Manchmal kann man als sich juvenil haltender Musikfreund jenseits der Dreißig schon nostalgisch werden und an selige Heydays zurück denken. Etwa an jene Zeit um die Jahrtausendwende, als ein damals (wie eigentlich heute auch) auf recht kleiner Flamme operierendes Label aus dem beschaulichen US-amerikanischen Nebraska die Indie-Welt im Sturm nahm und so ziemlich jede neue Veröffentlichung – welche man vorm Zeitalter der sofortigen Streaming-Verfügbarkeit noch mühsamst via Mailorder (oder im damals sehr gut sortierten Saturn am Berliner Alex) ranschaffen musste – Großes, Neues und Frisches verhieß: Bright Eyes! Cursive! The Good Life! Azure Ray! Now It’s Overhead! The Faint! Desaparecidos! Rilo Kiley! Der herzbestickerte Indie-Teil meiner Plattensammlung wäre ohne all die Alben aus dem Hause Saddle Creek, welche dieses innerhalb jener (kurzen) Zeit in die Plattenläden stellte, auch heute noch um einiges ärmer…
Und obwohl ebenjenes Label auch heute noch für feine neue Musik garantiert, hat sich die Begeisterung über jede einzelne Neuveröffentlichung doch etwas gelegt. Vielleicht liegt es daran, dass man ein neues Album nicht mehr entbehrungsreich aus Übersee hierher schippern lassen muss (ganz zu schweigen von den Wochen der Vorfreude!). Vielleicht liegt es auch an der Gesetztheit des Alters… Wer weiß das schon?
Fakt ist: Auch 2018 beweisen die Labelboss-Nasen von Saddle Creek noch ein feines Gespür dafür, frische Bands wie Künstler in ihr Roster aufzunehmen, die woanders wohl kaum – oder zumindest weniger – Gehör finden würden. Hop Along etwa.
Denn obwohl die vierköpfige Indierockband aus Philadelphia, Pennsylvania bereits seit mehr als zehn Jahren gemeinsam durch speckige Indieclubs dies- wie jenseits des Atlantiks tourt und in dieser Zeit immerhin drei Langspieler veröffentlicht hat (zuletzt erschien 2015 „Painted Shut „), gelten Frontstimme Frances Quinlan und ihre drei Jungs noch immer als Geheimtipp. Und auch über dieses „Warum“ kann man wiederum nur Theorien klöppeln. Manch einem mag wohl Frances Quinlans durchaus gewöhnungsbedürftiges Gesangorgan die musikalische Suppe versalzen, wenn vor lauter Emphase und Dringlichkeit der Texte über die großen wie kleinen Dinge des Lebens, über Beziehungen, über Tiere, die Schriftstellerei, über Krieg und inneren Frieden die Stimme der Anfangsdreißigerin mal wieder windschief kippt. Manch einem poltern die Stücke des Quartetts, bei denen man mal an Modest Mouse, mal an Indie-Folker wie Fanfarlo oder Noah and the Whale denken dürfte, wohl auch zu sehr nach ungehobelter Indie-Manier…
Nun, beides hält sich auf dem neuen Album „Bark Your Head Off, Dog“ in Grenzen. Was wohl zum einen daran liegen mag, dass Hop Along ihren eh nie um das ein oder andere Experiment verlegenen bandeigenen Sound nun um einiges offener und breiter gestalten und der polternden Dreifaltigkeit aus GitarreSchlagzeugBass in den Songs des vierten gemeinsamen Werkes viel öfter als bisher auch einmal eine simple Akustische oder Streicher zur Seite stellen – Kammermusik meets Indierock, quasi. Dass die ehemalige Freakfolkerin Frances Quinlan da nicht (mehr) gegen anschreien muss, versteht sich fast wie so selbst. Dass die Band darüber hinaus ihr Gespür für kleine Indiepophits, die sich von Hördurchgang zu Hördurchgang immer tiefer ins Hörerherz graben, nicht verloren hat, wohl genauso. Und die Emphase? Die ist freilich noch immer da, ebenso wie das frische Gefühl einer neuen Veröffentlichung aus dem Hause Saddle Creek. Da kann man ruhigen Gewissens schon mal nostalgisch werden…
Rock and Roll.