
Foto: Mercy McNab
„Chelsea Hotel #2„? Aye, Sir – großartig. Ein Klassiker der klassischsten Leonard-Cohen-Machart, veröffentlicht anno 1974 auf dem vierten Studioalbum des im vergangenen Jahr verstorbenen Troubadour-Großmeisters und Ladies‘ Man, „New Skin For The Old Ceremony“. Geschrieben vielleicht im, in jedem Fall über das Chelsea Hotel, jene berühmt-berüchtigte Absteige im New Yorker Künstler- und Einkaufsviertel Chelsea, 1883 erbaut und bis 1902 sogar das höchste Gebäude des Big Apple. Dass ebenjenes Hotel erst ab den Sechzigern, als sich zahlreiche Musiker, Schriftsteller und Künstler wie Salvador Dalí, Thomas Wolfe, Arthur Miller, Dylan Thomas, Charles R. Jackson, Nico, Jimi Hendrix, Janis Joplin, Catherine Leroy, Valerie Solanas, Patti Smith oder eben Leonard Cohen sprichwörtlich die Klinke in die Hand gaben, Berühmtheit erlangte – alles Musikhistorie. Ebenso wie der Fakt, dass es ausgeflippten Kunstschaffenden wie Andy Warhol und seiner „Factory“ als „Spielwiese“ für deren später wegweisende Film- und Kunstaktivitäten diente (Velvet Underground, anyone?). Oder die Tatsache dass ebenda im Jahr 1978 ein zwar absolut talentfreier, jedoch charismatisch-durchgedrehter Bassist mit dem Künstlernamen Sid Vicious (Sie wissen schon: die Sex Pistols – ihres Zeichens die welterste zusammen gecastete Punk-Boygroup) im Zimmer Nummer 100 seine Freundin Nancy Spungen – mutmaßlich im Drogenrausch – erstach und im Jahr darauf im selben Zimmer an einer Überdosis verstarb. Da der Hotelbetrieb seit 2011 wegen Renovierungsarbeiten eingestellt wurde, und die historischen Gemäuer nördlich von Greenwich Village und südlich des Garment District in der 222 West 23rd Street bei soviel umwehtem Geist wohl heutzutage nur enttäuschen können, hält man sich doch am Besten an den unkaputtbaren Leonard-Cohen-Song, in welchem dieser in seiner unnachahmlichen Art – mutmaßlich, denn bestätigen wollte er es freilich nie – von einer zwar kurzen, jedoch wohl höchst intensiven Liebschaft mit Rockröhre Janis Joplin berichtet: „I remember you well in the Chelsea Hotel / You were talking so brave and so sweet / Giving me head on the unmade bed / While the limousines wait in the street“. Wie so oft bei Cohen gehen graue Realität und deren romantische Verklärung, Anziehung, Verlangen, sauige Leibeslust und tiefe Spiritualität Hand in Hand durch alle Zeilen: „I remember you well in the Chelsea Hotel / You were famous, your heart was a legend / You told me again you preferred handsome men / But for me you would make an exception / And clenching your fist for the ones like us / Who are oppressed by the figures of beauty / You fixed yourself, you said, ‚Well never mind, / We are ugly but we have the music'“. Wenn schon der Dylan-Bob ’nen Nobelpreis für’s Lebenswerk bekommt, dann sollte Leonard Cohen höchstbald folgen…
Kaum schlechter als das Original ist die Version von Kyle Craft, welche der im künstlerisch dicht bevölkerten Portland, Oregon beheimatete US-amerikanische Musiker kürzlich in einer Piano-Variante zum Besten gab. Apropos Kyle Craft: der 28-Jährige wird aufgrund seines leicht überreizt quengeligen Gesangsorgans gern mit Dylan verglichen, während der Bandsound seines 2016 erschienenen Debüts „Dolls Of Highland“ Vergleiche mit Bruce Springsteens E Street Band nahe legt (nicht als Rentnergang, aber in deren tighter Siebziger-Form). Außerdem recht oft in der Review-Wundertüte: Glam Rock (Bowie, T.Rex, Queen – der Hang zur pathetischen Übertreibung), erdiger Rock’n’Roll, Southern Rock (was nicht verwundert, denn Craft wurde in Shreveport, Louisiana geboren und verbrachte somit fast zwangsläufig Teile seiner Kindheit im baptistischen Kirchenchor zu). Ich selbst höre in Songs wie „Eye of a Hurricane„, „Lady of the Ark“ oder dem Titelstück des Debütalbums vielmehr Künstler wie Jesse Malin (den diesseits des Atlantiks noch immer viel zu wenige kennen) raus, während Crafts Stimmbänder gleich neben Starsailor-Frontmann James Walsh parken (Sie wissen schon, die gaaanz große Dramaschublade von „Alcoholic“ und so). Aber wie immer darf ja jede(r) gern seine ganz eigenen Vergleiche ziehen…
„I remember you well in the Chelsea Hotel
You were talkin‘ so brave and so sweet
Givin‘ me head on the unmade bed
While the limousines wait in the street
Those were the reason an‘ that was New York
We were runnin‘ for the money and the flesh
An‘ that was called love for the workers in song
Probably still is for those of them left
Ah, but you got away, didn’t you babe
You just turned your back on the crowd
You got away, I never once heard you say
I need you, I don’t need you
I need you, I don’t need you
And all of that jiving around
I remember you well in Chelsea Hotel
You were famous, your heart was a legend
You told me again you preferred handsome men
But for me you would make an exception
An‘ clenching your fist for the ones like us
Who are oppressed by the figures of beauty
You fixed yourself, you said, „Well, never mind
We are ugly but we have the music“
And then you got away, didn’t you baby
You just turned your back on the crowd
You got away, I never once heard you say
I need you, I don’t need you
I need you, I don’t need you
And all of that jiving around
I don’t mean to suggest that I loved you the best
I can’t keep track of each fallen robin
I remember you well in Chelsea Hotel
That’s all, I don’t even think of you that often“
Rock and Roll.