Schon wieder der Typ, dessen aktuelles Solowerk „Ruminations“ hier erst kürzlich auf ANEWFRIEND so derbe abgefeiert und über den grünen Klee belobhudelt wurde? Ja, schon wieder der Typ, dessen aktuelles Solowerk „Ruminations“ hier erst kürzlich auf ANEWFRIEND so derbe abgefeiert und über den grünen Klee belobhudelt wurde.
Ich werde aber auch nicht müde zu betonen, was für ein tolles, zu Herzen gehendes Album dem guten Conor Oberst da gelungen ist. Nein, nein, nein – werde, werde, werde ich nicht! Da das Musikjahr 2016 ja wohl – aller Voraussicht nach – nicht mehr allzu viele neue positive Überraschungen für uns – oder, im Speziellen: mich – bereithalten wird und in den letzten Dezembertagen, nebst der x-ten, jüngst und just um Weihnachten herum auf den Markt geschmissenen jetzt aber wirklich „definitiven“ Best Of von Band XY oder Künstler Z, ohnehin kaum noch etwas von Belang erscheinen wird, wage ich einmal zu behaupten, dass sich „Ruminations“, dieser kleine Diamant eines intimen Singer/Songwriter-Werkes, ganz vorn in meinen persönlichen „Alben des Jahres“ platzieren wird. Verdient? Absolut.
Denn nicht nur kommt Conor Oberst meinem kleinen Hörerherz damit so nahe wie seit Herrgottsgedenkenewigenzeiten nicht mehr, die zehn neuen Songs machen mir auch ein ums andere Mal wieder bewusst, was ich diesen Mann in meinen Twen-Jahren geliebt habe, durch wieviele Talsohlen er mich emotional begleitet hat. So kann ich mich noch ganz genau an jenen Tag im Januar 2005 erinnern, als zeitgleich der Album-Doppelschlag aus „I’m Wide Awake, It’s Morning“ und „Digital Ash In A Digital Urn
“ erschien. Wie ich mit den frisch im Elektro-Großmarkt erstandenen CDs (ja, die kaufte man damals tatsächlich noch, verlässliche Vorab-Leaks waren da noch ein Unding der Zukunft) vor einer Vorlesung im Hörsaal der Uni saß und mich darauf freute, die Alben auf dem Nachhauseweg im Zug zum allerersten Mal zu hören. Welche breit gefächerte Wirkung Obersts Songs – seit dem vierten, drei Jahre zuvor veröffentlichten Großwerk „LIFTED or The Story is in the Soil, Keep Your Ear to the Ground
“ – immer bei mir auslösten. Wie ich seine Textzeilen tief in mich aufsog und nicht selten erst Tage darauf wieder ausspuckte. Klar, diese Liebe ist – wie so ziemlich jede – mit den Jahren ein wenig abgeflacht, hat sich hinter dem Graugrau des Alltags versteckt – doch ganz verschwunden ist sie nie. Das wurde mir kürzlich, mit „Ruminations“, wieder bewusst. Und auch, dass es erst beginnt, sich richtig und wichtig anzufühlen, wenn es ein klein wenig weh tut. Alles andere kratzt oft genug nicht einmal an der Oberfläche. Alles andere ist nicht von Belang.
Deshalb habe ich mir nun vorgenommen, die verbleibenden Tage des Musikjahres 2016 möglichst intensiv dem Backkatalog von Conor Oberst, seiner Hauptband Bright Eyes sowie seinen diversen Nebenbetätigungsfeldern (Monsters Of Folk, Desaparecidos etc. pp.) zu widmen. Wer es mir gleich tun möchte, dem sei – vorausgesetzt man(n) hat die Oberst’sche Diskografie noch nicht in Meter füllender Gänze im heimischen Plattenregal stehen und gerade das nötige Kleingeld auf Kante – das im Oktober diesen Jahres erschienene Box-Set „The Studio Albums 2000-2011
“ wärmstens empfohlen, das sechs der acht zwischen 1998 und 2011 veröffentlichten Bright-Eyes-Alben (exklusive „A Collection of Songs Written and Recorded 1995–1997“, dem eigentlichen Debüt „Letting Off The Happiness“ und dem Weihnachtsalbum „A Christmas Album“) enthält und zum Großteil neu remastered wurde – ein wenig mehr Infos findet man hier oder hier.
Wer – über das reine Hören von „Ruminations“ hinaus – gern mehr über Conor Obersts Hintergründe und Seelenleben wissen mag und englische Worte in geballter Form nicht scheut, dem seit dieser Artikel, welcher im September im „New York Magazine“ erschien, ans Herz gelegt.
Und etwas musikalisch Neues gibt es für all jene, die von Conor Obersts neuem Album ebenso sehr wie ich angetan sind, tatsächlich noch, denn der 36-jährige Musiker, der vor der Entstehung von „Ruminations“ wieder zurück ins heimische Omaha, Nebraska zog, hat anlässlich des diesjährigen „Record Store Black Friday“ (fand im November statt) eine Seven-Inch-Single in die Plattenläden gestellt, welche, neben einer Band-Version des Album-Openers „Tachycardia“, auch den Non-Album-Song „Afterthought“ enthält. Das Gute ist, dass alle, die im November keine der limitierten Singles ergattern konnten, die beiden neuen Stücke seit gestern auch digital – via iTunes, Spotify und Co.- bekommen – oder eben hier im Stream hören können…
„It’s a mass grave
A dollar-fifty resting place
On the north face
There’s a rope I’ve gotta climb
I’m a stone’s throw from everyone I love and know
But I can’t show up looking like I do
In an old suit my hair is slicked up back nice and smooth
In a courtroom, sweat rolling down my back
It’s a bad dream
I have it seven times a week
No, it was not me
But I’m the one who has to die
Needs a cold draw to slow his tachycardia
In a dark bar this world just melts away
And he feels fine
If he could just lose track of time
It’s a good sign when he can’t stay awake
On a slow day the rain against the windowpane of the cafe
She spills the coffee grounds
And the same thought hits her like cinder block
Life’s an odd job that she don’t got the nerve to quit
Now it’s just there
At the bottom of those spiral stairs
It’s the World’s Fair
The future’s on display
In the dark night
They turned on the electric lights
And the crowd cried out
Everyone looks so amazed“
Auch toll, und da ich sowieso bereits eine Latte an Empfehlungen raus gehauen habe: Conor Obersts Auftritt (mit groß aufspielender Band) im House Of Blues in Boston, Massachusetts vom Juni 2015. Zwei Stunden, 21 Songs, drei Mal kreuz und quer durch das gesamte musikalische Werk:
Rock and Roll.