
Foto: Promo / Ilkay Karakurt
Vor allem die letzten Jahre haben gezeigt: Die Zeiten sind unsicher und aufreibend, der Ton in der Gesellschaft scheint rau und – zumindest phasenweise – extrem, wenige laut blökende weiße Männer bestimmen scheinbar den Diskurs und die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander. Genau in solchen Zeiten ist es schön zu wissen, dass viele Punkbands wie Turbostaat und Co. neue Alben veröffentlichen, um sich gegen das breite, tumbe Duckmäusertum zu wehren, um – in welcher Form auch immer – dagegen und für eine Alternative (auch und vor allem zu AfD und Co.) zu stehen. „In Zeiten wie diesen ist es wichtiger denn je, sich gerade zu machen, Mut zu beweisen und andere zu ermutigen“, sagt Darius Lohmüller, Sänger und Gitarrist des Trios THE DEADNOTES, das sich 2011 in Freiburg gegründet hat.
Oft schon wurde seine Band, zu der außerdem Jakob Walheim (Gesang, Bass) und Yannic Arens (Schlagzeug) gehören, vorschnell in die olle Schublade Titels „Emo“ einsortiert. Ein Genre, das sich textlich fast ausschließlich mit dem Inneren, den höchst eigenen Angstspiralen und dem allgemeinem Weltschmerzgrau abmüht. Doch das reicht einfach nicht mehr: „Die Welt und die politische Landschaft können so unglaublich ernüchternd und niederschmetternd sein. Gerade deshalb ist es jetzt wichtig, den ganzen Ärger und den Frust in Taten zu verwandeln, die das Leben für uns alle besser machen.“
Doch wider Erwarten hüllen THE DEADNOTES diese Gedanken keineswegs in dumpfen, unreflektierten Weltverbesserer-Rock. Die Gedankenwege und Auseinandersetzung von Darius, Yannic und Jakob zu der Thematik sind stellenweise recht tief. „Hopeless Romantic“ etwa, der erste Vorgeschmack zum am 14. Februar erscheinenden zweiten Album „Courage
„, ist nicht nur ein Song, mit dem sich die Band aus ihrer musikalischen Komfortzone heraus wagt, der sich Zeit nimmt, immer wieder zur Ruhe kommt, nur um einem dann in aller Herrlichkeit um die Ohren zu fliegen, während THE DEADNOTES ihrem Indie-Punk-Sound einen leichten Eighties-Touch hinzu mischt, der ihnen überraschend gut steht (was man dann von den Anzügen aus dem Musikvideo nur bedingt behaupten kann). Nein, es ist auch ein Stück Musik für das Hier und Jetzt, ein Fanal für das Gute und den Mut, aufeinander zuzugehen.
Das dazugehörige Musikvideo macht klar, dass die Band aus dem Breisgau immer noch ein zweites Mal um die Ecke denkt. In der „22Lives Late Night Show“ präsentiert das Dreiergespann ihren Song vor Talkgästen, deren Positionen zwar mit dem ganz dicken Stift überzeichnet sind, aber heutzutage trotzdem gar nicht mal so unrealistisch erscheinen. Solche Leute gibt es wirklich! Die laufen draußen rum, reden im Fernsehen, im Radio und verbreiten ihren Schrott in den World-Wide-Web-Kommentar-Feldern!
Schnell merkt man: Auch THE DEADNOTES mögen – immerhin sind die drei noch recht jung – nicht mit der Kelle aus der Suppe der Weisheit geschippt haben, aber sie begegnen den Problemen unserer Zeit mit einem Funken Hoffnung, mit Attitude und mit einem kleinen Schippchen Naivität – warum auch nicht? „Von den verbitterten Idioten nicht verbittern lassen!“ sangen schließlich auch Kettcar kürzlich… – eine Empfindung, die die Band, die bereits über 500 Konzerte in 25 Ländern gespielt hat, schon in ganz Europa sowie 2015 mehrere Wochen durch Russland und die Ukraine und ein Jahr später durch Skandinavien tourte, im Übrigen teilt: „Das toxische kapitalistische System, in dem wir alle leben, begünstigt den Wettbewerb. Die Politik und Industrie erzählen von endlosem Wirtschaftswachstum in einer Welt, die offensichtlich nur über begrenzte Ressourcen verfügt. Ich glaube fest daran, dass, wenn wir uns weniger auf das ‚Gegeneinander‘ konzentrieren, sondern Menschen zusammenbringen, wir etwas viel Besseres erreichen können. Nämlich ein endloses Wachstum an Positivität, Kreativität und großen Ideen.“ (In diesem Interview gibt das Trio mehr Auskünfte…)
Und nicht nur Politisches haben THE DEADNOTES im Sinn: Mit ihrer neuen Single „Never Perfect“ – nach „Cling To You“ und „Makeup“ die vierte Auskopplung aus dem neuen Werk, das über das bandeigene Label 22Lives Records erscheint – haben Darius, Yannic und Jakob eine Mental-Health-Spendenaktion gestartet, schließlich spielt auch auf „Courage“ geistige Gesundheit als Thema eine große Rolle. Im dazugehörigen Musikvideo ist die Flucht einer Person aus der Stadt und aufs Land zu sehen. Die Band kommentiert: „Über Mental Health zu sprechen kann schwierig sein. Eine Depression wird oft übersehen, bleibt unbemerkt oder undiagnostiziert. Dieser Song handelt davon, zur Ruhe zu kommen, Ängste zu überwinden und den Mut aufzubringen, seine Hilfe anzubieten und sich selbst Hilfe zu suchen.“ Mit der Veröffentlichung sammeln die Freiburger langfristig für zwei Organisationen, die ihre Hilfe für betroffene Menschen in der Musik- und Kulturindustrie anbieten: die Spenden fließen an „Ni9ht H3lps – Mental Health Support“ mit Sitz in Deutschland sowie „Help Musicians/Music Minds Matter“ aus Großbritannien. Über den Bandshop-Verkauf von Tickets und Musik sowie Spendendosen auf Konzerten werden die Mittel gesammelt.
Allesamt gute Ideen, die auch weit übers Musikalische hinaus reichen…
— THE DEADNOTES – „Courage“ Tour 2020 —
27.02. Oberhausen – Druckluft
28.02. Bremen – Tower
29.02. Münster – Cafe Sputnik
01.03. Köln – Tsunami Club
03.03. Stuttgart – Juha West
04.03. Frankfurt/Main – Nachtleben
05.03. Leipzig – Conne Island
06.03. Berlin – Cassiopeia
07.03. Hamburg – Astra Stube
09.03. München – Sunny Red
10.03. Wien – Rhiz
13.03. Freiburg – Waldsee
Rock and Roll.