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Auf dem Radar: Dead Modern


Anfang diesen Monats vermeldete der ansonsten recht verschlafene Twitter-Feed der – nicht nur hier – innig geliebten und daher seit einigen Jahren umso schmerzlicher vermissten schottischen Band There Will Be Fireworks tatsächlich ein paar Neuigkeiten, was bei all jenen, die befürchtet hatten, mit dem 2013er Album „The Dark, Dark Bright“ die letzten neuen Töne der fünfköpfigen Post-Rock-Band aus Glasgow gehört zu haben, durchaus für erhöhte Pulsfrequenzen gesorgt haben dürfte. Die Nachricht bestätigte, dass Album Nummer drei aktuell (noch immer) in der Mache sei, wenngleich es noch einige Zeit dauern könne, bis selbiges in die Welt entlassen werde (schließlich gehen alle Teile der Band noch immer „normalen“ Brotjobs nach). Als kleines „Trostpflaster“ verschenken There Will Be Fireworks nun eine alternative Version des „The Dark, Dark Bright“-Songs „Ash Wednesday“… Immerhin? Immerhin. Und was vielleicht noch interessanter ist: es werden in jenen Neuigkeiten nicht nur ein, sondern gleich zwei Nebenprojekte erwähnt, an denen Teile der Band beteiligt sind…

Das erste davon ist Dead Modern – bestehend aus vier Musikern, welche man bislang bei There Will Be Fireworks, The Youth & Young, Seeing Other People oder New Year Memorial gehört haben könnte (vor allem letztere seien übrigens allen, die interessiert, wie TWBF-Stimme Nicholas McManus denn im Neunziger-Emo-Rock-Ourfit klingen würde, wärmstens empfohlen). Die gerade einmal drei Songs der nun erschienenen Debüt-EP, „Still Cool„, tönen wie ein langsamer, nachttrunkener Spätherbsttanz durch ein Dickicht aus Synthesizern, bei welchem man sich immer wieder durch hochprozentige Schlücke aus dem Flachmann wärmt. Sie sind die Musik gewordene Bettdecke am Ende einer Nacht, durch welche man tanzt, bis die alltagsträgen Beine schlapp machen. Sie sind die Tränen, die man ob all der verpassten Chancen und als Tribut an das Glück, noch immer am Leben zu sein, vergießt. Sie sind die Entscheidung, den letzten Bus fahren zu lassen, um mit dieser Musik im Ohr den Heimweg anzutreten. Oder, wie’s die Band selbst umschreibt: „Nostalgic synth miserablism from the Central Belt of Scotland. Overly-long songs.“ Schottisches Understatement halt.

Die Eröffnungsnummer „True North“ kommt da gleich wie die schottische Antwort auf den elektronisch unterfütterten, oft genug traurig tänzelnden White-Boy-Indie-Pop von LCD Soundsystem oder Phoenix daher und verleiht – natürlich auf recht eigene Weise – einer Talking-Heads’schen Basslinie einen Hauch von Future Islands. Zudem kann man gleich hier feststellen, dass Nicholas McManus nichts, aber auch gar nichts von jener emotionalen Emphase verloren hat, die den zweieinhalb Alben von There Will Be Fireworks eine Sonderstellung zuteil werden ließ, einfach weil all das, was McManus da mit breitem Glaswegian Akzent vorträgt, einen direkt ins Herz traf – und noch immer trifft. Diese Wehklage über verpasste Gelegenheiten, die Suche nach dem einen Ort, an dem verloren geglaubte Träume vielleicht noch gerettet werden können, und die Hatz nach Zufriedenheit inmitten der Sehnsucht, die all dies hervorruft – alles in diesen drei Stücken scheint darauf ausgelegt, einmal mehr das Herz zu berühren.

Und wenn man so mag, findet man hier den urbanen Kontrast zur eher in der Natur angesiedelten Musik von There Will Be Fireworks, denn Glasgow ist auf der EP allgegenwärtig – die aus Backstein, Asphalt und Dreck erbaute Schönheit und barsch-direkte Brutalität der 633.000-Einwohner-Stadt ist in jeden Beat der vornehmlich programmierten Drums, in jeden Anschlag der E-Gitarren gemeißelt. Sie bietet einen Berührungspunkt für all jene, die die Stadt kennen oder gekannt haben, wirft jedoch auch genug Gedankenbilder für alle, die der größten schottischen Stadt noch keinen Besuch abgestattet haben, vors innere Auge. Und obwohl sich alle drei EP-Songs um die Sechs-Minuten-Marke herum einpendeln, lassen die mit viel Liebe zum unperfekten Detail gestalteten Krautrock-Anleihen und und die hallenden Dance-Synthies den Wunsch aufkommen, endlos in ihnen zu schwelgen. For fuck’s sake.

Keine Frage: Mit dieser EP hätten es Dead Modern verdient, sich als eigenständige Band – und nicht „nur“ als Nebenprodukt – zu etablieren (und dürfen gern noch ein vollwertiges Album folgen lassen). „Still Cool“ ist eine in Nostalgie und günstig erstandenen Fusel getränkte Ode an die langsam gen Nebenschwaden ziehenden Tage der Jugend, ein in herrlich buntem Alltagsgrau geschriebener Liebesbrief an Glasgow und eine Feier der Erkenntnis, dass Musik uns, selbst wenn alles andere längst die Segel gestrichen haben sollte, nienimmernicht verlässt. Umso schöner, wenn sie so klingt wie hier…

„Dead Modern is a band born of that quintessential modern condition: nostalgia. 

Nostalgia for youth. Nostalgia for the music of 1979 or 1989. Nostalgia for the club nights and basement gigs of 2009. Nostalgia for the long-shuttered venues of The Arches and Studio24. Nostalgia for old dreams and old friends. 

Formed from the Scottish indie rock and electronic music underground – with members from There Will Be Fireworks, The Youth and Young and New Year Memorial among others – Dead Modern recorded Still Cool with producer/engineer Andy Miller (Mogwai, Life Without Buildings, Songs: Ohia) at Gargleblast Studio in Hamilton, Scotland in 2019 and 2020. 

Still Cool is a meditation on the past and how it forms us – what was lost, what was won and just how the hell did we get here? And how do we get back? Universal themes placed in the very specific context of a long-ago youth misspent in Glasgow’s indie clubs. 

We remember how it felt, and we still feel it. 

If you like analogue synths… 

If you ever lost your friends at Death Disco… 

If you ever sweated your bodyweight at a downstairs gig in the Captain’s Rest… 

This is for you.“

Rock and Roll.

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Song des Tages: Campfires In Winter – „Free Me From The Howl“ + Interview mit Sänger Robert Canavan


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Regelmäßige Leser von ANEWFRIEND wissen wohl längst, dass in den Venues und Backstageräumen meines Hörerherzens stets ein großer Platz für schottische Künstler und Bands reserviert ist. Und so war es wohl ein Leichtes für Campfires In Winter, sich dort ein Booking klar zu machen…

51566xpA5pL._SS500Immerhin bringt das aus dem schottischen Croy stammende und mittlerweile, nur ein paar Kilometer entfernt, im wuseligen Glasgow beheimatete Quartett – nebst einem Bandnamen, welcher per se schon ein Faustpfand für die richtige Prise Herbst-Melancholie hinterlegt – alles mit, was nach Heavy Rotation schreit: den stetigen Spannungsaufbau sowie die sinistre Lust am Aus- und Aufbruch ihrer Landsmänner von The Twilight Sad, den Bock darauf, mit einer Wagenladung Pop-Appeal einfach derbst drauf los zu rocken wie We Were Promised Jetpacks, die Folk-Emphase der großen Frightened Rabbit – garniert mit ruhigen Zwischentönen, lauthals tönenden Post-Rock-Passagen der Marke There Will Be Fireworks und – natürlich, natürlich! – Gesangsharmonien in feinsttollstem schottischen Akzent. All das bieten Robert Canavan (Leadgesang, Gitarre), Scott McArthur (Keyboard, Gesang, Gitarre), Wullie Crainey (Bass, Gesang) and Ewan Denny (Drums, Percussion), die bereits seit 2010 gemeinsam Proberäume und Konzertbühnen teilen, auf dem im Februar 2017 erschienenen Debütalbum „Ischaemia„, welches – nebst acht weiteren Stücken – auch den großartigen Dauerbrenner-Song „Free Me From The Howl“ enthält…

 

 

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Freundlicherweise hat sich Frontmann und Sänger Robert Canavan kürzlich ein paar Minuten Zeit genommen, um ANEWFRIEND ein paar Fragen rund um die Band, ihre Inspirationsquellen und die schottische Musikszene zu beantworten…

NMY_9JYo_400x400Hey guys from Campfires In Winter. First of all: thanks for taking your time to answer some questions for ANEWFRIEND.
Could you please introduce yourself?
Hi! I’m Robert, and I sing and play guitar. And we also have Ewan on drums and percussion, Wullie on bass and backing vocals, and Scott on keys, guitar, cornet, and backing vocals too. He’s a pretty busy guy on stage. He should get paid more really.
You released your debut album „Ischaemia“ last year, in February, but have been playing as a band for almost a decade now. Why did it take so long to get a record finished?
We just wanted to get it right. We had released some singles and EPs but wanted to hone our sound so we were entirely happy and satisfied with the album. We started recording in late 2014, but didn’t get it out until February 2017. That was because we all have full time jobs, so recording sessions took place after work, through the night, finishing up just in time for work again the next day. Hence why it took so long!
Per definition, „Ischaemia“ is „a restriction in blood supply to tissues, causing a shortage of oxygen that is needed for cellular metabolism (to keep tissue alive)“. Why did you choose this medical term as the album’s title?
It’s not intentional, but the body and body parts tend to crop up in my lyrics often. Also, my dad has spent a lot of time in hospital in recent years, partly as a result of a stroke w while ago. So I suppose the word ‚ischaemia‘ was there in my mind and fitted with the recurring theme of bodies.
You recorded the album with Andrew Odell and Andrew Bush (The Twilight Sad, De Rosa, We Were Promised Jetpacks) at Unit 55 in Cumbernauld, a bit up north from Glasgow. Why them? And were there any specific reasons that made you choose this studio?
We’ve known Andrew Odell for a long time and had worked with him before. We work really well together and felt it was a great fit for the album. We just really like his studio, so that’s why we chose Unit 55 – it’s somewhere we feel comfortable, and Andrew is a big part of that. Andy Bush, we’d known for a few years as he mixed our single We’ll Exist. I also think De Rosa are one of the greatest bands to come out of Scotland and think they should be the biggest band in the world, so I jump at any chance to work with Andy. His work is outstanding.
Your band is originally from Croy, a small town near Glasgow. Do you think that there’s some unique „Glaswegian sound“ that connects you to other fellow rock bands such as The Twilight Sad, Admiral Fallow, Mogwai or Frightened Rabbit?
I think there might be something to that, aye! I can never quite put my finger on why it is, but there’s something distinct about the sound of Scottish bands. There’s a dark edge to it, something sinister lurking at the edges. Maybe we all write our music on dark, rainy, winter nights!
Many of the album’s songs got some melancholic feeling to it, which made me think of a quote from Glen Hansard (The Frames, The Swell Season etc.), who said that writing songs is pretty much like writing a diary – the pages stay blank on a good day. Would you agree with that?
I don’t know if it’s a case of the pages staying blank on good days, but I generally find happier songs less interesting. I’ll write them sometimes, to keep up writing if the good stuff isn’t flowing, but they generally don’t even make it to the ears of my bandmates. I seem to be able to tap into the darker stuff, even on a good day.
Though it might come up as a quite obvious question these days, especially for a Scottish indie rock band from Glasgow: How big of an inspiration were Scott Hutchison, the late Frightened Rabbit front man, and his band(s) to you? What did his unexpected death in May do to the scene? Did it change anything regarding the awareness of mental health issues?
Scott was a huge inspiration. I’d gotten to know him over the years, and anyone who met him will agree that he was a genuinely lovely, brilliant, and warm guy. He even once helped me get over a bout of writer’s block!
The scene was utterly devastated. What has changed is that it has got the mental health conversation going again, particularly in men. Scott was always very open about his own mental health struggles. Sadly, he wasn’t able to find his peace, but I sincerely believe that his honesty and openness on mental health in the past has inspired others to seek help, and to see that there’s no shame in talking to someone about how you feel.
As mentioned before, your album was released over a year ago. What are your next plans as a band?
We have some gigs coming up, we’ll have a single release soon, and we’re back writing new material – all very exciting!
Now, some more general questions to finish this short interview…
What’s your earliest musical memory?
I remember seeing Croy Silver Band play in my street one Christmas when I was around 3 or so. They’re an award-winning band, and performed on a few tracks on Ischaemia.
Who are your biggest „musical heroes“ or inspirations (if there are any)?
I have loads, but at the moment I think Annie Clark is untouchable. Pure genius. We don’t deserve her.
If you had the chance to go on tour or into the studio with any musician (dead or alive), who would that be?
See my previous question. I’d absolutely love to record with Annie Clark.
Name 5 records which would be your personal „soundtrack for the big city“…
Destroyer – Poison Season
Vampire Weekend – Modern Vampires of the City
The Har-You Percussion Group – The Har-You Percussion Group
St Vincent – Actor
Sylvan Esso – What Now
…and 5 records for a „desert island“.
Mogwai – Rock Action
Natalie Prass – Natalie Prass
Anderson.Paak – Malibu
Ennio Morricone – Once Upon a Time in the West
Rufus Wainwright – Poses

 

 

Rock and Roll.

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Song des Tages: There Will Be Fireworks – „In Excelsis Deo“


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Weihnachtslieder gibt es ja wie Sand am Südseestrand. Und die meisten davon können mir – in ihrer immergleichen Penetranz, mit ihrer gespielt-aufgesetzten Fröhlichkeit – gern gestohlen bleiben. You can call me Grinch, if you may…

Wenn jedoch die vier schottischen Lads von There Will Be Fireworks – wie anno 2010 – einen Indie-Postrocker wie „In Excelsis Deo“ raushauen, dann höre selbst ich gebannt zu. Und hoffe inständig, dass die Glaswegians, welche sich über die Jahre einen festen Platz in meinem Hörerherz ergaunert haben, ihrer freilich noch immer großartigen Diskografie, deren letzter Teil, das zweite Album „The Dark, Dark Bright„, nun auch bereits stolze vier Winter zurückliegt, im kommenden Jahr endlich ein neues Werk hinzufügen (an den Songs schreiben There Will Be Fireworks, insofern man Facebook Glauben schenken darf, bereits seit 2016)…

In diesem Sinne wünscht ANEWFRIEND allen gelegentlichen, zufälligen und – natürlich – regelmäßigen Lesern schöne Weihnachtsfeiertage und einen möglichst gesunden Rutsch ins neue Jahr! Passt auf euch auf.

 

 

„Well, I can’t wait for Christmas
Been buckle-knee’d and listless
And you say that you’ve been wishing weeks away
They hung the lights out in the street
Twisted ‚round the boughs of the trees
The choir sung its holiest refrains
Like Gloria
Hosanna in the highest
Heaven knows
This year’s been black and blue
But we’re alright
And this Christmas could be white for me and you

I still can’t sleep on Christmas Eve

And we’ll never miss a beat
Scarlet-faced from whiskey neat in the cold
Singing, dancing in the dark
Oh, I hope these words will do
I’ve had my doubts, but not about you
I’m drunk and hearing voices in car parks
And this year – oh, I’ve got love in me, I swear – I hope you know

Gloria In Excelsis Deo

If I should fall from grace
If I should leave this dear green place
And if Christmas fades without a trace
I still want you around
There’s magic in this grey old town, you know
You should share in the refrain
If you think you know the songs
Who cares if all the words are wrong?
Who cares if it barely ever snows?

But still the choir smiles
The carol of the bell echoes“

 

Rock and Roll.

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Die Woche in Bild und Ton…


Damit ihr nicht vollkommen den Überblick über alle hörens- und sehenswerten Neuerscheinungen der letzten Woche(n) verliert, hat ANEWFRIEND hier wieder einige der Video- und Songneuerscheinungen der letzten Tage für euch aufgelesen…

 

There Will Be Fireworks – River & In Excelsis Deo (live at Old Mill Studios)

TWBF Old Mill Studios

Da hat die schottische Band um Frontmann und Sänger Nicky McManus kurz vor Ende des vergangenen Musikjahres mit „The Dark, Dark Bright“ in der Tat ein Zweitwerk nach Maß in die Regale gestellt, mit dem wohl nur jene rechnen durften, die schon das 2009 erschienene und bis heute – völlig zu unrecht – sträflichst missachtete selbstbetitelte Debüt nicht mehr aus ihren Ohren und Playlists bekamen. Alle anderen – Medienschaffende wie Otto-Normal-Hörer mit Hang für gitarrenrockistisches Pathos – reagierten freilich euphorisch bis positiv erstaunt auf die zwölf neuen Stücke des schottischen Fünfers, und auch in 2014 dürften There Will Be Fireworks (allein der Name ist noch immer Weltklasse, oder?) noch so einige neue Fans mehr einsammeln, was wohl – hoffentlich, denn Tourneeankündigungen gestalten sich, solang‘ die Musik nur ein schönes Hobby bleibt, natürlich schwierig  – auch an ihren intensiven Livevorträgen liegt. Überzeugen davon könnt ihr euch nichtsdestotrotz anhand des neuen Songs „River“ sowie der TWBF-Version des Weihnachtsstücks „In Excelsis Deo“, welche die Band kürzlich in den heimatlichen Old Mil Studios in Strathaven, einer kleinen Stadt südlich von Glasgow, einspielte…

 

 

 

Charles Bradley – Changes 

Charles Bradey

Erinnert ihr sch noch an die beiden ganz hervorragenden abendfüllenden Musikdokumentationen „Searching For Sugar Man“ und „A Band Called DEATH„, die ANEWFRIEND euch im vergangenen Jahr vorgestellt hat? In die gleiche Kerbe schlägt auch der 2012 erschienene Dokufilm „Charles Bradley – Soul Of America„, die den heute 65-jährigen Afroamerikaner Charles Bradley beim Erleben seines größten Traums begleitet: einem eigenen Album. Davor lebte der Mann jahrelang auf der Straße oder schlug sich, mehr schlecht als recht, mit Gelegenheitsjobs am unteren Ende des Existenzminimums durch. Erst während einem seiner raren Auftritte als James Brown-Imitator wurde Gabriel Roth, einer der Köpfe des funk- und soullastigen Daptone Records-Labels, auf ihn aufmerksam und stattete Bradley mit einem Plattenvertrag aus. Klar: wer nun Songs wie die kürzlich veröffentlichte Coverversion des Black Sabbath-Klassikers „Changes“ hört, der fragt sich wohl völlig zu recht, wieso die Musikwelt eine Stimme wie die von Bradley so lange außer Acht lassen konnte. Aber das sind sie nun einmal, die Geschichten, die das Leben so schreibt…

 

 

 

José González – Stay Alive

Stay Alive

Natürlich lässt es sich jedes Mal aufs Neue vorzüglich über Ben Stiller und sein schauspielerisches Können streiten. Auch sein neuster Film „The Secret Life Of Walter Mitty„, das als Neuverfilmung einer Verfilmung (von 1947) einer Kurzgeschichte (von 1939) vom Seelenleben und des Existenzängsten eines Fotoarchivars erzählt, dürfte wohl daran nichts ändern. Ganz anders verhält es sich dafür mit dem dazugehörigen Soundtrack, der neben dem ein oder anderen größeren Namen (David Bowie, Jack Johnson) vor allem Songs mit Songs von José González, dem schwedischen Musiker mit dem spanischen Namen und der so besonderen Stimme, sowie seiner Zweitband Junip aufwartet. Für das Musikvideo zum neuen Stück „Stay Alive“, das aus der Feder von keinem Geringeren als Ryan Adams stammt, schlüpft González selbst in die Haut der Ben Stiller-Figur Walter Mitty. Und für den Soundtrack wagte sich der Musiker sogar an die Neuinterpretation des John Lennon-Klassikers „#9 Dream“…

 

 

 

Slut – Séance Session (No. 20)

seance_logo

Das bajuwarische Indierock-Quintett von Slut hat mit „Alienation“ zweifellos eines der ebenso gelungensten wie fordernsten und klügsten deutschen Alben des vergangenen Musikjahres veröffentlicht. Ihre Live-Premiere feierte ein Großteil der neuen Stücke dabei jedoch nicht etwa in der bayrischen Landeshauptstadt, sondern im cosmopolitsch großen Berlin im Rahmen der „Séance“-Sessions-Konzertreihe, in deren Rahmen auch schon Bands wie Listener oder Dark Dark Dark vor Kameras und Publikum auftraten. Den gut einstündigen Auftritt von Slut gibt es nun zum Lümmeln und Rocken auf der heimischen Couch…

 

 

 

Elle Aura – Flashes Of A Pretty Face

ElleAura

„Elle Aura is from Potsdam/Germany and lives everywhere. She writes songs, plays guitar and sings. She grew up with Indie, dances to Hip Hop, likes Pop, has a weak spot for Country, and two big brothers who can do everything. She likes to make people do stuff at her concerts like buy each other drinks and dance together. In 2013 she released her first solo-album ‚Flashes Of A Pretty Face‘.“ – soweit die Selbstauskunft der deutschen Singer/Songwriterin (oder müsste es in diesem Fall „Liedermacherin“ heißen?) Elle Aura (aka. Laura), die – sie erwähnte es ja bereits – im vergangenen Dezember ihr Debütalbum „Flashes Of A Pretty Face“ ins digitale Rund geworfen hat. Die 14 darauf enthaltenen Songs der Weltenbummlerin, die auch schon einige Zeit in Ghana oder Polen verbracht hat, klingen dem Erscheinungsmonat entsprechend mal fein melancholisch, mal dezent ausgelassen und poppig – es dürfte also für jeden etwas dabei sein. Und da es das Album auf Elle Auras Bandcamp-Seite derzeit sowohl komplett im Stream als auch zum Download nach der „Pay what you want“-Variante gibt (auch wenn die Musikerin allen potentiellen Geizhälsen mit dieser Rechnung ihren Teil der Kosten aufzeigt), sollte man der Dame mit eigenem Youtube-Kanal doch wenigstens das ein oder andere Ohr leihen…

 

 

Keaton Henson – Birthdays: A Fragment (Noisetrade EP)

K. Henson

A propos „Pay what you want“: Keaton Henson, seit einigen Jahren wohl einer der faszinierendsten Trauerbarden und Leisetreter des Musikgeschäfts, bietet derzeit via Noisetrade mit „Birthdays: A Fragment“ fünf Songs seines im vergangenen Jahr veröffentlichten zweiten Albums „Birthdays“ zum kostenlosen Download an – für all jene, denen das komplette Album vor einigen Monaten durch die akustischen Lappen gegangen sein sollte…

Auf dieser EP befindet sich auch der Song „You“, der ebenso im audiovisuellen Original…

 

…als auch in der Sprechgesangsvariante, bei welcher der Schauspieler Derek Jacobi zu den Zeilen des Henson-Songs eine lebensweise Bilanz zieht, noch immer mächtig Eindruck hinterlässt:

 

 

Mikky Ekko – Song To The Siren

Mikky Ekko

„Song For The Siren“ ist selbst im nicht eben an anspruchsvollen Kompositionen armen Backkatalog des 1975 bereits im Alter von 28 Jahren so jung verstorbenen Singer/Songwriters Tim Buckley – richtig, der Vater des ebenfalls legendenumrankten Jeff Buckley – ein Song, an den man sich nicht ohne Weiteres und den passenden Voraussetzungen herantrauen sollte. John Frusciante etwa nahm sich das Stück 2009 für dein letztes gelungenes Album „The Empyrean“ vor und vereinnahmte es zwar für sich, blieb jedoch auch nah an der Schwanengesangshaftigkeit des von 1967 stammenden Originals.

In einen ähnliche Kerbe schlägt nun auch der 29-jährige Musiker und Produzent Mikky Ekko (aka. John Stephen Sudduth) aus Louisiana, der den Buckley-Song ihm Rahmen der „Yours Truly Sessions“ für die im US-amerikanischen San Francisco beheimatete Musikwebsite gleichen Namens neu interpretierte. Wie es „Indie Shuffle“ so treffend umschrieb: „Naked, exposed, and pure, this live cover of Tim Buckley’s ‚Song To The Siren‘ by Mikky Ekko is a real ’stop, stand still, and pay attention‘ kind of track.“ Ganz genau.

 

 

Rock and Roll.

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Der Jahresrückblick 2013 – Teil 3


Ein nicht eben an großartigen Veröffentlichungen armes Musikjahr 2013 neigt sich unausweichlich seinem Ende zu. Zeit also, ANEWFRIENDs „Alben des Jahres“ zu küren und damit, nach der Rückschau aufs Film- und Serienjahr, auch die Königsdisziplin ad acta zu legen! Dem regelmäßigen Leser dieses Blogs werden sich wohl wenige Überraschungen offenbaren, schließlich wurden alle Alben meiner persönlichen Top 20 im Laufe des Jahres bereits besprochen… Bleibt nur zu hoffen, dass auch 2014 ein ähnlich hohes Niveau an neuen Platten und Neuentdeckungen bieten wird… Ich freue mich drauf.

 

 

Frightened-Rabbit-Pedestrian-Verse1.  Frightened Rabbit – Pedestrian Verse

Ich nehme hiermit mein noch im Februar gefälltes Urteil höchstoffiziell (zum Teil) zurück – „Pedestrian Verse“ ist im Rückspiegel zwar in der Tat kompakter als noch der Vorgänger „The Winter Of Mixed Drinks“, jedoch keineswegs weniger hymnisch. Frightened Rabbit bewegen sich mit Album Nummer vier noch einige Schritte weiter weg von der eigenen schottischen Haustür, um große Geschichten von den Bordsteinen des tristen Alltags aufzulesen. Liebe und Leid, Verzücken und Enttäuschung, Vertrauen und Verfall – wer den fünf „Angsthasen“ um Frontmann und Sänger Scott Hutchison die Zeit gibt, sich bis zum Hörerherzen vorzuarbeiten, der bekommt mit „Pedestrian Verse“ einen treuen Begleiter durch Sonnen- wie Regentage. Vielleicht lief das eine oder andere Album ein paar Mal öfter durch meine Gehörgänge. Näher und tiefer ging jedoch in diesem Jahr keines. „Pedestrian Verse“ ist ein Monolith in der sowieso bereits tollen Frightened Rabbit’schen Diskographie. Und ein absolut würdiges „Album des Jahres“.

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2013TheNational_TroubleWillFindMe2.  The National – Trouble Will Find Me

Zu lange tingelten The National im Indierock-Schatten herum. Dabei besaß bisher jedes ihrer Album die Qualität und Größe, um einen Spitzenplatz in den Jahresabschlussbestenlisten zu belegen. Umso schöner ist es, wenn der US-Band mit „Trouble Will Find Me“, seines Zeichens Albumwurf Nummer sechs, nun endlich die vollends verdiente Aufmerksamkeit zuteil wird. Vielleicht besaß der drei Jahre junge Vorgänger „High Violet“ die dringenderen Gitarrenrocker. Vielleicht zieht bei den Familienvätern um den wohlig grantelnden Frontmann Matt Berninger von Mal zu Mal mehr Altersmilde ein. In jedem Fall stellt „Trouble Will Find Me“, The Nationals Musik gewordenes „Weinalbum“, Klasse vor Masse – nur eben nun auf größeren Bühnen. Wer noch immer glaubt, dass Arcade Fire die „größte Indieband der Welt“ seien, der sollte sich dieses Album zu Güte führen. Und den dreizehn Stücken beim stetigen Größerwerden zuhören…

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Mark-Kozelek-Jimmy-Lavalle-Perils-from-the-Sea-205x2053.  Mark Kozelek & Jimmy LaValle – Perils From The Sea

Mark Kozelek scheint seit geraumer Zeit einen sprichwörtlichen Lauf zu haben. Der ehemalige Red House Painters-Frontmann tourt als nimmermüder Troubadour nicht nur unablässig um die Welt, er veröffentlicht auch in immer geringeren Abständen eine großartige Platte nach der nächsten. Ob nun mit seiner elegischen Stammband Sun Kil Moon, mit den Ex-Kollegen von den Red House Painters, die nun als Desertshore musizieren, ob nun solo oder, wie hier, mit The Album Leaf-Cheftüfftler Jimmy LaValle – dem zurückhaltenden Geschichtenerzähler mit der so besonderen wie unverwechselbaren Stimme gelingt es immer wieder aufs Neue, seinen Zuhörer zu fesseln. Dass er sich für „Perils From The Sea“ dabei in absolutes Neuland vorwagt und sein Gesangsorgan inmitten reduzierter Ambietklänge bettet, macht die Sache eigentlich nur interessanter. Easy Listening mit Tiefgang und Relevanz? Keinesfalls eine einfache Sache… Und obendrein bietet „Perils From The Sea“ noch Erzählungen, die einen so schnell nicht mehr los lassen.

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there-will-be-fireworks-the-dark-dark-bright4.  There Will Be Fireworks – The Dark, Dark Bright

Das selbstbetitelte Erstwerk meiner schottischen Herzensband (klar mag es da so einige geben, aber keine liegt näher!) fand bei dessen Eigenvertriebsveröffentlichung vor vier Jahren noch quasi unter Ausschluss der breiten Öffentlichkeit statt. Beim nunmehr zweiten Album „The Dark, Dark Bright“ hören nun wohl schein ein paar mehr Ohren hin… Und das hat sich die Band um Frontmann Nicky McManus auch redlich verdient. Der schottische Fünfer arbeitet innerhalb von knapp 50 Minuten die komplette Indie-Postrock-Klaviatur von Mogwai bis Sigur Rós ab und setzt dabei nicht wenige wohltuende Nadelstiche mitten ins Herz. Mag sein, dass der Vorgänger die größeren, die höhere Wellen schlagenderen Songs hatte. „The Dark, Dark Bright“ ist dafür kohärenter und macht den ein oder anderen produktionstechnischen Mangel des Debüts wett. In einer gerechten (Musik)Welt werden There Will Be Fireworks zu einer großen kleinen Band. Wetten, dass?

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Casper_Hinterland5.  Casper – Hinterland

„XOXO“ wurde vor zwei Jahren als nichts weniger als die „Revolution des bundesdeutschen Hip Hop“ gefeiert. Das machte es für Benjamin „Casper“ Griffey natürlich keineswegs einfacher. Doch die Rechnung des „Emorappers“, sich für den Nachfolger so unwahrscheinliche Produktionspartner wie Get Well Soon-Mastermind Konstantin Gropper und das Elektro-affine Studioass Markus Ganter ins Boot zu holen, geht beim vierten Casper-Album „Hinterland“ in vollsten Maße auf. Egal ob der Indie-Rapper gerade vom Fern- oder Heimweh erzählt, sein Bewerbungsschreiben als deutscher Tom Waits abgibt oder sich Editors-Frontstimme Tom Smith zum Duett ins Studio einlädt – Deutschland hört hin. Und der Rest darf sich für die Ignoranz der germanischen Hip Hop-Antwort auf Springsteens „Born To Run“ gern den augenzwinkernden Mittelfinger abholen… Spätestens 2013 dürfte klar sein: Casper stehen alle Türen offen.

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BiffyClyro_Opposites6.  Biffy Clyro – Opposites

Wieviele (Rock)Bands sind bereits an ihren Ambitionen gescheitert? Wieviele Künstler haben bereits vollmundig epische Doppel- – oder gar Dreifach-! -Alben angekündigt, nur um dann auf höchsten Niveau zu versagen? Natürlich: diese Liste ist lang… „Opposites“ dürfte sich als sechstes Album des Schotten-Trios von Biffy Clyro auf der gelungenen Seite der Ambitioniertheit einordnen, bietet des doch die wohl gleichzeitig größten wie auch variationsreichsten Songs aus den Federn von Frontmann Simon Neil und den beiden Johnston-Zwillingen James und Ben. Eine Mariachi-Band inmitten fetter Hooks, Streicher und elegischer Passagen? In den über achtzig Minuten des so opulenten wie tiefgründigen Doppelalbums geht so einiges. Biffy Clyro bringen mit „Opposites“ das Pathos zurück auf die große Bühne. Operation gelungen, Patient gesünder denn je.

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listener-300x3007.  Listener – Time Is A Machine

Talk Music? Was zur Hölle soll das sein?!? Gut, wer sich als Neuling dem neusten Listener-Werk „Time Is A Machine“ gegenüber gestellt sieht, der dürfte wohl anfangs ähnlich überfordert sein… Zu rast- und ruhelos, zu drängend und dringend spielt sich das aus Fayetteville, Arkansas stammende US-Trio durch die acht neuen Stücke. Dass man dabei kaum mit dem lyrisch versierten Textespucker Dan Smith, der die Band einst als Soloprojekt begann, Schritt halten kann, ist ebenso faszinierend wie die Tatsache, dass sich Hip Hop und Postrock eben doch vereinbaren lassen. „Time Is A Machine“ ist mit seinen lediglich etwa 30 Minuten, wie auch der nicht minder tolle, vor drei Jahren erschienene Vorgänger „Wooden Heart“ schon, erneut kein Album zum Nebenbeihören. Nein, „Time Is A Machine“ ist ein wahrer kleiner Wirbelwind von Album, vorangetrieben von drei Wirbelwinden, die kaum näher bei sich sein könnten. Raprock in Höchstform. Diese Band verdient sich ihre eigene Nische…

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SIGUR-ROS-KVEIKUR-275x2758.  Sigur Rós – Kveikur

Als die Vorzeigeisländer von Sigur Rós im vergangenen Jahr das sechste Album „Valtari“ auf den Musikmarkt losließen, durfte man berechtigtermaßen befürchten, die Band um Frontmann Jónsi nun vollends an elegische Ambientweiten verloren zu haben, immerhin ließ das Werk nahezu vollständig jene großartigen Momentausbrüche vermissen, mit denen sich Sigur Rós auf Meilensteinen wie  „Ágætis Byrjun“ oder „Takk…“ noch in so viele Hörerherzen in aller Welt gespielt hatten… Umso heftiger drischt nun die nach dem Ausstieg des Keyboarders zum Trio geschrumpfte Band mit dem ein oder anderen Stück von „Kveikur“ in manche unvorbereitete Magengrube. Heftiger, kompakter und rauer waren Sigur Rós wohl noch nie, auf Albumlänge mitreißender in keinem Fall. Sollte Musik tatsächlich da anfangen, wo einem die Worte fehlen, so bleibt hierfür wohl nur noch ein letztes: geil.

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daughter-cover9.  Daughter – If You Leave

Vorschusslorbeeren durften Elena Tonra und ihre beiden männlichen Mitmusiker bereits seit den ersten Daughter-Lebenszeichen in Form von vereinzelten Konzerten und vielversprechenden EP-Vorboten sammeln. Umso höher war darauf natürlich der Sockel, vom dem das englische Trio mit dem Debütalbum fallen konnte. Doch „If You Leave“ enttäuscht keineswegs und ist, seiner Veröffentlichung um Frühling zum Trotz, eines der besten Herbstalben des Jahres, das sich zwar im selben Fahrwasser wie die Landsleute von The xx bewegt, dabei jedoch mehr Gewicht auf die Gitarren legt. Klar, man muss schon eine gewisse Affinität fürs Melancholische besitzen, um sich in diesen kleinen Dramen zurecht zu finden. Das Wohlgefühl kommt danach von ganz allein…

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Like-Clockwork-Cover10. Queens Of The Stone Age – …Like Clockwork

Josh Homme, dieser Schelm! „Wie ein Uhrwerk“ lief die Arbeit an „…Like Clockwork“ nämlich keineswegs. Stattdessen durfte sich der umtriebige Ex-Kyuss-Gittarero und jetzige Queens Of The Stone Age-Vorsteher mit so einigen Verletzungen und Schreibblockaden herumplagen. Dass er und seine Mitmusiker am Ende mit dem wohl besten Album seit dem in Rock gefassten, bereits elf Jahre zurückliegenden Meilenstein „Songs For The Deaf“ um die Ecke kamen, der ebenso knackige Wüstenrocker aufbietet wie irrwitzige Miniepen, dürfte dabei für sich sprechen. Dass bei Album Nummer sechs die prominente Gästeliste aus Mark Lanegan, Nick Oliveri, Trent Reznor (Nine Inch Nails), James Lavalle (UNKLE), Alex Turner (Arctic Monkeys), Brody Dalle (Ex-Distillers), Alain Johannes (Eleven), Jake Shears (Scissor Sisters) oder Sir Elton John zur reinen Marginalität gerät, ebenso… Nach sechs Jahren Veröffentlichungsschweigen präsentieren sich die Queens Of The Stone Age mit „…Like Clockwork“ frischer den je. Und Josh Homme, diese arschcoole Rocksau, stellt mit einem karrieretechnischen Top-Drei-Album mal eben die komplette Konkurrenz in den Schatten. Willkommen zurück, Jungs!

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Auf den weiteren Plätzen:

Various Artists – Sound City – Reel to Reel mehr…

Pearl Jam – Lightning Bolt mehr…

Haim – Days Are Gone mehr…

Keaton Henson – Birthdays mehr…

Vampire Weekend – Modern Vampires Of The City mehr…

Die Höchste Eisenbahn – Schau in den Lauf Hase mehr…

Foals – Holy Fire mehr…

Nick Cave & The Bad Seeds – Push The Sky Away mehr…

Woodkid – The Golden Age mehr…

Thees Uhlmann – #2 mehr…

 

 

Rock and Roll.

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Das Album der Woche


There Will Be Fireworks – The Dark, Dark Bright (2013)

There Will Be Fireworks - The Dark, Dark Bright (Cover)-erschienen bei Comets & Cartwheels-

Post Rock – ein weit gefasster Begriff, der beinahe alles und am Ende meist gar nichts bedeuten mag. Klar: „Rock“! Aber „Post“? „Post“-was, zur Hölle? Bei dem ein oder anderen tun sich sicherlich schon Bilder auf… Bilder, von vereinsamten jungen Männern, die wahlweise auf einem Hochhausdach oder im verranzten Proberaumkeller zusammen stehen, gemeinsam beflissen Gitarrenspur über Gitarrenspur über Bassspur über Schlagzeuglinien über Gesangsspuren legen, um sich am Ende in ihnen zu suhlen. Für den einen ist’s das emotionale Non-Plus-Ultra, für den anderen grausamste Langeweile. Dieses Konzept führen etwa die Schotten von Mogwai seit Jahrzehnten zur, von der weltweiten, ach so auf Indietum bedachten Fanschar umjubelt, gen Perfektion. Überhaupt: Schottland! Wie bereits im Januar des vergangenen Jahres in einer der ersten Reviews überhaupt auf ANEWFRIEND erwähnt, ist das Land im Norden Großbritanniens nicht eben arm an tollen Rockbands und Singer/Songwritern. Das bewiesen, bebe Mogwai, in den vergangenen Jahren etwa We Were Promised Jetpacks, The Xcerts, The Twilight Sad, Malcolm Middleton (Ex-Arab Strap!), The Unwinding Hours oder My Latest Novel, während sich Frightened Rabbit oder Biffy Clyro – nicht nur in meiner Gunst – verdientermaßen als Platzhirsche hin zu Major Deals und größeren Arenen aufschwangen. Das Schöne dabei: Der böse Teufel Plattenfirma schaffte es bei keinem der Genannten, ihnen die Qualität und das Herz auszutreiben. Und doch gelang es einer Band, die weder einen Booking Agent noch einen Plattenvertrag besaß, meinen musikalischen Verstand über Jahre hinweg von ihrem selbstbetitelten Debütalbum einzunehmen: There Will Be Fireworks.

There Will Be Fireworks at The Buff Club, 2010; Photo © Fiona McKinlay

There Will Be Fireworks at The Buff Club, 2010; Photo © Fiona McKinlay

Keine Frage: Das aus Glasgow stammende Quintett, welches damals noch ein Quartett war, besaß Qualitäten, die ihnen selbst im dicht besiedelten Terrain des Post Rocks allerlei gefühlte Alleinstellungsmerkmale zusicherten. Ihre Songs waren mal nackt, puristisch und schutzlos der Akustischen ausgeliefert, nur um sich darauf – Nomen est omen! – wie ein befreiendes rockistisches Feuerwerk gen Nachthimmel aufzuschwingen. Dazu ließ Sänger und Gitarrist Nicholas „Nicky“ McManus Textzeilen in feistem schottischen Akzent auf den Hörer los, auf deren Wucht man so selten gefasst war. Keines der dreizehn Stücke des 2009 im Eigenvertrieb veröffentlichten „There Will Be Fireworks“ enttäuschte. Mehr noch: Wer sich auf das Album als Gesamtwerk wirklich und wahrhaftig einließ, den ließ es so schnell nicht mehr los. Und das in einer Zeit, in der nicht wenige Künstler das Langspielerformat längst abgeschrieben und zugunsten des schnellen One-Hit-Wonder-Single-Euros ad acta gelegt haben…

Befeuert von der Energie des Zusammenspiels wollte die Band natürlich auch gleich nachlegen, sagte bereits 2010 in Interviews, dass man am Nachfolger arbeite. Doch bis auf die ebenfalls sehr gelungene, im Dezember 2011 veröffentlichte „Because, Because“ EP, welche mit ihren vier neuen Stücken den Appetit auf ein neues Album nur noch stärker werden ließ, passierte lange Zeit: nichts. Die Gründe hierfür mögen wahrlich zu banal und alltäglich sein, um ins Bild des alles beiseite schiebenden Musikers zu passen: Der Großteil der Band sagte jobbedingt dem Glasgower Backsteineinheitsgrau Lebewohl und zog in alle Ecken und Enden der britischen Inseln – der Broterwerbsalltag hatte die Twentysomethings von There Will Be Fireworks, hatte Nicholas McManus, David Madden, Adam Ketterer, Stuart Dobbie und Gibran Farrah eingeholt. Gemeinsame Proben entwickelten sich daraufhin zum logistischen Wagnis, gemeinsame Tourneen schienen – spontan angesetzte einzelne Gigs mal außen vor – beinahe ausgeschlossen, und für die immer wieder verschobenen und lediglich bruchstückhaft vorangetriebenen Aufnahmen von neuen Stücken in professionellem Rahmen musste schlicht und ergreifend – wir erinnern uns: hinter der Band stand weder ein Management noch eine Plattenfirma! – erst einmal das mühsam ersparte Kleingeld zusammengekratzt werden. Doch die Hoffnung blieb. Und im Nachgang ruhte wohl ein großer Brocken davon im Herzen von Frontmann McManus, der als Einziger in der alten Heimatstadt zurück blieb, um vom Fenster seines Apartments auf den Glasgower Hafen zu blicken…

there will be fireworks #1

Umso erstaunlicher ist es bei all diesen banalen Unwegsamkeiten, durch deren kleinere Brüdern schon größere Bands die kreativen Segel streichen mussten, dass nun mit „The Dark, Dark Bright“ nach beinahe vier langen Jahren des Wartens tatsächlich Album Nummer zwei erscheint. Und doch hat die Band Dank ihrer selbstbetitelten Einstandsvisitenkarte so einiges zu verlieren. Sollte sich die qualitative Fallhöhe von „There Will Be Fireworks“ also als musikalisches Vabanque-Spiel erweisen? Nicht nur ich stellte mir wohl noch vor wenigen Tagen diese Frage…

Zunächst einmal legt „And Our Hearts Did Beat“, das Eröffnungsstück von „The Dark, Dark Bright“, gewohnt los, steigt man doch, wie schon beim Debüt, mit einem Spoken-Word-Intro, für dessen Gedichtvortrag (dieses stammt übrigens von Iain Chrichton Smith) die Band ihren ehemaligen Englischlehrer (!) gewinnen konnte, ins Album ein. „And our hearts did beat / Oh, they pounded loudly / And we didn’t speak / We just… stared / Not a word, just silence / Struck upon our tongues“ singt Frontmann Nicky McManus, nur von seiner Akustischen begleitet, bevor sich erstmals das größte Plus dieses Album erhebt: der Streicherreigen. Der legt denn auch schon im folgenden „River“ ordentlich los, während ein warmes Gitarrenfeedbackmeer mäandert und das Schlagzeug selig bummert wie weiland auf Sigur Rós’ Meisterwerk „Takk…“. Doch There Will Be Fireworks wären wohl nicht sie selbst, ließen sie das Stück ewig weiter in Elegien schwelgen. Die Gitarren brechen aus, brechen sich frei, nach oben, unten, links und rechts. Und McManus erhebt erstmals das zarte Stimmchen, fleht und schreit, bis man als Nicht-Schotte (hach, dieser Akzent!) nicht mehr zwischen Text und Lautmalerei zu unterscheiden vermag… Und es ist… so schön! Natürlich fehlen auch auf Album Nummer zwei nicht die melancholischen Balladen, welche sich mal einzelne Streicher zur Rechten stellen („Roots“), mal nur von diesen Saiten gehalten werden („Ash Wednesday“) – oder eben gleich als dezent country’eskes Akustikgitarrenmantra á la The Frames („Lay Me Down“ – da hat man auch gleich den Songtitel gemein) oder als wundersam nacktes Kleinod („Your House Was Aglow“). Dazwischen lotet die Band neue Horizonte in ihrer noch recht jungen Bandhistorie aus. „Youngblood“ etwa ist ein beschwingter, von Mandolinen und Percussion angetriebener „Hoppipolla“-Doppelgänger, der von den süßen Wonnen der Jugend kündet, und es sich leistet, nach etwa drei Minuten lauthals zu explorieren. „So Stay Close“ treibt mit seiner von einer einsamen Trompete begonnenen und beschlossenen Mischung aus Wehmut und rockistischer Euphorie die emotionale Katharsis beinahe auf die Spitze – da wirkt die Akustikgitarrenpassage gen Ende gleich doppelt schwer: „But the blood, it keeps on flowing / And the wind, it returns its song“. Hartnäckiges Kopfnicken lässt sich zum Schlagzeugbeat des großartigen Nachthimmelstürmers „Here Is Where“ wohl kaum vermeiden, während McManus und seine Mannen sich Fernweh antrainieren – und dabei Heimat und Vergangenheit näher und näher kommen. „South Street“ biegt – gerade im Firework’schen Sinne – mit ungemein poppigen Melodiebögen um die Ecke, lässt das Schlagzeug Kilometergeld kassieren, während Gitarren- und Synthesizerspuren den Song weiter nach vorn spülen und McManus imbrünstig Zeile um Zeile ausspuckt: „The sky can fall tonight / For all I care / On South Street / I will be there“. Der sanft anschwellende Piano-Fünfminüter „Elder And Oak“ zieht seine Bandschleifen am Firmament der Erinnerungen („And they carried you home / Did you think you’d stay long? / Are you waiting, waiting, waiting / For something to drink or smoke? / Does it ever keep you up at night?“), holt Anlauf und legt sich in den Gitarrenwind – ohne Rücksicht auf den nächsten Morgen. Zum Schluss schaut McManus beim beschaulichen Lullabye „The Good Days“ noch einmal traumversunken auf die Heimatstadt, diese Kulisse so vieler Erinnerungen, von so manchem zerbrochenem Traum und so vielen Nächten ohne Schlaf – und stellt doch nur fest, dass auch er sich nicht gegen Gezeiten und den Wandel der Zeit stellen kann: „This used to be my city / This used to be my town / Now everyone’s a stranger /…/ This used to be my dear green place…“

there will be fireworks #2

Mit „The Dark, Dark Bright“ ist There Will be Fireworks zweifelsohne ein über alle Maßen würdiger Nachfolger zum vier Jahre jungen Debütalbum gelungen. Mehr sogar: War „There Will Be Fireworks“ noch träumerisch und ungestüm, rau und schroff, nebelverhangen und mannshoch emotional, kommt Album Nummer zwei nun aufgeräumter und definierter daher. Denn wo der Erstling sich vor lauter jugendlichem Sturm-und-Drängertum kaum noch zügeln konnte, bieten There Will Be Fireworks, die auch dieses Mal gemeinsam mit Produzent Marshall Craigmyle in den Old Mill Studios von Strathaven aufnahmen, nun ein gestraffteres Update ihrer Selbst auf, das freilich nicht die eigenen Vorzüge über Bord wirft, dafür jedoch strafft und bündelt, und zuweilen auch die elegischen Streicherharmonien dominieren lässt. Das kommt sowohl den musikalischen wie lyrischen Ebenen des Albums zugute, denn wie könnte man die Laut-Leise-Dynamik, die Texte, die beständig zwischen Besinnlichkeit und „Fuck off“-Attitüde, zwischen Lieben und Hassen pendeln, besser kontrastieren als mit klassischen Elementen, die sich gekonnt und vervollkommnend ins klangliche Bandkonstrukt einfügen. Und noch immer schaffen es There Will Be Fireworks, einem – vor allem wohl während dieser Herbst- und Wintertage – ein sanft melancholisches Lächeln auf die Lippen zu zaubern. Und noch immer bildet die Band kleine Kathedralen der Janusköpfigkeit, die nicht selten gen Ende zum Himmel gejagt werden. „The Dark, Dark Bright“ ist, wenn man so will, ein Album über die Vergänglichkeit, über das Erwachsenwerden und das Zurückblicken. Ein Album, das im Gros – und frei nach der Oasis-Weisheit „Don’t look back in anger“ – mehr auf die melancholische Milde gestimmt ist als auf die ausschließende Auf-die-Zwölf (und so Sigur Rós näher steht als den Landsmännern von Mogwai). Und: Post Rock hin oder her – wer sich „The Dark, Dark Bright“ voll und ganz hingibt, der hat hier einen der heißesten Kandidaten für’s Album des Jahres. Und einen für die nächsten vier Jahre. Diese Schotten, immer wieder…

„The growing up happened too fast / You can’t remember last summer / The way that she laughed..“ („Roots“)

„You’ve been drinking quitetly tonight / Trying to take the edge off the dark, dark bright…“ („Youngblood“)

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Hier können noch einmal die Vorgänger – das selbstbetitelte Debütalbum (2009) und die „Because, Because“ EP (2011) – in Gänze gehört werden…

…während man sich hier das gelungene Musikvideo zu „Youngblood“ anschauen…

 

…und hier den Song „Roots“ – in der Album- und der Sessions-Variante – hören kann:

 

In jedem Fall gebe ich euch allen – besonders in diesem Fall, da es sich bei There Will Be Fireworks seit Jahren um eine meiner engsten Herzensbands handelt – die Bitte mit auf den Weg, der Band, ob nun als Tonträger (das Debüt ist aktuell vergriffen, dafür kann beim aktuellen Werk zugeschlagen werden!) oder als digitaler Download (gibt’s bei Amazon oder iTunes), den ein oder anderen übrigen Euro für ihre jahrelangen Mühen zukommen zu lassen… Danke, von Herzen.

 

Rock and Roll.

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