Eine Powerfrau im wahrsten Sinne. Familiäre Wurzeln sowohl in Italien (ihr Vater) als auch in Irland (ihre Mutter, obendrein noch Opernsängerin) – somit durchdringt nicht nur Temperament, sondern auch Musikalität ihre DNA. Aufgewachsen in New York und mittlerweile ins Showbizz-Mekka Los Angeles übergesiedelt. Jahrelange Ghostwriting-Einsätze für Songs von Künstlern wie wie Rihanna, Christina Aguilera, Rita Ora oder The Backstreet Boys, weil die eigene Karriere zunächst nicht wirklich in Gang kommen wollte. Wer nun denkt, hier einen Auszug aus dem Lebenslauf von Linda „What’s Up“ Perry zu lesen, der liegt zwar nicht komplett falsch – schließlich haben beide Frauen in der Vergangenheit bereits das ein oder andere Mal zusammen gearbeitet und stehen jeweils offen zu ihrer Homosexualität. Dennoch ist hier von LP – alias Laura Pergolizzi – die Schreibe.
Nun mag die 39-jährige US-Musikerin mit der durchdringend röhrigen, mit einem dezent souligen Tremolo ausgestatteten Stimme, die von der „Vogue“ bereits als „mit einem Hauch Elektro-Dylan“ umschrieben wurde (nicht gänzlich unpassend, denn auch optisch hat sich die androgyne Wuschelmähnenträgerin wohl etwas von His Bobness abgeschaut), zwar – noch – keinen Radiohit-Evergreen wie die ehemalige 4 Non Blondes-Frontfrau in petto haben. Dennoch dürfte vielen das feine, 2016 erschienene „Lost On You“ durchaus bekannt vorkommen (welches sich übrigens in Ländern wie Griechenland, Polen, Frankreich, Italien und Belgien ganz vorn in den Charts platzierte). Über das gleichnamige, im selben Jahr veröffentlichte Album
sagte sie: „Wenn meine letzte Platte die Party war, ist mein neues Album so etwas wie der Kater danach.“ – Wenig verwunderlich, schließlich handelten die geschickt zwischen Rock und Pop, Dramatik und Pathos, Kraft und Gefühl pendelnden Songs in erster Linie vom Herzschmerz nach einer zerbrochenen Beziehung.
Und in der Tat ist Laura Pergolizzi, die bereits 2011 mit ihrem Song „Into The Wild„, welcher in einem Werbespot verwendet wurde, ein erstes Ausrufezeichen setzen konnte, während andere Stücke bereits in TV-Serien wie „Orange Is The New Black“ (Klischee! Klischee!) zu hören waren, eine durchaus beachtliche, charismatische Erscheinung mit Haltung und einem Gespür für die richtige Melodie, welche vor allem live auf der Bühne zu imponieren weiß – was man leider weniger von ihrem jüngsten, fünften, 2018 erschienenen Studiowerk „Heart To Mouth“ behaupten kann, da es seine Fühler wohl ein ganzes Stück zu weit in Richtung Westcoast-Seventies-Pop à la Eagles oder Fleetwood Mac und Radiopop-Beliebigkeit ausstreckt. Da sei allen, die mit der Dame und ihren Songs warm werden möchten, viel eher der oben benannte Vorgänger oder das im Mai erschienene Live-Album „Live in Moscow
“ ans Hörerherz gelegt, welche die im April 2019 mitgeschnittene Show von Pergolizzi (die ab und an übrigens auch an der Ukulele zu brillieren weiß) und Band vor 6.000 Fans in der russischen Landeshauptstadt dokumentiert (wer mag, der findet hier das bereits erwähnte „Lost On You“ als Hörprobe).
Dass es Laura „LP“ Pergolizzi ebenso versteht, die Kompositionen anderer großer Pop-Künstlerinnen für sich einzunehmen, bewies die Musikerin bereits 2012, als sie sich ihm Rahmen ihrer EastWest Studio-Session nichts Geringeres als „Halo“ von Beyoncé vornahm – und dem Song mal eben einen siebenminütigen Powerrock-Anstrich verlieh…
Rock and Roll.