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Auf dem Radar: Ben Abraham


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Tagsüber Drehbuchschreiber und Unterhalter für Kinder im Krankenhaus (Patch-Adams-Style, Baby!), abends kleinere musikalische Auftritte bei Fundraiser-Shows. Was sich liest wie der beinahe ideale Stoff für eine Indie-Hollywood-Komödie, war für lange Zeit das Leben von Ben Abraham.

Und da all das doch herzlich wenig Rock-n-Roll-Spirit besaß, musste sich das aus dem australischen Melbourne stammende Multitalent schon andere Wege suchen, um über den kleinsten Kontinent der Erde hinaus Gehör zu bekommen. Doch Abraham, dem das musikalische Rüstzeug als Sohn eines ehemaligen indonesischen Popstars quasi in die Wiege gelegt wurde (und der im Teenageralter bereits erste Erfahrungen als mehr oder minder professioneller Musiker sammeln konnte), hatte eine Idee: 2011 stellte er ein „To Sara, From Ben“ betiteltes, zweieinhalbminütiges Video via Youtube online, um ebenso direkt wie charmant eines seiner Idole zu erreichen: die US-amerikanische, Grammy-nominierte Musikerin Sara Bareilles („Love Song“, „King Of Anything“), die Abraham im Video unumwunden „Sara B / Won’t You come and sing a song with me?“ fragte. Und tatsächlich hatte er damit Erfolg: Bareilles meldete sich, nachdem Fans ihr einen Link des Videos schickten, tatsächlich bei Abraham, beide traten gemeinsam auf und gaben unter anderem den Bruce-Springsteen-Gassenhauer „I’m On Fire“ zum Besten. Mehr sogar: So ist Sara Bareilles nun auch auf Ben Abrahams Debütalbum „Sirens“ zu hören (beim Duett „This Is On Me“).benabrahamsirens

Erschien ebenjenes Debütwerk im März noch als Alleingang (also im Selbstvertrieb) in Australien, so stattete das Label Secretly Canadian (unter anderem Heimat von Antony and the Johnsons, The War On Drugs oder Damien Jurado) Abraham schon kurze Zeit später mit einem Plattenvertrag aus, der es möglich macht, dass „Sirens“ im Juni nun auch in Deutschland erscheint. Wäre auch zu schade gewesen, wenn es die Songs kaum über Down Under hinaus geschafft hätten…

Denn in der Tat haben die 13 Stücke von „Sirens“ etwas Weltumarmendes an sich. Das kann freilich an Ben Abrahams Stimme liegen, die der von Elbow-Frontmann Guy Garvey, der ja umVerkumpelungsgesten ebenfalls nicht verlegen ist, in vielen Momenten zum Verwechseln ähnlich klingt (und damit fast automatisch auch der des jungen Peter Gabriel). Oder an der Thematik, der sich der australische Vollbartträger verschrieben hat: die Liebe in allen ihren Facetten. Freilich mögen hier die Klischees gleich ums Eck herumlungern, und an manch einer Stelle (etwa in „Songbird“) wird’s ob des Schmalz-Schmelzes arg gefühlig (was ja auch den letzten Elbow-Werken nicht abzusprechen war), aber schön anzuhören ist’s durch den ruhigen Fluss aus Akustischer und/oder Pianoinstrumentierung in jedem Fall. Etwa, wenn in „To Love Someone“ sachte Bläser die Regie übernehmen, während Abraham davon singt, alle Mauern fallen und die Liebe zuzulassen („Some will say you need to find the common men who share your mind / Where others say to hide yourself, protect your iD9cYR9vheart above all else / And we all like to find our place with who is right or wrong / But to love someone, when you love someone / That’s where you belong“). Oder das reduzierte „Home“, welches vom Reisen, vom Vermissen und von einem Zuhause handelt, das man immerzu mit sich trägt. Wirklich beliebig sind da nur wenige der 50 Minuten. Und fürs verträumte Auskurieren des Wochenendkaters an einem Sonntagmorgen soll’s allemal genügen – eventuell ja als Untermalung einer Indie-Hollywood-Komödie…

 

 

Hörproben gibt’s – Youtube sei Dank – zuhauf:

 

Rock and Roll.

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Bleierne Akkorde, unterlegt mit Geschichte – „September 11, 2001“, der bislang unveröffentlichte Jam von Jason Molina, Will Oldham und Alasdair Roberts


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Über dreizehn Jahre nach 9/11 veröffentlicht das US-Indie-Label Secretly Canadian einen ganz besonderen Schatz: den Song „September 11, 2001“, den der inzwischen verstorbene Jason Molina gemeinsam mit seinen Songwriter-Kollegen Will Oldham und Alasdair Roberts am Tag der Anschläge geschrieben und aufgenommen hat…

Bisher war weder die Existenz des Songs bekannt noch die Umstände, unter denen die Folk-Ballade seinerzeit entstanden ist. Wie der schottische Songwriter Alasdair Roberts in einem sehr persönlichen Statement auf der Seite von Secretly Canadian (in Gänze weiter unten zu finden) erklärt, habe er sich damals mit seinen US-Kollegen Will Oldham (alias Bonnie „Prince“ Billy) und Jason Molina – vor allem bekannt durch seine Bandprojekte Songs: Ohia und Magnolia Electric Co. – auf Tour angefreundet.

Die drei „Ikonen“ der damaligen Alt.Country- und Neofolk-Bewegung fanden sich daraufhin im September 2001 zum gemeinsamen Schreiben und Aufnehmen auf dem Hof von Molinas Bruder Paul, der sich auch den Sessions anschloss, in Kentucky ein.

Wie es der tragische Zufall wollte, fielen die Terroranschläge von 9/11 genau auf diesen Zeitraum – und bremsten die Musiker in ihrem Elan aus: Den Tag der Anschläge, so erinnert sich Roberts, hätten sie zunächst schockiert vor dem Fernseher verbracht; erst gegen Abend sammelten sie sich und nahmen die Sessions wieder auf – um als Reaktion auf die verstörenden Bilder „einfach so normal wie möglich weiterzumachen“.

In dieser Nacht also entstand „September 11, 2001“, ein stiller, elfminütiger Folksong mit sich schleichend steigernder Dramaturgie. Vielleicht wurde der Zeitpunkt der „Herausgabe“ des Stücks gar nicht mal so zufällig gewählt, immerhin ist die Welt kaum eine bessere als 2001. Und der Song selbst, der sich so bleiern traurig voran schleppt, fesselt auch mit über dreizehn Jahren Abstand noch, macht gar betroffen – irgendwie… Traurig ist ebenso, dass Jason Molina selbst die Veröffentlichung nicht mehr erlebt: Er starb 2013 infolge seiner langjährigen Alkoholabhängigkeit.

 

 

„The late Jason Molina and I had met a few times in England (when Jason was studying for a period in London) and in Scotland (Glasgow, where I lived then as now), after being introduced to one another by Will Oldham in late 1995. The recording session by Jason, Will, Will’s brother Paul and me was Jason’s idea originally. The prospect of working together with these musicians whose work I admired, and who were also cool people, was very exciting; so that’s how I found myself in Paul’s Kentucky farmhouse that historic weekend in 2001.

Of course, what made that weekend historic was certainly not this humble meeting of musical minds; rather, it was the fact that it coincided with the unanticipated and awful events of the September 11th 2001 terrorist attacks and the collapse of the World Trade Center. I am convinced that my memory of that period has been heightened by this coincidence; I have a strong recollection of Jason, Will, Paul and me recording on the evening of 10th September. I remember the warm southern evening sunshine (a particular delight for one accustomed to Scottish autumn weather), streaming through the window and infusing everything in the room with a kind of preternatural glow, as we recorded a version of Owen Hand’s wonderful song ‘My Donal.’ Will was playing a Nord synth and singing, Paul was on drums, Jason played bass guitar and I was playing Paul’s bright blue Telecaster. I remember walking by the barns that evening and seeing row upon row of tobacco drying, shining golden and lovely in the twilight. But none of us was to know that that would be, in some sense, the last twilight of an old world.

Jason woke me at about 10am the following morning with the words: ‘Ali, you should come downstairs. Something really bad is happening.’ My initial thought was that perhaps someone in the household had been injured or had fallen seriously ill. And so I went downstairs to confront the new global reality. Most of the rest of the day was spent watching the television news in numbed disbelief; in the evening we dined and talked together with some other members of the Oldham family. And then it seemed that the only thing to do was to carry on as normal – to pour ourselves a large Highland Park each and to make rock and roll, like we were born to do. So that’s how this piece of music came about – it was a spontaneous response from Jason’s soul to the unimaginably terrible events of that day, and it was one in which he invited Will (on piano), Paul (on Nord synth), me (on bowed mountain dulcimer) and every listener to cast their own offering.“

(Alasdair Roberts, via Secretly Canadian)

 

Rock and Roll.

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