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(Tina Turner, * 26. November 1939 als Anna Mae Bullock in Brownsville, Tennessee; † 24. Mai 2023 in Küsnacht, Kanton Zürich, Sängerin und Schauspielerin)

  

Rock and Roll.

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„Allemagne Zero Points“ – Nicht ganz, aber fast.


Hach ja, der ESC. Da kann sich der Gesangswettbewerb formally known asGrand Prix Eurovision de la Chanson“ noch so sehr wandeln und häuten und rundumerneuern, ein paar Dinge haben schonbar seit Jahr und Tag Bestand: Peter Urban moderiert die ganze Chose in der übertragenden ARD zwar stets etwas großväterlich, aber mit ehrlicher Pathosbefreitheit runter, die Wettbüros behalten mit ihren Prognosen nahezu immer recht – und Deutschland, Germany, l’Allemagne holt sich mit hinterletzten Plätzen beim Lied- und Gesangswettstreit der Europäischen Rundfunkunion, an welchem aus unerfindlichen Gründen seit 2015 auch der zwar ferne, jedoch scheinbar gefühlt nahe Nachbarstaat Australien teilnehmen darf, alljährlich immer neue peinliche Nackenschläge ab (freilich nur kurz vom erstaunlichen Sieg anno 2010 mit Lena Johanna Therese Meyer-Landruts Stefan-Raab-Überhit „Satellite“ sowie den rückblickend überaus respektablen 8. beziehungsweise 4. Plätzen für Künstler wie Roman Lob und Michael Schulte unterbrochen, die dann wiederum 2012 und 2018 stattfanden). Nagt’s am teutonischen Selbstverständnis, dass man für solche Niederlagen nicht mal mehr einen Fussball oder irgendwelche Wirtschaftsprognosen benötigt? Dass man über die potentiellen Gründe für die scheinbare Abneigung gegen „uns Deutsche“ ganze Bücher lang vortrefflich mutmaßen und debattieren könnte? Ach, lohnt nicht, Darling! Ein, zwei Traditionen sollten sich bewahren…

Und dieses Jahr? Triumphierte gestern eine Frau, die ein fleischfarbenes, wohl aus ihrer eigenen Lederchaiselongue zusammengeschustertes Outfit, Henna-Verzierungen und sehr, sehr lange Fingernägel trug, selbst in den Momenten der größten Spannung wie Billie Eilishs von Schlaftrunkenheit und nebulösen Stoffen achtsam sedierte ältere Schwester wirkte und sich auf der großen Bühne aus einer engen „Sonnenbank“ (Peter Urban) befreite. Loreens Lied „Tattoo“, mit viel Zielbewusstsein von ganzen sechs Autoren geschrieben, beginnt nicht gänzlich ohne Absicht mit einer fast schon Abba’schen Wendung: „I don’t wanna go / But baby, we both know/ This is not our time / It’s time to say goodbye.” – noch mit das Beste an der auf Finalsieg getrimmten Drei-Minuten-Nummer. Sei’s drum, die schwedische Musikerin ist jetzt der einzige Mensch neben Johnny Logan, der den Eurovision Song Contest zweimal gewonnen hat – erstmals 2012 mit „Euphoria“ (welches, so viel Ehrlichkeit sollte im Vergleich mit dem diesjährigen Stück nunmal sein, doch deutlich mehr Ohrwurmpotential besaß).

Und dahinter? Belegte der Finne Käärijä, rein optisch ein irrer Hybrid aus dem teutonischen Hippe-di-Hopp-Rapper Haftbefehl und CSD-Techno-Freund, mit der populistischen Gaga-Tanzroutine „Cha Cha Cha“ den zweiten Rang. Noch weiß man, dass diese ulkige Type sich zu Beginn des Bühnenvortrags mit irrem Blick und massig Elan aus einer Bretterbude befreite und, schenkt man dem vorangegangenen Vorstellungseinspieler Glauben, scheinbar recht gern in einer Riesenradkabine sauniert. Wird wohl alles schnell vergessen werden… Apropos „raus aus dem Hirn-Zwischenspeicher“: Auf dem dritten Platz landete die Israelin Noa Kirel mit „Unicorn“, deren auf ansehnliches Tanzspektakel gemünzte Inszenierung irgendwo zwischen J.Lo, Shakira und Ariana Grande zwar wahrscheinlich die überzeugendste des diesjährigen Show-Wettbewerbs war. jedoch offen ließ, was all das nun mit „Female Empowerment“, also mit weiblicher Selbstermächtigung, zu tun hatte. Andererseits: Einhörner will einem ja auch keiner näher erklären, also sei’s drum, is‘ alles nur schön anzuschauende Schau für den juxen Moment. Und: genau diese Treppchen-Platzierungen wurden von den Buchmachern eben vorher angekündigt. Gähn.

Praktisch war außerdem, dass der „Eurovision Song Contest“ ausgerechnet bei den Brexitern in good ole England stattfand, schließlich hatte sich das Augenmerk der gut behüteten Promi-und-Unterhaltunsgwelt ja erst eine Woche zuvor für die lang geplante Inthronisierung von Prinz, ähm… König Charles III. dahin gerichtet. Kaum waren also die Krönungsfeierlichkeiten in London abgeschlossen, verlagerte das öffentliche Interesse einfach den Schauplatz etwas weiter nördlich: Der ESC wurde von der BBC in Liverpool stellvertretend für die im Vorjahr – wohl auch mit einem guten Überpfund Solidarität – erfolgreiche Ukraine ausgerichtet, da solch ein Wettbewerb in einem im Krieg befindlichen Gebiet wohl keine allzu gute Idee abgegeben hätte. Daher erfuhr der geneigte Zuschauer eine Woche lang, dass Liverpool die Geburtsstadt der Beatles ist (ach nee!) und dass die Bürger von Liverpool keine Engländer, sondern „Liverpudlians“ und „Scousers“ sind – und stolz darauf (ach so!). Außerdem sind sie herzlich (ach ja?). Und hierzulande wurde die Stadt am River Mersey nur in einem Satz erwähnt, wenn dieser daraufhin auch „Jürgen Klopp“, neben Ratebespaßler Günther Jauch aktuell Deutschlands sympathischstes Werbemaskottchen Nummer eins, enthielt.

Aber ich schwof einmal mehr ab… Camilla und Charles eröffneten also die prall mit Fahnen wedelndem Publikum gefüllte Arena bei den Royal Albert Docks, und am Anfang der Fernsehübertragung spielten unter anderem Herzogin Kate und Andrew Lloyd Webber auf dem Piano einige Kadenzen von „Stefania“, dem ukrainischen Gewinnersong des letzten Jahres, bevor das experimentell gekleidete Kalush Orchestra das Lied auch noch einmal in der Halle aufführte. Und jetzt haben wir genug von der Flöte – und zwar auch von selbiger, die der kleinwüchsige Mann zwischen Trommlern und Amazonen für Moldau blies! (Ein „Skandal“ ist übrigens nur das, worüber man, bei allem Irrsinn dieser Tage, nicht selbst mit einem Auge zwinkern kann…)

So kommentierte sich Peter Urban in seiner letzten ESC-Sendung vier Stunden lang tapfer durch die Postkartenansichten von Rathäusern, Brücken und Bibliotheken von Großbritannien, den jeweiligen 26 Finalbetragsländern und der Ukraine. Die Toiletten, hatte Urban vorher angemerkt, lagen dicht an der Sprecherkabine. Pickepackene 240 Minuten, 14.400 Sekunden dauerte die Show, die durch das Abfragen der sogenannten Jury-Stimmen aus jedem Land traditionell einmal mehr gen Ende etwas in die Länge gezogen wurde (obwohl die Verantwortlichen hier mittlerweile gewinnbringend gekürzt haben). Wenig überraschend einigten sich diese „Experten-Jurys“ mit überwältigender Mehrheit auf Schwedens Loreen – und dieses Votum wurde, ebenso wenig überraschend, auch von der öffentlichen Meinung, den Publikumsstimmen, der Vox Populi, nicht wirklich gewendet. Hinter Loreen und Finnlands technoider Antwort auf Haftbefehl, Käärijä: ein großer Abstand zum israelischen Pop-Sternchen Noa Kirel und dem Italiener Marco Mengoni mit „Due Vite“, nebst dem hübsch anzuhörenden Schweizer Betrag einem der wenigen traditionellen Lieder im Wettbewerb.

Apropos „Zum ESC bestellen wir uns ’ne Pizza!“: Italien ist das einzige Land der „Big Five“, also der immer schon qualifizierten europäischen Staaten, das schlußendlich auf dem Tableau reüssierte. Frankreich und Spanien, Großbritannien und Deutschland scheiterten mal mehr, mal minder spektakulär mit – wie soll man’s schreiben? – gewollten Beiträgen, die am Ende nahezu keiner wollte. Chris Harms, der Sänger von Lord Of The Lost, liest immer die letzte Seite eines Buches zuerst. Daher hätte auch er gern vorher gewusst, wie der Wettbewerb schlussendlich ausgeht. Mit dem letzten Rang für selbige Lord Of The Lost nämlich. Die Dark-Rock-Band aus Hamburg-St. Pauli wirkte wie aus Versehen in die große Arena geraten. Harms rief „Liverpool, make some noise!“ in eine Halle, in der seit zwei Stunden nur ausgelassener Lärm herrschte. Am Ende waren „Blood & Glitter„, rote Lack’n’Leder-Outfits (die vor allem den Frontmann wie eine neu entdeckte Moskito-Abart aussehen ließen), Feuershow, an der stählernen Rammstein-Fibel geschulte Rrrrrrock-Rifferei und Screamo-Einlagen mickrige 18 Pünktchen wert – da kann die fünfköpfige Truppe wohl, bei aller Mittelmäßigkeit ihres Songs, am wenigsten für. (Noch lustiger war übrigens der Fakt, dass zwei der insgesamt drei Jury-Punkte ausgerechnet aus dem verschrobenen Island kamen und der Präsentator der Punkte seine astreine S&M-Vermummung nicht ablegte. Ach, Island…) Vielleicht war die Reimbarkeit des Titels auf „Glatt und bitter“ zu sehr böses Omen? So nämlich kommentierten Olli Schulz und Jan Böhmermann, ja nicht erst seit gestern beste „Fest & Flauschig“-Podcast-Buddies, das Stück ahnend für den österreichischen ORF. Vielleicht hätte der NDR, anstatt Lord Of The Lost (die den Vorentscheid knapp vor Ikke Hüftgold gewannen und Liverpool somit nur hauchdünn vor einer Überdosis Ballermann-Verblödung bewahrten), wohl eher Böhmermann und seinen tatsächlich verdammt guten, einmal mehr ebenso toll musikalisch ausstaffierten wie mit einem Augenzwinkern garnierten Songbetrag „Allemagne Zero Points„, der mit seiner Veröffentlichung vor ein paar Tagen freilich bewusst zu spät kam, gen England schicken sollen? Nun, verehrte bundesdeutsche Auswahljury: der „blasse dünne Junge“ wäre doch ’ne Idee fürs kommende ESC-Jahr! Schlimmer kann’s nun eh kaum noch kommen… Und nehmt Barbara Schöneberger bitte, bitte endlich den Schlüssel zu ihrem Kinderkirmes-Ankleidezimmer weg! Und bitte, bitte, bitte haltet es nie, nie, nie wieder für eine gute Idee, Elton die Jury-Punkte präsentieren zu lassen, schließlich mag nun mindestens halb TV-Europa denken, dass der ehemalige Raab-Sidekick der schönste und witzigste Mann aus Teutonien sei. Wie wär’s denn mit Ingo Zamperoni? Oder meinetwegen eben Günther Jauch oder Jürgen Klopp?

Natürlich, erst hinterher ist man wirklich schlauer, und auch die diesjährigen geprügelten Hunde von Lord Of The Lost wissen, zumal als Söhne Hamburgs, nun: Du kannst vieles planen, aber der wandlungsfähige Eurovision Song Contest ist in manchem Moment wie die hohe See.

Und wo, kurz vor Ende dieses von Zeitgeist geprägten Artikels erneut der Name der Hansestadt fiel, hier noch etwas Wissensvermittlung: Mit insgesamt 2.500 Brücken ist Hamburg Europas Stadt mit den meisten Brücken und stellt Venedig, welches über lediglich rund 400 Brücken verfügt und damit in dem Ranking nur den fünften Platz belegt, klar in den Schatten. Wusste man? Oha, Chapeau! Und bei aller Nähe zum Wasser sei mir da noch ein letzter Brückenschlag gestattet, denn nun geht – ohne eine Träne, dafür mit amtlicher Würde – der deutsche Kommentatoren-Bootsmann, der jede Ausgabe des ESC seit 1997 mit seiner bestens bekannten Stimme sowie mit dem ein oder anderen zutiefst ehrlichen Einwurf begleitete, von Bord – und das sei ihm, auch schon stolze 75 Lenze alt, freilich gleichsam gestattet wie gegönnt. Passenderweise verabschiedete sich der noble Peter Urban daher gestern ohne Umschweife: „Es war mir ein Vergnügen und eine Ehre. Ihr Peter Urban.“ Wegen zweier Dinge wird er ab dem kommenden ESC-Jahr vor allem fehlen: Peter Urban war niemals borniert. Und er war (beinahe) niemals pathetisch. Im Zweifel waren das die bemerkenswertesten deutschen Leistungen beim wohlmöglich pathetischsten Fest der Welt (nach der Krönung).

  
  

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Zitat des Tages


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(Yoko Ono, *18. Februar 1933, japanisch-amerikanische Künstlerin, Filmemacherin, Experimentalkomponistin und Sängerin)

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An alternate take from ‚The ‚Freewheelin‘ Bob Dylan‚ album cover shoot, featuring Bob with Suze Rotolo photographed on West 4th Street in New York City in February 1963. Photo by Don Hunstein.

„It was the first time I’d shot him,“ explains Hunstein. „I asked him to walk away about fifty feet from me, turn around and walk to me. Because it was cold we didn’t take terribly much time, but we were lucky to get what we got.“

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Das Album der Woche


Thees Uhlmann & Band – 100.000 Songs Live in Hamburg (2022)

-erschienen bei Grand Hotel Van Cleef-

Es ist eigentlich unwichtig, auf welcher Bühne der passionierte Bahnreisende und Jeansjackenträger, der in manchem Moment wirkt wie der Vorstandsvorsitzende der bundesdeutschen Berufsjugendlichen (und das ist keineswegs despektierlich gemeint!), auftaucht. Und es ist genauso unwichtig, ob er zum Singen, Vorlesen oder einer Mischung aus beidem diese Bühne betritt: Thees Uhlmann macht einfach, Thees Uhlmann liefert verlässlich ab. Und sieht sich wohl auch deshalb stets mindestens gut gefüllten Sälen, Hallen oder Open-Air-Locations gegenüber. Dort präsentiert er dann, in beiderseits bester Laune und lautstark gefeiert, eine Mischung aus Songs (alleine oder in Begleitung von Freunden oder seiner Band), Anekdoten (über Freunde, seine Band, Kölner, Düsseldorfer oder seine Familie), Büchern (eigene Romane oder über befreundete Düsseldorfer) und – ja eben, man kann’s kaum oft genug tippen! – weltbester Feierlaune. Auch wenn die Bücher dieses Mal keine Rolle spielen: Die Nachricht über eine relativ kurzfristige Veröffentlichung in Form eines amtlichen Live-Albums von Thees Uhlmann & Band kann nur für strahlende Gesichter bei all denen gesorgt haben, die in den letzten Jahren einem dieser Auftritte beigewohnt haben.

Foto: Sebastian Igel

Von außen und im Gesamten betrachtet dürfte es selten so simpel und gleichzeitig so schwer gewesen sein, ein Live-Album beschreibend und bewertend in Worte zu fassen, denn Konzerte von Thees Uhlmann umfassen einfach so viel mehr als die reine Musik, die nun eben aus der Konserve tönt. Es sind auch die Stories zwischen den Songs, die der gebürtige Hemmoorer und Wahl-Berliner so wunderbar einzigartig und in weltexklusiver Uhlo-Manier erzählt, die Momente im singenden Publikum oder einfach nur das Bild, wenn dieser so nonchalant zwischen Mittelmaß und Einzigartigkeit changierende Typ nach der Show nassgeschwitzt da oben steht oder mal eben spontan den Mittelfinger in die Luft reißt. Klar, das mag bei anderen Künstler*innen freilich nicht groß anders sein, doch um die geht es ja gerade mal nicht. „Das Album ist einfach genauso großartig wie die Konzerte!“ mag der eine oder die andere in Fankreisen rufen. Das stimmt, und doch scheint es zu einfach, um diese Konzerte für alle greifbar zu machen. „Es ist die Mischung aus guter Musik und erzähltem Quatsch!“ ist schon ein etwas präziserer Ausruf, und dennoch nicht ausreichend um wirklich eine Vorstellung davon zu geben, was die 23 Songs auf „100.000 Songs Live in Hamburg“ alles zu bieten haben. Also versuchen wir mal etwas ins Detail zu gehen…

Die sechsköpfige Band um Thees Uhlmann, die der bekennende Springsteen-Fan sich für die Support-Konzerte seines dritten, 2019 erschienenen Solo-Albums „Junkies und Scientologen“ in bester E-Street-Manier zusammengestellt hat (und selbst meist knapp mit „TUB“ abkürzt), betritt im Dezember 2019, als „Corona“ nur der Name irgendeiner Biermarke war und Masken vor allem in Krankenhäusern getragen wurden, unter großem Applaus die Bühne der Hamburger Großen Freiheit 36, um die Show mit „Fünf Jahre nicht gesungen“ zu eröffnen. Passender? Geht’s nicht. Was übrigens auch auf das anwesende Publikum zutrifft, das sich von Anfang an textsicher zeigt und mit Jubel ’n‘ Applaus nicht geizt. Wer in der letzten Zeit selbst das ein oder andere TUB-Konzert besucht hat, dem bieten sich während der knapp zwei Stunden so einige Déjà-Entendu-Erlebnisse, denn freilich kann Uhlmann bei den Ansagen und Geschichten das Rad (beziehungsweise seine Erlebnisse) ja nicht neu erfinden, sodass den Besuchern der Konzerte das eine oder andere natürlich bestens bekannt vorkommt. Das muss jedoch kein Nachteil sein, denn aus den küchentischenen „Also gestern hat er auch irgendwas von seiner Tochter erzählt und hat die so nachgeäfft“-Erzählungen am Morgen danach wird jetzt ein „Hier, hör‘ mal! So war das, was ich da damals meinte…“. Und endlich können alle Uhlmanns so norddeutsch-sympathisches, so herrlich selbstironisches Frei-von-der-Leber-weg-Gesabbel nachvollziehen, ohne sich auf wohlmöglich verkatert-wirre Erinnerungen anderer verlassen zu müssen: wie er den Hamburger „Gefangenenchor“ antreibt und zum Mitsingen animiert, von einem verlorenen Streit mit seiner Tochter erzählt, den Literaturnobelpreis für Stephen King fordert oder das Publikum zu dessen Dorfherkunft befragt. Interaktion? Geht bestenfalls genau so.

Foto: via Facebook

Doch natürlich gibt es zwischen Thees Uhlamnns unterhaltsamer Sabbelei noch allerhand Songs aufs Ohr. Die recht bunt durchgemischte Setlist fokussiert Uhlos 2011er Solodebüt sowie das damals neue „Junkies und Scientologen„, die es beide nahezu komplett zu hören gibt. Da muss die zweite, 2013 veröffentlichte und simple „#2“ betitelte Soloplatte, welche lediglich mit „Zugvögel“ vertreten ist, etwas zurückstecken (und hätte doch zumindest noch mit „Am 7. März„, der tollen Hommage an Mama Uhlmann, repräsentiert werden dürfen), Dennoch folgt hier Hit auf Hit auf Hit, sodass die Platte gut und gern als eine Art Live-Best-Of durchgehen dürfte: von „Danke für die Angst“, der Musik gewordenen Verbeugung vor Horrorautor Stephen King, über „& Jay-Z singt uns ein Lied“, bei dem Uhlmann den Rap-Part von Benjamin „Casper“ Griffey in voller Länge mal eben selbst übernimmt, der herrlich alltäglichen Sozialstudie „Das Mädchen von Kasse 2“, Mittelmäßigkeits- und Heimat-Oden („Was wird aus Hannover“ und „Lat: 53.7 Lon: 9.11667“), etwas ruhigeren („Ich bin der Fahrer, der die Frauen nach HipHop-Videodrehs nach Hause fährt“ oder „Ein Satellit sendet leise“) oder fieberhaft-ruppigeren Nummern („Katy Grayson Perry“) bis hin zu „Römer am Ende Roms“, bei dessen Ende der Blondschopf mal eben die Mundharmonika auspackt, sowie unverblümt hittigen Immergrün-Songs wie „Avicii“ oder „Zum Laichen und Sterben ziehen die Lachse den Fluss hinauf“. Doch Solo-Schaffen hin oder her, die viel umjubelten echten Highlights bilden hier „Ich sang die ganze Zeit von dir“, „Korn & Sprite“, „Schreit den Namen meiner Mutter“ und „Die Schönheit der Chance“ aus Uhlmanns Tomte-Zeit – allesamt deutschsprachige Manifeste allererster Hamburger-Schule-Güte, welche auch mit einigen Lenzen auf dem Buckel noch so großartig tönen wie anno dazumal (wenngleich hier zwei von ihnen, nämlich „Korn & Sprite“ und „Schreit den Namen meiner Mutter“, eventuell etwas zu zahm abgemischt wurden). Dementsprechend darf „Die Schönheit der Chance“, diese frontale Emotionalität, diese ewiglich funkelnde Ode an das Leben, welche mit immer weniger Instrumenten, aber sämtlichen Publikumsstimmen ausklingt, schließlich das auf Platte festgehaltene Live-Erlebnis abschließen und alle Anwesenden selig gestimmt in die Nacht entlassen – wenn Uhlmann nicht noch ein letztes Mal in bester St. Pauli-Manier dazwischen grätschen würde: „Das war ein geiles Konzert!“, schreit der Bandleader zum Ende ins Mikrofon, das er dann noch hörbar droppt. Nun, Rock’n’Roll neigt ja bekanntlich ebenso selten zu Understatement wie Uhlo selbst…

Zwanzig Jahre! Eine „Schnapsidee“, wie Thees Uhlmann, Marcus Wiebusch und Reimer Bustorff (die letztgenannten dürften die meisten als Frontmann respektive Bassist von Kettcar kennen) die Gründung ihres Hamburger Labels Grand Hotel Van Cleef gern nennen, trägt sich nicht nur bereits seit nunmehr zwei Jahrzehnten, sondern steht heutzutage sogar renommierter denn je innerhalb der von nicht wenigen Krisen gebeutelten bundesdeutschen Musikbranche dar. Ein solches Jubiläum, eine solche Leistung hat sämtliche Glückwünsche absolut verdient. Was Uhlmann und seine Label-Mitmacher dabei über all die Jahre seit 2002 auf dem Boden hielt, sind bei aller Arbeit und Mühe, bei allem Punk-Ethos und Idealismus vor allem die gemeinsame Freundschaft sowie eine bedingungslos-leidenschaftliche Liebe zur Musik. Und eine zumindest angetäuschte, sympathische Unprofessionalität – das Bodenständige, die nordisch-trockene Selbstironie eben. Und vor allem Uhlmann trägt sein Herz eh auf der Zunge, teilt seine Leidenschaft für Musik und Popkultur mit jedem, der es (nicht) wissen möchte. Das mag manchmal auch nerdig-aufdringlich wirken und nicht jedem und jeder schmecken, aber, verehrte internetaffine Leserschaft, der Uhlo ist einer von uns: nicht nur Künstler, sondern auch und vor allem Fan. Und in diesem Sinne macht er mit „100.000 Songs Live in Hamburg“ nicht nur, er liefert amtlich ab, sodass alle geneigten Ohren, die diese Live-Platte hören, sogleich mächtig Bock auf Konzerte und Festivals, auf den Sommer, das Leben bekommen – und in jeder Sekunde spüren, dass es den Typen und Typinnen da auf der Bühne genauso geht. Ein größeres Kompliment kann’s ja im Grunde kaum geben, oder?

Wer übrigens nicht genug von Thees Uhlmanns gleichsam sprunghaftem wie unterhaltsamem Gesabbel bekommen mag, dem sei „Amara & Uhlmann“ ans Herz gelegt, eine bisher 3-teilige Gefilmter-Podcast-Reihe (ein 4. Teil soll in den könnenden Tagen erscheinen), in welcher er sich mit Broilers-Frontmann Sammy Amara nicht nur über ihre jeweils neuen Live-Platten, sondern auch (und vor allem!) über das Leben und die Musik unterhält:

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„The Baby Superstar“ – Gil Finkelstein verjüngt die Prominenz


Egal ob sie nun aus dem Musiker-Business, aus der Sportwelt, aus Hollywood oder dem Superhelden-meets-Superschurken-Universum stammen – der aus Israel stammende und in Kalifornien beheimatete Grafikdesigner Gil Finkelstein verjüngt unter dem Titel „The Baby Superstar“ via Instagram auf ebenso kreative und humorvolle wie herzallerliebste Weise die hinlänglich bekannte Prominenz, die zwar hier vor allem durch volle Windeln von sich reden machen mag, sich jedoch oft genug auch durch das ein oder andere „Markenzeichen“ zu erkennen gibt… Prädikat: sollte man gesehen haben.

Hier eine Auswahl allseits bekannter Musikgrößen:

(via Instagram)

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