
70 Jahre und 214 Tage – und damit länger als jeder britische Monarch vor ihr – hatte sie den Thron inne und die Krone auf ihrem Haupt. Während dieser Zeit sah sie Staatsoberhäupter kommen und gehen (unter anderem allein 14 britische Premierminister), erlebte Kriege und Krisen. Sie empfing zahlreiche Staatsgäste und Künstler*innen, wie etwa seinerzeit die Beatles, im Buckingham Palace, war als Monarchin jedoch nie gänzlich weltfremd, sondern lobte zum Beispiel – um beim Pop zu bleiben – Bob Geldof für „Live Aid“ und sein soziales Engagement. Am gestrigen 8. September 2022 ist Königin Elisabeth II. mit 96 Jahren auf ihrem Landsitz im schottischen Balmoral Castle gestorben. Aufgrund ihres hohen Alters zwar erwartbar, aber dennoch ein Moment der Zeitgeschichte, schließlich hat jede(r) von uns bislang nur diese eine britische Regentin erlebt.
Dass die Queen abseits aller Sympathiewerte unter ihren „Untertanen“ durchaus polarisierte und speziell in der britischen Popwelt nicht alle Fans eines im Grunde überaus gestrigen Konzeptes wie dem der Erbmonarchie waren, beweisen Dutzende von berühmt-berüchtigten Songs, welche die Königin zum Inhalt haben: natürlich das ebenso spöttisch-nihilistische wie immergrüne „God Save The Queen“ der Sex Pistols (seinerzeit wegen „eklatanter Geschmacklosigkeit“ von der BBC boykottiert), Primal Screams „Insect Royalty“ (welches andeutet, dass in Großbritannien blaues Blut mehr zählt als Leistung), „Repeat“ von den Manic Street Preachers (bei welchem die selbsterklärten Kommunisten um James Dean Bradfield auf ihrem 1992er Debütalbum „Generation Terrorists“ zu deutlichem Punk-Vibe eine klare Ansage machten: „Repeat after me: ‘Fuck queen and country!’”) oder „Storm The Palace“ von Catatonia (Cerys Matthews und ihre walisische Alternative-Rock-meets-Britpop-Truppe hatten in diesem Song recht genaue Vorstellungen, was sich aus dem Buckingham Palace sonst noch so machen ließe, und was die Leute, die dort leben, stattdessen tun sollten: „Storm the palace, storm the palace / Turn it into a bar, make ‚em work at Spar“). Meinetwegen ließe sich auch das knappe „Her Majesty“ der Beatles, welches damals das „Abbey Road“-Medley abschloss, in diese Liste einreihen, wenngleich die Queen dort zu beschwingter Melodie deutlich besser rüberkam: „Her Majesty is a pretty nice girl / But she doesn’t have a lot to say“.

Das wohlmöglich hämischste – und am direktesten titulierte – Lied in dieser frei erweiterbaren Auflistung stammt von Steven Patrick Morrissey und seiner Ex-Band The Smiths: „The Queen Is Dead“, anno 1986 der Opener des dritten – und wohlmöglich besten – Albums der Band aus dem britischen Manchester. Schon damals bewies vor allem der Smiths-Frontmann, dass er mit seinen überaus polemischen Ansichten nicht hinterm Berg halten wollte und sich im Laufe der Jahre zu einem dandy’esken Wutbürger, zum engstirnigen, vollumfänglichen Arschloch mausern sollte – wenngleich es auch andere Meinungen geben mag. Der Titel des Songs (welchen ABAY 2016 für ein eigenes Stück voll bitterer Enttäuschung über den Brexit aufgriffen) ist – allen fehlenden Sympathien für Morrissey zum Trotz – heute dennoch Programm, denn mit dem Tod der bisherigen Monarchin ändert sich nicht nur der Titel der britischen Nationalhymne zu „God Save The King“, es geht mit dem zweiten „elisabethanischen Zeitalter“ auch eine aus vielerlei Gründen bemerkenswerte Epoche zu Ende…
„Oh, take me back to dear old Blighty
Put me on the train for London Town
Take me anywhere
Drop me anywhere
In Liverpool, Leeds or Birmingham
But I don’t care
I should like to see…
I don’t bless them
Farewell to this land’s cheerless marshes
Hemmed in like a boar between archers
Her very Lowness with her head in a sling
I’m truly sorry but it sounds like a wonderful thing
I say, ‚Charles don’t you ever crave
To appear on the front of the Daily Mail
Dressed in your mother’s bridal veil?‘
(Oh, oh-oh, oh)
And so I checked all the registered historical facts
And I was shocked into shame to discover
How I’m the 18th pale descendant
Of some old queen or other
Oh has the world changed, or have I changed?
Oh has the world changed, or have I changed?
Some nine year old tough who peddles drugs
I swear to God, I swear I never even knew what drugs were
(Oh, oh-oh, oh)
So I broke into the Palace
With a sponge and a rusty spanner
She said, ‚Eh, I know you, and you cannot sing‘
I said, ‚That’s nothing, you should hear me play piano‘
We can go for a walk where it’s quiet and dry
And talk about precious things
But when you are tied to your mother’s apron
No-one talks about castration
(Oh, oh-oh)
We can go for a walk where it’s quiet and dry
And talk about precious things
Like love and law and poverty, oh, oh
(These are the things that kill me)
We can go for a walk where it’s quiet and dry
And talk about precious things
But the rain that flattens my hair, oh
(These are the things that kill me)
All their lies about makeup and long hair, are still there
Past the pub that saps your body
And the church who’ll snatch your money
The Queen is dead, boys
And it’s so lonely on a limb
Pass the pub that wrecks your body
And the church, all they want is your money
The Queen is dead, boys
And it’s so lonely on a limb
Life is very long, when you’re lonely…“
Rock and Roll.