Christoph „Tex“ Drieschner geht eigentlich immer und ist bereits (fast) seitdenAnfangstagen von ANEWFRIEND ein treuer Gast bei den „Songs des Tages“.
Heute mit einer Coverversion des Enno Bunger-Songs „Regen“, bei welcher er stimmliche Unterstützung von Maria Basel erhält. Wenig verwunderlich, dass – angesichts des tollen Originals (vom 2012er Album „Wir sind vorbei„) – auch die Variante des „TV Noir“-Chefs, die weniger auf ein sich langsam aufbauendes Crescendo setzt, sondern vielmehr auf reduzierte Unplugged-Melancholie, zu überzeugen weiß.
(Was mir übrigens bis jetzt nicht geläufig war: Von der Nummer haben auch Klaas Heufer-Umlauf und seine Band Gloria anno 2013 eine Version aufgenommen. Sachen gibt’s…)
Moses Pelham war noch nie besonders bekannt dafür, mit seiner Musik leicht verdauliche Radiokost zu liefern – und so mag sich vielleicht der eine oder die andere vor einigen Tagen verwundert die Augen gerieben gerieben haben. „Juli“? Der Titel der neusten Single des Frankfurter Rappers deutet ja erstmal eher auf einen luftig-leichten (und mit Erscheinen im März dezent fehlplatzierten) Sommerhit hin…
Aber weit gefehlt: In dem melancholischen Stück – getragen von Pianotönen und einem erstmals ein komplettes Stück singenden Pelham – geht es nicht um den Sommermonat, sondern um eine Protagonistin gleichen Namens. Und um ihre Gefühls- und Gedankenwelt, in der mal so gar kein eitel Sonnenschein herrscht. Ein behutsamer und bittersüßer Song über das Aufstehen, das Zubettgehen und wie schwer einem das Dazwischen manchmal fallen kann – Momente tiefster Traurigkeit, die, wenn man ehrlich ist, jeder von uns kennt.
Und neben dem durchgehenden Gesang gibt es noch eine weitere Premiere, schließlich stellt das Stück, bei welchem ihm einmal mehr sein langjähriger Kreativpartner Martin Haas unter die Arme griff, die erste Coverversion dar, die auf einem Album Pelhams landen wird (wenngleich sich der Rapper bereits vor knapp drei Jahren recht erfolgreich eine Fremdkomposition vorgenommen hatte). Ursprünglich stammt die nachdenkliche Nummer aus der Feder des Berliner Musikers und „TV Noir“-Begründers Tex, den der ehemalige „Rödelheim Hartreim Projekt“-HipHopper und erfolgreiche Musikproduzent (u.a. Sabrina Setlur, Xavier Naidoo, GLASHAUS) als einen der größten Autoren unseres Landes bezeichnet. (Langjährige Leser von ANEWFRIEND dürften den Song ohnehin bereits kennen…)
„Juli“ ist nach “Notaufnahme” , “Weiße Fahne” und “Wunder” bereits die vierte Auskopplung aus Moses Pelhams in dieser Woche erscheinendem neuen Album „EMUNA“ und reiht sich fast nahtlos in die Programmatik des 49-jährigen Musikers mit introspektivem Fokus zwischen Sinn des Lebens und eigenem Glauben und erfreulicherweise fernab von jeglichem tumbem „Bling-Bling“ und klischeehaftem Schwanzvergleich ein.
Das Musikvideo ist passend zum Inhalt des Songs in Schwarz-Weiß-Optik gehalten und zeigt ausschließlich die Schauspielerin Cansu Tosun.
“Und Juli sagt vor Jahren war ein Wunder War gut und warm und leider bald passé Das Leben ist ein Krokus, etwas Sonne, etwas Schnee Und ein viel zu schneller LKW…”
Eine wirklich sehr schöne, verdammt zurückgelehnte Version des Bob Dylan-Songs „Simple Twist Of Fate“, im Original anno 1975 auf dem Album „Blood On The Tracks“ erschienen, haben Conor O’Brien und seine Villagers da kürzlich bei TV Noir zum Besten gegeben, keine Frage. Macht glatt mächtig Böcke, mal wieder das ein oder andere Werk beider Künstler in die Playlist des Vertrauens zu packen…
„They sat together in the park As the evening sky grew dark She looked at him and he felt a spark Tingle to his bones ‚Twas then he felt alone And wished that he’d gone straight And watched out for a simple twist of fate
They walked alone by the old canal A little confused, I remember well And stopped into a strange hotel With a neon burning bright He felt the heat of the night Hit him like a freight train Moving with a simple twist of fate
A saxophone someplace far-off played As she was walking on by the arcade As the light bust through a beat-up shade Where he was wakin‘ up She dropped a coin into the cup Of a blind man at the gate And forgot about a simple twist of fate
He woke up, the room was bare He didn’t see her anywhere He told himself he didn’t care Pushed the window open wide Felt an emptiness inside To which he just could not relate Brought on by a simple twist of fate
He hears the ticking of the clocks And walks along with a parrot that talks Hunts her down by the waterfront docks Where the sailors all come in Maybe she’ll pick him out again How long must he wait? One more time, for a simple twist of fate
People tell me it’s a sin To know and feel too much within I still believe she was my twin But I lost the ring She was born in spring But I was born too late Blame it on a simple twist of fate“
Christoph „Tex“ Drieschner geht eigentlich immer und ist bereits (fast) seitdenAnfangstagen von ANEWFRIEND ein treuer Gast bei den „Songs des Tages“.
Heute mit „Ich will nicht mehr an dich denken“, einem Song aus der Feder des Kopfes hinter TV Noir, der erstmals vor zwei Jahren das Licht des Internets erblicken durfte – damals als Duett mit Ida Wenøe, in dieser (neuen) Version als Solo-Variante, welche im Sommer diesen Jahres während einiger Shows von Tex und dem befreundeten Liedermacher Matze Rossi in „der bayerischen Idylle“ aufgenommen wurde (die beiden tauften den von fritz-kola gesponserten „musikalischen Roadtrip“ folgerichtig „Schwarzfahrt“)…
Ich bin und werde nicht müde, Will Varley bei jeder sich bietenden Gelegenheit wärmstens und von ganzen Hörerherzen anzupreisen, schließlich drehen sich zumindest die ersten drei Alben des Singer/Songwriters aus dem Londoner Stadtteil Brixton – „Advert Soundtracks“ (2011), „As The Crow Flies“ (2013) sowie das wohl auf ewig famose „Postcards From Ursa Minor“ (2015) – noch immer in regelmäßigen Abständen in meinen Gehörgängen. Und auch wenn mich der 31-jährige Troubadour mit den letzten beiden Werken („Kingsdown Sundown“ von 2016 sowie „Spirit Of Minnie„, erschienen im vergangenen Februar) ein wenig verloren hat, gehören seine Songs und deren gewitzte Geschichten noch immer zum Besten, was das Vereinigte Königreich an Akustikgitarren-Liedermacherei zu bieten hat – man denke an eine bierselig-kumpelhafte Mischung aus Frank Turner und Billy Bragg…
Und: Ja, Will Varley zeigt wohl vor allem live und auf Bühnenbrettern seine Qualitäten. Zu gut also, dass er vor wenigen Tagen mit „Live at Shepherd’s Bush Empire“ noch (s)ein erstes, 15 Songs starkes Live-Album (zunächst digital) veröffentlicht hat, bevor er sich – nach all den Veröffentlichungen sowie Tourneen dies- wie jenseits des Ärmelkanals in den letzten Jahren – vorerst in eine kleine, verdiente Pause verabschiedet, um sich um den Nachwuchs zu kümmern…
Apropos „gut“: Dieses Prädikat verdient wohl auch (mindestens) die Live Session, welche Will Varley bei seinem „TV Noir“-Gastspiel am 30. September 2017 im Berlin-Neuköllner Heimathafen zeigt, denn schließlich gehören die sechs Songs – “From Halcyon”, “We Don’t Believe You”, “A New England” (ein Cover des wohl bekanntesten Billy-Bragg-Songs), “Weddings And Wars”, “The Man Who Fell To Earth” sowie “King For A King” – sowohl zu den besten in seiner bisherigen Diskografie, und damit logischerweise auch zum Standard-Repertoire wohl jeder seiner Konzert-Setlists.
„TV Noir“ schieb damals Folgendes zum Konzertankündigung:
„Tex lernte den britischen Musiker im Juni beim Poesiefestival in Berlin kennen: Will war musikalischer Gast, Tex war als Moderator dabei. Nun holen wir ihn zu uns in den Heimathafen und freuen uns schon sehr darauf, ihn Euch vorzustellen. Während Will in den frühen Zweitausendern noch durch die britische Hauptstadt zog, um sich in der noch so kleinsten Kaschemme zu behaupten, läuft der Songwriter mittlerweile in Großbritannien längst auf Rotation. Nach vier Platten hat sich Will Varley mit seinem traditionellen Folk-Sound in ganz Europa einen Namen gemacht. Seine Auftritte sind anarchisch: Der Sänger spielt mit dem Publikum, legt Comedyimprovisationen ein, lebt von und für seine Zuhörer.“
All jenen, die ab und an hier vorbei surfen, dürfte ja bereits aufgefallen sein, dass ich Christoph „Tex“ Drieschner für ’nen super Typen halte. Denn der Mann, Jahrgang 1970, hat mit „TV Noir“ nicht nur eine seit 2008 bestehende Konzert-Plattform für angehende wie angesagte deutsche wie internationale Indie-Musiker (mit) ins Leben gerufen, der Herr ist auch selbst ein formidabler Liedermacher.
Das hat er etwa im vergangenen Jahr erneut unter Beweis gestellt, als sein fünftes Soloalbum „Von hier bis aufs Dach“ erschien, welches erneut 15 tolle Songs aus seiner Feder enthielt (nicht alle waren wirklich neu, doch alle allesamt wieder einmal höchst bezaubernd und zumindest in ihren jeweiligen Versionen noch bislang unveröffentlicht).
Dazu kommt noch, dass sich Tex auch hervorragend aufs Neuinterpretieren von Fremdkompositionen versteht, man höre etwa seine Variante des Rio-Reiser-Songs „Zauberland“. Oder etwa, wenn man’s lieber englisch mag, die feine Version des Elvis-Costello-Klassikers „Peace In Our Time„. Das Stück passt – wenn ihr mich fragt – tausendundein Mal besser zur weihnachtlichen Besinnung als Gräueltaten wie „Last Christmas“ (George Michael verdient sich daran übrigens noch immer mit acht Millionen Scheinen Jahr für Jahr ’ne goldig-weiße Koksnase!) oder „Driving Home For Christmas“ (damn you, Chris Rea!).
Natürlich erschließt sich einem die Großartigkeit von „Peace In Our Time“ erst – so ist’s ja oft, gerade beim Costello-Elvis -, wenn man ein wenig um die Hintergründe weiß. Der Ausspruch „Peace In Our Time“ etwa weist Ursprünge bis in religiöse Dokumente des 7. Jahrhunderts auf und wurde in der britischen Politik sowohl im 19. wie im 20. Jahrhundert populär, als Politiker wie die damaligen britischen Premierminister Benjamin Disraeli und Neville Chamberlain den Ausspruch zur etwas voreiligen Freude über vermeintliche Friedensabkommen verwendeten – wenn man bedenkt, dass gerade letzterer im September 1938 nach Verhandlungen mit Nazi-Deutschland von „Friede in unserer Zeit“ schwafelte, bekommt man freilich ein kaltes Schaudern…
Costello jedoch bezog sich in seinem Song – er erschien 1984 auf dem von Fans bis heute wenig geliebten Elvis Costello & The Attractions-Album „Goodbye Cruel World“ – eher auf die damalige Situation des Kalten Kriegs und richtete einige der Zeilen direkt an den damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan: “There’s already one spaceman in the White House what do you want another one for?”. Anderswo wird die Angst vor der nuklearen Bedrohung, vor noch mehr Atombombentests, vor losen Fingern über roten Knöpfen und den Folgen deutlich: “Meanwhile there’s a light over the ocean burning brighter than the sun / And a man sits alone in a bar and says, ‘Oh God, what have we done?’”. Klar ist dieses Stück ebenso stark vom paranoiden Zeitgeist der Achtziger geprägt wie etwa der nicht minder große Sting-Song „Russians“ (anno 1985 auf dem Album „The Dream Of The Blue Turtles“ erschienen). Und doch ist „Peace In Our Time“ auch mehr als dreißig Jahre nach seiner Veröffentlichung – ebenso wie der 1979 veröffentlichte Costello-Evergreen „(What’s So Funny ‚Bout) Peace, Love, and Understanding“ etwa – noch wichtig, denn was hat sich denn seit damals wirklich geändert? Achtzig Jahre nach Hitler – seines Zeichens gescheiterter Kunststudent -, drei Jahrzehnte nach Reagan, als ehemaliger Schauspieler damals ebenfalls ein politischer Quereinsteiger, sitzt nun bald Donald J. Trump im Weißen Haus – klingelt’s? Bereits Elvis Costello wusste wohl, als er Zeilen wie “And we can thank God that we’ve finally got peace in our time” mit Tinte aus bitterem Sarkasmus schrieb: Geschichte wiederholt sich, weil sich menschliche Fehler wiederholen…
Klar, Besinnlichkeit klingt irgendwie anders, Besinnung jedoch sollte sich genau so anhören.
„Out of the aeroplane stepped Chamberlain with a condemned man’s stare But we all cheered wildly, a photograph was taken, as he waved a piece of paper in the air Now the Disco Machine lives in Munich and we are all friends And I slip on my Italian dancing shoes as the evening descends
And the bells take their toll once again in victory chime And we can thank God that we’ve finally got Peace in our time
There’s a man going round taking names no matter who you claim to be As innocent as babies, a mad dog with rabies, you’re still a part of some conspiracy Meanwhile there’s a light over the ocean burning brighter than the sun And a man sits alone in a bar and says ‚Oh God, what have we done?‘
They’re lighting a bonfire upon every hilltop in the land Just another tiny island invaded when he’s got the whole world in his hands And the Heavyweight Champion fights in the International Propaganda Star Wars There’s already one spaceman in the White House what do you want another one for?“