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Song des Tages: CVC – „Good Morning Vietnam“


Foto: Promo / Dan Hall

Klingt fast wie ein Witz, ist aber so: Ihren grandiosen US-Roots-Rock haben CVC in einem Kaff in Wales erdacht und eingespielt. Noch nicht eigentümlich genug? Dann wäre da nämlich noch etwas: David und Elliott, die beiden singenden Gitarristen der walisischen Newcomer-Band, heißen mit Nachnamen Bassey und Bradfield und sind tatsächlich mit Shirley „Goldfinger“ Bassey und James Dean Bradfield (Manic Street Preachers) verwandt, wenn auch nur entfernt. Da liegt doch glatt der Gag auf der Hand, Wales als eine Art britisches Saarland zu betrachten, in dem nicht nur jeder jeden zu kennen, sondern man auch miteinander verwandt zu sein scheint. Doch Schluss mit den Witzen, her mit der Anerkennung, denn anders als aus dem Saarland kommt aus Wales eine Vielzahl grandioser Bands und Künstler*innen – man denke nur an die Stereophonics, Feeder, Catatonia, The Joy Formidable, Funeral For A Friend oder die Super Furry Animals (nebst den bereits erwähnten Manic Street Preachers, freilich). Viele von ihnen eint dabei die Eigenart, sich musikalisch recht selten um das zu kümmern, was gerade in den musikalischen Metropolen des „großen“ Nachbarlandes, in London, Manchester oder Liverpool, so angesagt ist, sondern oftmals höchst eigene Wege zu gehen.

Und weil Traditionen manchmal über die Muttermilch weitergegeben werden, folgt das Sextett CVC, zu welchem noch Sänger Francesco Orsi, Bassist Ben Thorne, Schlagzeuger Tom Fry sowie Keyboarder Daniel `Nanial‘ Jones gehören, ebenjener. Die Abkürzung steht für „Church Village Collective“ – Sektenalarm ausgelöst? Mitnichten, dezente Entwarnung: Das Kirchendorf Church Village, etwa 15 Kilometer nord-westlich von Cardiff gelegen, ist lediglich die Heimat der Band, gut 5.000 Menschen leben hier, alles ist zu Fuß erreichbar, man hat seine Ruhe – manchmal sogar wohl mehr, als einem lieb sein mag. CVC machen aus dieser Abgeschiedenheit – ganz nach walisischer Tradition – das Beste. 2019 gründet sich die Band, seitdem bastelt sie an einem Sound, der wie aus der Zeit gefallen scheint. Wer nicht wüsste, dass CVC aus einem beschaulichen Kaff bei Cardiff stammen, würde wohl viel sauer Erspartes auf eine Herkunft aus den US of A verwetten. Das just erschienene „Get Real“ ist nach einer EP (aus dem vorherigen Jahr) das erste Album der Band, es klingt aber so reif, dass man kaum an ein Debüt glauben mag. Diese Verwunderung mag auch im recht zeitlosen Sound begründet liegen, denn beeinflusst sind CVC von Westcoast-Rock-Bands mit ihren sonnigen Harmonien aus dem Laurel Canyon, aber auch die Americana-Virtuosen von The Band oder mehrstimmiger Harmoniegesang der Marken Beatles, Beach Boys oder Neil Young haben hier deutliche Spuren hinterlassen. Dass die erste Single – ein stampfendes Soul-Rock-Stück mit minimalen Disco-Anleihen im Refrain – den Titel „Good Morning Vietnam“ trägt, fügt sich da nur wie ein weiteres Puzzleteil ins Bild ein. Auch der Song „Music Stuff“ verrät viel über den Ansatz dieser Band: „Get Real“ klingt nach einem Album, das die Musik ganz selbstverständlich zur wichtigsten Sache der Welt erklärt und dementsprechend ernst nimmt. Also lieber „Größer, besser, weiter!“ als britisches Understatement? Gut möglich, schließlich meinte die Band unlängst selbstbewusst, dass sie rasch große Arenen füllen will, auch vom Privatjet mit Bandlogo war die Rede. Klar, das ist 2022 (noch) augenzwinkernde Ironie. Andererseits ab und an gar nicht mal so schlecht, in dieser Zeit eine Band mit dem großspurigen Mindset à la Oasis vorzufinden, eine, die noch an das große Heilsversprechen einer Rockbandgründung glaubt – und alles dafür tut, dass diese vielleicht doch wahr werden. Warum auch nicht? Das erste Album der Kings Of Leon war vor knapp zwanzig Jahren schließlich eine ähnlich coole, nerdige und großartige Roots-Rock-Platte. Der Rest ist keinesfalls ein Witz, sondern Geschichte…

Rock and Roll.

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Song des Tages: Manic Street Preachers – „Freedom Of Speech Won’t Feed My Children“


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Fragt man mich nach dem wohl besten – da vielleicht klarsten, prägnantesten und trefflichsten – Songtitel ever (ever ever ever), so müsste ich wohl kaum lang überlegen und würde unumwunden antworten: „Freedom Of Speech Won’t Feed My Children“ von den Manic Street Preachers.

61Yr+kSMarL._SS500Denn man ehrlich: besser auf den Punkt bringen als die walisische Rockband kann man die janusköpfige Misere des zum Denken befähigten, (selbst)kritischen Individuums in unserer vom globalisierten Kapitalismus teils gebeutelten, teils komplett zerfressenen Welt kaum. Und das ist selbst für James Dean Bradfield (Gitarre, Gesang), Nicky Wire (Bass) und Sean Moore (Schlagzeug), die ja seit jeher offensiv für Sozialismus wie Demokratie eintreten und ihre Überzeugungen dann auch teils recht markig in Bild und Ton vertreten, ein amtliches Kompliment…

Dass der Song selbst – ein dreiminütiger Geradeheraus-Rocker, welcher den Abschluss des 2001 erschienenen sechsten Albums „Know Your Enemy“ bildet (sieht man einmal vom Hidden Track „We Are All Bourgeois Now“ ab) – gar nicht erst versucht, mit dem nicht eben kryptisch hingerotzten Titel und bewusst offensiven Textzeilen wie „We love to kiss the Dalai Lama’s ass / Because he is such a holy man / Free to eat and buy anything / Free to fuck from Paris to Beijing“ in überhöhende Konkurrenz zu treten? Wundert natürlich lediglich all jene, die den Rest des Schaffens des walisischen Rock-Trios nicht kennen. Denn bei aller Liebe für die freilich oftmals vorhandenen musikalischen Finessen stand und steht bei den Manics stets der Inhalt über der Verpackung. Und bei großartigen Textzeilen wie „So we protest about human rights / Worship obesity as our birthright“ kann man eine solche Herangehensweise gar nicht genug feiern…

(Ein paar mehr Infos zum Song findet man hier…)

 

 

„Liberty, sweet liberty
Charitable respectability
Then pacifism killed us all
For all the tourists on the Berlin wall
So we protest about human rights
Worship obesity as our birthright
But freedom of speech won’t feed my children
Just brings heart disease and bootleg clothing
Just brings heart disease and bootleg clothing

We love to kiss the Dalai Lama’s ass
Because he is such a holy man
Free to eat and buy anything
Free to fuck from Paris to Beijing

Little boys with dangerous toys
All bow down to the Beastie Boys
But freedom of speech won’t feed my children
Just brings heart disease and bootleg clothing
Just brings heart disease and bootleg clothing

Royalty – hereditery – unelected and becalmed
Just like Stalin, just like Stalin
Human and useless

Bomb the Chinese Embassy
The west is free, oh the west is free
Laugh at the hammer and sickle
It is antique, oh it is antique

And see the love in Richard Gere’s eyes
JS Pemberton saved our lives
But freedom of speech won’t feed my children
Just brings heart disease and bootleg clothing
Just brings heart disease and bootleg clothing
Just brings heart disease and bootleg clothing
Just brings heart disease and bootleg clothing…“

 

Rock and Roll.

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Song des Tages: Stereophonics – „What’s All The Fuss About?“


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Macht irgendjemand noch ein Fass auf, wenn mal wieder ein neues Stereophonics-Album erscheint? Nein? Und das aus guten Gründen…

Zwar ist die vierköpfige walisische Rockband bereits seit 1992 aktiv und hat immer wieder bewiesen, dass sie auch heute noch relevant sein kann. Andererseits bleibt bei dem „soliden Pop-Rock“ (Musikexpress.de) ihrer alle zwei, drei Jahre in schöner Regelmäßigkeit erscheinenden Alben kaum mal ein Song als erhebendes Aha-Erlebnis hängen. Vielmehr dockt der Großteil der Stücke von Kelly Jones, Richard Jones, Adam Zindani und Jamie Morrison an selige Britrock-Zeiten der Neunziger an, als alles „Cool Britannia!“ schrie und entweder auf Oasis oder Blur geeicht schien und dürfte damit im besten Fall Nostalgikern in Lederjacken in die Hände spielen, in schlimmen Momenten kommt vernachlässig- wie austauschbarer Bon-Jovi-Stadiorock dabei heraus.

61M1TfV-VoL._SS500Dass die Reibeeisen-Stimme von Frontmann Kelly Jones auch nach einem Vierteljahrhundert Stereophonics noch immer an einen ewig jungen Rod Stewart erinnert, dürfte klar sein. Dass die Band durchaus in der Lage ist, ab und an und noch immer mit einem ihrer Songs zu Überrauschen, dürften all jene wissen, die neuen Werken der Waliser stets eine Chance geben. Man erinnere sich etwa an das großartige „Violins And Tambourines“ vom 2013er Langspieler „Graffiti On The Train„, ein fünfminütiges Mini-Drama von einem Song, der neben dem freilich obligatorischen GitarreSchlagzeugBass von einer ganzen Armada aus Streichern gen Klimax getragen wurde. Ja, die Stereophonics sind immer dann richtig gut, wenn sie es sich erlauben, den drögen Drei-Minuten-Riff-Song beiseite zu schieben und sich auf Neues einzulassen.

Das beweist wieder einmal das Stück „What’s All The Fuss About?“, seines Zeichens Teil des im Oktober erschienenen zehnten Studioalbums „Scream Above the Sounds„. Während die meisten der neuen Songs einmal mehr sauber und gefahrlos durch die Gehörgänge rauschen, gönnen Kelly Jones und Co. ebenjenem Stück ein halbes Bläserorchester nebst Saxofon und einer Flamenco-Akustikgitarre, welche „What’s All The Fuss About?“ erst richtig interessant machen und ihm die bereits vorab beschworene, Stereophonics’sche dramatische Note fernab der Alltäglichkeit verleihen. Well done, guys!

 

 

„Feel warm wind today
Back from L.A
Tie your hair in a red-band bow when you greet me by the gate
Sipping straight from your coffee cup and break bread crumbs on the floor
Fight my hand ‚cause I want a drink but I want you so much more
Oh, what’s the fuss all about?

New, warm, wasted
Back to our place
You didn’t care if I said too much, I could see that by your face
You sleep and stir when I pick you up and drop you
I fought the man ‚cause I wanna think that I’ll be here evermore
Oh, what’s the fuss all about?

Oh, what’s the fuss all about?

The bell rings aloud in the schoolyard sun
Young boys, all they wanna do is run
The trees and the leaves, and they blow in the breeze
And the blossoms appear, make the young girls sneeze
The swings in the park and the ghosts in the dark
The troops on the day and the secrets we share
The things that we learn and the things that we earn
Embarrassed and dazed at mistakes that we make

Jet streams in the sky
You’re gone in the blink of an eye
Heavenly hugs and the shoulders you shrug
The bully, the boss and the priest and his cross
The letters we write and the wrongs you can right
The space that we meet in the loneliest weeks
Words in the wind
Repented our sins

The games that we play and the changes we make
The love and the light and the smiles you ignite
Skin on skin

The life that we chase, it feels like a waste
To get to a place with the pride and the grace
It’s hard to replace the touch of your face
When you’re so far away

Are you lost, are you found
On this merry-go-round?
What’s all the fuss about?“

 

Rock and Roll.

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Give It Away – die Red Hot Chili Peppers live in Wales, 2004 – als kostenloser Download


INDIO, CA - APRIL 28:  Musicians Flea (L) and John Frusciante from the band "Red Hot Chili Peppers" perform during day 2 of the Coachella Music Festival held at the Empire Polo Field on April 28, 2007 in Indio, California.  (Photo by Kevin Winter/Getty Images) *** Local Caption *** Flea;John Frusciante

INDIO, CA – APRIL 28: Musicians Flea (l.) and John Frusciante from the band Red Hot Chili Peppers perform during day 2 of the Coachella Music Festival held at the Empire Polo Field on April 28, 2007 in Indio, California. (Photo by Kevin Winter/Getty Images)

Was treiben eigentlich die Red Hot Chili Peppers gerade? Werkeln die nun gerade an Album No. 11 oder nicht? Überhaupt hat sich die kalifornische Rockband in den letzten Jahren recht rar gemacht, immerhin liegt das letzte Studiowerk „I’m With You“ schon beinahe satte vier Jahre zurück…

Am mangelnden Erfolg von „I’m With You“ und dessen Vorgänger, dem (über-)ambitionierten Doppelalbum „Stadium Arcadium“ (2006 erschienen), kann’s sicherlich nicht gelegen haben. Dann schon eher an den Nebenaktivitäten der Bandmitglieder (so heuerte Bassist Flea unter anderem kurzzeitig bei dem von Radiohead-Fronter Thom Yorke ins Leben gerufenen All-Star-Bandprojekt Atoms For Peace an, liegt aktuell jedoch mit einem gebrochenen Arm flach), oder an dem wohl gewichtigsten Einschnitt in der jüngeren Bandhistorie: Im Dezember 2009 gab Gitarrist John Frusciante, mit dem die Peppers 1991 ihren Album-Meilenstein „BloodSugarSexMagik“ auf den Markt brachten (Frusciante war damals erst süße 21 Jahre jung), der danach beinahe der Drogensucht zum Opfer fiel, dieser jedoch gerade noch einmal so von der Schippe sprang, um nach mehrjähriger Abstinenz Ende der Neunziger zur Band zurück zu kehren und mit ihnen 1999 das bis heute beste Peppers-Werk „Californication“ heraus zu bringen, seinen wohl endgültigen Abschied vom Populärmusikzirkus bekannt. Seine(n) Nachfolge(r) hatte er freilich vorher selbst heran gezogen: Josh Klinghoffer, dessen Gitarrenspiel selbst ungeübtere Ohren merklich an das von Fruscinate erinnern dürfte. Und obwohl die 14 Songs von „I’m With You“ kein gänzlich grottiges Album ausmachen, lassen sie doch das Magische, was besonders aus dem Zusammenspiel von Bassist Flea und Gitarrist Fruscinate entstand, vermissen. In Dimensionen wie diesen wird selbst ein derart um Aufmerksamkeit buhlender Frontmann wie Anthony Kiedis, dessen *hust* „Gesangsstil“ selbst nach über dreißig Jahren Bandgeschichte noch niemand ernsthaft zu imitieren wagte, zur Nebensache.

CigMJxIWer also noch immer den Chili Peppers der „Californication“- und „By The Way“-Phase nachtrauert, kann sich einerseits mit den dazugehörigen Alben, oder auch mit dem exzellenten, 2004 erschienenen Livewerk „Live in Hyde Park“ über den vermeintlichen Verlust hinweg trösten. Oder aber er/sie lädt sich den Livemitschnitt des Konzertes, das die Band im Juni 2004 – damals freilich noch mit Frusciante – in Cardiff, Wales spielte, aufs heimische Abspielgerät. Den Auftritt selbst nutzte die Band, um sich, laut Schlagzeuger Chad Smith, für die bevorstehenden drei Hyde-Park-Shows, die damals kein Geringerer als James „Sex Machine“ Brown eröffnete, „warm zu spielen“. Trotz allem – oder gerade deshalb – zeigen sich die Chili Peppers in bester Spiellaune, präsentieren so ziemlich alle Hits von „Otherside“, „Can’t Stop“, „Californication“, „By The Way“, „Star Tissue“ und natürlich die unvermeidlichen „Give It Away“ und „Under The Bridge“. Obendrauf gibt’s innerhalb der mehr als eineinhalb Stunden sogar noch ein exklusives Schmankerl: das Stück „Mini-Epic (Kill For Your Country)“, welches die Band weder davor noch danach irgendwo sonst zum Besten gab. Und das Beste kommt zum Schluss: die komplette Wales-Show bekommt man an dieser Stelle höchstoffiziell kostenlos und für lau (und selbstredend in bester Klangqualität). Zumindest für mich gilt beim Hören: die virtuose Eingespieltheit, die Kiedis, Flea, Frusciante und Smith damals, 2004, an den Tag legten, macht ordentlich Laune – und auch ein klein wenig nostalgisch…

 

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Rock and Roll.

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Neues Stereophonics-Video zu „Violins and Tambourines“ + Albumankündigung


Düster, elegisch, repetitive Gitarrenlinien, mit einer tollen, sich gen Ende beinahe überschlagenden Streicher-und-Schlagzeug-Klimax – so kannte man die sonst auf eher straighte Rocksomgs abonierten Stereophonics bisher nicht. Umso erfreulicher klingt daher „Violins and Tambourines“, der Vorbote zum 2013 erscheinenden Doppel(!)-Album, gerade weil Vorgänger wie das 2009 erschienene „Keep Calm and Carry On“ (sic!) völlig zu recht auf eher durchwachsene Begeisterung stießen.

Wenn der Song, zu dessen sehenswertem Video Sänger und Frontröhre Kelly Jones übrigens sein erfolgreiches Regiedebüt ablieferte, also ein Indiz auf die aktuelle klangliche Ausrichtung der walisischen Band sein sollte, darf man sich durchaus auf’s kommende Veröffentlichungsjahr freuen…

 

 

Rock and Roll.

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