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Castingleichen aus dem Indie-Keller – die Wahrheit hinter The Postal Service…


The Postal Service - Audition

Jahrelang hatte man es irgendwie geahnt, nun ist es offiziell: The Postal Service, dieses feine, kleine Indie-Projekt aus Death Cab For Cutie-Frontnerd Ben Gibbard und Elektronik-Klangtüfter Jimmy Tamborello (Dntel), ist nicht etwa das Ergebnis einer zufälligen Begegnung sowie dem darauf folgenden freien Austausch kreativer Ideen, sondern das Produkt eines schnöden Castings, welches Tamborello und der „Head“ des Indie-Labels Sub Pop im März 2002 in Hollywood abhielten, um durch eine passende Frontstimme möglichst viele Dollarscheinchen aus den ihnen gutgläubig folgenden Indie-Schäfchen zu pressen… Begrabt endlich den Mythos vom sagenumwobenen Kuschelalternativeduo, das sich Songentwürfe hin und her schickt, um am Ende solch‘ netten Stücken wie „The District Sleeps Alone Tonight“ oder „We Will Become Silhouettes“ über die Veröffentlichungstheke zu reichen! Hier hat immer noch das eiskalt kalkulierende Management das letzte Wort!

Aber Spaß beiseite, natürlich alles Quatsch – und eine Menge gesunde Selbstironie! Die beweisen auch die auftretenden Gaststars Tom DeLonge (Blink-182), Foo-Fighters-Bassist Nate Mendel, Moby, Chanteuse Aimee Mann, Ex-Guns’n’Roses-Gitarrist Duff McKagan, Marc Maron, der Komiker Weird Al Yankovic – und eben das Postal Service-Duo Gibbard/Tamborello, das all das bierernste Hipster-Standing, welches sich mittlerweile um ihr zehn Jahre altes Debütalbum „Give Up“ entwickelt hat, während dieser acht Minuten der Reihe „Funny or Die“ ein wenig ad absurdum führt.

Aber: ein wenig schade ist’s schon um die letztendlich offensichtliche Wahl von Gibbard als Stimme von The Postal Service, oder? Zumindest ich hätte nun doch ganz gern erlebt, wie McKagan das Album – mit Restwut auf Axl Rose im Bauch – kaputt gniedelt, oder Moby „Such Great Heights“ per Urschreitherapie zu Grabe trägt…

 

 

Natürlich gibt es für all den Klamauk auch einen gegebenen Anlass, denn The Postal Service veröffentlichen ihr bisher einziges Album „Give Up“ zum zehnjährigen Jubiläum neu, legen ein paar Bonus Tracks obendrauf und gehen – zumindest für einzelne Konzerte – wieder gemeinsam auf Tour (und das übrigens zum ersten Mal seit 2003). Nicht wenigen wäre jedoch ein neues Album weitaus lieber gewesen…

The Postal Service 2013

 

Mit „A Tattered Line Of String“ kann man sich einen der Bonus Tracks der Jubiläumsedition von „Give Up“, welche im April erscheinen soll, bereits hier anhören…

 

…und sich zur Einstimmung aufs Rerelease hier die Videos zu „The District Sleeps Alone Tonight“…

…“Such Great Heights“…

…und „We Will Become Silhouettes“ anschauen:

 

Rock and Roll.

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Flimmerstunde – Teil 11


Love (2011)

Was haben David Bowie und Tom DeLonge von Blink-182 gemeinsam? Nun, erster schrieb einst einen Song namens „Space Oddity“, welcher vom Astronauten Major Tom erzählt, der nach dem Start mit seiner Rakete ins Weltall alsbald den Kontakt zur Erde verliert und einsam in den endlosen Weiten der Sterne umherschwirrt, und hat einen Sohn namens Duncan Jones, der 2009 mit der Sci-Fi-Moralkeule „Moon“ sein vielbeachtetes Regiedebüt ablieferte. Zweiterer steht neben den bereits genannten – und immer noch wiedervereinten – Blink-182 auch Angels & Airwaves vor und finanzierte dem zuvor vor allem auf Musikvideos, Kurzfilme und Kameraarbeiten spezialisierten William Eubank dessen ersten, „Love“ betitelten, abendfüllenden Film, zu welchem DeLonge und seine A&A-Bandkollegen auch gleich die Verantwortlichkeit am Score übernahmen. Und eben zwischen „Space Oddity“, „Moon“ und „Love“ gibt es so einige, in den Weiten des Alls und in den Kernaussagen angesiedelte Parallelen…

Sci-Fi-Puristen und Freunde der stringenten Erzählweise werden sich bei „Love“ schon nach den ersten Szenen verwundert bis enttäuscht die Augen reiben, denn der Film setzt im amerikanischen Bürgerkrieg ein. Captain Lee Briggs (Bradley Horne) wird von seinem Kommandanten auf eine Erkundungsmission geschickt, um einen kürzlich in der Umgebung entdeckten Krater zu untersuchen. Er reitet von dannen, während sich seine dem Tod geweihten Kammeraden bald darauf in eine – übrigens in Bildern von beinahe poetischer Schönheit dargestellten – letzte vergebliche Schlacht begeben.

Zeitsprung: im Jahr 2039 harrt der US-amerikanische Astronaut Lee Miller (Gunner Wright) als letztes verbliebenes Crew-Mitglied an Bord der ISS aus, verrichtet auf engstem Raum seine routinierte Arbeit, lediglich unterbrochen vom Funkkontakt mit Houston und Cambridge sowie durch gelegentliche Videobotschaften von Familie und Freunden. Doch alsbald bleiben die Nachrichten aus, der Monitor zeigt stoisch „No Signal“ und auf dem „blauen Planten“ unter ihm erlöschen nach und nach die Lichter. Das Warum steht sowohl für Miller als auch für den Zuschauer in den Sternen. Und so wartet er Tag für Tag auf eine Nachricht, ein Lebenszeichen, und sei es auch noch so kurz, schickt mit schwindender Hoffnung Hilferufe zur Erde. Aus den geplanten sechs Monaten Raumstationsaufenthalt werden schließlich sechs volle Jahre, in denen Miller in seinem „Gefängnis aus Blech“ einsam seine Bahnen um die Erde zieht, mehr und mehr dem Wahnsinn verfällt, wirr die wenigen Meter engsten Raum hin und her irrt, sich aus Mangel an sozialen Kontakten fiktive Personen an seine Seite denkt und eine zweite Persönlichkeit zulegt. Und durch Zufall an das Tagebuch eines Hauptmanns aus dem amerikanischen Bürgerkrieg aus dem Jahr 1864 gelangt…

Am Ende lösen sich die Grenzen zwischen Traum, Wahn und Realität, zwischen Gestern und Heute, zwischen Individuum und Universum in den endlosen Weiten auf und Miller sieht, wie einst Major Tom, frei von Furcht und Argwohn seinem Schicksal ins Auge.

Wie bereits erwähnt sollte man von „Love“ weder einen linearen Handlungsstrang noch seichtes Popcorn-Kino – geschweige denn Action! – erwarten. Dem 29-jährigen Eubank geht es bei seinem Filmdebüt ums „große Ganze“, um die Darstellung der Wichtigkeit sozialer Kontakte und zwischenmenschlicher Beziehungen. Dass sich die Handlung vor allem auf den paar Metern einer Raumstation abspielt, unterstützt die Intentionen von „Love“, hat jedoch auch damit zu tun, dass der Film mit einem – übrigens komplett von Angels & Airwaves zur Verfügung gestellten – selbst für Low-Budget-Werke lachhaft niedrigen Budget von 500.000 Dollar realisiert wurde. Und: wenn man den Promoinformationen und -fotos Glauben schenken darf, so entstanden die Kulissen unter Eigenregie von Eubank im Garten seiner Eltern. Das Tolle ist: genau das merkt man „Love“ nicht an. Der Zuschauer bekommt gut 80 Minuten Art-House-Kunst geboten, die weder überfordern noch langweilen, an vielen Stellen jedoch, aufgrund des wunderbaren Zusammenspiels der tollen Bilder und dem dezent-wirkungsvollen Soundtrack, staunen lassen. Ein mit Wahnsinn, Einsamkeit und allerlei philosophischen Sinnfragen jonglierender Indepentdent-Film, der sich nicht vor großen Vorbildern wie „2001: Odyssee im Weltraum“ oder „Moon“ verstecken muss.

Und eins noch: laut Tom DeLonge korrespondiert „Love“ mit dem 2011 von Angels & Airwaves veröffentlichten (Doppel)Album selbigen Titels als groß angelegtes künstlerisches Gesamtkonzept (obwohl lediglich ein einziger Titel daraus im Abspann des Films zu hören ist).

 

 

Rock and Roll.

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