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Song des Tages: Penny & Sparrow – „Adeline“ (live)


Foto: Promo / Jake Dapper

Kyle Jahnke und Andy Baxter, manch lesendem Auge und hörendem Ohr besser bekannt im US-Indie-Folk-Duo-Verbund Penny & Sparrow, bilden, wie bei Zweiergespannen nicht ganz unüblich, ein regelrechtes musikalisches Yin und Yang, das die Songs der beiden Singer/Songwriter oft genug ebenso verspielt wie authentisch, verträumt und unbeschwert tönen lässt. Das spiegelt sich auch in ihrer Karriere wider, seit sich ihre Wege vor vielen Jahren als Zimmergenossen während ihres Studiums auf der University of Texas in Austin kreuzten – seitdem können Jahnke und Baxter einfach nur noch zusammen.

Und die glückliche Roommates-Fügung hat durchaus Bestand, denn seit ihrem 2013 erschienenen Debütalbum “Tenboom” ging es nicht nur freundschaftlich, sondern auch beruflich in eine erfolgreiche gemeinsame Zukunft. Unzählige Konzerte, auf denen sie auch gern mal Songs von Simon Garfunkel oder Dolly Parton cover(te)n, sowie fünf Alben und einige EPs später sind sie immer noch Best Buddys und gehen alles Musikalische gemeinsam an.

Nach ihrem sowohl von der Kritik als auch der Hörerschaft wohlwollend aufgenommenen 2019er Studioalbum “Finch” zogen sich Baxter und Jahnke in die Isolation der Quarantäne zurück, um das erste Mal ohne fremde Hilfe selbst einen Langspieler zu schreiben und produzieren – das Ergebnis: ein beinahe kammermusikalisches, intimes Folkwerk namens “Olly Olly”, bereits im Januar erschienen und obendrein gespickt mit musikalischen Akzenten aus den weiten Welten von R&B, Bedroom Pop und Hip Hop.

Den Anfang macht “Adeline”, das mit – im besten Sinne – seichten Gitarren- und Gesangsarrangements daherkommt und das Thema Liebe behandelt – und zwar diese eine Liebe, die so rein ist, dass weder die Vergangenheit, die Zukunft, noch das Jenseits von ihr ablenken können. Wie ein Großteil von “Olly Olly” ist auch “Adeline” ein verträumter, impressionistischer Song, der in der Kraft emotionaler Extreme verwurzelt ist. “Alabama Hint” stellt sich einen Ex-Lover als Geist vor, der partout abgewehrt werden muss. “Need You” behandelt eine ungesunde Beziehung, die schon an eine Art Sucht grenzt und die Erinnerungen in “Lucana” wollen einfach nicht verblassen – Penny & Sparrow verpacken in den zwölf neuen Songs fast den kompletten Zyklus einer Liebe und zeigen zudem auf, dass in selbst jedem negativen Moment auch ein positiver Funke steckt.

Die vielleicht kompliziertesten Beziehungen, mit denen sich das Album befasst, sind jedoch diejenigen, die Kyle Jahnke und Andy Baxter zu sich selbst und ihrer Vergangenheit haben. Das berauschende “GoGoGoGo”, welches ganz auf Akustikgitarren zugunsten der Alt-Pop-Instrumentalisierung verzichtet, schwelgt genau in dieser Ekstase aus “Wir kennen uns in- und auswendig” und “Wir haben alles bisher immer gemeinsam gemacht“. Doch während selbiges “GoGoGoGo” noch die Gemeinsamkeiten behandelt, dreht sich “Voodoo” um genau die eine Sache, bei der man seinen besten Kumpel nicht unbedingt dabei haben möchte: “What if roommates hear us? / Blessed be the fearless / Let ’em bear witness”. “Chayenne” weicht von den ursprünglichen Wurzeln Jahnkes und Baxters wieder deutlich ab und lehnt sich stärker denn je in verträumte Sphären aus Bedroom Pop und R&B an, während schwellende elektronische Klänge und ausgewaschene Melodien den Zuhörer in eine Art Traumgewand hüllen und die R&B-Harmonien den Song zudem wie einen sonnendurchfluteten Raum aus fröhlichen Melodien und ausgeklügelten Textzeilen wirken lassen.

„Olly Olly“ mag zwar nicht unbedingt zu hochtrabenden philosophischen Debatten anstacheln, bietet dafür jedoch feinen “Folk für den perfekten Sonntagmorgen” (Rolling Stone) von den „texanischen Kings of Convenience“. Penny & Sparrow erkunden auf ihrem neusten Werk für sich selbst ein aufregendes neues Terrain und erschließen sich Stück für Stück die vielen Möglichkeiten, die einem die Musik bieten kann.

„Andy und ich sprechen über den Entstehungsprozess dieser Platte wie über eine Art musikalisches ‚Rumspringa‘. Es war eine Gelegenheit, wirklich wir selbst zu werden, uns außerhalb der Rollen zu entwickeln, in die man uns gesteckt hatte – oder in die wir uns selbst gesteckt hatten, weil wir so aufgewachsen waren.“ (Kyle Jahnke)

Rock and Roll.

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Song des Tages: Veronica Swift – „Sing“


Bereits im zarten Alter von neun Jahren nahm die in ein musikalisches Elternhaus hineingeborene Sängerin Veronica Swift das Album „Veronica’s House Of Jazz“ auf. Es folgten im Laufe der Jahre ein paar weitere vielversprechende Platten (zuletzt 2019 „Confessions„), später trat sie zudem mit Weichspülern wie dem Jazz-Trompeter Chris Botti oder Traditionalisten wie dem Pianisten Benny Green auf. Wer hört, wie sie gemeinsam mit Wynton Marsalis ein minutenlanges Live-Scat-Solo über „Cherokee“ hinlegt, für den scheint die Sache klar: Die 1994 geborene New Yorker Sängerin gehört zu jener Kategorie von Wunderkindern, die zwar technisch virtuos, aber sonst eher unoriginell tönen. You may call it „Hintergrundberieselung“…

Nun, von diesem möglicherweise etwas vorschnell gefällten Vorurteil kann man sich spätestens mit ihrem im vergangenen Jahr erschienenen Album „This Bitter Earth“ getrost verabschieden. Sicher: Auch dort singt Swift gewohnt intonationssicher und solistisch versiert einiges an Standard- und Mainstreamware, wie etwa George Gershwins „The Man I Love“ oder ein schmissig-flottes „Youʼre The Dangerous Type”, bei dem sich eine ganze Heerschar anderer Vokalistinnen wohl die Zunge verknoten würde. 

Doch nicht nur wie sie singt, sondern vor allem was sie singt, überzeugt. Denn die 27-jährige US-Jazz- und Bebop-Musikerin zeigt bei der Stückauswahl großes Geschick und löst ein, was das von Dinah Washington entliehene Titelstück verspricht: Hier stellt sich jemand sehr erwachsen und frei von großen Illusionen den Widrigkeiten der Gegenwart, erstellt einen dreizehnteiligen Liederzyklus, der sich mit Sexismus, häuslicher Gewalt, Umweltproblemen, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit oder den Gefahren von Fake News befasst und somit Merkmale von wegweisenden Klassikern wie Marvin Gayes „What’s Going On“, Kate Bushs „Hounds Of Love“ oder Mary J. Bliges „My Life“ aufnimmt. Und auch wenn bei den zum Großteil bereits 2019 – und somit bevor die Coronavirus-Pandemie die Welt fast völlig zum Stillstand brachte – aufgenommenen Songs gelegentlich Streicher watteweiche Teppiche auslegen und die musikalische Begleitung von einem blitzsauber swingenden Piano-Trio unter der Leitung Emmet Cohens kommt, so fehlt von dem unschuldig-nostalgischen Eskapismus der Vorgänger-Jazzgesangsgeneration um Jane Monheit und anderen doch jede Spur.

„Ich habe seit Jahren darauf gewartet, dieses Album zu machen und wollte, dass es zwei verschiedene Ansätze hat. Ich habe mit der Stellung der Frau in der heutigen Gesellschaft begonnen und wie sie sich verändert. In der zweiten Hälfte wollte ich andere Missstände in der Welt ansprechen, sei es Rassismus oder Fake News. Aber ich beziehe keine politische Position. Ich bin mir mit meinem Publikum sehr darüber im Klaren, dass ich als Künstler bestimmte Themen als Außenstehender anspreche, der hineinschaut.“ (Veronica Swift)

Ganz im Gegenteil: Mit an Zynismus grenzender Schärfe interpretiert Swift mithilfe von energischen Scat-Vocals etwa die Rodgers- und Hammerstein-Nummer „Youʼve Got To Be Carefully Taught“ aus dem Jahr 1949 und dem Musical „South Pacific“, die davon handelt, dass man Kinder früh zu Angst und Hass erziehen sollte, damit sie brav die rassistischen oder religiösen Vorurteile ihres Umfeldes übernehmen. Ganz sanft und naiv wiederum intoniert sie zu akustischer Gitarre den durch die Vokalgruppe The Crystals bekannt gewordenen Carole King-Song „He Hit Me (And It Felt Like A Kiss)“, welcher unverblümt von häuslicher Gewalt handelt. Nur von Armand Hirsch auf der akustischen Gitarre begleitet, setzt Swift mit ihrem Gesang einen Kontrast zu dem bombastisch instrumentierten Original und entlarvt den im Titel angedeuteten Sexismus mit sanften Tönen Auch toll: das gleichermaßen großartige wie unbekannte „The Sports Page“ von 1971 aus der Feder des Jazz-Pianisten und Journalisten Dave Frishberg, welches sich nun wie ein genialer Kommentar zur Donald Trump’schen Fake-News-Pest, vielsagend-hohlem Verschwörungsgeschwurbel und der US-Wahl 2020 anhört. Andere Stücke stammen aus Musicals wie „Bye Bye Birdie“ (1960), „The King And I“ (1951) oder „The Jungle Book“ (1967) – alle möglicherweise durchaus betagt im Alter, jedoch dennoch auch im 21. Jahrhundert mit deutlichem Zeitgeist-Wert. Wenn Swift nach allerlei hervorragendem Changieren zwischen Jazz, R&B, Rock und einer Prise Blues den krönenden Abschluss „Sing“ (im Original vom US-Punkrock-Cabaret-Duo The Dresden Dolls) mitsamt angejazzrockter E-Gitarre als fragilen Aufruf zur Versöhnung mit dem eigentlich Unversöhnlichen intoniert, wird klar: Die USA haben neben Cécile McLorin Salvant nun eine weitere kraftvolle Jazz-Stimme mit einem brillanten Gespür für Subtexte. Ein superbes Konzeptalbum, zu gleichen Teilen beeindruckend, brillant, virtuos, sentimental, verführerisch, voller Emotionen und schlussendlich hochgradig überzeugend. You may not call it „Hintergrundberieselung“.

Rock and Roll.

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Song des Tages: November Ultra – „Bedroom Walls“


Wenn die Welt da draußen vor der Haustür in einem Strudel aus Wahnsinn und Gewalt unterzugehen scheint, ist zumindest – insofern man sich den Luxus der Zerstreuung leisten kann und mag – auf die Musik Verlass. Denn im Angesicht all der schlechten Nachrichten und neuerlichen Hiobsbotschaften hilft selbige, die Musik, unser Gemüt zu beruhigen. Wer dazu den passenden Soundtrack liefern könnte? Nun, November Ultra etwa. Die Newcomerin gehört zu jener Kategorie von Künstler*innen, die mit ihrer Soundmixtur genau dieses Gefühl der Erleichterung vermitteln. Einer ihrer ersten Songs, „Soft & Tender“, beschrieb die Musik nahezu punktgenau – und auch, was sie später veröffentlichen sollte.

Bevor sie ihre Solokarriere startete, war die junge Französin die Sängerin der Pariser Surf-Pop-Band Agua Roja, die in ihren Songs in etwa die Schnittmenge aus Real Estate und Beach House abbildeten. Als sich die Band 2018 trennte, posteten die drei Mitglieder in den sozialen Netzwerken vielsagend „Ein Ende ist ein Anfang“. Sie sollten Recht behalten – vor allem, was November Ultra betrifft. Denn die begann nicht nur, mit verschiedenen Künstler*innen nationaler wie internationaler Couleur – von Jaden Smith über Terrenoire bis hin zu Claire Laffut – zusammenzuarbeiten, sondern auch in aller Abgeschiedenheit zu Hause an intimen LoFi-Songs zu schreiben. Heute darf ihre Musik ganz für sich selbst stehen.

Ihr erstes, unlängst erschienenes Album „Bedroom Walls“ berichtet von diesem Werdegang – und überzeugt vor allem mit ihrer wunderschönen Stimme. Wie bereits auf der im vergangenen Jahr veröffentlichten „Honey Please Be Soft & Tender EP“ singt sie hauptsächlich auf Englisch, hier und da auch auf Französisch und Spanisch. Letzteres kommt nicht von ungefähr: Die Musikerin wuchs mit spanischen und portugiesischen Eltern mehrsprachig in Frankreich auf, ihr Großvater kommt aus Spanien – nur allzu verständlich, dass vor allem die Ausdrucksmöglichkeiten von dessen wunderbarer Muttersprache ihr ebenso wichtig wie nah sind. „Ich habe alles reingepackt, was mich ausmacht, jede Träne, jedes Lachen, jede Erinnerung“, sagt sie über ihr Album. Und schafft es dennoch, ihren persönlichen, nicht selten in der Intimität des heimischen Schlafzimmers entstandenen Liedern eine gewisse Universalität zu verleihen. Sanftheit und Zärtlichkeit sind eben zwei der Dinge, von denen man wohl nie genug bekommen kann – ebenso wie faule Mußestunden im heimischen Bett. Darf man das Ganze also unter „Bedroom Pop“ verbuchen?

Nun, ganz so einfach ist es nicht. Denn obwohl ihr Label die ehemalige Agua Roja-Sängerin nur allzu gern als „Latest Bedroom Pop Sensation“ vermarkten würde, ist die Musikerin ja keine Newcomerin im klassischen Sinne, hat sich mit diversen Kollaborationen in den letzten Jahren bereits ganz gut in der internationalen Pop-Szene eingerichtet – und wenn schon eine „Sensation“, dann doch vielmehr im Kleinen.

Viel Hilfe benötigt Bedroom Ultra dafür nicht, produzierte ihre eigenen Songs selbst mit dem Programm Ableton – und nutzt dessen Möglichkeiten, um die Musik auf durchaus kreative Weise von innen nach außen zu kehren, indem sie die einzelnen Bestandteile der Songs (hauptsächlich die Gesangsparts) immer wieder herauspickt und isoliert bearbeitet in den Flow zurückführt. Wie’s wirkt? Das wiederum lässt sich schwerlich beschreiben – und führt dazu, dass den eigentlich geradlinig angelegten, stilistisch jedoch umso vielfältiger erscheinenden Tracks zuweilen sogar ein opulenter, operettenhafter Hörspielcharakter zukommt. Pop-Musik im klassischen Ohren-auf-und-durch-Sinne ist das definitiv nicht, da sich die Basis ihrer Stücke aus so unterschiedliche Genres wie Jazz, Folk, Ambient, R’n’B oder Electronica speist. Und auch eines weiteren Klischees entledigt sich die Französin, denn ausgerechnet echte Chansons gibt es hier keine. Insgesamt tönt das schon recht interessant – wenn auch auf eine ganz andere Art, als es der Marketing-Abteilung vielleicht lieb wäre. Und als Soundtrack zur Zerstreuung, bevor man ob der verrückten Welt da draußen wieder mal die Hände über dem Kopf zusammenschlägt, eignen sich diese Songs allemal…

Dass es sich auch im heimischen Bett recht gediegen musizieren lässt, beweist November Ultra übrigens hier:

Rock and Roll.

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Song des Tages: Bartees Strange – „Mustang“


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Bereits Anfang dieses Jahres machte der Indie-Musiker Bartees Strange aus Washington, D.C. von sich reden (und beförderte sich auch „Auf den Radar“ von ANEWFRIEND), als er auf seiner Debüt-EP „Say Goodbye To Pretty Boy“ eine Reihe von Coverversionen von Songs aus der Feder von The National veröffentlichte – und die Stücke nicht mal eben nur schnöde nachspielte, sondern jedem einzelnen ein kleines Stück seiner eigenen Seele, seiner eigenen Identität hinzufügte.

a3910159685_16Doch auf diesem Achtungsausrufezeichen will es Bartees Leon Cox, Jr. – zum Glück – nicht beruhen lassen – und kündigt nun an, dass noch im aktuellen Jahr sein erstes Album erscheinen wird, welches – und das wohl kaum nur des Zeitgeistes wegen – auch Themen wie Identität, Akzeptanz oder Rassismus behandeln werde, während stilistisch so ziemlich alle Viertel von Indie Rock über Jazz und HipHop bis hin zum Soul angefahren werden sollen. Besser noch: Mit „Mustang“ veröffentlicht der im englischen Ipswich geborene Rapper, Sänger und Multiinstrumentalist auch schon eine erste Single aus selbigem. Der Song ist eine Reflexion über das Aufwachsen in einer der wenigen schwarzen Familien in einer überwältigend weißen, konservativen Stadt. „Ich habe mich versteckt. Ich habe mich abgeduckt, damit sich die Leute um mich herum wohler fühlten“, so Strange.

Musikalisch kommt „Mustang“ als Mischung aus verträumtem Pop, fiebrig pulsierenden Indierock-Gitarren und jenseitig schimmernden Synthesizern, die allesamt von Stranges ausdrucksstarker Stimme zusammengehalten werden, daher. Benannt (auch) nach der Stadt in Oklahoma, in der Bartees Strange aufwuchs, bewegt sich das Stück von sanft gesungenen Lines zu aggressiven, feurigen Shouts. In einer Zeile erklärt er sich selbst zu einem „beast from the southern coast“, gibt dann aber zu „I lie for a living“ und „I just wait for my horses now“. Im weiteren Verlauf des Songs wird sein Gesang immer verzweifelter und rauer – und scheint beinahe einem Aufruf an ebenjene „Mustangs“ zu sein, ihn von diesem Ort wegzubringen…

 

 

„A man bled out this morning, I’m the antecedent
This was not the first time I fell in my arms
The pain of being pure again, walking home at 4am – hours to go before it ends
It’s hella dark, and I can’t avoid the heat
2 train’s hella long, too high to sleep, my crooked bones
You’re screaming and cursing, I’m smiling, you’re killing me

Is anybody really up for this one
If I don’t hold nothing back
Is anybody up for this one
I know that, you never ask
A beast from the southern coast, a beast from the southern

Last night I looked at you I knew I didn’t really fear that much
I lie for a living now, that’s why I really can’t tell you stuff
The way that we all know how it’s all gonna end I hate America
I just wait for my horses now…

To have a life you love but know you’re undeserving
Last night I got so fucked up near lost my job
It’s nice to think that folks are near, waking up was hard this year
But if I didn’t move the way I did then tell me how else could be

Could I be?
Could I be?

I came with a mouth full of blood
Im hurt cuz no one can see me
Don’t ask, why dont I
Want to give you solace

Tie me up“

 

Rock and Roll.

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Sunday Listen: SAULT – „UNTITLED (Black Is)“


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Nach dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd durch weiße Polizisten gehen die Proteste gegen Rassismus – mal mehr, mal weniger öffentlichkeitswirksam – weltweit weiter. Auch am 19.06., am sogenannten „Juneteenth„, dem Tag, an dem an das Ende der Sklaverei der afroamerikanischen Bevölkerung in den Vereinigten Staaten erinnert wird, zog es in den US of A landesweit Menschen auf die Straßen. Und: Genau an diesem Tag veröffentlichte die britische Band SAULT völlig überraschend ihr nächstes Album mit dem Titel „UNTITLED (Black Is)“. Zeitlos und doch so verdammt relevant. Ein Protestalbum, welches leider perfekt in diese Zeit passt…

We present our first ‘UNTITLED’ album to mark a moment in time where we as Black People, and of Black Origin are fighting for our lives. RIP George Floyd and all those who have suffered from police brutality and systemic racism. Change is happening… We are focused. SAULT x

Um die noch recht frische Band aus London ranken sich seit jeher ein paar Banksy-würdige Mysterien. Ihre Veröffentlichungen erscheinen aus dem Nichts (wie etwa im vergangenen Jahr gleich zwei Werke titels „5“ und „7„), Hintergrundinformationen existieren kaum und öffentliche Auftritte gibt es –  zumindest bisher – nicht. Aus den Credits der Songs ist jedoch zu erfahren, dass sowohl Dean „Inflo“ Josiah (unter anderem Produzent für Little Simz, Jungle oder The Kooks) als auch Sängerin Cleopatra „Cleo Sol“ Nikolic ihre Finger im Spiel haben.  So veröffentlichten SAULT ihr neuestes Werk einmal mehr ohne Vorankündigung als Free Download auf ihrer Website sowie via Bandcamp. Auf dem Album sind auch die aus Chicago stammende Rapperin Melisa „Kid Sister“ Young, Soul-Musiker Michael Kiwanuka oder die Poetry-Künstlerin Laurette Josiah vertreten.

Das Cover der Platte ziert eine schwarze, in die Luft gereckte Faust auf pechschwarzem Grund – das Artwork ist bewusst minimalistisch gehalten und sagt doch eigentlich alles. Musikalisch bekommt man eine gleichsam vielfältige wie reduzierte Mischung afroamerikanischer Musikstile zu hören: Soul, Afrofunk, Motown, Gospel, R&B, DooWop, Hip Hop und Spoken Word-Interludes, an mancher Stelle klingen gar New Wave, Post Punk, Dub oder Trip Hop an. Außerdem ungewöhnlich: Mitte Juni spielte DJ Gilles Peterson „UNTITLED (Black Is)“ in seiner BBC-Radiosendung, noch bevor es irgendwo sonst zu hören war. Und zwar – allein das spricht bereits Bände und geschah vorher nur ein einziges Mal – komplett. Als den „ersten Klassiker der Ära der ,Neuen Realität“ bezeichnete die DJ-Koryphäe für schwarze Musik das Album vorab auf seinem Twitter-Account.

Noch viel spannender sind jedoch die Themen, mit denen sich SAULT auf dem Album beschäftigen. Sie bieten dem Hörer einen Einblick in ein Leben voll von systematischem Rassismus und Polizeigewalt. Schließlich dürften beide Band-Köpfe wissen, wovon sie reden: Sängerin Cleo Sol hat jamaikanische, serbische und spanische Wurzeln, Produzent Inflo ist schwarz. In den Songs thematisieren sie die permanente Angst, den immanenten Stress, unter denen Farbige (also nur nicht Schwarze, sondern etwa auch Hispanics) in den US of A – und freilich nicht nur da – stehen. Weil sie bei jeder Polizeikontrolle immer mit dem Schlimmsten rechnen müssen. Weil zunächst einmal ihre Hautfarbe gesehen wird, selten der Mensch dahinter. Man spürt die Wut, die Angst, Trauer, all diese Ungerechtigkeit – und doch bleibt am Ende die Hoffnung auf eine bessere, eine friedvollere Welt bestehen.

Wildfires“ positioniert sich dabei als das Herzstück des Albums und dürfte mit Zeilen wie „We all know it was murder“ schon jetzt einer der eindringlichsten Songs des Jahres sein. Ein berührendes, beat-getriebenes Soul-Statement, dem jede(r) sein (oder ihr)  Gehör schenken sollte. Anderswo, in „Hard Life„, einem schwermütigem Track mit schleppenden TripHop-Beats und wummerndem Bass, heißt es „Everyday feels like a battle“. In „Bow“ gibt Michael Kiwanuka mal nicht den zugänglichen Soul-Folkie, sondern chantet über einen Afro-Beat. Er, dessen Eltern einst aus Uganda nach London flohen, zählt so einige afrikanische Länder und Städte auf und fordert am Ende: „We got rights!“„Wir haben Rechte!“„Don’t Shoot Guns Down“, ein Aufschrei im gleichnamigen Song, ist unterlegt von Polizeisirenen sowie Sprechchören bei einer Demonstration. Und dazwischen immer wieder poetische Momente wie in „Black Is„: Spoken Word meets Gospel, und in den Lyrics heißt es „Black is beautiful / Black is excellent, too / In me, in you“. Der Band gelingt dabei das Kunststück, niemals bitter zu klingen, sondern ein stolzes Statement schwarzer Selbstbestimmung zu formulieren. This generation cares. 

All diesen formidabel-löblichen Aktionismus mal außen vor, bleibt natürlich zu hoffen, dass das Thema nicht wieder in den Hintergrund tritt, bis der nächste sinnlose, rassistisch motivierte Todesfall die Medien erreicht, da die öffentliche Aufmerksamkeitsspanne bei so vielen wichtigen Themen leider immer recht kurz ist (und Dank unserer digitalen Reizüberflutung immer kürzer gerät). Jeder Mensch sollte versuchen sich daran zu beteiligen, die Missstände weiter auszuräumen und Rassismus weiter zu bekämpfen. Sich selbst hinterfragen, weiterbilden, andere sensibilisieren. Change is happening? Let’s hope so.

SAULT haben dazu mit „UNTITLED (Black Is)“, das in digitaler Form gratis angeboten wird und  auch als Vinyl vorbestellt werden kann (die Einnahmen sollen an Charity-Organisationen gehen), auf jeden Fall einen bedeutsamen Teil beigetragen – weniger als Musik schaffende Band, sondern vielmehr als Dokumentaristen und Chronisten. Ein wichtiges Album für diese wegweisende Zeit…

 

 

Rock and Roll.

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Song des Tages: Los Coast & Gary Clark Jr. – „A Change Is Gonna Come“


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Foto: Kevin Womack

Die aus Austin, Texas stammende Band Los Coast hat eine gemeinsam mit Gitarrist Gary Clark Jr. aufgenommene Coverversion von „A Change Is Gonna Come“ veröffentlicht. Ihre Variante des Sam Cooke-Evergreens folgt ihrem im vergangenen Jahr erschienenen Psychedelic-Alt.Soul-Debütalbum „Samsara„, über welches der „Rolling Stone“ schrieb, dass dieses „den funky 1970ern zunickt und den Gospel-beeinflussten Gesang von Frontmann Trey Privott mit stetigen Grooves, fettem Keyboard und Wolken von Hall mischt.“ Aufgrund ihrer hypnotisierenden Live-Auftritte als Support von Gary Clark Jr., St. Paul & The Broken Bones und anderen, die der Band einiges an Aufmerksamkeit einbrachten, schrieb „NPR“: „Man mag nicht in der Lage sein, ihrem Sound ein Evergreen-Label aufzudrücken, aber die fünf Musiker werden sicherlich Ihren Puls in die Höhe treiben und Ihr Hinterteil im Handumdrehen zum ‚Schütteln‘ bringen.“ Mit ihrer Mischung aus Genres wie R&B, New Wave, Funk und Weltmusik haben Los Coast einen Sound geschaffen, der ihre enormen Einflüsse widerspiegelt und sie dabei zu etwas Einzigartigem macht.

717oVfiCXTL._SS500_Nun also feierte ihre Version von „A Change Is Gonna Come Come“ mit Gary Clark Jr. an den Saiten Premiere – eine durchaus dem Zeitgeist angepasste, aber ebenso bewegende und kraftvolle Interpretation des Cooke-Klassikers von 1964. In einem Gespräch mit „SPIN“ sagte Los Coast-Frontmann Trey Privott: „Wir haben uns letztes Jahr entschieden, unsere Version dieses Songs zu machen. Ich glaube, wir waren der Ansicht, dass wir, anstatt einen eigenen Song zu schreiben, viel lieber den Größen vor uns Tribut zollen wollten. Unser Produzent Jacob Sciba und ich begannen also mit der Arbeit an einigen Cover-Ideen. Wir dachten: ‚Lasst uns etwas von Sam Cooke nehmen!‘ Meiner Meinung nach ist er einer der besten Sänger der Geschichte, und ich habe seine Songs gesungen, seit ich 16 war. Wir waren Anfang des Jahres mit Gary Clark Jr. auf Tournee, und wir hatten beschlossen, dass wir bald gemeinsam an etwas arbeiten sollten. Jacob nahm Kontakt zu ihm auf, um zu sehen, ob er mitmachen wollte – und er sagte zu! Nachdem wir fertig waren, spielte Gary diese Benefizveranstaltung namens ‚Voices for Justice‘ mit The Chicks. Es war eine Benefizveranstaltung, um Menschen, die zu Unrecht für Verbrechen verurteilt worden waren, die sie nicht begangen hatten, Gerechtigkeit zuteil werden zu lassen. Danach erzählte mir Gary eine Geschichte über diesen Mann, der ihn aus dem Gefängnis anrief. Der Mann erzählte ihm, er habe sich jeden Tag ‚A Change Is Gonna Come‘ angehört, um die Hoffnung aufrechtzuerhalten, während er im Gefängnis saß. Solche Menschen gibt es überall in den Vereinigten Staaten in unserem Gefängnissystem. Darum geht es in dem Song. Er ist ein Schrei nach Gleichheit im Justizsystem. Er ist ein Plädoyer für eine faire Chance auf den amerikanischen Traum.“

Alle Einnahmen aus der Veröffentlichung von „A Change Is Gonna Come“ kommen DAWA zugute. Auf der Website der Organisation heißt es: DAWA ist ein Sicherheitsnetz für farbige Menschen, die sich in einer kurzfristigen Lebenskrise befinden. Genauer: für farbige Menschen, welche als Musiker, Künstler, Sozialarbeiter, Lehrer, Heilpraktiker oder in der Dienstleistungsindustrie arbeiten. Denn dies sind die Menschen, die tagtäglich hart für ihren Lebensunterhalt arbeiten und ihr Bestes geben, um anderen zu helfen – und dabei selbst oft das höchste Risiko für eine Krise der psychischen Gesundheit tragen.

 

 

Rock and Roll.

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