Ein als frommer Wunsch gemünzter Slogan wie dieser würde sich auch prima als Wandtapete in den heimischen vier Wänden machen, oder? Dahinter versteckt sich jedoch auch ein Netzwerk von landesweit tätigen Organisationen, lokalen Bündnissen und Persönlichkeiten des Landes Brandenburg, die gemeinsam für eine zivilgesellschaftliche Mobilisierung gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit eintreten. Und solange es politische Anti-Alternativen (die sich ausgerechnet in sanftmütiges Blau, das ja sonst eher für Besonnenheit, Objektivität, Neutralität und Klarheit steht, hüllen), hasserfüllt-populistische Hetzer und ewig gestrige Rassistenarschgeigen gibt, sind Organisationen wie diese in ihrem manches Mal gefühlten Windmühlenkampf gegen die Unwissenheit und Dummheit da draußen zwar nicht zu beneiden, jedoch einiges an Gold wert. ✊
Der Musiker Gil Ofarim ist gerade auf Lesereise zu seinem aktuellen Buch „Freiheit in mir“ und war im Zuge dessen unlängst in Leipzig zu Gast – offenbar ein Tourstopp mit *hust* unschönen Folgen: Wie er nun in einem Clip bei Instagram öffentlich machte, wurde er dort am vergangenen Abend in einem Hotel antisemitisch beleidigt. Der 39-Jährige ist sichtlich bewegt von den Ereignissen.
Während des zweiminütigen Videos kämpft Ofarim immer wieder mit den Tränen. Es handelt sich seinen Angaben zufolge um das „The Westin Leipzig“, welches auch im Hintergrund zu sehen ist. Um den Hals trägt Ofarim eine Kette mit einem Davidstern, der in seinem Bericht noch eine wichtige Rolle spielen soll. Zwar nennt er nicht den vollständigen Namen des Managers an der Rezeption, doch berichtet von dem Verhalten des „Herrn W.“.
An der Rezeption hatte sich demnach wegen eines Computerdefekts zunächst eine längere Schlange gebildet. Das könne passieren, das sei völlig okay, wie Ofarim auch betont. Doch seien dann immer wieder Menschen vorgezogen worden, obwohl eigentlich er an der Reihe gewesen sei. Als er Herrn W. fragte, warum das geschehe, meinte dieser, so solle „die Schlange entzerrt“ werden. Eine Aussage, die Ofarim verständlicherweise nicht ganz glaubwürdig vorkam, doch der eigentliche Schock sollte erst kurz darauf folgen.
„Da ruft einer aus der Ecke: ‚Pack deinen Stern ein'“, so der einstige Teeniestar und „Let’s Dance“-Gewinner mit jüdischen Wurzeln. Und auch Herr W. sagte ihm daraufhin, er solle den Davidstern einpacken, dann dürfe er nach beinahe einstündiger Wartezeit einchecken. An dieser Stelle des Videos kämpft Gil Ofarim nun mit den Tränen. Zwar wird nicht ganz klar, ob er vor dem Hotel sitzt, weil er genau das nicht tat und sich weigerte, seine Herkunft zu verleugne, doch schreibt er im Text zu dem Video: „Warum? Haben wir denn nichts aus der Vergangenheit gelernt? Bin sprachlos! Es ist nicht das erste Mal, aber irgendwann reicht es …“ Sollte dieser Vorfall der Wahrheit entsprechen, wäre Ofarim wegen des offenen Tragens eines Symbols des Judentums von den Angestellten des „The Westin Leipzig“ abgewiesen worden, was einen klaren antisemitischen Beweggrund seitens des Hotelpersonals – und somit eine Straftat – darstellen würde.
Bereits in der Vergangenheit äußerte sich der in München geborene Sänger, dessen Vater Abi Ofarim aus Tel Aviv stammt, zu antisemitischen Übergriffen, die er erleben musste. In der Talkshow „Hart aber fair“ etwa sprach er 2018 von „Hakenkreuzen auf meiner Schulbank“ oder Tüten mit Hundekot im Briefkasten. Einmal habe ein Mitschüler gesagt: „Weißt du, dass Dachau nicht weit weg von hier ist?“ und spielte damit auf das dortige KZ an. Sätze wie diese verfolgen Ofarim bis ins Heute.
In seinem Post bedankte sich der Musiker noch bei Kolleginnen und Kollegen wie Jeanette Biedermann und Gregor Meyle, die ihm am Abend in dieser schwierigen Situation offenbar zur Seite standen. Ob und welche Konsequenzen der Vorfall für die beteiligten Mitarbeiter des Hotels haben wird, bleibt zunächst offen.
Auf Nachfrage diverser Medien antworte ein Sprecher des Leipziger Hotels, welches zur Marriott-Gruppe gehört: „Wir sind besorgt über diesen Bericht und nehmen die Angelegenheit sehr ernst. Wir versuchen mit allen Mitteln, Herrn Ofarim zu kontaktieren, während wir ermitteln, was hier passiert ist.“ Ziel sei es, dass Gäste und Mitarbeiter, „unabhängig von ihrer Religion integrativ, respektvoll und unterstützend“ miteinander umgehen und behandelt würden.
Neben diversen – verständlicherweise unisono zwischen schockiert und erbost pendelnden – Stimmen aus Politik und Kultur hat sich auch der Zentralrat der Juden bereits zu den Geschehnissen geäußert und zeigte sich in seinem entsprechenden Tweet ebenfalls entsetzt: „Die antisemitische Anfeindung gegen Gil Ofarim ist erschreckend. So wie zu hoffen ist, dass das Westin personelle Konsequenzen zieht. Ebenso hoffe ich, dass wir künftig auf Solidarität treffen, wenn wir angegriffen werden“, wird dort Präsident Josef Schuster zitiert. Auch sächsische Politikerinnen und Politiker äußerten sich. Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) etwa sagte, er hoffe darauf, dass der Musiker Anzeige erstatte, damit man den Vorgang polizeilich untersuchen könne. „Sachsen ist ein weltoffenes Land“, so Wöller. Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) schrieb auf Twitter, es mache ihn wütend, was Ofarim widerfahren sei. Er spreche für die übergroße Mehrheit der Menschen in Sachsen, wenn er sich stellvertretend für die antisemitische Demütigung entschuldige: „Wir haben noch viel zu tun in Sachsen!“ Auch Umweltminister Wolfram Günther (Grüne) zeigte sich via Twitter bestürzt: „Antisemitismus darf keinen Platz haben. Nicht offen, nicht verdeckt. Nicht in Sachsen, nicht in Deutschland, nirgendwo.“ Der Pianist Igor Levit wiederum schrieb an das Hotel gerichtet: „Shame on you.“ – Drei Worte, denen im Grunde wenig hinzuzufügen sein dürfte.
Und die sächsischen Behörden? Olaf Hoppe, Sprecher der Leipziger Polizei, sagte, dass die mutmaßliche Aussage des Hotelangestellten für ihn „klar antisemitisch“ sei. Die Polizei werde Inhalte des Videos an die Staatsanwaltschaft weiterleiten, die eine strafrechtliche Relevanz prüfe. Je nach Ergebnis werde dann weiter ermittelt oder nicht. Wie Hoppe weiter erklärte, war die Polizei bei dem Vorfall nicht vor Ort. Mit dem betroffenen Musiker habe man bislang nicht gesprochen. Die Behörde kenne sein Video und habe es gesichert. Immerhin.
Gil Ofarim, der seinerseits möglicherweise selbst Anzeige erstatten wird, wollte sich zu dem Vorfall zunächst nicht weiter äußern. Sein Management teilte mit, dass er die Vorkommnisse in Leipzig erst einmal verdauen müsse und sichtlich schockiert sei. „Heute wäre der Geburtstag seines Vaters gewesen, deshalb möchte er zu diesem Thema auch erst einmal keine weiteren persönlichen Interviews geben“, hieß es. Der Tag sei generell schon schwer genug für ihn. Man bitte um Nachsicht und Verständnis.
In jedem Fall auch von ANEWFRIEND wenig herzliche Glückwunsch ans „The Westin Leipzig“ – hoffentlich seid ihr stolz auf diese wohl gar nicht mal so gewollte Aufmerksamkeit sowie euer mindestens eigenartiges Händchen bei der Auswahl eurer Angestellten. Findest bei euch also die nächste AfD-Tagung statt? Bettelt ihr um einen standesgemäßen Boykott? Scheint ganz so, wenn selbst euer lokales Management seine gestrig-braune Grundhaltung derart offen zur Schau stellt… Oder zieht ihr in diesem Fall mit klarer Kante Konsequenzen? Selten waren Kündigungen berechtigter als hier, da gibt’s keine zwei Meinungen.
Und alle anderen – vor allem ihr braunen Sympathisanten und Anti-Alternativen-Wähler ohne Herz, Hirn und Restverstand in meiner alten Heimat – solltet dringend Lektionen in Reflexion erteilt bekommen und darüber nachdenken, wie ihr euch eine (deutsche) Gesellschaft im Jahr 2021 vorstellt… Besser gestern als morgen, bitte! File under: Wie mag man selbst behandelt werden? In jedem Fall: So nicht. Zwar mag dieser Post bereits vier Jahre zurückliegen, doch leider ist jedes verdammte Wort, dass ich anno 2017 in die Tastatur geklöppelt habe, so aktuell wie heute. Denn mit ebenso viel Scham wie Wut im Herz und Bauch lässt sich auch 2021 feststellen: Der Osten Deutschlands wählt nicht nur gern braune Idioten, er trägt auch oft genug deren hohles, unmenschliches Gedankengut – ob nun bewusst oder unbewusst – unumwunden zur Schau. Nicht alle, nicht jeder – aber jedes Prozent für Anti-Alternativ-Parteien, Faschisten und Hetzer ist gleich ein zweites zuviel. (Und nicht umsonst durfte sich die AfD bei der kürzlichen Bundestagswahl in Sachsen über 25,7 Prozent der Erststimmen- sowie 24,6 Prozent der Zweitstimmenanteile freuen.) Freilich dürfte es wenige regelmäßige Leser dieses bescheidenen Blogs nicht wundern, dass der Schreiber dieser Zeilen, ein gebürtiger Sachse und Ostdeutscher, dem Linken im Denken und dem gesunden Menschenverstand im Handeln näher steht als so manche(r), die auch dieses Jahr wieder ihr Kreuz an gestrig lamentierende Populisten verschwendet hat. Zudem musste (ja: musste) ebenjener Schreiber sich in den vergangenen Jahren ein ums andere Mal – und damit deutlich zu oft – für vieles, was ihr im vermeintlichen „Protest“ gegen wasauchimmer verbrochen und versaut habt, für euch schämen. „Wir sind das Volk?“ Nein, seid ihr nicht. Wenn ihr Hass und Hetze verbreitet (am liebsten noch anonym und feig im weltenweiten Netz) und einem menschlichen, reflektieren Miteinander im Weg steht, dann seid ihr vor allem eines: ganz, ganz arme Schweine. Und verdient wie jeder nur jenes Maß an Respekt und Anstand, welches ihr auch anderen zuteil werden lasst. Over and out, und: #keinenverdammtenmilimeternachrechts
(gefunden bei Facebook / das komplette SPIEGEL-Interview gibt’s hier)
Felix Kummer und seine Band Kraftklub mögen nicht jedermanns Sache sein (meine zum Beispiel sind sie nicht, bin aber wohl auch leicht über Zielgruppen-Alter), die politische Haltung des Chemnitzer Musikers, Baujahr 1989, ist jedoch in jedem Fall unterstützenswert. Denn einerseits vertreten Kummer und seine Klaftklubber diese klar und deutlich, zum anderen engagiert sich das recht erfolgreiche Punk-Pop-Indie-Rap-Irgendwas-Quintett auch immer wieder: So initiierte die Band am 3. September 2018 als Protest gegen die rechtsextremen Ausschreitungen in Chemnitz ein Openair-Konzert unter dem Motto „Wir sind mehr“ vor schätzungsweise 65.000 (meist jungen) Besuchern und konnte auch andere musikalische Größen fürs Line-up gewinnen: neben ihnen spielten dort auch unter anderem Die Toten Hosen, Feine Sahne Fischfilet, K.I.Z., Marteria und Casper. Props also für so viel ehrliche klare Kante von Felix Kummer, der kürzlich mit der Solo-Single „9010“ seiner sächsischen Heimatstadt einmal mehr die Ehre erwies. 👍
Heinz Ratz, nimmermüder Frontmann der Ska-meets-Punk-meets-Polka-meets-Walzer-meets-Rock-Band Strom & Wasser, hat bereits seit seiner Jugendzeit eine stark ausgeprägte Ader. Das lässt sich nicht nur aus seinen Texten heraus lesen, sondern auch aus dem Handeln des mittlerweile 50-jährigen „Punks by heart“.
Das neuste Bespiel: Die ambitionierte Aktion „Eine Million gegen Rechts!„, mit der sich der vielseitige Indie-Musiker – übrigens nebst anderen „Alt-Linken“ wie Konstantin Wecker – nicht nur gegen Verblödung, Angstschürer und den bundesdeutschen Rechtsruck, sondern auch für den Erhalt von soziokulturellen Zentren und Jugendhäusern stark macht.
Unterstützenswert? Absolut. Aber lassen wir Heinz Ratz am Besten selbst zu Wort kommen:
„Seit über 30 Jahren bin ich nun, wie Tausende andere Musiker und Bands auch, auf den Bühnen der Soziokulturellen Zentren und selbstverwalteten Jugendhäuser unterwegs. Orte der Weltoffenheit, basisdemokratisch, tolerant, jung und fernab vom Mainstream auch immer bereit, ein Zuhause für diejenigen zu sein, die es sonst schwer haben in der Gesellschaft. Diese Orte sind bedroht und brauchen unsere Unterstützung.
Wer meint, es sei utopisch, die Summe von 1 Million zusammenzukriegen – klar, kann natürlich sein! Warum wir es trotzdem versuchen?
» Die AfD hat in einer Spendenaktion 2,1 Millionen Euro in kürzester Zeit sammeln können.
» Ein Leopard-2 Panzer kostet etwa 3 Millionen Euro.
» 100 Meter Autobahn kostet im Schnitt 1 Million Euro.
» Mit einer Staffel „DSDS“ verdient Dieter Bohlen rund 1 Million Euro.
Das Problem: Von der sogenannten Identitären Bewegung werden mittlerweile Ferienfreizeiten angeboten, die garantiert ‚ausländerfrei, frei von Gender-Diskussionen und patriotisch‘ sind. Geleitet von ausgebildeten Sozialpädagoginnen und -Pädagogen. Studien belegen, dass viele Studenten mit rechter Gesinnung in Erziehungsberufe streben. Gleichzeitig entstehen überall neue rechte Jugendzentren. Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg lassen sich schon heute recht gut prognostizieren und man muss das Schlimmste befürchten. (In der sächsischen Schweiz z.B. hat die AfD laut Umfrage zur Zeit 40%, die NPD kommt mit 7% noch obendrauf.) Das bedeutet, diese Parteien werden höchstwahrscheinlich in alle kommunalen Kulturgremien rein kommen, Kultur- und Bildungsentscheidungen treffen und auf jeden Fall alles tun, die ohnehin angeschlagenen Soziokulturellen Zentren und selbstverwalteten Jugenhäuser zu schließen oder umzugestalten.
Das wird wiederum dazu führen:
» dass Alternative Kultur nicht mehr angeboten werden kann,
» dass weltoffene Künstler keine Auftrittmöglichkeiten finden,
» dass der kulturelle Underground verödet und
» dass Jugendliche, vor allem solche, die aus schwierigen familiären Verhältnissen kommen, nur noch von rechten Einrichtungen ‚abgeholt‘ werden und dort auch ein entsprechendes weltanschauliches Zuhause finden. Ich denke, das ist eine Entwicklung, der wir mit allen unseren Möglichkeiten entgegentreten sollten.
Unser Plan: 100 Konzerte in 100 Städten.
» Neben der abendlichen Konzerteinnahmen bitten wir auch Unternehmen, Gewerkschaften, Parteien, Kirchen, Banken und die Stadt selbst um Unterstützung.
» Die Unterstützung kann anonym erfolgen. Gerne veröffentlichen wir aber auch, wer uns hilft.
» Die gesammelten Gelder sollen den Jugendzentren und Kultureinrichtungen zugute kommen, damit die evtl. ihre Häuser kaufen können, Sicherheiten gegen Kündigungen haben oder mit den Geldern entsprechende Anwaltskosten, Werbung für Überlebensaktionen, wichtige Kulturprogramme, notwendige Sanierungen usw. tragen können.
Die Aktion: Eine Million gegen Rechts.
Bis 31. Dezember 2019 soll sich die Aktion hinziehen. Ich denke, das muss vorbereitend geschehen und nicht erst nach der Wahl, denn dann bleibt keine Zeit mehr. Unser Ziel: Eine Million Euro für gefährdete selbstverwaltete Jugenzentren oder soziokulturelle Einrichtungen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen zu erwirtschaften, um damit ihr Überleben zu sichern.
In der Hoffnung auf eure Unterstützung, grüße ich euch, Euer Heinz“
Eine ebenso interessante wie berechtigte Frage: Was passiert eigentlich in Deutschlands Parteibüros, wenn *hust*„der Terror die Nation erschüttert“?
Die Stunde der Rechtspopulisten schlägt stets nach Terroranschlägen und so fällt es – mit massig Sarkasmus im Gepäck – kaum schwer zu vermuten, dass nach jedem Anschlag bei ganz bestimmten Parteien die Korken knallen. Hat man früher noch brav Ermittlungsergebnisse abgewartet, werden heutzutage via Twitter und Co. bereits Sekunden nach der Tat naseweise Ermittlungsergebnisse vorgeschlagen. Die einen mögen all das „Leichenfledderei“ nennen, die andern „Instinkt-Politik“. Am Ende ist beides verdammter Bullshit, an den man sich wohl ebenso gewöhnen muss wie das weise Zwischen-den-Zeilen-lesen.
Zu gerne wüsste man daher, was in den Partei-Büros von AfD und Konsorten direkt nach einem Anschlag los ist. Die satirisch veranlagten Damen und Herren des „Bohemian Browser Balletts“ haben da so eine Vermutung (mit überraschendem Ausgang)…