Egal ob sie nun aus dem Musiker-Business, aus der Sportwelt, aus Hollywood oder dem Superhelden-meets-Superschurken-Universum stammen – der aus Israel stammende und in Kalifornien beheimatete Grafikdesigner Gil Finkelstein verjüngt unter dem Titel „The Baby Superstar“ via Instagram auf ebenso kreative und humorvolle wie herzallerliebste Weise die hinlänglich bekannte Prominenz, die zwar hier vor allem durch volle Windeln von sich reden machen mag, sich jedoch oft genug auch durch das ein oder andere „Markenzeichen“ zu erkennen gibt… Prädikat: sollte man gesehen haben.
Mit dem Alter kommt die Milde. So in etwa könnte man mein Verhältnis zum musikalischen Schaffen von Phil Collins beschreiben…
Denn obwohl vor allem in meiner Kindheit durchaus Berührungspunkte mit all den Solo-Hits des ehemaligen Genesis-Frontmanns – angefangen mit „Another Day In Paradise“ und über „Sussudio„, „You Can’t Hurry Love“ bis hin zu „Against All Odds“ und freilich „In The Air Tonight“ – bestanden (und mein Vater damals recht oft die MC des Collins’schen Millionenschlagers „…But Seriously“ in das Kassettenfach seines schwarzen Renaults einschmiss), hegte ich – und da war ich wohl kaum allein – vor allem in der Rebellion meiner Teenager-Zeit, in der vornehmlich lautere Geräuschware von Pearl Jam, KoRn bis Metallica in meinem DiscMan rotierte, sowie in der Ziellosigkeit meiner Zwanziger, in denen Exaltierteres wie Sigur Rós oder Radiohead meine Playlisten durchmischte, eine dezente Abneigung gegen Collins‘ so frontal auf Instant-Hit produzierten Output.
Heute – mit Mitte Dreißig – kann ich zugeben: Obwohl auch in meinem 2019er Rückspiegel nicht alles golden aus der Diskografie des mittlerweile 68-jährigen Briten tönt, sind doch Songs wie die oben genannten mal in zeitgeistiger Nostalgie in den Achtzigern und Neunzigern verhaftete, mal für die popkulturelle Ruhmeshalle geschriebene Ohrwürmer. Und wer um die durchaus wechselhafte Biografie von Philip David Charles „Phil“ Collins, seinen entbehrungsreichen Kampf mit dem Teufeln Alkohol und Depressionen weiß, der kann schon ein wenig Mitleid mit dem Engländer bekommen (gerade auch wenn man hört, dass er sich durch gesundheitliche Probleme – als einer der besten Schlagzeuger der Pop-Historie – mittlerweile von seinem 18-jährigen Sohn Nicolas am Schlagwerk vertreten lässt).
Und eines darf gut und gern als in Stein gemeißelte Gewissheit gelten: „In The Air Tonight„, jene Nummer, die anno 1981 Collins‘ Solo-Debüt „Face Value“ eröffnete, ist ein unkaputtbarer Jahrhundertsong vom Schlage eines „Comfortably Numb“, „Freebird“ oder „November Rain“, dem auch die x-te Umdrehung keinen enervierenden Kratzer zufügen kann. Habe ich heut höchstselbst getestet, und mich dabei auch durch zig Coverversionen gehört (von denen man hier ein paar findet). Der Moment, wenn nach drei Minuten angestauten emotionalen Frusts plötzlich das Schlagzeug einsetzt – mit Gänsehaut garnierter ikonischer Wahnsinn! Unverwechselbar. Unvergleichlich.
Apropos Coverversion von „In The Air Tonight“: In diesen Reigen hat nun auch Lucy Dacus eingestimmt. Die 24-jährige US-Indierock-Singer/Songwriterin, die ja kürzlich mit einer feinen Neuinterpretation des Springsteen’schen Evergreens „Dancing In The Dark“ dem Boss auf ihre Weise ein Geburtstagsständchen brachte, hat sich nun Phil Collins‘ Trademark-Song vorgenommen. Dacus‘ Variante wird Teil der im November erscheinenden „2019 EP“ sein, auf der sie sieben Songs versammelt, welche von ihr während der letzten Monate anlässlich irgendwelcher Feiertage oder speziellen Anlässe veröffentlicht wurden:
„Recorded in here-and-there studio spurts over the last two years, ‚2019‘ is made up of originals and cover songs tied to specific holidays, each of which has dropped/will drop around their respective date: Valentine’s Day, Mother’s Day (and Taurus season!), Independence Day, Springsteen’s Birthday (not an official holiday, though we’re told Chris Christie often took that day off), Halloween, Christmas, and New Year.“
Dass „In The Air Tonight“ dabei ausgerechnet den Halloween-Slot erhält, liegt wohl weniger am Grusel-Faktor der Nummer selbst (noch an dem ihrer Version, auch wenn diese mit einem gewissen Goth-Noir-Dreh, ordentlich Hall und Synthie-Linien durchaus Potential besäße), sondern vielmehr an der Urban Legend, die sich um Collins‘ Hitsong rankt (auch wenn der Musiker selbst vor drei Jahren bei einem Auftritt in Jimmy Fallons „The Tonight Show“ all den Gerüchten eine knappe Abfuhr erteilte) und die besagt, dass Phil Collins die Idee zu „In The Air Tonight“ kam, als er dabei zuschaute, wie ein Mann einem anderen, der gerade dabei war, zu ertrinken, seine Hilfe verweigerte. Lucy Dacus selbst meint:
“The image in the first verse is so unsettling, watching someone watch someone drown without moving to save them. People have wondered if this is something Phil Collins really witnessed, but the song is actually just a manifestation of his anger and frustration about his divorce. It’s tense, dark, and so much fun, as a good Halloween should be.”
(Übrigens: Wer’s rockig mag, dem sei speziell diese Live-Coverversion von Daughtry und 3 Doors Down-Stimme Brad Arnold empfohlen. Oder man schaut sich an, wie formidabel Collins den Song anno 1986 im englischen Birmingham gemeinsam mit einem gewissen Eric Clapton zurecht gezimmert hat…)
Über Jahre hinweg durfte man sich begründet fragen: Phil wer? Denn in der Tat war es – aus den verschiedensten Gründen (ausbleibende Kreativität, gesundheitliche Probleme, Schieflagen im Privaten) – in den letzten Jahren sehr, sehr still um die (einstige) Popmusik-Legende Phil Collins geworden…
Doch spätestens seit der mittlerweile 65-jährige Brite im Januar diesen Jahres damit anfing, Re-releases seiner Soloalben seit 1981 zu veröffentlichen, hat sich der vor allem in den Achtzigern und Neunzigern solo noch so erfolgreiche Ex-Schlagzeuger der einstigen Prog-Ikonen Genesis wieder ein wenig zurück ins Rampenlicht gespielt.
Nebenbei ist dieser Tage seine Autobiographie „Da kommt noch was – Not dead yet“ erschienen, außerdem hat der rüstige Pop-Rentner fürs kommende Jahr neue Konzerttermine angekündigt – die ersten seit längerer Zeit, was auch erklären dürfte, wieso die wenigen Termine (fünf Shows an der Zahl in Köln) – trotz Mondpreisen – ruck-zuck ausverkauft waren (am Schlagzeug wird ihn dann übrigens sein 15-jähriger Sohn Nicolas begleiten). Sogar eine Reunion mit Genesis wollte Collins per se nicht mehr ausschließen. Da fragt man sich berechtigterweise: Geht’s ihm ums Geld oder will er’s sich selbst noch einmal beweisen?
In jedem Falle hat der Mann aktuell etwas zu bewerben, und trat so am vergangenen Dienstag (25. Oktober) in der „Tonight Show“ von Jimmy Fallon auf, um seinen Klassiker „In The Air Tonight“ mit Unterstützung von Fallons Hausband The Roots zu Besten zu geben. Damit dürfte er wohl vor allem deren Schlagzeuger Questlove (kennt man, mag man, den potentiellen Lieblingsafroträger) einen Lebenstraum erfüllt haben, denn mal ehrlich: Wer kann schon diesen Song hören, ohne spontan zum Held am Luftschlagzeug zu werden? Eben. Phil Collins mag in Gänze zur Disposition stehen, „In The Air Tonight“ bleibt groß. Und Questlove hat – dünnem Snare-Sound zum Trotz – jetzt einen Punkt von seiner Bucket List gestrichen…