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Das Album der Woche


The National – First Two Pages Of Frankenstein (2023)

-erschienen bei 4AD/Beggars/Indigo-

Ambivalente neue Zeiten. Dank TikTok und Social-Media-ADHS schleppt sich kaum ein popkultureller Charterfolg noch über die magische Drei-Minuten-Marke. Ein Album ist – leider leider – oft nur noch das zusammengeschusterte Wegwerfprodukt nach einer Riege von Singles, bestenfalls ein Werkzeug zum Vermarkten der nächsten Tournee. Doch in all dieser Unruhe, in all diesem steten Wandel sind The National, gewissermaßen eine Antithese zu dieser Entwicklung, plötzlich größer denn je – und das im immerhin 24. Jahr ihrer Bandhistorie. Was also ist seit ihrer tollen, 2019 in die Regale gestellten Konzeptkunst-Neuerfindung „I Am Easy To Find“ passiert? Nun, Gitarrist Aaron Dessner hat mal eben zwei Alben namens „Folklore“ und „Evermore“ für eine gewisse Taylor Swift mitgeschrieben und -produziert und ist seitdem, ob nun als Produzent oder Co-Songwriter, an allen möglichen Ecken des Pop-Kosmos ebenso gefragt wie präsent. Auch Sänger Matt Berninger war seit dem bislang letzten The National-Langspieler keineswegs untätig, veröffentlichte etwa 2020 sein Solo-Debüt „Serpentine Prison„, hatte danach jedoch mit Depressionen und Schreibblockaden zu kämpfen – so sehr, dass die Zukunft seiner Haupt- und Herzensband zeitweise ernsthaft in Frage stand. Und doch liegt nun – glücklicherweise – „First Two Pages Of Frankenstein“ auf dem Tisch, das nunmehr neunte The National-Album.

Kurzer Realitätscheck: Keiner der Songs geht unter drei Minuten ins Ziel, keines der Stücke fällt direkt und holterdipolter mit dem Refrain ins Haus. Einzig die Single-Veröffentlichungspolitik hat sich dem allgemeinen Trend weiter angeglichen, diesmal sind vier der elf Songs als Preview vorausgeschickt worden. Sonderlich zweckdienlich ist das der Sache nicht: Auf sich allein gestellt wirkten die Vorab-Stücke oft zahm, wie auf verlässlichem Trademark-Autopilot. Im Albumkontext fragt man sich nun, was eigentlich genau das Problem war. Wo ist denn „Eucalyptus“ bitte nicht die Hymne zwischen Melancholie und Kammer-Indie-Rock-Euphorie, in der Berninger sich vokaltechnisch verausgabt? „You should take it ‚cause I’m not gonna take it“, bringt er angestrengt heraus, während die Blasinstrumente um ihn herum jubilieren. Das Stück dividiert im ersten Anschein auf materieller Ebene eine lange Beziehung auseinander, bevor sich die darin versteckten Bedeutungen offenbaren, in den Gegenständen, die das Paar im Song untereinander aufteilt – ein Geniestreich. Und was ist nicht grandios am gleichzeitig nervösen und völlig in sich ruhend eine offenbar vergangene Zwischenmenschlichkeit bilanzierenden „New Order T-Shirt“ oder am super-melodischen und hypnotischen „Tropic Morning News“, dem ersten für dieses Album geschriebenen Song, an dem außerdem Berningers Frau Carin Besser mitbeteiligt war? Ein geradliniger, tanzbarer Beat treibt das Stück voran, für ein kurzes Gitarrensolo reißen die bedrückenden Textwolken auf, und auch Matt Berninger selbst klingt weniger bekümmert, wenn er davon singt, wie sehr ihn der morgendliche Nachrichtensturm abgelenkt und gelähmt hat und dabei die Vergangenheitsform nutzt.

„Oh, what happened to the wavelength we were on?“ Danke der Nachfrage, Mr. Berninger – es ist noch alles da, fast alles an seinem vertrauten Platz. „First Two Pages Of Frankenstein“ mag sicher keine Revolution im Bandkosmos sein, schließlich gab es die über die Jahre mit „Alligator“ und „Boxer„, mit „High Violet“ und „Trouble Will Find Me„, mit „Sleep Well Beast“ und „I Am Easy To Find“ – im Großen wie im Kleinen – bereits zuhauf. Nein, Langspieler Nummer neun tritt eher ein, zwei Schritte zurück – weniger ausufernd, auf die Kernstärken des von Bryce Dessner sowie Bryan und Scott Devendorf komplettierten US-Quintetts konzentriert. Gleich der Opener „Once Upon A Poolside“, bei dem Sufjan Stevens stimmliche Unterstützung liefert, verheiratet das herrliche Klavierspiel mit einer zurückhaltenden Meditation samt ewig fragendem Blick auf eine Beziehung: „What was the worried thing you said to me? / I thought we could make it through anything.“ Wohin mit dem Schamgefühl, sich den im Vergleich nichtigen privaten Problemen zu widmen, während die Welt brennt und sich die Katastrophenmeldungen stapeln? Überhaupt ist vor allem die erste Albumhälfte voll solcher Perlen. „You find beauty in anything“, singt Berninger im gewohnt samtigen Bariton in „This Isn’t Helping“, während diesmal die nicht nur hier gastierende Phoebe Bridgers aus dem Hintergrund Unterstützung leistet.

Überhaupt: die Gastbeiträge. Dass die Tracklist dieses Mal Features explizit ausweist, entbehrt keineswegs einer gewissen Ironie. Bis auf das hübsche Duett „The Alcott“ mit Pop-Starlett Taylor Swift, ihrerseits ein bekennender The National-Fan, halten sich die Gäste viel mehr im Hintergrund als auf dem 2019er Vorgänger. Und dass die prominenten Gastsänger*innen hier nicht breitbeinig durchpreschen, tut dem Album unglaublich gut. So beschränkt sich auch Bridgers‘ zweiter Auftritt im eindringlichen „Your Mind Is Not Your Friend“ auf den Hintergrundgesang, der Star ist der zweifellos Song selbst. Etwas „Exile Vilify„, ein wenig „Light Years“ und jede Menge Mitgefühl. „Don’t you understand? / Your mind is not your friend again / It takes you by the hand / And leads you nowhere.“ Klar, dass Berninger das durchlaufene graue Tal, von welchem er auch in der pointierten Innenansicht „Ice Machines“ singt, noch tief in den 52-jährigen Knochen steckt. Und doch ist er es, der zum Abschluss in „Send For Me“ die helfende Hand ausstreckt. „If you’re ever sitting at the airport / And you don’t want to leave / If you don’t even know what you’re here for / Send for me.“ Mehr als etwas spartanische Begleitung braucht diese Band in ihren besten Momenten nicht, um ins Mark zu treffen. „Luxusmelancholie„? Von The National: immer gern genommen, jederzeit.

Natürlich haben Berninger sowie die Dessner- und Devendorf-Brüder auch diesmal keinen laut drauflos polternden Rocksong wie zu seligen Anfangszeiten, kein zweites „About Today“ geschrieben. Mit „Eucalyptus“ zusammen ist „Grease In Your Hair“ der energischste und insgesamt auch der flotteste Track. Er erinnert etwas an „Graceless“ von „Trouble Will Find Me“, nimmt jedoch eine andere, positiver gestimmte Abfahrt. „Don’t splash apart / Everything changes.“ Nope, Mr. Berninger – alles verändert sich bestimmt nicht. Wer The National schon immer langweilig oder zu pathetisch und lethargisch fand, wer bei Matt Berningers Gesang und Texten schon immer den von einer Midlife Crisis geplagten, jungen Studentinnen und verpassten Gelegenheiten hinterträumenden Universitätsprofessor vorm inneren Auge hatte, wird von „First Two Pages Of Frankenstein“ sicher nicht umgestimmt. Wer die bedrückt-melancholische Stimmung und die filigranen Kniffe im Songwriting auf der Habenseite sieht, kann sich dagegen erneut glücklich schätzen – wenngleich man Aaron Dessner ehrlicherweise durchaus vorwerfen kann, die warme Atmosphäre früherer Alben für (s)eine glatte, klinische Soundästhetik zu opfern. Damit die Band wieder funktionierte, brauchte es vielleicht kein mutiges oder auf Teufel komm raus an allen Ecken und Enden neuartiges, sondern einfach nur das nächste verdammt tolle Album. Stillstand auf höchstmöglichem Niveau.

 

 

 

 

Rock and Roll.

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Song des Tages: The National – „Sunshine On My Back“


national

Pünktlich zu den Osterfeiertagen haben The National ihrer stetig wachsenden Fanbase ein kleines, unerwartetes Geschenk gemacht. Vollkommen überraschend veröffentlichte die Band um Frontmann Matt Berninger den Song „Sunshine On My Back“ auf iTunes, nachdem all jene, die auf der Website der Band den Dokufilm „Mistaken For Strangers„, welcher von Matts Bruder Tom Berninger stammt, der sich als Regisseur versucht hatte und die Band seines großen Bruders auf ihrer Tour zum vor fünf Jahren erschienenen Album „High Violet“ begleitete, das Stück bereits als kostenlosen Bonus Download erhalten hatten.

Ganz brandneu ist der Song allerdings nicht. So ist „Sunshine On My Back“ während der Sessions des letzten Albums „Trouble Will Find Me“ (aus dem Jahr 2013) entstanden. Als Produzenten sollen die beiden Brüder Aaron und Bryce Dessner, die sich in der Band für Gitarre, Bass und Keyboard verantwortlich zeichnen, an dem Stück gearbeitet haben.

Und wer den Werdegang der seit nunmehr 16 Jahren gemeinsam musizierenden Band aufmerksam verfolgt, der weiß, dass The National nicht eben als arbeitsscheue Kreativhülsen bekannt sind. Nach ausgedehnten Touren rund um den Globus zu „Trouble Will Find Me“ wollte das ursprünglich aus Cincinnati, Ohio stammende, aber mittlerweile in New York beheimatete Quintett laut Sänger Matt Berninger bereits vergangenes Jahr die Arbeiten an einer neuen Platte aufnehmen… Wir warten, ungeduldig.

 

 

„Tina lies on the ground
She lies there forever
She likes the sound
Tina knows the devil

Tina loves the violence
Of living in the country
She likes that it’s
So far from me

Tina has her story down
I really thought I knew it
Then it changed around
When I was almost through it

Sunshine on my back
Is the only kind I lack
Sunshine in my brain
Is the lonely kind of pain
It’s the sunshine
Of a lonely mind

She says ‚After today then there’s nothing you owe me
But I’m so glad that you came, I needed someone who loves me
But just don’t try to talk yourself into this love
And sleep like a baby while I’m staying up
It’s as much what you say as it is what you don’t
You can’t try to stay, you either will or you won’t.‘

Sunshine on my back
Is the only kind I lack
Sunshine in my brain
Is the lonely kind of pain
It’s the sunshine
Of a lonely mind…“

 

Rock and Roll.

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Flimmerstunde – Teil 27


„Mistaken For Strangers“ (2013)

mistaken-for-strangers-posterBand Of Brothers… Im Grunde wäre das ein ebenso passender Bandname für die mittlerweile – völlig zu recht! – allerorten gefeierten und gelobten Indierocker von The National, die nach mehr als zehn gemeinsamen Jahren im Musikgeschäft nicht nur keinen einzigen – also: null – Besetzungswechsel im Bandgefüge zu verzeichnen haben, nein, die fünfköpfige Rockkapelle besteht auch fast ausschließlich aus Brüderpaaren: Scott und Bryan Devendorf besetzen die Rhythmuspositionen am Bass beziehungsweise Schlagzeug, die beiden Gitarristen Aaron und Bryce Dessner sind sogar eineiige Zwillinge. Nur der singende Frontmann Matt Berninger bleibt bei diesen Konstellationen aus Rhythmus und Melodie außen vor (wenn er diese Ausnahmestellung als Gesicht der Band nicht per se bereits inne hat). Doch auch der 1971 in Cincinnati, Ohio geborene Sänger mit der herrlich sonoren Ausnahmestimme hat Geschwister: eine Schwester und einen neun Jahre jüngeren Bruder, Tom. Auch Tom hat eine künstlerische Ader (was wohl auch mit dem gefühlt freigeistigen und lockeren Erziehungsstil im Hause Berninger zusammenhängen mag) und sieht sich selbst als „angehenden Filmemacher“. Nur: Ganz im Gegensatz zum älteren Bruder, der als aufstrebender Rockstar mit Frau und Kind im New Yorker Stadtteil Brooklyn lebt, mit seiner Band The National, nach Jahren voller Albumveröffentlichungen und Ochsentouren durch kleinere Clubs, mittlerweile auch kommerziell erfolgreiche Alben veröffentlicht (fünf sind es insgesamt bis 2010, mit „Trouble Will Find Me“ erschien im vergangenen Jahr Album Nummer sechs) und auf den Tourneen rund um den Erdball nun auch große Hallen ausverkauft, wohnt Tom noch immer zu Hause bei den Eltern, lebt in den Tag hinein, träumt kreative Träume und schiebt die ein oder andere Kleinstadtdepression vor dem eigenen Bierbäuchlein her…

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Um den kleinen Bruder ein wenig aus seinem Trott zu reißen, lädt Matt Berninger Tom im Jahr 2010 – The National hatten soeben ihr fünftes Album „High Violet“ veröffentlicht, das es als erstes der Band in vielen Ländern der Welt bis in die vorderen Chartsregionen schaffte – dazu ein, seine Band als Roadie auf der dazugehörigen Welttournee zu begleiten – und das, obwohl Tom in erster Linie Heavy Metal hört und mit der Musik des großen Bruders so gar nichts anfangen kann. Was Matt nicht ahnt: Tom hat sich die ebenso fixe wie lose Idee in den Kopf gesetzt, eine Kamera mit auf Tour zu bringen und aus dem gesammelten Filmmaterial eine Dokumentation zu machen. Über was genau und mit welchem roten Faden? Davon hat der „angehende Filmemacher“ bislang nicht den blassesten Schimmer… Und ebenso blauäugig wie in in sein neustes Regieprojekt taucht Tom auch in die Welt des Indierocks ein, die am Ende weitaus weniger Sex, Drugs und Rock’n’Roll bereit hält, als er es sich bislang, in den Heavy Metal-Fantasien von seinem Kellerzimmer in Ohio aus, erträumt hatte. Außerdem ist da ja auch noch die liebevoll distanzierte Beziehung zu seinem großen Bruder Matt, dem gefragten und vielbeschäftigten Rockstarfrontmann, dem der kleine Bruder nie das Wasser reichen konnte…

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Alles in allem ist „Mistaken For Strangers„, benannt nach einem Song vom vierten, 2007 erschienenen The National-Album „Boxer„, eine ebenso kurzweilige wie etwas andere Musikdokumentation, die in ihren kurzweiligen 75 Minuten zwar, anhand kurzer Tournee- und Aufnahmestudiosequenzen irgendwo zwischen Europa und den USA, einen kleinen Einblick ins bandinterne Innenleben der (beinahe) erschreckend normalen und bodenständigen Typen von The National bietet, am Ende jedoch vielmehr das Verhältnis des so ungleichen Bruderpaares Matt und Tom Berninger beleuchtet. Dabei kommen die Bandmitglieder – allesamt sympathische Herzblutmusiker und Familienväter ohne Allüren und Interesse an angehobenen Außendarstellungen – ebenso vor Toms Kamera zu Wort wie die Eltern der Berningers oder Matts Ehefrau Carin Besser. Man sollte jedoch nicht den Fehler begehen, sich anhand großspuriger Ansagen wie „One of the best documentaries about a band that I’ve ever seen.“ (so wird zmindest „Bowling For Columbine“- beziehungsweise „Fahrenheit 9/11“-Skandaldokumentarfilmer Michael Moore zitiert, der scheinbar noch nicht all zu viele Musikdokus gesehen hat) zuviel Einblicke ins Innenleben von The National zu erhoffen (das wäre wohl auch wenig spannend, bei all der gepflegten Routine zwischen Bühne, Flughäfen und Hotelzimmern) – dem interessierten Fan der Band bietet „Mistaken For Strangers“ also höchstens Bestätigung und wenig Neues. Stattdessen beweist die dieser Tage veröffentlichte Dokumentation am Beispiel der beiden Brüder Matt und Tom, dass Blut – bei noch so unterschiedlichen Lebenswegen und -entscheidungen – am Ende des Tages eben dicker ist als Wasser. Dazu gibt’s allerlei trocken gereichte Szenen, von denen die ein oder andere beinahe schon an (unfreiwilligen) Slapstickhumor heranreicht, und, natürlich: großartige Musik.

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Hier gibt’s den Trailer…

 

…ein paar Eindrücke von der Filmpremiere beim „Tribeca Film Festival“ im vergangenen Jahr…

 

…und ein kurzes Interview von „Huff Post Live“ mit den beiden Berninger-Brüdern:

 

Rock and Roll.

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Der Jahresrückblick 2013 – Teil 3


Ein nicht eben an großartigen Veröffentlichungen armes Musikjahr 2013 neigt sich unausweichlich seinem Ende zu. Zeit also, ANEWFRIENDs „Alben des Jahres“ zu küren und damit, nach der Rückschau aufs Film- und Serienjahr, auch die Königsdisziplin ad acta zu legen! Dem regelmäßigen Leser dieses Blogs werden sich wohl wenige Überraschungen offenbaren, schließlich wurden alle Alben meiner persönlichen Top 20 im Laufe des Jahres bereits besprochen… Bleibt nur zu hoffen, dass auch 2014 ein ähnlich hohes Niveau an neuen Platten und Neuentdeckungen bieten wird… Ich freue mich drauf.

 

 

Frightened-Rabbit-Pedestrian-Verse1.  Frightened Rabbit – Pedestrian Verse

Ich nehme hiermit mein noch im Februar gefälltes Urteil höchstoffiziell (zum Teil) zurück – „Pedestrian Verse“ ist im Rückspiegel zwar in der Tat kompakter als noch der Vorgänger „The Winter Of Mixed Drinks“, jedoch keineswegs weniger hymnisch. Frightened Rabbit bewegen sich mit Album Nummer vier noch einige Schritte weiter weg von der eigenen schottischen Haustür, um große Geschichten von den Bordsteinen des tristen Alltags aufzulesen. Liebe und Leid, Verzücken und Enttäuschung, Vertrauen und Verfall – wer den fünf „Angsthasen“ um Frontmann und Sänger Scott Hutchison die Zeit gibt, sich bis zum Hörerherzen vorzuarbeiten, der bekommt mit „Pedestrian Verse“ einen treuen Begleiter durch Sonnen- wie Regentage. Vielleicht lief das eine oder andere Album ein paar Mal öfter durch meine Gehörgänge. Näher und tiefer ging jedoch in diesem Jahr keines. „Pedestrian Verse“ ist ein Monolith in der sowieso bereits tollen Frightened Rabbit’schen Diskographie. Und ein absolut würdiges „Album des Jahres“.

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2013TheNational_TroubleWillFindMe2.  The National – Trouble Will Find Me

Zu lange tingelten The National im Indierock-Schatten herum. Dabei besaß bisher jedes ihrer Album die Qualität und Größe, um einen Spitzenplatz in den Jahresabschlussbestenlisten zu belegen. Umso schöner ist es, wenn der US-Band mit „Trouble Will Find Me“, seines Zeichens Albumwurf Nummer sechs, nun endlich die vollends verdiente Aufmerksamkeit zuteil wird. Vielleicht besaß der drei Jahre junge Vorgänger „High Violet“ die dringenderen Gitarrenrocker. Vielleicht zieht bei den Familienvätern um den wohlig grantelnden Frontmann Matt Berninger von Mal zu Mal mehr Altersmilde ein. In jedem Fall stellt „Trouble Will Find Me“, The Nationals Musik gewordenes „Weinalbum“, Klasse vor Masse – nur eben nun auf größeren Bühnen. Wer noch immer glaubt, dass Arcade Fire die „größte Indieband der Welt“ seien, der sollte sich dieses Album zu Güte führen. Und den dreizehn Stücken beim stetigen Größerwerden zuhören…

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Mark-Kozelek-Jimmy-Lavalle-Perils-from-the-Sea-205x2053.  Mark Kozelek & Jimmy LaValle – Perils From The Sea

Mark Kozelek scheint seit geraumer Zeit einen sprichwörtlichen Lauf zu haben. Der ehemalige Red House Painters-Frontmann tourt als nimmermüder Troubadour nicht nur unablässig um die Welt, er veröffentlicht auch in immer geringeren Abständen eine großartige Platte nach der nächsten. Ob nun mit seiner elegischen Stammband Sun Kil Moon, mit den Ex-Kollegen von den Red House Painters, die nun als Desertshore musizieren, ob nun solo oder, wie hier, mit The Album Leaf-Cheftüfftler Jimmy LaValle – dem zurückhaltenden Geschichtenerzähler mit der so besonderen wie unverwechselbaren Stimme gelingt es immer wieder aufs Neue, seinen Zuhörer zu fesseln. Dass er sich für „Perils From The Sea“ dabei in absolutes Neuland vorwagt und sein Gesangsorgan inmitten reduzierter Ambietklänge bettet, macht die Sache eigentlich nur interessanter. Easy Listening mit Tiefgang und Relevanz? Keinesfalls eine einfache Sache… Und obendrein bietet „Perils From The Sea“ noch Erzählungen, die einen so schnell nicht mehr los lassen.

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there-will-be-fireworks-the-dark-dark-bright4.  There Will Be Fireworks – The Dark, Dark Bright

Das selbstbetitelte Erstwerk meiner schottischen Herzensband (klar mag es da so einige geben, aber keine liegt näher!) fand bei dessen Eigenvertriebsveröffentlichung vor vier Jahren noch quasi unter Ausschluss der breiten Öffentlichkeit statt. Beim nunmehr zweiten Album „The Dark, Dark Bright“ hören nun wohl schein ein paar mehr Ohren hin… Und das hat sich die Band um Frontmann Nicky McManus auch redlich verdient. Der schottische Fünfer arbeitet innerhalb von knapp 50 Minuten die komplette Indie-Postrock-Klaviatur von Mogwai bis Sigur Rós ab und setzt dabei nicht wenige wohltuende Nadelstiche mitten ins Herz. Mag sein, dass der Vorgänger die größeren, die höhere Wellen schlagenderen Songs hatte. „The Dark, Dark Bright“ ist dafür kohärenter und macht den ein oder anderen produktionstechnischen Mangel des Debüts wett. In einer gerechten (Musik)Welt werden There Will Be Fireworks zu einer großen kleinen Band. Wetten, dass?

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Casper_Hinterland5.  Casper – Hinterland

„XOXO“ wurde vor zwei Jahren als nichts weniger als die „Revolution des bundesdeutschen Hip Hop“ gefeiert. Das machte es für Benjamin „Casper“ Griffey natürlich keineswegs einfacher. Doch die Rechnung des „Emorappers“, sich für den Nachfolger so unwahrscheinliche Produktionspartner wie Get Well Soon-Mastermind Konstantin Gropper und das Elektro-affine Studioass Markus Ganter ins Boot zu holen, geht beim vierten Casper-Album „Hinterland“ in vollsten Maße auf. Egal ob der Indie-Rapper gerade vom Fern- oder Heimweh erzählt, sein Bewerbungsschreiben als deutscher Tom Waits abgibt oder sich Editors-Frontstimme Tom Smith zum Duett ins Studio einlädt – Deutschland hört hin. Und der Rest darf sich für die Ignoranz der germanischen Hip Hop-Antwort auf Springsteens „Born To Run“ gern den augenzwinkernden Mittelfinger abholen… Spätestens 2013 dürfte klar sein: Casper stehen alle Türen offen.

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BiffyClyro_Opposites6.  Biffy Clyro – Opposites

Wieviele (Rock)Bands sind bereits an ihren Ambitionen gescheitert? Wieviele Künstler haben bereits vollmundig epische Doppel- – oder gar Dreifach-! -Alben angekündigt, nur um dann auf höchsten Niveau zu versagen? Natürlich: diese Liste ist lang… „Opposites“ dürfte sich als sechstes Album des Schotten-Trios von Biffy Clyro auf der gelungenen Seite der Ambitioniertheit einordnen, bietet des doch die wohl gleichzeitig größten wie auch variationsreichsten Songs aus den Federn von Frontmann Simon Neil und den beiden Johnston-Zwillingen James und Ben. Eine Mariachi-Band inmitten fetter Hooks, Streicher und elegischer Passagen? In den über achtzig Minuten des so opulenten wie tiefgründigen Doppelalbums geht so einiges. Biffy Clyro bringen mit „Opposites“ das Pathos zurück auf die große Bühne. Operation gelungen, Patient gesünder denn je.

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listener-300x3007.  Listener – Time Is A Machine

Talk Music? Was zur Hölle soll das sein?!? Gut, wer sich als Neuling dem neusten Listener-Werk „Time Is A Machine“ gegenüber gestellt sieht, der dürfte wohl anfangs ähnlich überfordert sein… Zu rast- und ruhelos, zu drängend und dringend spielt sich das aus Fayetteville, Arkansas stammende US-Trio durch die acht neuen Stücke. Dass man dabei kaum mit dem lyrisch versierten Textespucker Dan Smith, der die Band einst als Soloprojekt begann, Schritt halten kann, ist ebenso faszinierend wie die Tatsache, dass sich Hip Hop und Postrock eben doch vereinbaren lassen. „Time Is A Machine“ ist mit seinen lediglich etwa 30 Minuten, wie auch der nicht minder tolle, vor drei Jahren erschienene Vorgänger „Wooden Heart“ schon, erneut kein Album zum Nebenbeihören. Nein, „Time Is A Machine“ ist ein wahrer kleiner Wirbelwind von Album, vorangetrieben von drei Wirbelwinden, die kaum näher bei sich sein könnten. Raprock in Höchstform. Diese Band verdient sich ihre eigene Nische…

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SIGUR-ROS-KVEIKUR-275x2758.  Sigur Rós – Kveikur

Als die Vorzeigeisländer von Sigur Rós im vergangenen Jahr das sechste Album „Valtari“ auf den Musikmarkt losließen, durfte man berechtigtermaßen befürchten, die Band um Frontmann Jónsi nun vollends an elegische Ambientweiten verloren zu haben, immerhin ließ das Werk nahezu vollständig jene großartigen Momentausbrüche vermissen, mit denen sich Sigur Rós auf Meilensteinen wie  „Ágætis Byrjun“ oder „Takk…“ noch in so viele Hörerherzen in aller Welt gespielt hatten… Umso heftiger drischt nun die nach dem Ausstieg des Keyboarders zum Trio geschrumpfte Band mit dem ein oder anderen Stück von „Kveikur“ in manche unvorbereitete Magengrube. Heftiger, kompakter und rauer waren Sigur Rós wohl noch nie, auf Albumlänge mitreißender in keinem Fall. Sollte Musik tatsächlich da anfangen, wo einem die Worte fehlen, so bleibt hierfür wohl nur noch ein letztes: geil.

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daughter-cover9.  Daughter – If You Leave

Vorschusslorbeeren durften Elena Tonra und ihre beiden männlichen Mitmusiker bereits seit den ersten Daughter-Lebenszeichen in Form von vereinzelten Konzerten und vielversprechenden EP-Vorboten sammeln. Umso höher war darauf natürlich der Sockel, vom dem das englische Trio mit dem Debütalbum fallen konnte. Doch „If You Leave“ enttäuscht keineswegs und ist, seiner Veröffentlichung um Frühling zum Trotz, eines der besten Herbstalben des Jahres, das sich zwar im selben Fahrwasser wie die Landsleute von The xx bewegt, dabei jedoch mehr Gewicht auf die Gitarren legt. Klar, man muss schon eine gewisse Affinität fürs Melancholische besitzen, um sich in diesen kleinen Dramen zurecht zu finden. Das Wohlgefühl kommt danach von ganz allein…

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Like-Clockwork-Cover10. Queens Of The Stone Age – …Like Clockwork

Josh Homme, dieser Schelm! „Wie ein Uhrwerk“ lief die Arbeit an „…Like Clockwork“ nämlich keineswegs. Stattdessen durfte sich der umtriebige Ex-Kyuss-Gittarero und jetzige Queens Of The Stone Age-Vorsteher mit so einigen Verletzungen und Schreibblockaden herumplagen. Dass er und seine Mitmusiker am Ende mit dem wohl besten Album seit dem in Rock gefassten, bereits elf Jahre zurückliegenden Meilenstein „Songs For The Deaf“ um die Ecke kamen, der ebenso knackige Wüstenrocker aufbietet wie irrwitzige Miniepen, dürfte dabei für sich sprechen. Dass bei Album Nummer sechs die prominente Gästeliste aus Mark Lanegan, Nick Oliveri, Trent Reznor (Nine Inch Nails), James Lavalle (UNKLE), Alex Turner (Arctic Monkeys), Brody Dalle (Ex-Distillers), Alain Johannes (Eleven), Jake Shears (Scissor Sisters) oder Sir Elton John zur reinen Marginalität gerät, ebenso… Nach sechs Jahren Veröffentlichungsschweigen präsentieren sich die Queens Of The Stone Age mit „…Like Clockwork“ frischer den je. Und Josh Homme, diese arschcoole Rocksau, stellt mit einem karrieretechnischen Top-Drei-Album mal eben die komplette Konkurrenz in den Schatten. Willkommen zurück, Jungs!

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Auf den weiteren Plätzen:

Various Artists – Sound City – Reel to Reel mehr…

Pearl Jam – Lightning Bolt mehr…

Haim – Days Are Gone mehr…

Keaton Henson – Birthdays mehr…

Vampire Weekend – Modern Vampires Of The City mehr…

Die Höchste Eisenbahn – Schau in den Lauf Hase mehr…

Foals – Holy Fire mehr…

Nick Cave & The Bad Seeds – Push The Sky Away mehr…

Woodkid – The Golden Age mehr…

Thees Uhlmann – #2 mehr…

 

 

Rock and Roll.

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Das Album der Woche


 The National – Trouble Will Find Me (2013)

The National - Trouble Will Find Me (Cover)-erschienen bei 4AD/Beggars/Indigo-

Auch wenn ich mich mit dieser Behauptung heftigst versteigen sollte: The National sind der BVB des gefühligen Indierocks. Denn genauso wie der (leider!) frischgebackene westfählische Champions League-Zweite zählt das 1999 in Cincinnati, Ohio gegründete – und mittlerweile in der Metropole New York beheimatete – Quintett seit Jahren zu den Kritikerlieblingen. Denn genauso wie Borussia Dortmund wird auch The National seitens ihrer Fans eine frenetisch bejubelte innige Liebe zuteil, und eine gefühlte Bedeutung, die – im Bereich der populären Musik – wohl sonst nur Stadionattraktionen wie U2, Muse oder Coldplay besitzen dürften. Sänger und Frontmann Matt Berninger trägt dazu einen Jürgen Klopp-Gedächtnisvollbart zur Schau, und auch bei ihm scheint irgendwo hinter der mal grimmig dreinschauenden, mal süffisant lächelnden Miene stets ein weiterer genialer Hintergedanke aufzublitzen. Doch der ganz große Wurf, der Nummer-Eins-Hit, ist The National bisher noch nicht gelungen. Denn wie der BVB gingen sie mit ihren bisherigen fünf Alben – das erste, das selbstbetitelte Debüt, erschien 2001, das letzte, „High Violet„, erschien 2010, und brachte der Band die redlich verdiente internationale Beachtung – eben auch ihren ganz eigenen Weg – in der Überzeugung, genau das Richtige zu tun…

The National #1

Um nun endgültig in der Stadionrock-Liga anzukommen, hätte es wohl eines Albums bedarft, dass die eingängigen Stücke von „High Violet“ noch mehr, noch direkter auf Instant Hit getrimmt hätte. Und doch waren The National nie diese Art von Band. Ihre Alben waren stets Grower. Bei aller Schönheit war da selten ein Song, der den Hörer sofort packte. Nein, ihre Alben musste man sich zwar keinesfalls schönhören – denn Schönheit war stets im Überfluss vorhanden -, aber: erarbeiten. Und hatte man einmal die magische Schwelle überschritten, so wurden sie zu beständigen Begleitern, zu umarmenden akustischen Freunden. Zu Gesamtkunstwerken, denen man auch nach jahrelanger Heavy Rotation noch nicht überdrüssig wurde. Und die so beinahe alles von U2, Muse oder Coldplay mit spielerischer Klasse überdauern werden…

Noch krasser und offensichtlicher fällt dem Hörer diese insgeheime Verweigerungshaltung gegen den letzten Schritt zum endgültigen Durchbruch auf dem neuen, dem sechsten Album „Trouble Will Find Me“ auf. Eine getragene Ballade als Einstieg, die sich in Trägheit bedächtig nur um sich selbst drehen mag? Klar doch! Matt Berninger gibt dazu im gewohnt tollen Bariton schon in den ersten Minuten den reuigen Sünder: „I should live in salt for leaving you behind“. Anders macht es im Anschluss auch „Demons“ nicht, in dem Berninger tagträumend und gedankenverloren durch den morgendlichen Big Apple zu huschen scheint: „When I think of you in the city / The sight of you among the sites / I get this sudden sinking feeling / Of a man about to fly / Never kept me up before / Now I’ve been awake for days / I can’t fight it anymore / I’m going through an awkward phase / I am secretly in love with / Everyone that I grew up with“. Erst in „Don’t Swallow der Cap“ kommt zu den rhythmischen Schlagzeugschlägen von Bryan Davenport so etwas wie Fahrtwind auf – und doch mag Berninger auch hier nicht von der Henkeltasse der bittersüßen Melancholie lassen: „Everything I love is on the table / Everything I love is out to sea / I have only two emotions / Careful fear and dead devotion / I can’t get the balance right / Throw my marbles in the fight“. Wüsste man es als langjähriger Begleiter der Band nicht besser, man müsste sich ernsthaft Sorgen um die psychische Gesundheit des Sängers machen… „Fireproof“ ist darauf The Nationals Würdigung des 2003 verstorbenen Singer/Songwriters Elliott Smith – allerdings wird dies eher indirekt und anhand von halbkryptischen Zeilen wie „You’re a needle in the hay / You’re the water at the door / You’re a million miles away / Doesn’t matter anymore“ und der Erwähnung einer „Jennifer“, womit gut und gern Smiths letzte Freundin Jennifer Chiba gemeint sein könnte (der damals 34-Jährige soll sich nach einem Streit mit ihr das Leben genommen haben), offensichtlich. Die aktuelle Single „Sea Of Love“ dürfte wohl eines der Highlights auf „Trouble Will Find Me“ darstellen. Zu antreibendem Schlagzeugpoltern gibt Berninger zwar auch hier den liebeskranken Tresenbruder – und dem Album in den Zeilen „If I stay here trouble will find me / If I stay here I’ll never leave / If I stay here trouble will find me / I believe“ seinen Titel -, aber: hey, wie könnte man das Piano, die Mundharmonika und den Hintergrundchor, wie könnte man süffisant tönende Zeile wie „I see you rushing now / Tell me how to reach you / I see you rushing now / What did Harvard teach you?“ denn bitte nicht lieben? In den darauf folgenden Stücken verliert sich die Band weiter in ihren stillen Kleinoden aus Gitarre, Bass, Piano, dezenter Percussion und kleinen Hintergrundsoundsperenzchen, bei denen jeder Ton an seinem Platz scheint, die ihre Stimmung nur in Nuancen variieren, und Berninger mehr als einmal mehr die nahezu perfekte Basis für dessen lyrische Glanzleistungen bereiten. Weitere Beispiele gefällig? Na, aber gern! „I don’t need any help to be breakable, believe me / I know nobody else who can laugh along to any kind of joke / I won’t need any help to be lonely when you leave me“ (aus „Slipped“), „And all the L.A. women / Fall asleep while swimming / I got paid to fish her mind / And then one day I lost the job“ (aus der leicht gehetzten Westküstenmär „Humiliation“), „I’m so surprised you want to dance with me now / I was just getting used to living life without you around / I’m so surprised you want to dance with me now / You always said I held you way too high off the ground / You didn’t see me I was falling apart / I was a white girl in a crowd of white girls in the park / You didn’t see me I was falling apart / I was a television version of a person with a broken heart“ (aus der sehnsüchtigen Liebesfantasie „Pink Rabbits“). Jedoch sollte – nein: muss! – „I Need My Girl“ hier noch einmal exponiert erwähnt werden, einfach, weil es eines der simpelsten und schönsten, eines der reduziertesten und berührendsten Liebeslieder der letzten Jahre ist. Weil ich The National für solche – man entschuldige mir eine gewisse Simplifizierung, aber es ist nunmal so – schönen Stücke seit Jahren innigst liebe! Magie, hier hast du dich versteckt! A propos „Magie“: die fängt die New Yorker Band im abschließenden „Hard To Find“ noch einmal für gut vier Minuten ein. Und einen versöhnlicheres Ende hätte Berninger auch kaum wählen können: „What I feel now about you then / I’m just glad I can explain / You’re beautiful and close and young / In those ways we were the same / There’s a lot I’ve not forgotten / I let go of other things / If I tried they’d probably be / Hard to find „. Die Liebe, sie siegt – wenn auch nicht ohne Komik, Tragik und Wirrungen. Wenn auch nicht ohne bittersüße Fußnoten…

The National #2

Natürlich: „Trouble Will Find Me“ dürfte auf den ersten Blick – respektive: beim ersten Hören – wohl das vermarktungstechnisch ungünstigste Album sein, dass The National hätten machen können. Zu wenige der insgesamt dreizehn Stücke stechen für den großen Hit genug durch den wohlig düsteren Nebel, zu wenig Uptempo-Nuancen bilden sich hierfür heraus. Liebend gern wird man ein Album wie dieses wohl auch im kommenden Herbst hervor holen – doch für den Sommer, der sich bisher nicht so recht einstellen mag, scheinen diese Songs zuerst einmal gänzlich ungeeignet (noch einmal: ich schreibe hier ausdrücklich über den Erfolg bei der „breiten Masse“!). Und doch ist gerade „Trouble Will Find Me“ The Nationals „Wein-Album“, mag wohl kein anderes Getränk besser zum Gehalt dieser Stücke passen als ein gutes Glas Merlot. Und wie ein guter Tropfen benötigen die neuen Songs Zeit – zum Reifen, zum Atmen, zur Entfaltung ihrer Wirkung. Matt Berninger stellt dabei einmal mehr seine Klasse als lyrischer Feingeist unter Beweis, während seine Bandkumpane, das jeweilige Geschwisterdoppel aus Aaron und Bryce Dessner (Gitarren) sowie Bryan (Schlagzeug) und Scott Davenport (Bass), ihrem Frontmann stilsicher den Rücken freihalten und erneut für den ganz eigenen Bandsound sorgen (wobei Bryan Davenport hier erneut zu erwähnen ist, denn einmal mehr stellt er sich als feinsinnig aufspielender und rhythmisch versierter Schlagzeuger heraus). Dass hier eine ganze Armada an Gesamtmusikern wie Sufjan Stevens, Annie Clark (aka. St. Vincent), Sharon Van Etten, Richard Reed Perry (Arcade Fire), Doveman oder Nona Marie Invie (Dark Dark Dark) im Hintergrund mitmischt? Geschenkt, denn so schön diese Auf- und Abtritte auch als Randnotizen sein mögen, so sehr diese Infos auch den Stellenwert, den The National mittlerweile selbst im Kollegenkreis innehaben mögen, unter Beweis stellen, so unwichtig sind diese doch auf einem Album wie „Trouble Will Find Me“, das erneut von den Dessner-Brüdern selbst produziert wurde.

The National #3

Mit ihrem sechsten Album, das im Booklet Kunstwerken von Freunden, Bekannten und Verwandten eine stilechte visuelle Bühne bietet, machen es sich The National zwar keineswegs einfach(er). Jedoch kann man ein Werk wie „Trouble Will Find Me“, das Klasse ganz klar vor die schnelllebige Masse stellt, gar nicht genug loben. Auch das neuste Album der Band aus dem Big Apple, die kürzlich für eine New Yorker Kunstausstellung ihr Stück „Sorrow“ (vom Vorgänger „High Violet“) ganze sechs (!) Stunden am Stück zum Besten gaben, ist ein Grower sondersgleichen. Freilig wurden Matt Berninger und Co. auch nun wieder mit einhelligem Kritikerlob überhäuft, denn wen dieses Album, dass den Hörer unter eine wohlige Decke aus melancholischen Großstadtgänsehautgeschichten packt, ganz und gänzlich kalt lässt, der muss ein tumber Stein sein. Matt Berninger gibt derweil wieder den Jürgen Klopp und grinst verschmitzt in sich hinein. Denn auch er weiß: Mag die Entwicklung seines „Herzensprojektes“ auch zwei, drei Jahre länger dauern – sein Weg ist der schönste. Sein Weg ist der beständigste. Sein Weg ist der beste.

Tracklist & Cover...

 

Hier gibt’s noch einmal das neuste The National-Video zum wohl eingängigsten Stück des Albums: „Sea Of Love“…

 

…sowie eine Live Version des zweiten, stillen Albumhighlights „I Need My Girl“, welches sich bereits seit Jahren im On/Off-Liverepertoire der Band befindet (diese Version stammt von 2011):

 

Außerdem kann man sich hier das Stück „Don’t Swallow The Cap“ anhören:

 

Rock and Roll.

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Die Woche in Bild und Ton…


Damit ihr nicht vollkommen den Überblick über alle hörens- und sehenswerten Neuerscheinungen der letzten Woche(n) verliert, hat ANEWFRIEND hier wieder einige der Videoneuerscheinungen der letzten Tage für euch aufgelesen…

 

Herrenmagazin – Landminen

Herrenmagazin - Landminen (Szene)

Ich geb’s zu: so sehr ich mich auch auf „Das Ergebnis wäre Stille„, das dritte Album der Hamburger von Herrenmagazin, gefreut habe – so richtig zünden konnte es bisher (noch) nicht. Aber da gut Ding ja stets auch ein wenig Weile haben will, gönne ih der Platte im Laufe des Jahres sicherlich noch einige Durchläufe und wart’s einfach ab. Maybe it’s a slower grower….

Fein anzuschauen ist jedoch das Video zur zweiten Single „Landminen“, das in ausdrucksstarken Bildern von den großen wie kleinen Dramen des Lebens erzählt, während die Tageszeitung in den Händen von Sänger Deniz Jaspersen zu Asche verbrennt…

 

 

 

Queens Of The Stone Age – I Appear Missing

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Es war zu erwarten gewesen: als bekannt gegeben wurde, dass kein Geringerer als Foo Fighters-Derwisch Dave Grohl für das erste Queens Of The Stone Age-Album seit sechs Jahren erneut die Trommelstöcke in die Hand nehmen würde, überschlug sich die gesamte Rockmusikjournalie quasi mit hochgestochenen Erwartungshaltungen. Würde „…Like Clockwork„, das am 31. Mai erscheint, nun wieder etwas kohärenter gelingen als der stilistisch (zu) breitgefächerte Vorgänger „Era Vulgaris„, gar das bisherige, elf Jahre zurückliegende Opus MagnumSongs For The Deaf“ (damals saß Grohl ebenfalls hinterm Drumkit) übertreffen können? Nun, zweiteres bleibt abzuwarten. Doch die aus Jake Shears (Scissor Sisters), Alex Turner (Arctic Monkeys), James Lavelle (UNKLE), Trent Reznor (Nine Inch Nails), Mark Lanegan oder Alain Johannes bestehende Gästeliste spricht bereits für sich. Mehr Namen gefällig? Klar, denn Bandkopf Josh Homme konnte sogar Ex-Distillers-Punkröhre und Ehefrau Brody Dalle sowie den vor Jahren wegen ewiger Eskapaden aus der Band geworfenen Bass-Weirdo Nick Oliveri sowie – jawoll! – Sir Elton John für Beiträge zum neuen Album gewinnen…

Ton und Bild des Vorabsongs „I Appear Missing“ lassen auf Großes hoffen und steigern die Erwartungshaltung? So fucking right, dude! 2013 bleibt in Punkto Musikneuerscheinungen exzellent – und wird immer besser…

 

 

 

Biffy Clyro – Different People (live from London)

Biffy Clyro (live)

Die Band veröffentlicht Doppelalben, hat danach immer noch ausreichend ausgezeichnete Songs, die sie als B-Seiten „verbraten“ kann, spielt umjubelte Konzerte vor 20.000 Zuschauern in der Londoner O2 Arena – längst haben die drei Schotten von Biffy Clyro so einige Messlatten übersprungen, von denen sie vor einige Jahren wohl selbst kaum zu träumen gewagt hätten…

Dass ihre Musik dabei zwar an Pathos und Größe zugelegt, jedoch keineswegs in Qualität eingebüßt hat, haben sie unlängst mit ihrem aktuellen Album „Opposites“ bewiesen. Und ich? Liebe es! Vollstens. Immer noch.

Hier kann man der Band um Frontmann Simon Neil bei der Eröffnung ihres kürzlich absolvierten Konzerts in London zu sehen. Oberkörperfrei, natürlich.

 

 

 

The National – Sea Of Love

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Klar, über The National wurde hier auf ANEWFRIEND in den letzten Wochen bereits eingehend berichtet. Und doch rechtfertigt jedoch neue Song vom kommenden Album „Trouble Will Find Me„, der dieser Tage seinen Weg ins weltweite Netz findet, seine Erwähnung quasi schon vom ersten Ton an. Denn diese Band war besonders. Sie ist es. Sie bleibt es.

Nun haben Sänger Matt Berninger & Co. ein erstes Video zum aktuellen Album gedreht. In „Sea Of Love“ halten sie’s betont minimalistisch, huldigen damit – einer eigener Aussage nach – stilistisch eigenen Punkrock-Idolen wie den Replacements – und lassen im Vordergrund sogar den Luftgitarrenspielernachwuchs mitrocken…

 

 

 

Vampire Weekend – Step

Vampire Weekend - Step (Szene)

Es muss raus: Ich bin verliebt! Und zwar in diesen einen Song! Und zwar in dieses eine Albumcover! Das interessante daran ist, dass das Stück „Step“ vom neuen Album der New Yorker Band Vampire Weekend stammt, mit deren ersten beiden Alben ich praktisch nichts anfangen konnte. Auf „Modern Vampires Of The City“ jedoch vollzieht die Band, zu deren prominentesten Fans und Befürwortern kein Geringerer als Schauspieler Steve Buscemi zählt, quasi eine Kehrwende weg von den hibbeligen Hipster-Weltmusik-Tanznummern der vergangenen Jahre und hin zu mehr Tiefe und Langlebigkeit. Sollte irgendjemand in der kommenden Zeit noch den passenden Album-Soundtrack für einen Streifzug durch die Straßen des „Big Apple“ benötigen – nehmt „Modern Vampires Of The City“! Mehr dazu demnächst hier auf ANEWFRIEND

 

 

Und da ich ja bereits das tolle Albumcover erwähnte habe, kann ich es euch zum Abschluss kaum vorenthalten:

Modern Vampires Of The City (Cover)

 

Rock and Roll.

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