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Auf dem Radar: Palma Violets


Palma Violets

Wenn der britische NME eine Band zum „nächsten heißen Scheiß“ kürt, dann ist durchaus erst einmal Vorsicht geboten. Klar, das hat bei den Strokes bereits sehr gut geklappt, wie auch bei den Libertines, aber die Frequenz, in denen pubertäre Bleichgesichter auf der Insel erst zu potentiellen Erben der Säulenheiligen BeatlesStonesClashKinks erhoben und dann – mir nichts, dir nichts – wieder vom Thron gestoßen werden, ist schon beachtlich.

So war es auch im vergangenen Oktober, als da eine Formation windschief vom Magazintitel rockte, die bisher lediglich eine einzige Single veröffentlicht hatte und sich sonst einen Scheiß ums karrieretechnische Vorankommen scherte – keine Homepage, kein Facebook-Auftritt, keine Promo-Kostproben fürs Musikjournalistenvolk, nichts. Wer wollte, konnte doch eins der Konzerte besuchen… Und trotzdem – oder: gerade deshalb? – ernannte der NME diese einzige Single, „Best Of Friends“, zur „Single des Jahres“ – und schob Palma Violets, das Quartett aus dem Süden der englischen Hauptstadt, somit ein gutes Stückweit ins Licht der Öffentlichkeit. Dass da auch in Zeiten des stetig bröckelnden Musikvertriebs ein Plattenvertrag nicht lange auf sich warten lassen würde, ist logisch (am Ende machte das Qualitätslabel „Rough Trade“ das Rennen).180 (Cover)

Die wichtigste Frage lautet nun: kann man dem Hype-Braten trauen – nun, da das Debüt-Album der Band, welches der Vierer nach ihrem Probe- und Aufnahmeraum im Londoner Stadtteil schlicht und einfach „180“ taufte, erscheint? Und die Antwort ist ebenso simpel wie die Hype-Zyklen der englischen Musikpresse: für einen Sommer gern. „180“ bietet zwölf (zählt man den Hidden Track „Brand New Song“ mit) energiegeladene Garagenrock-Songs, denen zwar noch der der Kater der letzten Indiedisconacht im Rücken sitzt, die dafür aber umso mehr jugendliche Unbedarftheit im Kopf und Hummeln im Hintern haben. Mit ihrer Musik wird die milchgesichtige Band, die sich nach einer Süßigkeitenmarke benannt hat, wohl keine Revolution anzetteln, aber: wer will das schon? Genauso wenig wie die zwanghaft bemühten Vergleiche mit den seligen Libertines, wenn den beiden Palma Violets-Frontmännern Sam Fryer und Chilli Jesson ein ähnlich innig-blindes (Bühnen)Verhältnis nachgeschrieben wird wie damals Pete Doherty und Carl Bârat.

Palma Violets bieten schrammeligen, retrolastigen Indierock, der von Papas Hinterhofgarage aus zur Suche nach kleinen Popmomenten aufbricht und die Fake-Ray Ban (natürlich vom Pakistani-Lädchen im die Ecke gezockt!) schon mal für die ersten warmen Tage des Jahres bereit gelegt hat. Ob nun durchgerockte Eintagsfliege oder „Britanniens neue Rocksensation“ (einhelliger Pressesprech) – das sollen gern andere entscheiden.

(Wer mag, dem bietet zum Beispiel dieser aktuelle Artikel der Frankfurter Rundschau mehr Informationen.)

 

Hier kann man das Debütalbum „180“ probehören…

 
…sich das Video zur ersten Single „Best Of Friends“ anschauen…

 

…ebenso wie Kostproben eines Liveauftritts von Palma Violets…

 

…und hier eine Session des Quartetts in den Maida Vale-Studios der BBC hören:

 

Rock and Roll.

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