Zwar mag die neue Single von Beans On Toast mit fröhlichem Pfeifen und sanftem Akustikgitarren-Klimpern beginnen, dennoch vermittelt Jay McAllister mit „Against The War“ eine ernste Botschaft, die keinerlei Zweifel daran lässt, dass er „gegen den Krieg“ ist. Ein Jahr nach Beginn des Krieges in der Ukraine entwirft der englische Folk-Musiker (von dem etwa hier bereits die Schreibe war) mit seinen kraftvollen Worten eindringliche und erschreckende Bilder des Leides, wobei er die Sprache auf typisch effektive Weise einsetzt: “The whole thing is fucking horrible / Watching war crimes on my phone / I stand with the victims / Whoever they are / And I’m against the war.”
Dabei passt sich der Song den düsteren Zeiten an, zu erwarten war er dennoch nicht, schließlich waren viele von Beans‘ Stücken in letzter Zeit recht außergewöhnliche Statements der Hoffnung und Positivität, die eine durchaus optimistische Sicht der Menschheit und unseres Platzes in der Welt vermittelten. Auf dem letzten regulären, im Dezember 2021 erschienenen Album „Survival Of The Friendliest“ etwa lieferte er seinen Fans ganz bewusst eine aufmunternde Antwort auf die Zweifel, die Unsicherheit und die Tragödien der letzten Jahre, im vergangenen Dezember – wie immer (seit 2009) pünktlich zu seinem eigenen Geburtstag – veröffentlichte der 42-jährige DIY-Musiker mit „The Fascinating Adventures Of Little Bee“ eine Reihe von Kinderliedern und -büchern von und mit seiner kleinen Tochter. Die neue Single jedoch ist ein echtes Zeitgeist-Statement und eine Rückkehr zu jenen Protestsongs, mit denen sich McAllister in seinen Anfangstagen einen Namen in der britischen Folk-Szene machte. Zudem steht „Against The War“ knöcheltief in der Tradition der Protestsongs von Bob Dylan, Pete Seeger oder Neil Young und macht deutlich, wofür auch Beans On Toast steht: Frieden. Er erklärt: „‚Against The War‘ ist ein Protestsong. Es ist ein Lied über Frieden, geschrieben in einer Zeit des Krieges. Es war nicht leicht, den Song zu schreiben, aber wie jeder andere auch, habe ich die Schrecken der Invasion in der Ukraine im letzten Jahr nicht aus den Augen verloren.“
Das Stück ist als „Name your price“-Download via Bandcamp erhältlich, der gesamte Erlös geht an die Campaign for Nuclear Disarmament. So unglaublich es sich anfühlen mag, dass der Krieg in der Ukraine nun schon ein Jahr Leid, Zerstörung sowie allerlei globale Folgen bringt, so wichtig ist es, dass Künstler wie Beans On Toast, der sich gerade mitten in einer großen ‚BACK OUT ON THE ROAD‘-Tour durch Großbritannien befindet (die mit der gleichnamigen Single begann), und Songs wie dieser den Konflikt in unseren Köpfen (und Ohren) wachhalten.
Das letzte letzte (sechste) Studioalbum „Teeth Dreams“ mag zwar bereits gute vier Jahre alt sein, untätig waren The Hold Steady in der Zwischenzeit allerdings kaum.
Denn wenn die US-Alternative-Heartland-Rocker nicht gerade kreuz und quer durch die heimatlichen Vereinigten Staaten getourt sind, hat das seit jeher hörbar an Bruce Springsteens Kumpelgeste geschulte Sechsergespann aus Brooklyn, New York in den vergangenen Monaten mit der ein oder anderen Single-Veröffentlichung (welche zusammen genommen wohl auch eine EP hergeben würden) oder den Reissues älterer Diskografie-Glanzlichter auf sich aufmerksam gemacht. Und darüber hinaus haben Frontmann Craig Finn und (Wieder-)Keyboarder Franz Nicolay ja noch immer Solo-Karrieren am Laufen (Finn etwa stellte im März 2017 sein drittes Soloalbum „We All Want The Same Things“ in die lokalen wie digitalen Plattenläden)… Ganz klare Sache: faule Tage auf der heimischen Couch sehen anders aus.
Und da Weihnachten naht und auch Craig Finn (Gesang, Gitarre), Tad Kubler (Gitarre), Galen Polivka (Bass), Bobby Drake (Schlagzeug), Franz Nicolay (Keyboard) und Steve Selvidge (Gitarre) wissen, dass Geben immer noch glücklicher macht als Nehmen, verschenken The Hold Steady aktuell via Bandcamp zwei Mitschnitte ihrer Live-Shows aus den vergangenen Jahren: einen Auftritt in der Thalia Hall in Chicago, Illinois im Juni 2017 sowie einen im Union Transfer in Philadelphia, Pennsylvania im Juli 2018. Wer zugreifen mag, sollte wohl allerdings schnell sein, denn die Band erwähnt, dass diese großzügige „Pay what you want“-Geste zunächst lediglich für „a limited time“ gilt… 🤟
„We’ve had a blast throughout 2018 doing these long weekends of shows – our first shows in London since 2014, Constructive Summer in Philly/NJ, San Francisco and Toronto; extended Constructive Summer with some beer fests in Chicago and Minneapolis; and, of course, finishing up last weekend at Brooklyn Bowl in New York for Massive Nights III.
Whether you realize it or not, we’re recording these shows so we can share the memories with you. (…) Enjoy reliving it!
This will be available pay-as-you want for only a limited time. We’ll have some more surprises in the coming weeks and months and if you choose to download these recordings, the money will go towards continuing to record and release as many of the live events as possible and any additional funds will go to the K+L Guardian Foundation.
Thanks for listening, thanks for understanding and Stay Positive! Happy Holidays and see you in 2019!“
„Whether you realize it or not, we’re recording these shows so we can share the memories with you. This is the first set of live recordings to celebrate — the first night in Philadelphia at Union Transfer.
Philly in July was a true highlight. It’s always been a fun place to play for us, and Union Transfer is really an incredible club. We remember a great atmosphere in the club that night, and we met a bunch of cool people before and after the shows. Enjoy reliving it!“
„Chicago has always had a special place in our hearts, it’s been the site of some incredibly memorable THS shows: the live recordings at Metro on the Art Brut Tour, Randolph Street Block Party, Hideout Block Party, our first show ever with Bobby Drake at Schubas, and most recently the Goose Island Fest. So we were excited to be at Thalia Hall June 2017 to kick off a big Chicago weekend. We also had a few tricks up our sleeves: some special Chicago guests for a Chicago encore, and a marriage proposal between two of our long time fans. Chicago (especially in the summer) is a one of my favorite places to play, and this show got a great weekend off on the right foot. – CF“
Ich habe zwar weder die leiseste Ahnung, seit wann, und auch nicht für wie lange noch, aber den Fakt, dass das mal sechs-, mal gar (und vor allem auf Indie-Bühnenbrettern) mehr als zehnköpfige Folkpunkorchester von East Cameron Folkcore derzeit seine komplette (!) Diskografie via Bandcamp als „Name your price“-Download anbietet, sollte keineswegs unter den musikalischen Tisch gekehrt werden.
Wer also klamm bei Kasse sein sollte, der darf die Großherzigkeit der stets auch politisch sowie sozial engagierten Band aus Austin, Texas gern nutzen und sich die bislang vier Alben (von denen das letzte, „Better Off„, 2016 erschien), zwei EPs und ein paar Singles aufs heimische Abspielgerät und in die Heavy-Rotation-Playlist laden – falls sich Frontmann Jesse Moore und seine ein bis zwei Dutzend Damen und Herren nicht längst dort befinden sollten…
Die vielleicht heißeste europäische Post-Hardcore-Band? Sorry, The Tidal Sleep – der hoffnungsvollste Anwärter kommt potentiell aus Spanien.
Obwohl sich die Wege der fünf baden-württembergischen Lautmaler von The Tidal Sleep und der Screamo-Berserker aus dem spanischen Córdoba unlängst gekreuzt haben, denn immerhin lieferte Viva-Belgrado-Frontschreihals Cándido Gálvez auf einem Song des neusten The-Tidal-Sleep-Albums „Be Water„, „Sogas„, einen gelungenen lautstarken Gastbeitrag ab.
Und auch sonst stehen beide Bands stilistisch relativ nahe beieinander, vermengen Elemente aus Post Hardcore, Screamo oder Post Rock zu einer Melange, die, wie im Fall von „Ulises“ (zu deutsch „Odysseus“), dem neusten, im August 2016 veröffentlichten Viva-Belgrado-Album, mal nach den schwedischen Screamo-Heroen Suis La Lune, mal nach Szene-Größen wie La Dispute, Pianos Become The Teeth oder Touché Amoré, mal nach den letzten Werken der japanischen Postrock-Turmbauer von Envy klingt. Wenn sich brachiale Stürme und mild daher gezimmerte Ambient-Passagen die musikalische Klinke in die Hand geben und am Ende ein in sich geschlossenes Gesamtbild ergeben, werden die spanischen Texte beinahe zur Nebensache (und für den Rest gibt es noch immer Wörterbücher).
Das aktuelle Album der vier Jungs von Viva Belgrado, „Ulises“, gibt es, wie die Vorgänger „Flores, Carne“ (2014) und „El Inverno“ (2013) auch, via Bandcamp im Stream und als „Pay what you want“-Download:
Damit ihr nicht vollkommen den Überblick über alle hörens- und sehenswerten Neuerscheinungen der letzten Woche(n) verliert, hat ANEWFRIEND hier wieder einige der Video- und Songneuerscheinungen der letzten Tage für euch aufgelesen…
There Will Be Fireworks – River & In Excelsis Deo (live at Old Mill Studios)
Da hat die schottische Band um Frontmann und Sänger Nicky McManus kurz vor Ende des vergangenen Musikjahres mit „The Dark, Dark Bright“ in der Tat ein Zweitwerk nach Maß in die Regale gestellt, mit dem wohl nur jene rechnen durften, die schon das 2009 erschienene und bis heute – völlig zu unrecht – sträflichst missachtete selbstbetitelte Debüt nicht mehr aus ihren Ohren und Playlists bekamen. Alle anderen – Medienschaffende wie Otto-Normal-Hörer mit Hang für gitarrenrockistisches Pathos – reagierten freilich euphorisch bis positiv erstaunt auf die zwölf neuen Stücke des schottischen Fünfers, und auch in 2014 dürften There Will Be Fireworks (allein der Name ist noch immer Weltklasse, oder?) noch so einige neue Fans mehr einsammeln, was wohl – hoffentlich, denn Tourneeankündigungen gestalten sich, solang‘ die Musik nur ein schönes Hobby bleibt, natürlich schwierig – auch an ihren intensiven Livevorträgen liegt. Überzeugen davon könnt ihr euch nichtsdestotrotz anhand des neuen Songs „River“ sowie der TWBF-Version des Weihnachtsstücks „In Excelsis Deo“, welche die Band kürzlich in den heimatlichen Old Mil Studios in Strathaven, einer kleinen Stadt südlich von Glasgow, einspielte…
Charles Bradley – Changes
Erinnert ihr sch noch an die beiden ganz hervorragenden abendfüllenden Musikdokumentationen „Searching For Sugar Man“ und „A Band Called DEATH„, die ANEWFRIEND euch im vergangenen Jahr vorgestellt hat? In die gleiche Kerbe schlägt auch der 2012 erschienene Dokufilm „Charles Bradley – Soul Of America„, die den heute 65-jährigen Afroamerikaner Charles Bradley beim Erleben seines größten Traums begleitet: einem eigenen Album. Davor lebte der Mann jahrelang auf der Straße oder schlug sich, mehr schlecht als recht, mit Gelegenheitsjobs am unteren Ende des Existenzminimums durch. Erst während einem seiner raren Auftritte als James Brown-Imitator wurde Gabriel Roth, einer der Köpfe des funk- und soullastigen Daptone Records-Labels, auf ihn aufmerksam und stattete Bradley mit einem Plattenvertrag aus. Klar: wer nun Songs wie die kürzlich veröffentlichte Coverversion des Black Sabbath-Klassikers „Changes“ hört, der fragt sich wohl völlig zu recht, wieso die Musikwelt eine Stimme wie die von Bradley so lange außer Acht lassen konnte. Aber das sind sie nun einmal, die Geschichten, die das Leben so schreibt…
José González – Stay Alive
Natürlich lässt es sich jedes Mal aufs Neue vorzüglich über Ben Stiller und sein schauspielerisches Können streiten. Auch sein neuster Film „The Secret Life Of Walter Mitty„, das als Neuverfilmung einer Verfilmung (von 1947) einer Kurzgeschichte (von 1939) vom Seelenleben und des Existenzängsten eines Fotoarchivars erzählt, dürfte wohl daran nichts ändern. Ganz anders verhält es sich dafür mit dem dazugehörigen Soundtrack, der neben dem ein oder anderen größeren Namen (David Bowie, Jack Johnson) vor allem Songs mit Songs von José González, dem schwedischen Musiker mit dem spanischen Namen und der so besonderen Stimme, sowie seiner Zweitband Junip aufwartet. Für das Musikvideo zum neuen Stück „Stay Alive“, das aus der Feder von keinem Geringeren als Ryan Adams stammt, schlüpft González selbst in die Haut der Ben Stiller-Figur Walter Mitty. Und für den Soundtrack wagte sich der Musiker sogar an die Neuinterpretation des John Lennon-Klassikers „#9 Dream“…
Slut – Séance Session (No. 20)
Das bajuwarische Indierock-Quintett von Slut hat mit „Alienation“ zweifellos eines der ebenso gelungensten wie fordernsten und klügsten deutschen Alben des vergangenen Musikjahres veröffentlicht. Ihre Live-Premiere feierte ein Großteil der neuen Stücke dabei jedoch nicht etwa in der bayrischen Landeshauptstadt, sondern im cosmopolitsch großen Berlin im Rahmen der „Séance“-Sessions-Konzertreihe, in deren Rahmen auch schon Bands wie Listener oder Dark Dark Dark vor Kameras und Publikum auftraten. Den gut einstündigen Auftritt von Slut gibt es nun zum Lümmeln und Rocken auf der heimischen Couch…
Elle Aura – Flashes Of A Pretty Face
„Elle Aura is from Potsdam/Germany and lives everywhere. She writes songs, plays guitar and sings. She grew up with Indie, dances to Hip Hop, likes Pop, has a weak spot for Country, and two big brothers who can do everything. She likes to make people do stuff at her concerts like buy each other drinks and dance together. In 2013 she released her first solo-album ‚Flashes Of A Pretty Face‘.“ – soweit die Selbstauskunft der deutschen Singer/Songwriterin (oder müsste es in diesem Fall „Liedermacherin“ heißen?) Elle Aura (aka. Laura), die – sie erwähnte es ja bereits – im vergangenen Dezember ihr Debütalbum „Flashes Of A Pretty Face“ ins digitale Rund geworfen hat. Die 14 darauf enthaltenen Songs der Weltenbummlerin, die auch schon einige Zeit in Ghana oder Polen verbracht hat, klingen dem Erscheinungsmonat entsprechend mal fein melancholisch, mal dezent ausgelassen und poppig – es dürfte also für jeden etwas dabei sein. Und da es das Album auf Elle Auras Bandcamp-Seite derzeit sowohl komplett im Stream als auch zum Download nach der „Pay what you want“-Variante gibt (auch wenn die Musikerin allen potentiellen Geizhälsen mit dieser Rechnung ihren Teil der Kosten aufzeigt), sollte man der Dame mit eigenem Youtube-Kanal doch wenigstens das ein oder andere Ohr leihen…
Keaton Henson – Birthdays: A Fragment (Noisetrade EP)
A propos „Pay what you want“: Keaton Henson, seit einigen Jahren wohl einer der faszinierendsten Trauerbarden und Leisetreter des Musikgeschäfts, bietet derzeit via Noisetrade mit „Birthdays: A Fragment“ fünf Songs seines im vergangenen Jahr veröffentlichten zweiten Albums „Birthdays“ zum kostenlosen Download an – für all jene, denen das komplette Album vor einigen Monaten durch die akustischen Lappen gegangen sein sollte…
Auf dieser EP befindet sich auch der Song „You“, der ebenso im audiovisuellen Original…
…als auch in der Sprechgesangsvariante, bei welcher der Schauspieler Derek Jacobi zu den Zeilen des Henson-Songs eine lebensweise Bilanz zieht, noch immer mächtig Eindruck hinterlässt:
Mikky Ekko – Song To The Siren
„Song For The Siren“ ist selbst im nicht eben an anspruchsvollen Kompositionen armen Backkatalog des 1975 bereits im Alter von 28 Jahren so jung verstorbenen Singer/Songwriters Tim Buckley – richtig, der Vater des ebenfalls legendenumrankten Jeff Buckley – ein Song, an den man sich nicht ohne Weiteres und den passenden Voraussetzungen herantrauen sollte. John Frusciante etwa nahm sich das Stück 2009 für dein letztes gelungenes Album „The Empyrean“ vor und vereinnahmte es zwar für sich, blieb jedoch auch nah an der Schwanengesangshaftigkeit des von 1967 stammenden Originals.
In einen ähnliche Kerbe schlägt nun auch der 29-jährige Musiker und Produzent Mikky Ekko (aka. John Stephen Sudduth) aus Louisiana, der den Buckley-Song ihm Rahmen der „Yours Truly Sessions“ für die im US-amerikanischen San Francisco beheimatete Musikwebsite gleichen Namens neu interpretierte. Wie es „Indie Shuffle“ so treffend umschrieb: „Naked, exposed, and pure, this live cover of Tim Buckley’s ‚Song To The Siren‘ by Mikky Ekko is a real ’stop, stand still, and pay attention‘ kind of track.“ Ganz genau.