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Song des Tages: Strand Of Oaks – „Weird Ways“


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Foto: Alysse Gafkajen / Promo

Kürzlich gab’s unerwartete Neuigkeiten: Am 22. März wird Timothy Showalter (aka Strand Of Oaks) sein nunmehr sechstes Album „Eraserland“ veröffentlichen. Neben neun weiteren Songs enthält dieses die vorab veröffentlichte Lead-Single „Weird Ways“, der der 36-jährige US-Musiker nun auch ein Musikvideo spendiert hat.

Auf dem Nachfolger zum 2017er Werk „Hard Love“ wird Showalter von keinen Geringeren als den My Morning Jacket-Mitgliedern Carl Broemel, Bo Koster, Patrick Hallahan und Tom Blankenship unterstützt, die eine entscheidende Rolle bei der Erstellung des Albums spielten. Zudem sind auch Ex-Drive-By Trucker Jason Isbell sowie Emma Ruth Rundle auf dem Album zu hören, welches von Kevin Ratterman (Emma Ruth Rundle, Young Widows, Thrice, The Flaming Lips u.a.) produziert und in den La La Land Studios in Louisville, KY aufgenommen wurde.

Der mittlerweile in Philadelphia beheimatete Schriftsteller und Produzent Timothy Showalter hat schon seit jeher die Höhen und Tiefen seines eigenen Lebens als Ausgangsmaterial für seine Strand-Of-Oaks-Songs verwendet. Die therapeutische Erfahrung, auf diese Weise Kunst zu machen, war allerdings oft nur von kurzer Dauer, was Showalter zu Depressionen führte, und nach dem Album „Hard Love“ fand er sich völlig ausgelaugt wieder. Leer und fest davon überzeugt, dass er nie wieder würde Lieder schreiben können, schlichen sich – einmal mehr – dunkle Gedanken ein und Showalter, um sein eigenes Wohl besorgt, beschloss, eine spirituelle Pilgerreise zu unternehmen – zur Küste von Jersey.

Exakt zur gleichen Zeit hatten die Mitglieder von My Morning Jacket, alles gute Freunde des Strand-Of-Oaks-Kopfes, von seinem Zustand erfahren, woraufhin sie beschlossen, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Carl Broemel schickte Showalter eine Nachricht und informierte ihn, dass Bo Koster bald eine zweiwöchige Pause von seiner Tour mit Roger Waters einlegen würde und sie dann alle frei sein würden. Er schlug ein Treffen in Louisville vor, um gemeinsam die nächste Strand-Of-Oaks-Platte aufzunehmen. Man mag es göttliche Intervention oder nachdrückliches Ultimatum nennen – am Ende war dies wohl genau die Gelegenheit, die Timothy Showalter brauchte. Er verbrachte die kommenden Wochen am Strand von Jersey und unterzog sich einem radikalen mentalen Abriss – bis auf die Knochen (auch das ist für ihn ja wenig Neues, man denke nur an die tief gehenden Alben „Pope Killdragon“ oder „HEAL„). Heraus kam schlussendlich „Eraserland“, eine – so wird’s zumindest versprochen – „aufregende und monumentale Wendung für Strand Of Oaks“.

„When I was writing these songs, every day I would walk on the beach and I was completely alone and overwhelmed by fear…but then I realized how there really aren’t any rules for who you are, who you’ll become, or who you think you need to be. ‚Eraserland‘ is just that. It’s death to ego, and rebirth to anything or anyone you want to be“, meint Showalter selbst.

„This project seemed to just fall together naturally“, sagt Broemel, hauptberuflich Gitarrist von My Morning Jacket. „I felt drawn to Tim’s positive energy and his albums… I threw it out there that I’d be happy to help in any way I could with the record.“ Broemel weckte so schnell wieder das Interesse von Showalter an einer neuen Studio-Veröffentlichung, und innerhalb von 24 Stunden waren auch die My-Morning-Jacket-Mitglieder Patrick Hallahan (Drums), Bo Koster (Keys) und Tom Blankenship (Bass) mit an Bord.

a3452871080_16.jpgTimothy Showalter wurde durch die Unterstützung von Broemel und seinen Bandkollegen wiederbelebt und fühlte den Druck, Songs zu liefern, die den Musikern würdig waren. So verbrachte er im Februar 2018 zwei Wochen allein in Wildwood, New Jersey, um alle Songs zu schreiben, die schließlich „Eraserland“ ausmachen würden. Im April ging er ins Studio, um mit Kevin Ratterman aufzunehmen. Americana-Rocker Jason Isbell steuerte sein nicht selten an Größen wie Jimi Hendrix gemahnendes Gitarrenwerk bei, während die Sängerin und Songwriterin Emma Ruth Rundle, welche im vergangenen Jahr mit ihrem neusten Album „On Dark Horses“ sowie einem Gastbeitrag zur letzten Thrice-Platte selbst nicht wenig neue Hörer für sich begeistern konnte, für wunderschönen Gesang sorgte. Jeder Song wurde live aufgenommen, wobei alle Musiker in einem Raum zusammenspielten und daran arbeiteten, die Ideen von Showalter zur Entfaltung zu bringen. „I remember sitting next to Tim and Kevin listening to the final mixes with tears rolling down my cheeks”, sagte Hallahan. „From start to finish, this one came from the heart.”

Mit dem neuen Song „Weird Ways“ und seiner inhaltsvollen Aussage „I don’t feel it anymore“ zeigt „Eraserland“ Showalters Entwicklung von der Besorgnis bis zum kreativen Erwachen auf und meißelt – wider Erwarten und einmal mehr – eine neue und vielversprechende Zukunft für Strand Of Oaks in Stein…

 

 

Rock and Roll.

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Song des Tages: The War On Drugs – „Holding On“


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Eines vorweg: Wer immer und stets auf der Suche nach Musik ist, die die Welt aus den Angeln heben möchte, der ist bei Adam Granduciel und seinem zu Bandgröße angewachsenen Projekt The War On Drugs grundlegend fehl am Platz.

fileUnd das im Grunde schon seit den Anfangstagen, als Granduciel sich noch an verschrobenem Fuzz-Folk probierte – man stelle sich einfach den Dylan-Bob mit Dinosaurier Jr. als Backing Band vor (nachzuhören auf dem 2008 erschienenen Debüt „Wagonwheel Blues„). Und auch, wenn die aus Philadelphia stammende, mittlerweile sechsköpfige Band den US-amerikanischen Rock-Traditionalismen treu bleibt, haben Granduciel und Co. den Bandsound – spätestens seit dem tollen, vor drei Jahren veröffentlichten und überall gefeierten dritten Album „Lost In The Dream“ – deutlich in Richtung AOR verschoben – in der Indie-Version. Bedeutet, im Klartext: Raumgreifende Songs, die sich selten unterhalb der Sechs-Minuten-Marke einpegeln, sich Zeit nehmen, und daher perfekt geeignet scheinen für lange Road Trips auf einsamen Straßen. Als Referenz mag da scheinbar alles herhalten, was in der US-amerikanischen Musikgeschichte je eine Elektrische in Händen gehalten hat: Bruce Springsteen, Sonic Youth, Kurt Vile, Tom Petty, Yo La Tengo, Bob Dylan, Wilco, Strand Of Oaks, Neil Young (obwohl: der ist Kanadier)… Bloße „Classic Rock meets Americana“-Kopisten sind The War On Drugs dabei kaum, sie vermengen all diese Einflüsse nur zu einer eigenen, höchst angenehmen, da meditativen Klangmelange.

Diesem Ansatz bleibt auch das aktuelle, im August erschienene vierte Werk „A Deeper Understanding“ treu: zehn melancholisch drauf los stampfende Songs in 66 Minuten, die, wäre sie Twitter-Nachrchten, Sätze schreiben würde wie: „Das beste Mittel gegen Heimweh bleibt immer noch das Fernweh“. Songs, wie gemacht für lange Autofahrten und Tagträumereien, die keine Jahreszeit kennen und auch keinen Wochentag.

Die Welt an einem Sonntag aus den Angeln heben? Das überlassen The War On Drugs getrost anderen…

 

Man höre etwa das tolle „Holding On“, das, ganz nebenbei, noch mit einem feinen Musikvideo daher kommt. Das ebenjenes nicht direkt hier eingebunden werden kann, darf gern die innoffizielle, jedoch kaum weniger gute Variante herhalten:

 

Außerdem kann man „Holding On“ hier auch in einer Live-Session-Variante sehen (und hören):

 

„Once I was alive and I could feel
I was holding on to you
And I redefined the way I looked at dawn inside of youI went down a crooked highway
I went all outside the line
I’ve been rejected, now the light has turned and I’m out of time

Ain’t no way I’m gonna last
Hiding in the seams, I can’t move the past
Feel like I’m about to crash
Riding on my line, keep keeping on

Once we were apart and I could see red
Never trying to turn back time
Never meant to bring my pain to the front and into your life

Now I’m headed down a different road
Can we walk it side by side?
Is an old memory just another way of saying goodbye?

Ain’t no way I’m gonna last
Hiding in the seams, I can’t move the past
Feel like I’m about to crash
Riding the same line, I keep keeping on

I ain’t never going to change
He’ll never get in line
I keep moving on the path, yeah
Holding on to mine

When you talk about the past
What are we talking of?
Did I let go too fast?
Was I holding on too long?

Ain’t no truths from the past
As silent as the sea
Am I holding on too long?
But you’re right in front of me

And I’m moving on a cast
Shadows on my seam
I keep moving to changes, yeah
Ooh

Heart or hope…“

 

Rock and Roll.

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Song des Tages: Strand Of Oaks – „Radio Kids“


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Gut zwei Jahre liegt die Veröffentlichung des letzten Strand Of Oaks-Werks „HEAL“ jetzt zurück, und ich feiere das Album, das es – auch heute noch völlig zu recht – anno 2014 unter meine Top 5 der „Alben des Jahres“ geschafft hat, bis zum jetzigen Tag gnadenlos ab. Das Konzept ist ja immer noch großartig, denn ausgerechnet auf dem – rein textlich – bisher persönlichstem und bitterstem Werk von Frontmann Timothy Showalter stellen sich all der schmerzhaften Lyrik ausgerechnet poppig anmutende Melodien und nicht wenige Fuzz- und Bratz-Gitarren (für ein, zwei Solos konnte er gar Dinosaur Jr.-Legende J. Mascis gewinnen) in den Weg, die „HEAL“ zu einer wahren Freude mit allerhand Repeat-Garantien machen. Und allerhand Repeats haben die Songs seit damals in der Tat bekommen…

Trotzdem ist’s nun Zeit für neue, süchtig machende Stücke. Das dachte sich scheinbar auch Timothy Showalter, als er vor einigen Tagen mit „Radio Kids“ einen neuen Song, dem im Februar 2017 das mittlerweile fünfte Album „Hard Love“ seines einstigen Soloprojekts folgen wird, vorstellte. Und nimmt man „Radio Kids“ als musikalischen Gradmesser, so wird der auf „HEAL“ eingeschlagene Weg, der Strand Of Oaks als veritable Rockband präsentierte, weiter fortgesetzt. Heißt: Rocksongs mit melancholischer Note und übersteuerten Indie-Gitarren der Duftmarken Dinosaur Jr. und Neunziger-Indierock – nur eben mit extra Synthie-Schichten, nach denen Showalter geradezu süchtig zu sein scheint…

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Hier gibt’s das Musikvideo zu „Radio Kids“…

 

…sowie den Song via Bandcamp im Stream:

 

Und wer sich schon immer mal gefragt hat, was sich der Kopf von Strand Of Oaks so selbst privat auf den Plattenteller schmeißt, der findet in dieser Ausgabe von Amoebas „What’s In My Bag?“ ein paar Antworten:

 

Rock and Roll.

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Sunday Listen: Message To Bears – „Wolves“ (feat. Gemma Alexander)


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Ehrlich gesagt: Es gibt nicht besonders viel, was man den Songs von Matthew Houck noch verbessern könnte… Matthew wer?

Okay, der aus Athens, Georgia stammende Americana-Singer/Songwriter sollte den Meisten wohl eher unter seinem stage name Phosphorescent, unter dem er seit 2003 sechs Studio- und im vergangenen Jahr zuletzt das formidable Live-Album „Live at the Music Hall“ in die Plattenregale gestellt hat, bekannt sein. Nicht? Dann habt ihr ab jetzt einen kleinen Musiktipp mehr auf eurem Zettel…

Einer der wohl schönsten und auch bekanntesten Songs von Phosphorescent ist – spätestens seit es 2011 im Film „Margin Call“ (unter anderem mit Kevin Spacey und Jeremy Irons) Verwendung fand – das vom 2007er Album „Pride“ stammende „Wolves“. Und: Ja, auch Tim „Strand Of Oaks“ Showalter hat sich dieses Stück vor fünf Jahren bereits einmal vorgenommen und ihm seine ganz eigene Note verliehen (und es danach zum freien Download angeboten).

In die Liste der gelungenen Coverversionen des Phosphorescent-Originals reihte sich 2011 auch ein gewisser Jerome Alexander. Und da wir – Phosphorescent, Strand Of Oaks – gerade so schön dabei sind, Eigenbrötler, deren Namen erst einmal kein Glöckchen zum Klingeln bringen, und ihre musikalischen Vehikel aufzuzählen: Der britische Musiker dürfte als Message To Bears dem ein oder anderen etwas sagen. Für alle anderen: Multiinstrumentale Leisetreterei im Ambient- und Postrock-Sphären mit so einigen elektronischen Experimenten, welche unlängst, am 1. Juli diesen Jahres, das durchaus zu empfehlende vierte Album „Carved From Tides“ hervorgebracht hat. Und um einen Kreis von 2011 zu 2016 zu schließen: Wie schon bei der wunderschönen Neuinterpretation des Phosphorescent-Stückes greift auch auf dem aktuellen Message To Bears-Album Alexanders Schwester Gemma dem sonst oft allein im Studio hockenden Sound- und Stimmungstüftler stimmlich unter die Arme…

 

 

„Mama, there’s wolves in the house
Mama, they won’t let me out
Mama, they’re mating at night
Mama, they wont make nice

They’re pacing and glowing bright
Their faces all snowy and white
Bury their paws in the stone
Make for my heart as their home

They tumble and fight
And they’re beautiful
On the hilltops at night
They are beautiful

Blazing with light
Is the whitest and the tallest and the biggest one
She’s muscled and fine
When she runs

They’re tearing up holes in the house
They’re tearing their claws in the ground
They’re staring with blood in their mouths
Mama, they won’t let me out

They tumble and fight
And they’re beautiful
On the hilltops at night
They are beautiful

Blazing with light
Is the whitest and the tallest and the biggest one
All muscled and fine
When she runs

Mama, there’s wolves in the house
Mama I tried to put them out
And m,ama I know you’re too wise
To wait till those wolves make nice“

 

Rock and Roll.

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Lass rocken, solange es brennt! – Strand Of Oaks in der neusten HearYa Live Session


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Manche Alben bekommt man – oder zumindest: ich – nur schwer über. „Heal„, das im vergangenen Juni erschienene vierte Album von Timothy Showalters Band gewordenen Projektes Strand Of Oaks, ist so ein Fall. Dafür sind die zehn Songs der Platte, die in ANEWFRIENDs letztjähriger Endabrechnung der höchst subjektiv „besten Alben“ einen beachtlichen fünften Platz belegte, einfach so toll, zu süchtig machend. Ob’s an der Musik selbst liegt – der Mixtur aus Fuzz- und Bratz-Gitarren nebst Synthesizern – oder der schmerzhaften Lyrik, die eine tiefe Schlüssellochschau in die Wunden einer auf Kipp stehenden Beziehung liefert? Wer weiß das schon zu beantworten…

Eine ähnlich helle Freude an „Heal“ dürften wohl auch die Kollegen von HearYa, einem Indie-Musik-Blog aus Chicago, gehabt haben, immerhin ließen sie dem Album die Spitzenposition ihrer „Alben des Jahres“ zukommen. Und: die Zuneigung ist definitiv nicht ganz einseitig, denn auch Timothy Showalter und Band beehrten die Räumlichkeiten der HearYa Studios im vergangenen August (übrigens bereits schon zum dritten Mal nach zwei Sessions 2009 und 2010), um drei Songs seines aktuellen Album in einer Live Session vor Kameras und Mikrofonen einzuspielen. Die Liveversionen dieser drei Stücke von „Heal“ – „Woke Up To The Light“, „Shut In“ und „For Me“ – kann man sich nun bei HearYa als Videos anschauen (oder weiter unten auf ANEWFRIEND) oder hier kostenlos aufs heimische digitale Abspielgerät laden. Lass rocken, solange es brennt!

 

 

Rock and Roll.

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Der Jahresrückblick 2014 – Teil 3


Ein zwar nicht durch und durch hochkarätiges, jedoch ebenso wenig an tollen Veröffentlichungen armes Musikjahr 2014 neigt sich unausweichlich seinem Ende zu. Zeit also, ANEWFRIENDs “Alben des Jahres” zu küren und damit, nach der Rückschau aufs Film- und Serienjahr, auch die Königsdisziplin ad acta zu legen! Dem regelmäßigen Leser dieses Blogs werden sich wohl wenige Überraschungen offenbaren, schließlich wurde ein guter Teil der Alben meiner persönlichen Top 15 im Laufe des Jahres bereits besprochen. Bleibt nur zu hoffen, dass auch 2015 ein ähnlich gutes Niveau an neuen Platten und Neuentdeckungen bieten wird… Ich freue mich drauf.

 

 

LaDispute_ROTH1.  La Dispute – The Rooms Of The House

Wildlife„, La Disputes zweites, 2011 erschienenes Album, brauchte wahrlich keine Wiederholung, immerhin lieferte die Post Hardcore-Band aus Grand Rapids, Michigan bereits damals ihr Meisterwerk ab, in welchem sie die instrumental-brachialen Tour-de-Force-Rhythmen der Band mit der stellenweise brillanten und noch viel öfter erschütternden Alltagsbeobachtungslyrik von Sänger und Frontmann Jordan Dreyer zu einem wahnhaft faszinierenden einstündigen Albummonolithen verband. Der Nachfolger „Rooms Of The House“ gibt sich da – sowohl musikalisch als auch textlich – weitaus differenzierter, stellenweise gar zurückgenommener und introspektiver. Dreyers Musik gewordene Geschichten scheinen wie zufällig zu Boden gefallene alte Familienfotografien, die nach langer Zeit wieder in die Hand genommen werden, und dann die ein oder andere biografische Wunde aufreißen. Und doch ist alles auf „Rooms Of The House“ an seinem Platz. La Disputes drittes Album ist zwar anders als noch „Wildlife“, jedoch kaum weniger faszinierend.

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Pianos1-640x6402.  Pianos Become The Teeth – Keep You

Zumindest ich hatte die Band noch vor kürzerer Zeit zwar auf dem Zettel (beziehungsweise kannte ich deren Namen), jedoch so gar nicht in meiner rotierenden Playlist. Eine stilistische Beinahe-Einhundertachtzig-Grad-Wende und deren Ergebnis „Keep You“ haben das endgültig geändert. Kaum ein Album ging mir in den vergangenen Monaten mehr zu Herzen, bei keinem anderen finde ich weniger Worte, zu erklären, woran das nun tatsächlich liegt. Muss man ja aber auch nicht. Die Musik übernimmt für 44 Minuten all das, was nicht auszusprechen ist, bevor der krönende Albumabschluss „Say Nothing“ Note für Note davon getragen wird… Indierock, der von schweren Herzen erzählt, selbige damit nicht selten erst erweicht – und dann mit flinken Stichen flickt.

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noah-gundersen-ledges3.  Noah Gundersen – Ledges

Kein Album der Sparte „Singer/Songwriter“ lief öfter bei mir in diesem Jahr, in keines bin ich lieber und tiefer eingetaucht. Dem Debütalbum des 24-jährigen Noah Gundersen aus Seattle, Washington wohnt als Ganzes etwas Spirituelles, Heilsames und Reinigendes inne, dem der Hörer sich nur schwerlich entziehen kann. Große Vergleiche dürfen bereits jetzt angestellt werden, für die Zukunft sollte man den Herren und seine mitmusizierenden Geschwister auf dem Zettel haben. (M)Ein Geheimtipp? Noch.

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1196f14f-MW_Konfetti_Final4.  Marcus Wiebusch – Konfetti

„Der Tag wird kommen“ ist für Kettcar-Frontmann Marcus Wiebusch wohl Segen und Fluch zugleich. Zum einen ist das monumentale Stück, in welchem Wiebusch Homophobie im Profifussball offen und ganz Frank und frei thematisiert, samt dem dazugehörigen, via Crowdfunding finanzierten Kurzfilm, eine der besten, richtigsten und wichtigsten Sachen, die der deutscher Musik und Kulturgesellschaft in diesem Jahr passieren konnten. Andererseits überschattet der Song jedoch völlig zu unrecht seine zehn Kollegen auf Wiebuschs Solodebüt „Konfetti“, denn vor allem „Nur einmal rächen“, „Haters Gonna Hate“ oder der Abschluss „Schwarzes Konfetti“, bei welchen der gebürtige Heidelberger und Wahlhamburger Musiker mit Sozialisierung im DIY-Punk – stilistisch wie textlich – viele neue Wege geht und dabei so einiges richtig macht. Besser war 2014 wohl kaum ein deutschsprachiger Musiker, wichtiger und relevanter definitiv nicht.

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strand of oaks - heal5.  Strand Of Oaks – Heal

Timothy Showalter ist schon ein komischer Kauz. Freilich, das ist der 32-jährige Träger von amtlichem Vollbartes und Headbangermähne nicht eben erst seit „Heal“, dem vierten Album seines Band gewordenen Projektes Strand Of Oaks. Doch ausgerechnet auf Showalters rein textlich bisher persönlichstem und bitterstem Werk stellen sich all der schmerzhaften Lyrik ausgerechnet poppig anmutende Melodien und nicht wenige Fuzz- und Bratz-Gitarren (für ein, zwei Solos konnte er gar Dinosaur Jr.-Legende J. Mascis gewinnen) in den Weg, die dieses Album zu einer wahren Freude mit allerhand Repeat-Garantien machen. Man ist fast versucht, hier von „Hörspaß“ zu sprechen, wären die zehn Songs nicht eine derart tiefe Schlüssellochschau in die Wunden einer auf Kipp stehenden Beziehung.

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against-me-transgener-dsphoria-blues6.  Against Me! – Transgender Dysphoria Blues

Ein Album, dessen Ursprünge wohl – der Biografie von Against Me!-Frontfrau Laura Jane Grace wegen – lange in der Vergangenheit fußen, das – aller Eingängigkeit, allen Hooklines zum Trotz – einen durch- und überaus ernsten Themenanspruch besitzt, und wohl vor allem deshalb so aufrichtig zu Herzen gehen geraten ist. All das ist das so eigenartig wie passend betitelte „Transgender Dysphoria Blues“, da erste seit dem Outing von Ex-Frontmann Tom Gabel als Transgender-Frau, durch welches sie – also Laura Jane Grace, wie sich Gabel jetzt nennt – leider auch einen guten Teil der eigenen Band zum Abgang bewegte. Doch trotz so einiger dunkler Anklänge ist das sechste Studioalbum der Punkrock-Band aus Gainesville, Florida durch und durch kämpferisch, denn weder Gabel, die nach Erscheinen des Albums im Januar in der Webserie „True Trans“ Gleichgesinnte (im Sinne einer Geschlechtsidentitätsstörung) traf und mit ihnen über ihr neues und altes Leben sprach, noch seine Songs geben sich in einer trist-dunklen Ecke zufrieden, sondern kämpfen sich zurück ins Leben.

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we-were-promised-jetpacks-unravelling-album-cover-300-3007.  We Were Promised Jetpacks – Unravelling

Unter all den fantastischen schottischen Gitarrenrockbands waren die fünf Bleichgesichter von We Were Promised Jetpacks bislang auf die Abteilung „Indiediscohit“ abonniert, immerhin boten die beiden Vorgängeralben „These Four Walls“ (2009) und „In The Pit Of The Stomach“ (2011) so einige davon – man nehme nur  „It’s Thunder And It’s Lightning“, „Quiet Little Voices“ oder „Roll Up Your Sleeves“, zu denen sich wohl so einige Indiekids die Röhrenjeans und Chucks schweißnass getanzt haben dürften.  Nur die aus Edinburgh stammende Band selbst hat scheinbar die Lust an Mitgröhlrefrains und allzu repetitiv-zackigen Gitarrenakkorden verloren, denn auf Albumlänge ist – zumindest im Fall von „Unravelling“ – Schluss damit. Eventuell liegt es ja auch an Band-Neuzugang Stuart McGachan, der gleich sein Keyboard mitbringt und den neuen Songs ein vertrackteres, tieferes und ernsthafteres Outfit verpasst. Natürlich verzichten die Schotten weder auf prägnante Melodien (wie im Opener „Safety In Numbers“ oder „Peace Sign“) noch auf den signifikant-sympathischen Schotten-Slang von Sänger Adam Thompson, allerdings sind es 2014 die ungewöhnlichen Stücke, die besonders überzeugen, wie das Abschlussdoppel aus dem instrumentalen Sechseinhalbminüter „Peace Of Mind“ und dem getrommelt ausfadenden „Riccochet“. Dann nämlich steht die Band bereits mit einem Bein wahlweise im Post Punk oder Post Rock – und ist am Ende doch ganz bei sich selbst.

 

 

damon-albarn-everyday-robots8.  Damon Albarn – Everyday Robots

Kaum zu glauben, dass Damon Albarn, der in seinen 46 Lebensjahren schon so einige relevante Fußabdrücke im popmusikalischen Universum hinterlassen hat (vom Britpop von Blur über den megalomanischen Bastardpop der Gorillaz bis hin zu „Superband“-Geheimtipps wie The Good, The Bad & The Queen oder Ausflügen in die Opernwelt und Weltmusik Peter Gabriel’scher Couleur), erst 2014 sein offizielles Solodebüt „Everyday Robots“ vorlegte. Umso besser, dass Albarn das lange Warten nun auch mit Qualität belohnt. Wer die Karriere des Londoner Weltbürgers aufmerksam verfolgt hat, dem dürfte eh klar gewesen sein, dass Albarn kaum etwas mehr zu wurmen scheint als Wiederholungen. Folglich haben die zwölf neuen Stücke kaum etwas bis gar nichts mit seinen früheren Bands und Projekten gemein. Stattdessen jubelt Damon Albarn dem Hörer 2014 allerhand kleine verträumt-melancholische Kleinode unter, in welchen, wie in „Lonely Press Play“, Klaviernoten einsame Schleifen zieht, während Elektrobeats verschlafen pluckern. Anderswo hoppelt zu Kindergitarrenakkorden und Gospelchor in „Mr. Tembo“ ein kleiner Elefant durchs Steppengras, während sich der Musiker kurz darauf – in „Hollow Ponds“ – zurück zu den Plätzen seiner Kindheit begibt. All das gipfelt im hymnischen, gemeinsam mit Brian Eno und Chören entstandenen „Heavy Seas Of Love“. In „Everyday Robots“ lässt Damon Albarn tief in seine eigene Seele blicken – und die reicht ebenso ins nachdenkliche Gestern wie weit ins futuristisch-befremdliche Morgen.

 

 

damien rice MFFF9.  Damien Rice – My Favourite Faded Fantasy

Fast hatte man ihn vergessen, und längst noch weniger Hoffnungen auf eine Rückkehr von Damien Rice gehegt. Nach zwei ganz und gar bezaubernden Alben („O“ und „9“), die auch heute noch jeden in ihren Bann ziehen, der die Stücke zum ersten oder tausendsten Mal hört, nach der privaten wie künstlerischen Trennung von seiner kongenialen (Duett)Partnerin Lisa Hannigan verschwand Rice acht lange Jahre lang ganz und sonders von der Bildfläche. Die Ankündigung seines dritten Albums im September diesen Jahres muss sich daraufhin angefühlt haben, als würden die USA von heute auf morgen ihre Armee abschaffen und fortan einen Staat nach kommunistischen Maximen führen. Doch am Ende der acht Songs von „My Favourite Faded Fantasy“ ist doch wieder vieles beim Alten. Der irische Singer/Songwriter weidet in den gemeinsam mit Produzentenass Rick Rubin (!) in Studios zwischen Los Angeles und Island (!!) entstandenen Songs in der eigenen Seelenpein, dass auch diesmal nicht wenige männliche wie weibliche Herzen schwer werden, während ihm die Akustische, das Piano und ganze Heerscharen von Streichern aufopferungsvoll zu Hilfe eilen. Vermeintliche „Hits“, wie es sie früher noch mit „Volcano“, „The Blower’s Daughter“, „Cannonball“ oder „9 Crimes“ gab, sucht man indessen auf „My Favourite Faded Fantasy“ vergebens – dafür sind die neuen Stücke, von denen nur einer unterhalb der Fünf-Minuten-Marke liegt, zu elegisch, zu introvertiert. Unverhofft schön ist Damien Rices Rückkehr jedoch allemal.

 

 

SKM21021410. Sun Kil Moon – Benji

Viele Dinge mögen außer Frage stehen. Dass der öffentlich ausgetragene Musikerstreit zwischen Mark Kozelek und The War On Drugs-Frontmann Adam Granduciel (über die Hintergründe weiß Google freilich Antworten zu liefern) einerseits verdammt albern war, andererseits aber auch den – wenigstens für kurze Zeit – amüsanten Kozelek-Songkommentar „War On Drugs: Suck My Cock“ hervor brachte. Dass Mark Kozelek – ob nun mit Jimmy LaValle oder den Kollegen von Desertshore im vergangenen Jahr, unter dem eigenen Namen und solo oder mit seiner aktuellen Hauptband Sun Kill Moon – einer der bewegendsten, produktivsten und brillantesten musikalischen Geschichtenerzähler unserer Zeit ist. Denn genau das macht der grantige US-Amerikaner nun mal: er erzählt, während die jeweilige Instrumentierung stets nur Mittel zum Zweck bleibt. Das Bewegende daran ist, dass all diese Geschichten seinem Leben und Erlebten entspringen, und somit auch 2014 eine erstaunliche thematische Bandbreite aufweisen, die vom tragischen Tod einer Cousine zweiten Grades (der Opener „Carissa“) über Attentate in den eben nicht so glorreichen US of A („Pray For Newtown“) bis hin zu Episoden aus Kozeleks Sexualleben („Dogs“) und die Freundschaft zu Death Cab For Cutie-Frontmann Ben Gibbard (der Abschluss „Ben’s My Friend“) reichen. Klar mögen viele Dinge außer Frage stehen: Dass Mark Kozelek wohl privat ein vom Leben zynisch geformtes Arschloch ist. Dass seine Songs eine immer schönere karge Klarheit ausstrahlen, derer man sich so schnell nicht entziehen kann. Dass man das Arschloch für Stücke wie die auf „Benji“ auch gern weiterhin in Kauf nimmt.

 

 

…und auf den weiteren Plätzen:

Foxing – The Albatross

The Afghan Whigs – Do To The Beast

Foo Fighters – Sonic Highways

Ryan Adams – Ryan Adams

Warpaint – Warpaint

 

 

Rock and Roll.

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