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„Girls to the front!“ – Die Dokumentation „The Punk Singer“ über „Riot Grrrl“-Sprachrohr Kathleen Hanna


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Sie gilt als „Rebel Girl“ und „Punk Feminist“. Als die Symbolfigur der Riot Grrrl-Bewegung Anfang der Neunzigerjahre und vereint feministische „Pro Choice!“-Revolution mit lautstarkem Punk Rock: Kathleen Hanna. Die 2013 erschienene Dokumentation „The Punk Singer“ zeichnet ein gleichsam persönliches wie einzigartiges Bild der Frontfrau von Bikini Kill, Le Tigre und The Julie Ruin.

 

„I’ve always thought that ‚punk‘ wasn’t really a genre. My band started in Olympia where K Records was and K Records put out music that didn’t sound super loud and aggressive. And yet they were punk because they were creating culture in their own community instead of taking their cue from MTV about what was real music and what was cool. It wasn’t about a certain fashion. It was about your ideology, it was about creating a community and doing it on your own and not having to rely on, kinda, ‚The Man‘ to brand you and say that you were okay.“

(Kathleen Hanna)

 

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Zwanzig Jahre Filmmaterial visualisieren mit collagenhaften Rückblenden sowie zahlreichen Interviews und Konzertausschnitten den Kampf für Frauenrechte und weibliche Selbstbestimmung sowie gegen Gewalt, Sexismus und männlichen Machismus. Die via Kickerstarter finanzierte Dokumentation von Regisseurin Sini Anderson taucht noch einmal ein in den DIY-Zeitgeist der frühen Neunziger und in eine ebenso wilde wie kreative Keimzelle, welche während dieser Zeit im US-amerikanischen Nordwesten um Portland, Olympia und Seattle herum entstand, und aus der eben nicht nur Bands wie Pearl Jam, Soundgarden oder Nirvana hervorgingen, sondern eben auch Bikini Kill. (Übrigens: Der Legende nach hätte es Nirvanas Grunge-Evergreen „Smells Like Teen Spirit“ ohne Kathleen Hannas Zutun so nie gegeben, schließlich entstand der Songtitel, als Hanna, die damals gut mit Frontmann Kurt Cobain befreundet war, den Satz „Kurt Smells Like Teen Spirit“ – auf deutsch: „Kurt riecht nach Teen Spirit“ – an eine Wand in dessen Wohnung schrieb, da Cobain nach dem Deodorant namens „Teen Spirit“ roch, welches seine damalige Freundin Tobi Vail benutzte. Cobain gefiel die Implikation des Satzes, also verwendete er ihn schließlich als Songtitel. Der Rest? Ist allseits bekannte Musikgeschichte.) Und obwohl gerade Bikini Kill zwar einflussreich, bis zu ihrer Auflösung im Jahr 1997 jedoch lediglich leidlich kommerziell erfolgreich waren, machte gerade ihr Wirken Bands wie Pussy Riot (gerade bei den radikalen russischen Aktivistinnen ist der Einfluss unverkennbar), Gossip, Petrol Girls, War On Women oder Screaming Females erst möglich, während auch bei mit Lust die Grenzen der Konventionen sprengenden Künstlerinnen wie Amanda Palmer, Kate Nash und Miley Cyrus Hanna’sche Einflüsse deutlich erkennbar sind…

MV5BMjEzNzQxNzUxNF5BMl5BanBnXkFtZTgwMDY5MTY1MDE@._V1_UY1200_CR90,0,630,1200_AL_.jpgNeben Hanna selbst lässt Regisseurin Sini Anderson in ihrer 80-minütigen Dokumentation auch Freunde und Wegbegleiter wie Kim Gordon (Sonic Youth), Joan Jett (The Runways, Joan Jett & the Blackhearts), Carrie Brownstein und Corin Tucker (Sleater-Kinney), Johanna Fateman (Le Tigre) oder Ehemann Adam Horovitz (Beastie Boys) zu Wort kommen. Kathleen Hanna selbst nutzte vor einigen Jahren den Film, um ihr langjähriges Schweigen zu beenden und den tatsächlichen Grund ihres Rückzugs aus dem Rampenlicht im Jahr 2005, als sich ihre neue Electropunk-Band Le Tigre anschickte, größere Erfolge zu feiern und als neues Sprachrohr der LGBTQ-Bewegung zu etablieren, zu erklären. Denn obwohl es um das einstige Gesicht der Riot Grrrls still geworden sein mag (ihr letztes kreatives Lebenszeichen war 2016 das The Julie Ruin-Album „Hit Reset„), macht „The Punk Singer“ eines deutlich: heute wie damals nimmt die mittlerweile 50-jährige Ex-Bikini Kill-Frontfrau (politisch) kein Blatt vor den Mund. All girls to the front!

(Übrigens: Für all diejenigen, denen der Name Kathleen Hanna bislang rein gar nichts sagte, haben die Kollegen des ByteFM Blog eine musikalische Übersicht von „Kathleen Hanna in fünf Songs“ zusammengestellt. Feine Sache, das. Allen anderen sei so oder so der Soundtrack zu „The Punk Singer“ empfohlen.)

 

Hier gibt’s den Trailer…

 

…und hier „The Punk Singer“ komplett im Stream:

 

 

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Foto: Allison Michael Orenstein

 

Rock and Roll.

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