(gefunden bei Facebook / das komplette SPIEGEL-Interview gibt’s hier)
Felix Kummer und seine Band Kraftklub mögen nicht jedermanns Sache sein (meine zum Beispiel sind sie nicht, bin aber wohl auch leicht über Zielgruppen-Alter), die politische Haltung des Chemnitzer Musikers, Baujahr 1989, ist jedoch in jedem Fall unterstützenswert. Denn einerseits vertreten Kummer und seine Klaftklubber diese klar und deutlich, zum anderen engagiert sich das recht erfolgreiche Punk-Pop-Indie-Rap-Irgendwas-Quintett auch immer wieder: So initiierte die Band am 3. September 2018 als Protest gegen die rechtsextremen Ausschreitungen in Chemnitz ein Openair-Konzert unter dem Motto „Wir sind mehr“ vor schätzungsweise 65.000 (meist jungen) Besuchern und konnte auch andere musikalische Größen fürs Line-up gewinnen: neben ihnen spielten dort auch unter anderem Die Toten Hosen, Feine Sahne Fischfilet, K.I.Z., Marteria und Casper. Props also für so viel ehrliche klare Kante von Felix Kummer, der kürzlich mit der Solo-Single „9010“ seiner sächsischen Heimatstadt einmal mehr die Ehre erwies. 👍
„Rumble in the Jungle.„ – Damals, im Oktober 1974, wohl der größte Boxkampf aller Zeiten (vergesst Mayweather Jr. vs. Pacquiao, wo das Boxerische nicht mit dem Großmaul-Showgehabe mithalten kann), als Muhammad Ali und George Foreman in Kinshasa, Zaire aufeinander trafen, heute ein geflügelter Ausspruch. „Thrilla in Manila.„ – Kaum ein Jahr später, im Oktober 1975, trafen Ali und Joe Frazer in Quezon City, heute ein Teil der Region Metro Manila, Philippinen, aufeinander. Zwei Kämpfe, die in die Sportgeschichte eingingen. Zwei Kämpfe, deren windige Organisation durch den legendären Boxpromoter Don King zwar wenig von der perfekt durchorganisierten Show besaß, die heute bei Großereignissen wie diesen üblich ist, dafür umso mehr Unterhaltungswert (und mag es vor allem aus Nostalgie sein). Zwei Kämpfe, die Muhammad Ali – wenn auch knapp – für sich entschied. „The Greatest.“
Es gibt wohl nichts, das nicht bereits zu Lebzeiten über den Mann, der am 17. Januar 1942 in Louisville, Kentucky als Cassius Marcellus Clay Jr. zu Welt kam, gesagt wurde. Er gehörte zu den bedeutendsten Schwergewichtsboxern und herausragendsten Athleten des 20. Jahrhunderts und wurde 1999 vom Internationalen Olympischen Komitee zum „Sportler des Jahrhunderts“ gewählt – wer je einen seiner 61 Kämpfe (von denen er 56 gewann, wiederum 37 davon durch K.O.) gesehen hat, der wird verstehen, wieso. Er ist bis heute der Einzige, der den Titel „unumstrittener Schwergewichts-Boxweltmeister“ dreimal in seiner Karriere gewinnen konnte. Viel wichtiger jedoch: Muhammad Ali war auch als Mensch, als Persönlichkeit faszinierend. Er war ein Großmaul, wie es im Buche stand – aber eines, das den markigen Worten auch fliegende Fäuste folgen ließ. „Das ist nur ein Job. Gras wächst, Vögel fliegen, Wellen schlagen an Land. Und ich verprügle Leute.“, wie er einmal sagte. Es war eher das Wie, welches ein Stückweit die Welt – auch außerhalb des Boxrings – veränderte. Und die Zeit, in der Muhammad Ali, diese polarisierende, ganz besondere Sorte Mensch, aktiv war. Sein Kampf für die Rechte der Schwarzen in den USA, sein Bekenntnis zum Islam im Jahr 1964. Heutige Box-Großmäuler wie Floyd Mayweather Jr. mögen mehr Kohle mit ihrer Show scheffeln. Sollen sie nur. Ohne einen Muhammad Ali würde keiner von ihnen heute da sitzen – wenn man so will, kann man in ihm einen „Steve Jobs des Boxsports“ sehen. All die Berge von Dollars, als die halbnackten Frauen und aufgereihten Privatjets und Luxuskarossen seiner Protz-und-Prass-Nachfolger machen nur umso deutlicher, dass es wohl nie wieder einen Boxer wie Muhammad Ali geben wird, der in der vergangenen Nacht in einem Krankenhaus in Scottsdale, Arizona, in welches er wegen Atembeschwerden eingeliefert wurde, im Alter von 74 Jahren starb. Er war „The Greatest“, er wird es bleiben.
Passende Worte findet man im Nachruf von Spiegel.de-Redakteur Peter Ahrens.
Die Band gibt es übrigens wirklich, und der „Spiegel“ etwa hat sogar schon ein Interview mit den fünf Metal-Wiedergängern von „Simpsons“-Charakter und -Saubermann Ned Flanders geführt. Es gibt halt nichts was es nicht gibt in dieser verrückten Welt…
Wäre der Anlass kein so trauriger, man könnte fast den Wortwitz geisseln und titeln: Schluss mit lustig.
Oder eben: Lustig, mit kapitalem „L“. Um den „Stern“ zu zitieren: „Deutschland trauert um ‚Löwenzahn‘-Legende Peter Lustig. Der Mann mit der Latzhose und der Nickelbrille, der Kompliziertes verständlich machen konnte, hat Generationen geprägt.“ Klar, Sätze wie diese fallen nicht eben selten und geradezu reflexartig, wenn in Online- wie Printmedien dieser Tage vom Tod einer prominenten Person berichtet wird. In den sozialen Medien hat die halbe Userschaft eine digitale Träne im Knopfloch (beziehungsweise in den Fugen der Tastatur). Ehrerbietung wohin man schaut.
Fakt ist jedoch: Peter Fritz Willi Lustig, 1937 in Breslau zur Welt gekommen, hat mit seiner Sendung „Löwenzahn„, die eigentlich – also vor 1981 – „Pusteblume“ hieß und seit 1979 im ZDF zu sehen war, tatsächlich ganze Generationen – zuerst in West, seit der Wiedervereinigung auch im Osten Deutschlands – geprägt. Er war, wie der „Spiegel“ schreibt, „für die jungen Zuschauer“ wirklich „so etwas wie der etwas schrullige Onkel, der mit endloser Geduld die rätselhaften Phänomene um uns herum entschlüsselte“. Einer, der im selbst ausgebauten Eisenbahnwagen im Grünen lebte, um den jüngeren Generationen behutsam jahrzehntelang die große, kleine Welt zu erklären. Wer’s böse meinte, durfte in dem Satzhosenträger und seiner sprechenden, piepsenden Wanduhr gern einen „Öko“ im Glanze der vor allem damals aufkommenden „Grünen“-Bewegung sehen (ja damals, als Politiker wie Joschka Fischer oder Claudia Roth noch nicht zum Establishment gehörten) und den tumben Nachbarn Paschulke gern als nervigen Spießer.
Fakt ist auch, dass Peter Lustig auch ein lebendes Stück Zeitgeschichte war. So war er seinerzeit, am 26. Juni 1963, als gelernter Rundfunkmechaniker und studierter Elektrotechniker verantwortlich für den Ton der Filmaufnahme von John F. Kennedys Rede „Ich bin ein Berliner!“ vor dem Berliner Rathaus Schöneberg (mehr dazu in diesem „Spiegel“-Interview von 2015). Seine Karriere im Fernsehen startete er in der anderen großen Welterklär-Kindersendung, der „Sendung mit der Maus“, in Einspielern mit dem Titel „Peter und Atze“, in denen er zusammen mit dem Robotervogel Atze Technik erklärte. Außerdem war er gar nicht mal so „öko“ wie sein Fernseh-Alter-ego, hasste laut eigener Aussage sogar Müsli (jedoch keine Kinder, wie mancherorts behauptet wird), während er sich andererseits, vor allem in den Achtzigern, mit spirituellen Ideen wie die der indischen Osho-/Bhagwan-Bewegung beschäftigte. Und noch einer anderer „Fun Fact“ gefällig? So war Lustig einige Jahre in zweiter Ehe mit Elfie Donnelly verheiratet, die als Autorin unter anderem Bibi Blocksberg und Benjamin Blümchen einige ihrer prägendsten „Hex, Hex“- und „Töröö“-Sätze auf die kinderfreundlichen Leiber schrieb und mit der er einen gemeinsamen Sohn, Momme Pavi, hatte. Ja, Peter Lustig hat so einige Spuren in wahrscheinlich unser aller Leben hinterlassen… (Und sogar der kinderfernsehaffine „Rolling Stone“ hat heute „10 Fakten, die Sie nicht über Peter Lustig wussten“ parat.)
Gestern, am 23. Februar, starb Lustig im Alter von 78 Jahren im Kreise seiner Familie in nordfriesischen Bohmstedt an Krebs (Wieder der verdammte Krebs! Wieder einer, der immer da gewesen zu sein schien, weg!) . Das Zepter von „Löwenzahn“ hatte der stets freundlich in die Kamera lächelnde Latzhosen-und-Nickelbrillenmann und Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande bereits vor gut zehn Jahren an seinen jüngeren Kollegen Guido Hammesfahr übergeben. Doch wann immer man – gestern wie heute – diese Titelmelodie hört und sich einen Löwenzahn langsam aber zielstrebig seinen zeichentrickenen Weg durch des Asphalt bohren sieht, wird man an Peter Lustig denken. „Didelitit-Didelde-di!“
Und welch‘ schöneren Schlusssatz könnte es geben als jenen, mit denen der Mann seine kleinen und großen Zuschauer nach Draußen bewegen wollte, um die Welt, die er ihnen gerade noch etwas näher gebracht und verständlicher gemacht hatte, zu entdecken: „Jetzt kommt ja eh nichts mehr, also abschalten.“
Zugegeben: Ein wenig profan wirkt es eingangs schon, wenn das NDR-Satiremagazin „Extra 3“ ausgerechnet den Fussball, zumindest Samstags und alle zwei Jahre für einen Monat im Jahr die schönste Nebensache in der Alltagswelt des „kleinen Mannes“, als Belegbeispiel für die möglichen Folgen des schweizerischen Vetos gegen die befürchtete Massenzuwanderung ins Feld führt. „Hätten die Schweizer schon früher gegen Masseneinwanderung entschieden, müssten sie zu dritt zur WM“, dazu ein Mannschaftsbild der eidgenössischen „Nati“, bei welcher nach Abzug aller Nationalspieler mit Migrationshintergrund laut „Extra 3“ – eben! – nur noch drei Startelfspieler übrig bleiben. Freilich mag das ein wenig überspitzt daher kommen (was ja an sich auch dem Sinn einer Satire entgegen kommt), bleiben doch bekannte schweizer Nationalspieler wie Yann Sommer oder Marco Streller für diesen Moment außen vor. Es wären aber – und auch das macht „Extra 3“ mal eben durch eine Aufzählung deutlich – bei einer historischen Vorverlegung des kürzlich denkbar knapp ausgefallenen Bevölkerungsvotums (ganze 50,3 Prozent stimmten am Ende für die Abschottungsinitiative der national-konservativen SVP) folgende Spieler-Eckpfeiler der erfolgreichen zehnten WM-Qualifikation „nicht mehr im Kader: Gökhan Inler (Eltern aus Türkei eingewandert), Blerim Dzemaili (geboren in Mazedonien), Tranquillo Barnetta (Eltern aus Italien eingewandert), Granit Xhaka (Eltern aus Kosovo eingewandert), Xherdan Shaqiri (geboren in Jugoslawien), Diego Benaglio (Eltern aus Italien eingewandert), Haris Seferovic (Eltern aus Bosnien eingewandert), Pajtim Kasami (geboren in Mazedonien)“. Und der „Nati“-Trainer, Ottmar Hitzfeld? Klar, ihn kennt man hierzulande als denjenigen, der sowohl Borussia Dortmund als auch die Münchner Bayern zu Meisterschafts- und Champions League-Titeln führte, denn der 65-Jährige ist gebürtiger Baden-Württemberger (und wäre somit ebenfalls aus dem schweizer Spiel). Und obwohl es in der Tat jederzeit wichtigere, dringendere Probleme gäbe als die die Massen elektrisierende Jagd nach dem runden Leder, so wird die – noch einmal: bewusst satirisch überspitzt dargestellte! – Botschaft dennoch deutlich: Die Schweiz ist nicht irgendein Land. Natürlich könnte man nun wieder im Urschleim rühren, könnte hinlänglich bekannte Kamellen von Uhrwerken, Käsefondue und „Schoggi“, von Bergpostkartenpanoramaketten und vom Bankgeheimnis, von sauberen Straßen, scheinbar sonderbaren Mundarten und gemächlichen Arbeitsprozessen ins Feld führen – nicht nur jüngste prominente Beispiele wie Uli Hoeness oder Alice Schwarzer brachten ihre Schwarzgeldkröten keinesfalls zufällig im (scheinbar) verschwiegensten Land der Welt unter, und auch Namen wie René „DJ Bobo“ Baumann, Josef Ackermann oder Jörg Kachelmann „verdanken“ wir den Eidgenossen. Nein, hier sind einmal ganz andere Eckdaten wichtig…
Zuerst einmal liegt der Verdacht nahe, dass unsere eidgenössischen Nachbarn Angst vor Überfremdung, vor einem schwelenden Identitätsverlust und vor dem sprichwörtlichen „Fall vom hohen Ross“ haben. Sicher, das alles liest sich wohlmöglich im ersten Moment hart. Man darf jedoch keinesfalls außer Acht lassen, dass der Ausländeranteil (dabei stellen wir Deutsche hier die größte „Minderheit“) fast dreimal so hoch ist wie der der Bundesrepublik, während nach sich in der weltweiten Auflistung der BIP-Länder – und das ist für ein so kleines Land mit gerade einmal acht Millionen Einwohnern schon recht respektabel – knapp in den Top 20 plazieren konnte. Wer nun das Ergebnis dieser Bevölkerungsabstimmung verteufelt, der Schweiz Blauäugigkeit, Fremdenhass, Einzelgängertum oder Undankbarkeit unterstellen mag, der sollte ebenso bedenken, dass er damit gleichsam eben jenen Ruf nach direkter Demokratie, nach direkter Einflussnahme der Bevölkerung ins nationale wie internationale Geschehen infrage stellt, nachdem er wohl kürzlich erst wieder laustark gerufen hatte, immerhin spiegelt dieser Beinahe-Fifty/Fifty-Patt nicht die über den Kopf hinweg getroffene Entscheidung irgendwelcher delegierten Politiker wider, sondern zumindest ebenjener Eidgenossen, die sich zum Zwecke der Entscheidung zur Urne begeben hatten (außerdem darf das Gedankenspiel erlaubt sein, wie denn die deutsche Bevölkerung in dieser Frage für sich entschieden hätte). Plus: In Deutschland gibt es seit den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts längst ähnliche Richtlinien zur Einwanderungsbeschränkung (damals musste man eine gewisse Reißleine ziehen, um den anhaltenden Gastarbeiterströmen der Sechziger entgegenzuwirken). Nur wird hier eben wieder einmal die eh bereits historisch herausgebildete Sonderrolle der sich beständig außen vor haltenden Schweiz deutlich, bei der die Grenzbäume – als Nicht-EU-Land – seit jeher ein wenig schlossener und tiefer hingen als in deren Nachbarstaaten. Und: Wer könnte – unter sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten, Ethik und Moral finden bitteschön im Privaten statt! – einem Land verdenken, dass es bei jenen, die dauerhaft in dessen Inneren leben und arbeiten wollen, gern zweimal hinschaut (ehrlich zugegeben ist man selbst ja kaum anders). Denn es ist keineswegs so, dass nun Hals über Kopf alle nicht auf schweizer Norm geeichten Nicht-Eidgenossen des Landes verwiesen werden, braune Stürme übers weiße Kreuz auf rotem Grund hereinbrechen und Heerschaaren nun mit Mistgabeln und Fonduefackeln auf Ausländerhatz gehen. Nein, lediglich 50,3 Prozent der abstimmungswilligen Bürger votierten dafür, zukünftig gern genauer bei der Zuwanderung hinschauen zu wollen. Die Essenz liegt wohl irgendwo in der Mitte der beiden gleichsam platten wie trefflichen Parolen „Fremde sind Freunde, die man noch nicht kennt“ und „Man mag ja Fremde, solange sie Fremde bleiben“ (jeder darf selbst entscheiden, welcher Losung er näher steht). Auch darf man schon ein klein wenig den Kopf schütteln über „diese Schweizer“ (beziehungsweise theoretische 50,3 Prozent von ihnen), die in Zeiten der Globalisierung tatsächlich den Versuch des (gefühlt) abgeschotteten Alleingangs wagen wollen. Ob diese Entscheidung nun – im großen Rahmen – falsch oder richtig war – das werden Zukunft und Zahlen unter Beweis zu stellen wissen. Wohlmöglich geben hier für den Moment die immergleichen paar (Doppel)Moralapostel die Feierabendhobbyköche und bringen Suppe mit Geschmäckle auf den Tisch, die am Ende längst nicht so heiß gegessen wird. Und schlimmstenfalls fliegt die „Nati“ im Juni eben auf sechs Beinen zur Fussballweltmeisterschaft nach Brasilien…
Wer mehr Informationen zum schweizer Votum, die Hintergründe und dessen möglichen Folgen benötigt, der findet all das – und genau im richtigen Maße komplex aufgereitet, wie ich finde – in diesem Spiegel-Artikel sowie diesem Kommentar (ebenfalls vom Spiegel) zum Thema.