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Song des Tages: Zella Day – „Seven Nation Army“


Es gibt Gitarrenriffs, die jeder mitsingen kann. Im Schlaf. Erst recht in bierseliger Laune. Welche Musiker dahinter stehen und wie der entsprechende Song eigentlich heißt, ist den meisten dabei sogar oft verdammt egal. „Smoke On The Water“ von Deep Purple etwa, „Paranoid“ von Black Sabbath sicherlich, „Back In Black“ von AC/DC wohlmöglich, „Smells Like Teen Spirit“ von Nirvana ohne jeden Zweifel – und eben „Seven Nation Army“ von The White Stripes. Letzterer mittlerweile vor allem dank seiner Verbindung zum tumben Volksunterhaltungssport Fußball. Doch nicht so schnell, alles auf Anfang…

Januar 2002, The White Stripes waren gerade auf Tour in Australien. Der Soundcheck vor ihrer Show in Melbourne wurde unerwartet zu einem entscheidenen Moment in der Karriere des Duos. Jack White spielte zum ersten Mal die berühmten sieben Noten des Riffs von „Seven Nation Army“. Der Gitarrist und Bandkopf zeigte es Ben Swank, seines Zeichens Crew-Mitglied und Angestellter bei seiner Plattenfirma Third Man Records, der lediglich ein knappes „It’s OK“ darauf erwiderte. Ganz in Ordnung, Chef, aber irgendwie auch nichts Besonderes…

Nun, so kann man sich irren.

Jack White hoffte zu Beginn der 2000er, in der Zukunft einmal den Titelsong zu einem James-Bond-Film schreiben zu dürfen. Aus diesem Grund fasste er zunächst den Entschluss, das Gitarren-Thema aus Melbourne für ebenjenen Zweck aufzubewahren – eine Idee, die er schnell wieder über den Haufen warf, denn zu unwahrscheinlich erschien ihm dieses Szenario. Und dieses Mal war er es selbst, der sich irrte, schließlich durfte White etwas später tatsächlich den ersehnten Bond-Titelsong schreiben – und wohlmöglich ist das 2008 mit Alicia Keys veröffentlichte „Another Way To Die“ (für den Film „Ein Quantum Trost“) der vielleicht beste Bond-Titeltrack der jüngeren Geschichte…

Aber zurück zum eigentlichen Thema.

Also wurde daraus dann doch ein Song für The White Stripes und nicht für den Spezialagenten seiner Majestät im Vereinten Königreich. Zumindest geografisch rückten Jack und Meg White dabei nicht allzu weit von 007 ab, denn „Elephant“, das vierte, 2003 erschienene Album des Duos aus Detroit, Michigan, wurde in den Toe Rag Studios in London aufgenommen. Und „Seven Nation Army“ wurde von den beiden zum Opener des Albums erkoren.

Auch das Dahinter ist im Grunde recht schnell abgehandelt. So liegt etwa der Name des Liedes bis heute darin begründet, dass Jack White die Wörter „Salvation Army“, zu deutsch Heilsarmee, als Kind nicht richtig aussprach. Kurzerhand machte er „Seven Nation Army“ daraus. Ursprünglich nur als Arbeitstitel gedacht, avancierten die Wörter schließlich zum tatsächlichen Namen des Liedes, welcher sich inhaltlich mit Kleinstadt-Gossip auseinandersetzt. Jack Whites eigene Erfahrungen, insbesondere im Zusammenhang mit seiner Berühmtheit, bilden das Fundament des Textes.

Und das Klangliche? Nun, einem wichtigen Motto blieben The White Stripes auch auf „Elephant“ treu: keine Bass-Gitarren, Ladies und Bluesmänner! Den Sound des ikonischen Riffs von „Seven Nation Army“ erschuf Jack White mithilfe einer halbakustischen E-Gitarre aus den 1950ern, das Ausgangssignal wurde durch ein Effekt-Pedal namens Whammy der Firma Digitech um eine Oktave herunter transponiert. Ausreichend Fachsimpelei?

Dennoch waren anfangs nicht alle Parteien von dem späteren Evergreen begeistert. Neben Ben Swank musste Jack White auch die Vertreter seiner Partner-Plattenfirmen XL und V2 davon überzeugen, dass „Seven Nation Army“ ein großartiger Song war. Großartig genug sogar, um ihn zur ersten Single-Auskopplung des neuen Albums zu machen. Im Gegensatz zum Band-Frontmann erschien „There’s No Room For You Here“ den Label-Mitarbeitern als geeignetere Wahl – doch White blieb stur und hatte schließlich Erfolg.

Im Oktober 2003 begann dann die „ganze Sache mit dem Fußball“. Der belgische Club FC Brügge spielte in der Champions-League-Gruppenphase auswärts gegen eines der damals besten Teams der Welt: den AC Mailand. Milan hatte im Mai desselben Jahres die UEFA Champions League gewonnen und ging daher als haushoher Favorit in das Match im heimischen San Siro.

Vor dem Spiel vertrieben sich die mitgereisten Fans aus Belgien die Zeit in einer Bar in der Mailänder Innenstadt. Zwischen den Unterhaltungen über die sichere Niederlage gegen den italienischen Giganten, dem feuchtfröhlichen Klirren von Biergläsern und dem nervösen Rücken von Stühlen ertönte plötzlich ein äußerst prägnantes Gitarren-Riff, das sich selbst die betrunkensten Brügge-Fans merken konnten. „Seven Nation Army“ von The White Stripes nahm seinen Lauf – gemeinsam mit dem kleinen Fußball-Wunder am selben Abend, denn in der 33. Minute erzielte Andrés Mendoza das Siegtor für Brügge. Und die in die italienische Modemetropole mitgereisten Fans? Flippten selbstredend aus. Voller Euphorie erinnerten sie sich an die eingängige Melodie, die sie am Mittag gehört hatten (wenngleich auch nicht an den dazugehörigen Text), und grölten ausgelassen ein lautes „Oh…oh-OH-oh oh OHH OHH!“. Verbunden mit der seligen Sieg-Erinnerung nahmen die Anhänger des FC Brügge das Lied mit zurück nach Belgien und etablierten es fortan im eigenen Stadion.

Ein paar Jahre darauf, im Februar 2006, spielte der FC Brügge erneut gegen ein italienisches Team, nun aber zu Hause gegen den AS Rom im kleinen Bruder der Champions League, dem UEFA Cup (welcher sich heute „UEFA Europa League“ schimpft). Zwar verlor Brügge jenes Spiel mit 1-2, doch dies tat der Popularität von „Seven Nation Army“ als Fußball-Song keinen Abbruch – ganz im Gegenteil: Nun fanden auch die Anhänger der Roma Gefallen an dem leicht memorablen Mitgröhl-Riff des Songs und machten ihn sich zu eigen.

Die italienische Fußball-Legende Francesco Totti (785 Spiele mit 307 Toren in 24 Jahren als Profi beim AS Rom) kommentierte das Geschehen auf den Rängen gegenüber einer niederländischen Zeitung mit den Worten: „Ich hatte den Song noch nie gehört, bevor wir in Brügge aufs Feld gelaufen sind. Seitdem kann ich den ‚PO-PO-PO-PO-PO-POO-POO-Song‘ nicht mehr aus dem Kopf bekommen. Es hat sich fantastisch angehört und die Zuschauer mochten es sofort. Danach habe ich mir schnell ein Album der Band besorgt…“

Gemeinsam mit Totti und den Fans des AS Rom gelangte „Seven Nation Army“ wieder zurück nach Italien. Bei der Weltmeisterschaft im Sommer 2006 wurde das Lied so etwas wie die inoffizielle Hymne der Azzurri auf dem Weg zum Titel in Deutschland. Die Funktionäre der UEFA bemerkten den Trend und machten den White-Stripes-Song zur offiziellen Einlauf-Musik der Mannschaften während der Europameisterschaft 2008. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hatten es alle mitbekommen – ob sie nun wollten oder nicht. „Seven Nation Army“ verselbstständigte sich, fernab vom US-amerikanischen Detroit, und wurde zum Mannschaften wie Fanszenen übergreifenden, veritablen Fußball-Hit.

Jack White selbst freute sich über die Geschichte, die vor nunmehr zwanzig Jahren in Melbourne begann (und irgendwie auch die White Stripes überlebte, welche 2011 ihr Bandende bekannt gaben). Als er auf die Adaption seines Hits durch die italienischen Fußball-Fans angesprochen wurde, unter denen „Seven Nation Army“ als der „PO-PO-PO-PO-Song“ bekannt ist, sagte er: „Ich fühle mich geehrt, dass die Italiener den Song zu einem der ihren gemacht haben. Nichts ist schöner in der Musik als die Annahme einer Melodie durch Menschen, die ihr erlauben, den Pantheon der Folk-Musik zu betreten. Als Songwriter ist so etwas unmöglich zu planen. Besonders in modernen Zeiten. Ich liebe es, dass die meisten Leuten überhaupt nicht wissen, wo die Melodie herkommt, wenn sie sie singen. Das ist Folk-Musik.“

Manchmal nimmt ein Song eben ungewöhnliche Wege…

Womit wir nun auch bei der Künstlerin von ANEWFRIENDs heutigem „Song des Tages“ wären. Bereits 2012 nahm Zella Day eine Coverversion des White-Stripes-Klassikers auf. Dennoch sollte es nahezu eine weitere Dekade dauern, bis ebenjene Neuinterpretation durch die Verwendung in einem Werbespot eines namenhaften südkoreanischen Elektronikherstellers zu weitreichenderer Bekanntheit gelangte. Im Grunde zu Unrecht, denn die Version der mittlerweile 27-jährigen, aus Pinetop-Lakeside, Arizona stammenden und inzwischen – wie so ziemlich viele – in Los Angeles, Kalifornien beheimateten Indie-Pop-Musikerin kann sich als reduziert-schmissige Ballade durchaus hören lassen. Und das nun auch für all jene, die noch nie ein Fussballstadion von innen (oder im Fernsehen) gesehen haben…

Rock and Roll.

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Auf dem Radar: Rag’n’Bone Man


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Mal ein kleines Experiment: Schaut euch den Herrn auf dem Bild an. Welchem musikalischen Genre würdet ihr ihn ganz spontan und per erstem optischen Eindruck zuordnen? HipHop vielleicht? Elektronische Gefilde gar? Bildet euch eure eigene Meinung… Und dann schaut euch das Musikvideo zur aktuellen Single „Human“ an (welches ihr auch weiter unten findet) – und seid wohlmöglich ebenso überrascht wie ich…

 

Ganz klar: Das Optische mag bei Rory Graham aka Rag‘n’Bone Man trügen. Die Stimme keinesfalls. Denn mit seinem herrlich rauen Gesangsorgan und einem umwerfenden Gespür für den richtigen Groove changiert der aus dem englischen Brighton stammende Newcomer scheinbar mühelos zwischen Blues, Soul, HipHop oder Funk hin und her.

Überhaupt: das Phänomen Blues. Entstanden in der afroamerikanischen Gesellschaft der USA zu Beginn des 20. Jahrhunderts und in den folgenden Jahrzehnten von jeder Musikergeneration immer wieder neu interpretiert, verändert, wiederbelegt, modernisiert, aufgehübscht, recycled und wieder auf seine wesentlichen Bestandteile reduziert (u.a. wären da Gun Club, die White Stripes, die Black Keys, Kanye West oder Kendrick Lamar zu nennen), ist die amerikanische Ur-Musik, aus der einst Soul, Jazz, Rock’n’Roll, Jazz oder HipHop erwuchsen und immer mehr mit dem popkulturellen Massengeschmack verschmolzen, auch 2016 lebendig wie eh und je. Immer wieder widmen sich junge Musiker auf der ganzen Welt der Aufgabe, das musikalische Erbe der Muddy Waters, John Lee Hookers, Bo Diddelys, Howlin‘ Wolfs, Son House oder Big Bill Broonzys in der Gegenwart fortzuführen und dem Genre neue Wege in die Zukunft weisen. Einer der großen Hoffnungsträger und Erneuerer diesseits des Atlantiks trägt – ganz stilecht bluesig – den Namen Rag’n’Bone Man (deutsch: Lumpensammler).

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Zu seinem Künstlernamen ließ sich Graham von der britischen TV-Serie „Steptoe & Son“ inspirieren, welche in Großbritannien in den Sechzigern und Siebzigern gezeigt wurde. An diese Zeit erinnern auch seine vielen Tätowierungen, die man auch im bereits erwähnten Musikvideo zu „Human“ bestauen kann (auf den Knöcheln seiner Hände sind übrigens die Worte „Soul“ und „Funk“ unter die Haut gebracht). Der Song, welcher mit einem schleppenden Beat und Südstaaten-Blues-Samples startet, ist der erste Vorgeschmack aus dem Major-Debütalbum, das in Kürze erscheint (mit „Wolves“ erschien 2014 bereits sein Indie-Einstand, welchem 2015 die „Disfigured EP“ folgte). Dass der Mann Einiges an in die Wiege gelegtem Talent (die Mutter ist selbst Sängerin, der Vater Gitarrist), Charisma und Live-Präsenz mitbringt, welche sich kaum auf ein Genre beschränken mag, war ebenso beim Hamburger „Reeperbahn Festival“ im vergangenen Jahr zu sehen wie im kürzlich stattgefundenen „Montreux Jazz Festival„.

Ganz klar: Menschlichkeit hat viele Gesichter. Das von Rory „Rag’n’Bone Man“ Graham lehrt uns, einen Menschen nicht gleich auf dem ersten Eindruck fest und ad acta zu legen, während seine Stimme hoffentlich dafür sorgen wird, dass man ihn so schnell nicht wieder vergisst.

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Hier gibt’s das Musikvideo zur aktuellen Single „Human“…

 

…zum ebenfalls tollen Song „Bitter End“…

(alternativ hier ein Vimeo-Link)

 

…sowie selbiges Stück noch einmal in einer Live-Session-Varinate, mitgeschnitten während dem letztjährigen „Reeperbahn Festival“:

 

Rock and Roll.

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…und dann einfach mal die Schauze halten! – Musikvideos ohne Musik


LevelsWie würden Musikvideos klingen, wenn man das jeweils titelgebende Musikstück klangheimlich ausschalten und stattdessen den tatsächlichen Hintergrundgeräuschen des jeweiligen Settings lauschen würde? Eigenartige Idee? So isses…

Das hielt Mario Wienerroither jedoch keinesfalls ab, dem Vorbild der YouTube-Comedy Seite „CollegeHumor“, bei denen wohl diese Grundidee ihren Anfang nahm, zu folgen und sich, nachdem „CollegeHumor“ im vergangenen Jahr bereits Songs wie Miley Cyrus‘ „We Can’t Stop“ den musikalischen Saft abdrehte, nun dem ein oder anderen eigenen Favoriten zu widmen. Und so erfahren wir endlich, dass die White Stripes im Clip zu „The Hardest Button To Button“ auch nur trotzig-blöd auf ihrem Instrumentarium durch die Stadt kloppen während Jamiroquai oder The Prodigys Frontteufelchen Keith Flint so ganz ohne den Ton zum Bild noch um Einiges lächerlicher wirken als so schon. Oder wie hätte Nirvanas Ewigkeitsriffer „Smells Like Teen Spirit“ oder Queens putzige Crossdresser-Nummer „I Want To Break Free“ völlig musikfrei geklungen? Mein klarer Favorit ist jedoch das um die Noten betrogene Rihanna-meets-Sharika-Duett „Can’t Remember To Forget“, bei dem die beiden Grazien sich auf quietschenden Lattenrosten räkeln, die Bettlaken schütteln und höchst geräuschvoll durch die Bude robben… Amüsant, auf jeden Fall!

 

Hier gibt’s alle durch Wienerroither bearbeiteten Musikvideos in der Playlist:

 

Rock and Roll.

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Klassiker des Tages: Jolene


Ein Song, der mir nun schon seit Längerem konstant und konsequent in den Gehörgängen hängt, ist „Jolene“, welcher im Original von Dolly Parton stammt und im Jahr 1973 veröffentlicht wurde. Und obwohl der Country-Stil sonst so gar nicht meine gern befahrene Schiene ist, hat das Lied, in welchem eine treu sorgende Hausfrau die Stadtschönheit anfleht, ihr nicht den Mann zu entreißen, nur, „weil’s sie’s eben kann“, etwas. Und ich find’s toll.

 

Hier das Original, unverkennbar aufgezeichnet in einer US-amerikanischen Musiksendung im Jahr 1974 – zu einer Zeit also, als Miss Parton noch nicht zum Country-Ersatzteillager – oder als Cher mit Pedal Steel-Begleitung – verkommen war:

 

Aber auch die Coverversionen – und von denen gibt’s ja gerade bei diesem Song so einige – können sich hören lassen, wie die der White Stripes (aus der Tour-Doku „Under Great White Northern Lights“)…

 

…oder die von Laura Marling und Mumford & Sons:

 

Meine aktuelle Lieblings-Coverversion von „Jolene“ stammt allerdings von Norah Jones‘ Band The Little Willies und ist auf dem aktuellen, im Januar erschienen  Album „For The Good Times“ zu finden. Dank GEMA bzw. Youtube kann ich euch hier leider nur diesen Link zum Nachhören anbieten:

The Little Willies — Jolene – MyVideo

 

Rock and Roll.

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Klassiker des Tages: The White Stripes – I Just Don’t Know What To Do With Myself


Von den White Stripes dürfte, spätestens nach diversen Fussball-Großveranstaltungen, so ziemlich jeder das zur banalen „lala“-Mitgröhl- und Mitklatsch-Hymne verkommene „Seven Nation Army“ kennen. Vom gleichen Album („Elephant“ von 2003) kommt auch ANEWFRIENDs heutiger „Klassiker des Tages“: „I Just Don’t Know What To Do With Myself“ – als Song an sich schon super, im ästhetischen Video von Sofia Coppola und mit Kate Moss an der Stange noch einmal eine Spur toller. Eine hervorragende Mischung, selten waren sich Rock und Erotik näher.

 

 

Rock and Roll.

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