Mehr als zwei Jahre ist es nun her, seit die vier Jungs von Vierkanttretlager von sich hören ließen. Seit der Veröffentlichung des Albumdebüts „Die Natur greift an“ im Januar 2012 wurde fleißig getourt (unter anderem im Support-Schlepptau von Kumpel Casper oder den Jungs von Madsen) und danach an neuen Songs geschrieben und im Studio weiter gefeilt.
Ich selbst verfolge den Werdegang der Band aus dem verschlafenen nordfriesischen Husum bereits, seit sie 2010 bei einem kleinen Festival in meiner Heimatstadt auftraten (damals waren alle Bandmitglieder noch schulpflichtig und vorstellbar weit von Plattenverträgen, einem Leben mit und von der Musik sowie aktuell über 15.000 Facebook-Followern entfernt) und kann frank und frei zugeben, dass die Stücke von „Die Natur greift an“, denen der deutsche Rolling Stone vor zwei Jahren bereits „energetischen Indie-Rock mit einer präzisen Sprache“ attestierte, auch „mit dem Alter“ (beziehungsweise im Heavy Repeat-Rückspiegel) wenig bis nichts von ihrer – besonders für ein Debütalbum – beeindruckenden Brillanz verloren haben.
Recht früh in ihrer Karriere hatten Vierkanttretlager mit „Am Ende denk‘ ich immer nur an dich“ auch einen Coversong im Live-Repertoire. Dass dieser ausgerechnet von Element Of Crime stammt, würde wohl nur der Unkundigste als Zufall bezeichnen. Vielmehr eint sowohl Vierkanttretlager als auch Element Of Crime-Bandchef Sven Regener (einigen auch bekannt als Autor der „Herr Lehmann“-Romanreihe) ein Faible für die lyrische Bestandsaufnahme im Kleinen, für das geschriebene Abbilden und Festhalten von besonderen melancholischen Momenten, bei denen sich Humor und Verbitterung stets die Waage halten. All jene Augenblicke, die von den Meisten wohl einfach übersehen und/oder übergangen werden. Diese Gemeinsamkeit zeigt sich vor allem bei der Vierkanttretlager-Variante des Element Of Crime-Evergreens „Am Ende denk‘ ich immer nur an dich“, bei dem Regeners Trompete mal eben – typisch norddeutsch-herb – durch ein Akkordeon ersetzt wird.
Schön schön, diese Version – nach zwei Jahren noch immer, und besonders an regnerischen (sic!) Herbsttagen. Und: sie macht kaum weniger Lust auf neues Songmaterial von Vierkanttretlager.
„Auf einem Spielplatz ruft ein Kind nach seiner Mutter,
damit die sieht, wie hoch das Kind schon schaukeln kann.
Und es wirft die Beine vor und hoch zum Himmel,
bis ein Schuh davonfliegt, und der landet dann
auf einem Auto, das am Straßenrand geparkt ist,
auf dessen Windschutzscheibe ‚Schwein‘ geschrieben steht
und das, metallic-braun und glatt wie deine Haare,
genau wie du sein wahres Alter nicht verrät.
Ganz egal, woran ich gerade denke,
am Ende denk‘ ich immer nur an dich.
Die deutsche Mutter stürzt nach vorn in heller Panik
und übersieht dabei ein Kindesbein im Sand
und schlägt lang hin, da lacht der Kindesbeinbesitzer,
der hat ein Erdbeereis in seiner rechten Hand,
das hängt bedenklich schräg nach vorn in seiner Waffel
und tropft sich selbst verschwendend auf die Haute Couture
am Leib des ganzen Stolzes seiner schönen Eltern
und wird zu Dreck dort, genau wie ich bei dir.
Ganz egal, woran ich gerade denke,
am Ende denk ich immer nur an dich.
Warum blutet Mutter aus der Nase?
Warum ist ihr Kind so dumm wie klein?
Darf ein metallic-braunes Auto denn da parken?
Und warum kann ich ohne dich nicht glücklich sein?
Wie viele Erdbeereise muss der Mensch noch essen,
bevor er endlich einmal sagt: Ich bin dafür
die böse Tat des Beine Stellens zu unterlassen?
Und darf ich irgendwann nochmal zurück zu dir?
Ganz egal, woran ich gerade denke,
am Ende denk‘ ich immer nur an dich.
Ganz egal, woran ich gerade denke,
am Ende denk‘ ich immer nur an dich.“
(Wer mehr über die Element Of Crime’sche Originalversion wissen möchte, findet auf deutschelieder.wordpress.com eine detaillierte Analyse des ebenso schönen wie ungewöhnlichen Liebesliedes, bei der gar eine Brücke von Bob „Blowin‘ In The Wind“ Dylan zu Matthias „Verdammt, ich lieb dich“ Reim geschlagen wird…)
Rock and Roll.