Wer für gewöhnlich seine musikalischen Pinkelpausen hinter dem Mond verbringt und daher auch 2019 noch immer glaubt, dass zwei Frauen nicht genügend Energie hätten, um es musikalisch ordentlich krachen zu lassen (in dem Fall lassen toughe Damen wie Courtney Love, Beth Ditto oder Kathleen Hanna lieb grüßen), kennt Jenna Priestner (Gesang & Gitarre) und Marcia Hanson (Schlagzeug & Gesang) nicht. Die beiden Ladies aus dem kanadischen Winnipeg haben sich als Mobina Galore (das Duo hatte ANEWFRIEND bereits vor zwei Jahren „auf dem Radar„) seit 2010 krachenden Punkrock auf die Fahnen geschrieben und winken dieser Tage mit ihrem dritten Album „Don’t Worry“…
War beim 2017er Vorgänger „Feeling Disconnected
“ das Motto „Trennung“ die großlettrige Überschrift, bewegen sich Priestner und Hanson bei ihrem dritten Langspielstreich auf ganz ähnlichem Terrain, denn diesmal lautet das (recht logische) Thema „Herzschmerz“. Diesem Gedanken nähert sich das Duo, welches unlängst im Vorprogramm von Laura Jane Grace & The Devouring Mothers (deren Hauptband Against Me! sind denn auch gleich eine gute Referenz) deutsche Bühnen gerockt hat, allerdings keineswegs mit süßlich-melancholischen Balladen. Im Gros des runden Dutzends neuer Drei-Minuten-Songs gibt es amtlich auf die Zwölf, und wenn es zu Beginn hochenergetisch „I Want It All“ heißt, glaubt man den beiden sofort. „Back To The Beginning“ ist insofern auch kein echter Schritt zurück, sondern nur eine sehr überzeugend und druckvoll vorgetragene Entscheidung zum Selbstzweck. Einen blitzschnellen „Escape Plan“ haben die Kanadierinnen eh in petto und im Zweifel geht es einfach mal zum Sonne tanken nach „California“. „Completely Disconnected“? Macht doch nichts! Zumindest nicht, wenn der gleichnamige musikalische Vortrag so abwechslungsreich und punkrockig mitreißend ausfällt. Knackig schließt sich „Dig Myself Out“ an, und wenn Priestner und Hanson wie bei „Sorry, I’m A Mess“ härtere Töne im Highspeed-Modus anschlagen, zweifelt man doch sehr daran, dass Mobina Galore sich tatsächlich irgendwann bei irgendwem für irgendwas entschuldigen… Weiter geht es mit dem ruppigen „Denim On Denim“, bevor „I Need To Go Home“ dann doch einmal die zarte(re) Seite des Duos präsentiert. Die ist zwar – klar – noch immer ziemlich kratzbürstig, zeigt aber auch die Variabilität von Jenna Priestners wunderbar rauem Gesang. Überhaupt scheinen die beiden auf der Zielgeraden doch ein wenig versöhnlicher zu werden: „Just Went Away“ und „Oh, Irene“ klingen ein Mü eingängiger – wobei auch diese beiden Nummern mit eruptiven Ausbrüchen glänzen, die es in sich haben. Bleiben noch „Four Hours Of Sleep“ und siehe da: Miss Priestner hat ihren Sechssaiter ausgestöpselt und es wird zum Albumabschluss unbestromt gejammt.
Ganz egal, ob mit Punk-Rock-Powerchords oder mit reduzierten Mitteln – Mobina Galore strahlen auch auf „Don’t Worry“ eine unbändige Kraft aus, die insbesondere durch Jenna Priestners Gesang stets präsent ist, während die Instrumente des Zweiergespanns einmal mehr keine Gefangenen machen. So sind auch die neuen Songs der beiden Kanadierinnen ein Musik gewordenes, dem Herzschmerz den Mittelfinger zeigendes Stehaufmännchen mit unbändiger Entschlossenheit und enormer Spielfreude. Rockt durch, macht Bock.
Zur ersten Single „Escape Plan“ meint Sängerin und Gitarristin Jenna Priestner:
„Der Song war ursprünglich nie dafür bestimmt, ein Full-Band-Song zu werden, noch dachten wir, dass es die erste Single werden könnte. An einem heißen Sommertag vergangenes Jahr verbrachte ich mehr Zeit damit, Akustiksongs zu schreiben – Material, von dem ich nicht dachte, dass es den typischen Mobina-Vibe bekommen würde. Als ich dann im Winter ein Akustikvideo auf YouTube veröffentlichte, bekam ich ziemlich viel positives Feedback und Leute wollten den Song bei Konzerten hören – deshalb machten wir einen kleinen Pop-Punk-Banger daraus.“
Und das dazugehörige Musikvideo?
„Für das Video wollten wir die warme, entspannte Sommerstimmung in Winnipeg mit dem schönen Up-Beat des Songs miteinander verbinden. Marcia und ich verbrachten schon viel Zeit zusammen, doch meistens in Vans und irgendwelchen muffigen Kellerläden (meistens in Europa) – aber diesmal fuhren wir den ganzen Tag gemeinsam auf unseren Rädern am Fluss entlang, tranken Bier an einem schwülen Sommertag und 38°C in unserer Heimatstadt.“
Dass der Song auch 2019 in der reduzierten (Ur-)Variante funktioniert, beweisen Mobina Galore hier:
Rock and Roll.