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Song des Tages: Petrol Girls – „Sister“


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Das aus englischen Bristol stammende (und in London gegründete) Hardcore-Punk-Quartett Petrol Girls, von dem ja bereits im vergangenen Jahr etwas ausführlicher hier bei ANEWFRIEND die Schreibe war,  hat mit „Sister“ einen neuen Song in Bild und Ton herausgebracht.

sisterDas erfreulicherweise nicht nur wild um sich schlagende, sondern zwischen dezenten Spoken-Word- sowie Gesangs- und ausdrucksvoll von Frontfrau Ren Aldridge skandierten Passagen pendelnde Stück fokussiert sich – und das mag bei der Band, die sonst dem Sexismus in ihrem nach Außen hin ach so tolerant und progressiv auftretenden, schlussendlich doch noch recht männerdominierten Hardcore-Punk-Genre sowie der tumben Gesellschaft als solcher den lautstarken Kampf angesagt hat – auf die Bedeutung von schwesterlichen Verbindungen und Freundschaften, über die Sängerin Ren Aldridge schon länger etwas schreiben wollte. Gemeint seien damit nicht nur die Beziehungen zu ihren beiden jüngeren Schwestern, sondern auch zu einigen wichtigen Freundinnen und auch der verstorbenen Familienhündin Skye, die sie alle ihre Schwestern nennt: „All diese Beziehungen haben mich so viel gelehrt. Sie haben mir den Weg gewiesen, sich um mich gesorgt, mich zum Lachen gebracht, bis ich weinen musste und mich letztendlich in eine bessere Version von mir selbst verwandelt.“ Weiterhin denke sie, dass die heutige Gesellschaft einen Schwerpunkt auf sexuelle Beziehungen legen würde, obwohl diese Art von schwesterlicher Verbundenheit viel wichtiger sei.

Im dazugehörigen fünfminütigen Musikvideo lassen Petrol Girls – wie schon beim großartigen „Touch Me Again“ – erneut andere für sich sprechen: Es kommen Menschen zu Wort, die ihre persönliche Bedeutung des Wortes beschreiben.

„Sister“ erscheint am 14. September auf der neuen EP „The Future Is Dark“ (welche wiederum nach einem Virginia-Woolf-Zitat betitelt wurde). Den ebenfalls darauf enthaltenen Song „Survivor“ hatten Petrol Girls schon Anfang des Jahres – inklusive Musikvideo – veröffentlicht.

 

 

Rock and Roll.

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Song des Tages: Petrol Girls – „Touch Me Again“


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Sleater-Kinney, Peaches, Le Tigre, Beth Ditto, Pussy Riot, Amanda Palmer, PJ Harvey, Tori Amos, mit ein paar Abstrichen gar Courtney Love oder Madonna (um nur mal die zu nennen, die mir gerade spontan in den Sinn kommen) – Feminismus hat längst ein festes Standbein in der Popkultur. Und das muss freilich längst nicht mehr – Klischees hin, Rollenmodelle her – im Stöckelschuh stecken, sondern gern auch in Springerstiefeln oder Chucks (während der ein oder andere männliche Artgenosse – ganz metrosexuell – längst Beauty Tutorials auf YouTube und Co. für sich entdeckt hat – so viel zu Geschlechterrollen). Da können Nicki Minaj, Beyoncé, Rihanna und Konsorten noch so kunstvoll ihre wackelnden Ärsche durchs aktuelle Musikvideo tragen – das, was Anfang der Neunziger unter dem Banner der „Riot Grrrls“ in der US-amerikanischen Hardcore-Punk-Szene und mit Vorreiter-Bands wie L7, Babes In Toyland oder Bikini Kill (deren Frontfrau Kathleen Hanna war wiederum später bei der bereits erwähnten Electropunkband Le Tigre aktiv) seine Anfänge nahm, ist längst nicht mehr ein reines „Szene-Ding“ für ein paar voran denkende, verschrobene Außenseiter oder Öko-Futzis.

Ein Thema, das jedoch auch heute noch – sowohl in der westlichen wie im Rest der Welt – meist unter die Teppiche des betretenen Stillschweigens gekehrt wird, ist das der häuslichen Gewalt. Und: Ja, genau wie Feminismus und Emanzipation – dem geläufigen Wortsinn zum Trotz – keine explizit weiblichen Themen sind, betrifft auch das der Gewalt in den eigenen vier Wänden oder dem privaten wie beruflichen Umfeld nicht nur Frauen. Nichtsdestotrotz fängt der sich energisch nach vorn prügelnde Signature-Song „Touch Me Again“ der feministisch geprägten Post-Hardcore-Formation Petrol Girls, zu dem die vierköpfige Band aus Großbritannien nun ein Lyric-Video veröffentlicht hat, welches zu großen Teilen aus von Fans eingesandtem Videomaterial besteht, das Thema sexuelle Gewalt mit rohen Worten ein: „Touch me again and I’ll fucking kill you!“.

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Doch woher stammt eigentlich die Inspiration zum Bandnamen? Nun, der Legende nach waren die „Pétroleuses“ Frauen aus der Arbeiterklasse, die während der Zeit der Pariser Kommune, als sich 1871 Arm gegen Reich erhob, Häuser der Reichen mit einer Art Molotowcocktail in Brand steckten. Und obwohl Liepa Kuraitė (Bass, Gesang), Ren Aldridge (Gitarre, Gesang), Joe York (Gitarre, Gesang) und Zock (Schlagzeug) heutzutage freilich nur noch die Moshpits vor ihnen zum Brennen bringen, nimmt der Bandname Petrol Girls darauf Bezug, und die Selbstbeschreibung „raging feminist post hardcore from South East London“ erklärt ebenso die Namenswahl von Band wie den Plattentitel ihres im vergangenen November erschienenen Debüts „Talk Of Violence“ oder auch einen Songtitel wie „Phallocentric„.

0641243281384Im Musikvideo zu „Touch Me Again“ schneiden Petrol Girls Aufnahmen von Fans, die Zeilen des selbstermächtigenden Songtextes auf Straßen, Zettel oder ihre Körper geschrieben haben oder mitsingen, zwischen Szenen von Straßenprotesten gegen sexuelle Gewalt. Am Ende kulminieren Song und Video in der kämpferischen Zeile „Touch me again and I’ll fucking kill you“ – deren letzte Verse Petrol-Girls-Frontfrau Ren Aldridge, die auch selbst bereits sexuelle Gewalt erfahren musste, a capella herausbrüllt.

Die Sängerin bedankte sich in einer persönlichen Botschaft bei allen Fans, die sich nach einem Aufruf mit Material an dem Video beteiligt hatten. „Der Song ist aus meinen eigenen Erfahrungen mit sexueller Gewalt erwachsen, die ich innerhalb und außerhalb der Punk-Community erlebt habe“, schrieb Aldridge. „Wir hoffen, dass dieses Videoprojekt eine Plattform für mehr Leute geschaffen hat, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, und dass dieses gemeinschaftliche Projekt eine ermächtigende Wirkung hatte! Der Protestruf ‚My body, my choice‘ wird immer relevanter, da Angriffe auf Frauen und andere marginalisierte Körper zunehmen. Hoffentlich kann dieses Video zumindest ein kleiner Weg sein, uns daran zu erinnern, dass wir viele sind, und dass wir gemeinsam Macht haben.“

Kein schönes Thema, dafür ein umso wichtigeres – eingefangen in direkten Bildern, untermalt von markigen Worten. Wer auch immer damals, in den seligen frühen Neunzigern, zuerst dieses „Riot Grrrl“ auf (s)ein Banner geschrieben hat, wäre wohl gerade sehr, sehr stolz auf Ren Aldridge und Co. Musik mit Botschaft gefällig? Bitteschön.

 

 

„My domain, my temple and my territory, my pleasure
Cut, cut, cut it out
My desire, my right to choose or to refuse this encounter
Cut, cut, cut it out
My agency that non consensual contact tries to take from me
Cut, cut, cut it out
My fucking mind, you undermine my sense of self, you pressurize
Cut, cut, cut it out
It’s my body and my choice
It’s my body
My fucking choice

My power, my psyche and my energy, my decision
Cut, cut, cut it out
My passion could never be ignited by such aggression
Cut, cut, cut it out
My liberty, my body as the base of my autonomy
Cut, cut, cut it out
I need to see us make progress towards accountability
Cut, cut, cut it out
It’s my body and my choice
It’s my body
My fucking choice
My lips, my thighs, my wrists, my mind
My lips, my thighs, my wrists, my spine
My hips, my neck, my tongue, my mind
Touch me again and I’ll fucking kill you
Touch me again and I’ll fucking kill you
Touch me again and I’ll fucking kill you
Touch me again and I will fucking kill you“

 

Rock and Roll.

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