Warum lassen wir das zu?
Wir können was dafür, wenn wir nichts dagegen tun
Wo bleiben die Beschwerden? Wo führt das alles hin?
Warum tun wir so, als wären wir blind?
Wir schweigen ins Verderben, wenn wir tun, als ob nichts wär‘
Wir können was dafür, wenn wir uns nicht dagegen wehren
Wo bleiben die Beschwerden? Es gibt nur einen Weg:
Widerlegen, widersetzen, widerstehen

Die Tochter eine Gauners, eines Hehlers, eines Dealers
Sie konnte es kaum glauben – nach seinem Tod war sie so vieles
Doch nur weil er nicht von hier war, zahlte er mit seinem Leben
Hingerichtet mit neun Schüssen, nur einer ging daneben
Staatsbeamte schreddern Akten, die Wahrheit schön verborgen
So bitter der Geschmack, wenn man dann liest von ‚Dönermorden‘
Jedes Opfer wird entwürdigt, jeder Mord wird eine Farce
Wo man nicht sucht, will man nichts finden, bringt Familien um den Schlaf
Nur in Nebensätzen liest man dann vom großen Zeugensterben
Was sind hier jetzt Fakten und was haarsträubende Märchen?

Unter Druckerschwärze, Heuchelei und dreisten Falschaussagen
Wird die Würde unterdrückt, abgeschrieben und begraben

Wo bleiben die Beschwerden? Warum lassen wir das zu?
Wir können was dafür, wenn wir nichts dagegen tun
Wo bleiben die Beschwerden? Wo führt das alles hin?
Warum tun wir so, als wären wir blind?
Wir schweigen ins Verderben, wenn wir tun, als ob nichts wär‘
Wir können was dafür, wenn wir uns nicht dagegen wehren
Wo bleiben die Beschwerden? Es gibt nur einen Weg:
Widerlegen, widersetzen, widerstehen

Und irgendwo hinter der Glotze endet unser Tellerrand
Und wir richten ohne Glatze ähnlich großen Schaden an
Nein, es sind nicht die paar Nazis, es ist unsere Ignoranz
Lieber BILD, GNTM und Dschungelcamp am Bratwurststand
Als wär‘ es nicht in unserer Mitte, sondern nur am rechten Rand
Machen wir weiter unsere Witze über Gutmenschen im Land
Vergessene Geschichte wiederholt sich irgendwann
Ist unser Mitgefühl etwa in einem Flüchtlingsheim verbrannt?

Wo bleiben die Beschwerden? Warum lassen wir das zu?
Wir können was dafür, wenn wir nichts dagegen tun
Wo bleiben die Beschwerden? Wo führt das alles hin?
Warum tun wir so, als wären wir blind?
Wir schweigen ins Verderben, wenn wir tun, als ob nichts wär‘
Wir können was dafür, wenn wir uns nicht dagegen wehren
Wo bleiben die Beschwerden? Es gibt nur einen Weg:
Widerlegen, widersetzen, widerstehen…“

 

Rock and Roll.

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