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Sunday Listen: Steve Adey – „Do Me A Kindness“


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Richtig gute Coveralben aufzunehmen – diese Idee kann nur allzu leicht nach hinten losgehen, denn sie bietet gleich an zwei Fronten Fallstricke: hält man sich zu nah ans jeweilige Original, so unterstellen einem viele eifrige, zum Gähnen neigende Kritiker mangelnde Kreativität und ein dezentes Defizit an Mut, verfremdet man die Ursprungsversionen jedoch zu sehr, will plötzlich jeder mehr von den „Ausgangstrademarks“ hören. Klare Sache, das: Nicht jedem kann’s so scheinbar leichtfüßig gelingen wie Johnny Cash und Produzentenguru Rick Rubin zu deren „American Recordings“-Zeiten. Man nehme etwa Steve Adeys Album „Do Me A Kindness„…

81l-Z68Oy4L._SX522_Der dritte, 2017 erschienene Langspieler des in Experimenten erprobten Singer/Songwriters aus dem schottischen Edinburgh besteht aus neun Coverversionen und der Adaption eines Gedichts von Hermann Hesse – wahrscheinlich per se schon nicht die Art von Dingen, die den musikalischen Appetit anregen und des Hörers Puls rasen lassen, oder? Bekanntlich sind Alben mit Coverversionen meist eine praktische Veröffentlichungsablenkung, wenn der jeweilige Künstler gerade an einer Schreibblockade leiden mag oder just die Rockstar-Reha verlassen hat (soweit zumindest die Klischees, welche ja auch irgendwoher stammen müssen). Das Ergebnis ist denn meist und im Allgemeinen ein verdammt janusköpfiger Haufen. Umso klüger ist es, sich dieser Art von kreativer Schnapsidee stets mit porzellaner Vorsicht zu nähern (oder es lieber gleich zu lassen).

Insofern mag man Steve Adey bereits von Vornherein hoch anrechnen, dass der gebürtig aus dem englischen Birmingham stammende Musiker bei diesem Album keineswegs die einfachsten Optionen gewählt hat. Keine der Melodien auf  „Do Me A Kindness“ stammt von einem offensichtlichen Karaoke-Bar-Liebling – stattdessen hört man hier Songs, deren Originale aus den Federn von unter anderem Bob Dylan, David Bowie, Morrissey, PJ Harvey, Low, Nick Cave, Portishead oder Smog stammen. Und: sie sind – das lässt sich schnell feststellen – wunderschön aufgenommen. Adeys frühere Karrierestopps als Toningenieur haben sich hier sicherlich als äußerst nützlich erwiesen, als er die (im Gros alle von ihm selbst gespielten) Instrumente und – vor allem – die Stimmen passenderweise in einer Edinburgher Kirche aus dem 19. Jahrhundert aufnahm – eine hervorragende, weise temperierte Kombination aus Klarheit und natürlich klingendem Hall. Deshalb der explizite Tipp: Holt eure besten Kopfhörer dafür raus, Kinners! Aber wenn wir die Produktionslorbeeren hinter uns gelassen haben, was bleibt uns dann noch? Mit drei Worten schon vorweg: eine Menge Trostlosigkeit.

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Denn „Do Me A Kindness“ ist ziemlich harter Gemütstobak. Manch einer mag sogar so weit gehen, Nick Drakes herb-melancholisches „Pink Moon“ dagegen als eine Best-Of-Sammlung der Beach Boys zu bezeichnen. Nach 46 Minuten sich langsam bewegenden Wellen ängstlichen Atemanhaltens (wenn auch wunderschön aufgenommenen Wellen ängstlichen Atemanhaltens…) mag es manch einem Lauschmuschelträger vielleicht schwerfallen, vom heimischen Sofa aufzustehen. So wird etwa Morrisseys „Every Day is Like Sunday„, das schon zu Zeiten seiner Erstveröffentlichung 1988 auf „Viva Hate“ nicht gerade ein fröhlicher Tobsuchtsanfall war, mit dem unerbittlichen Ticken einer Drum-Machine, die stur ihren minimalen Takt beibehält, auf ein einem Begräbnis würdiges Tempo verlangsamt. Adey spielt das Stück des skandalträchtigen Ex-Smiths-Frontmanns ohne große ideenreiche Schnörkel (wohl aber mit gesanglicher Unterstützung von Helena MacGlip), was auch bedeutet, dass der sinistre Humor des Originals hier fehlt und seine Version zu einer Art Doomy Pastiche verkommt. Mary Margaret O’Haras „To Cry About“ gerät da schon etwas gelungener, und die lyrische Düsterheit ergänzt sich wunderbar mit Adeys Arrangement. Nick Caves „God Is In The House“ (vom 2001er Album-Meilenstein „No More Shall We Part“) wiederum fehlt es erneut am sarkastischen Biss des Originals, und Adeys minimale Herangehensweise bewirkt, dass so manche hörerische Aufmerksamkeit spätestens in der Mitte des Stückes vorschnell abwandert. Fast schon flott und fröhlich kommt da die Variante des Dylan-Evergreens „I Want You“ daher – nur gut also, dass einen Portisheads „Over“ oder Lows „Murderer“ – in ihren Ursprungsversionen ohnehin schon deftig-großartige Trauerklöße par excellence – schnell wieder ins Graudunkel des schottischen Kirchenschiffs zurück ziehen. Erst „How Heavy The Days“ mit seinem bei Hermann Hesse entliehenen Text gelingt es kurz vor Schluss so richtig, die elegische Musik mit dem düsteren Tonfall der Worte gut zu verbinden. Stampfende Perkussion, seltsam zwitschernde Klaviaturen und verschlungene, umgekehrte Klänge werden zu einem einnehmenden Ganzen vermengt. Aus den fleißig angeschlagenen Akkorden, die Adeys eindringliche Baritonstimme begleiten, entsteht eine komplexe Klanglandschaft – so hätte gern das komplette Album klingen dürfen. Es ist ein sehr beeindruckendes Stück.

Es fällt schwer, „Do Me A Kindness“ vorschnell als lediglich halbwegs gelungen abzutun, da offensichtlich so viel Liebe und Herzblut in diesem Album steckt. Wenn es gut ist, ist es ziemlich unvergleichlich, aber wenn es nachlässt… nun, ihr wisst schon. Steve Adey hat einige seiner potentiell liebsten Songs (mehr zur Auswahl erfährt man hier) genommen und sich nicht gescheut, jedem Stück ein paar neue Charaktermerkmale zu verleihen. Herausgekommen sind keine blass nachgespielten Faksimiles der Originale, es sind praktisch (beinahe) neue Songs. Aber anhand von so wenig Dynamik oder tonalen Veränderungen über den Langspieler hinweg verschwimmen die meisten Stücke ineinander – was jammerschade ist, denn während der grummelgrauen Dreiviertelstunde gibt es so einige großartige Sachen zu entdecken. Freilich würde niemand auf die Idee kommen, Adey vorzuschlagen, dass sein nächstes Album bitteschön eine Sammlung bayrischer „Uffta! Uffta!“-Polkamelodien enthalten sollte, um denn doch für ein klein wenig mehr gelöste Stimmung zu sorgen, aber der bloße Gedanke daran, ein wenig mehr Licht, Luft und Abwechslung Einzug in seine Musik halten zu lassen, würde Steve Adey sicherlich eine breitere Palette an Emotionalität und Musikalität zur Verfügung stellen. Schließlich würde einem auch jeder bildende Künstler den Tipp geben, dass die Gegenüberstellung von Licht und Schatten die Dunkelheit dunkler und die Lichter heller macht. Ganz sicher: Steve Adey trägt definitiv noch das ein oder andere großartige Album in sich, aber „Do Me A Kindness“ ist – zumindest in Gänze – keines. Das nächste dann? Warten wir’s ab.

 

 

Rock and Roll.

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Das Chamäleon, das zur Erde fiel – David Bowie ist tot.


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„Look up here, I’m in heaven
I’ve got scars that can’t be seen
I’ve got drama, can’t be stolen
Everybody knows me now

Look up here, man, I’m in danger
I’ve got nothing left to lose
I’m so high, it makes my brain whirl
Dropped my cellphone down below

Ain’t that just like me?!

By the time I got to New York
I was living like a king
Then I used up all my money
I was looking for your ass

This way or no way
You know I’ll be free
Just like that bluebird
Now, ain’t that just like me?

Oh, I’ll be free
Just like that bluebird
Oh, I’ll be free
Ain’t that just like me?“

(„Lazarus“ vom Album „Blackstar“)

 

 

Als ich heute früh in die Küche komme, fragt mich meine Freundin: „Du, kann es sein, dass David Bowie gestorben ist?“ Ich stocke kurz, stutze, denn mir steckt der Tod von Motörheads Lemmy Kilmister noch immer ein wenig in den Knochen. „Nee“, entgegne ich, „der hat doch noch vor drei Tagen ein neues Album rausgebracht. Muss wohl ’ne Falschmeldung sein, oder du hast da irgendetwas falsch verstanden. Dem geht’s schon gut.“ Der letzte Satz war wohl mehr an mich selbst als an meine Freundin gerichtet. Trotzdem klappe ich schnell mein MacBook auf, checke das erstbeste Nachrichtenportal. Da die Eilmeldung: „David Bowie ist tot.“ Mir läuft ein Schauer beunruhigend eiskalt den Rücken herunter. Darauf wechsle ich zu Facebook, zu Twitter. Innerhalb von Minuten hat sich da bereits alles mit R.I.P.-seligen Beileidsbekundungen gefüllt, kaum etwas anderes scheint der Welt an diesem frühen Montagmorgen (mitteleuropäischer Zeit) wichtig. Links zu Lieblingssongs machen die Runde, Persönliches wie Ausführliches und Offensichtliches. Die digitale Welt nimmt Anteil, steht für viele lange Atemzüge unter Schock.

Überhaupt: „David Bowie ist tot.“ – wie irrwitzig, wie unrealistisch sich dieser Satz liest, wie unwahr er klingt. Als würde eine Gazette titeln: „Gott ist tot.“ Alles möglich zwar – es kommt nur auf den Standpunkt an -, dennoch darf man berechtigte Zweifel hegen. Und der fannah-popmusikalisch Geschulte darf gern Blasphemie unterstellen.

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Warum? Weil David Bowie im Grunde immer schon da war. Seit den späten Sechzigern, als er im Swingin‘ London seine ersten (Folk-)Gehversuche unternahm. Und: ja, alles, was darauf folgte, ist popkulturelle Geschichte. Er war Major Tom (der Klassiker „Space Oddity“ von 1969), war die Glamrock-Kunstfigur Ziggy Stardust, war der koksende Soulvampir, der als „Thin White Duke“ bekannt wurde, ging Ende der Siebziger für kurze Zeit nach Westberlin, um im Stadtteil Schöneberg in einer WG mit einem gewissen Iggy Pop zu wohnen und während dieser Zeit in den nahe gelegenen Hansa-Studios mit der Album-Trilogie aus „Low„, „Heroes“ und „Lodger“ Meilensteine aufzunehmen (und mit „Helden“ einen seiner Klassiker sogar auf deutsch zu intonieren), widmete sich in den Achtzigern mehr dem New Wave und der widerspenstig-abseitigen Seite des Pop („Let’s Dance„), nur um in den Neunzigern erneut eine Transformation zu durchleben – die zum Elder Statesman, der mahnend über allem schwebte und schützend seine künstlerische Hand über jene Adjutanten legte, die seiner inspirierenden Ader nachhingen (und das waren nicht wenige). Alben veröffentlichte der 1947 als David Robert Jones im Londoner Stadtteil Brixton zur Welt gekommene Kosmopolit bis 2003 beinahe stetig im Zweijahrestakt, bis „Reality“ in ebenjenem Jahr sollten es ganze Dreiundzwanzig werden. Und als ob das noch nicht genug wäre, spielte das kulturell höchst wandelbare Chamäleon noch gute Rollen in einem Dutzend Filme, von welchen vor allem „The Man Who Fell From Earth“, „Labyrinth“, „Christinane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ oder „The Prestige“ in Erinnerung bleiben werden (ebenso wie Gastrollen in „Twin Peaks“).

Dann jedoch kam 2004, als Bowie nach einem Auftritt beim „Hurricane“-Festival im norddeutschen Scheeßel mit Verdacht auf Herzinfarkt in ein Hamburger Krankenhaus eingeliefert und dort notoperiert wurde. Die 14 Termine – und damit auch jener beim „Hurricane“-Schwersternfestival „Southside“, wo ich ihn live gesehen hätte – wurden abgesagt, und David Bowie sollte – von einem kurzen Gastauftritt an der Seite von Norah Jones bei einer New Yorker Charity-Veranstaltung 2006 – von da an nie wieder auf einer Bühne auftreten. Mehr noch: ebenjener Künstler, der fast vier Dekaden lang die Pop- und Rockmusik mit all ihren Facetten geprägt hatte, zog sich von da an fast gänzlich ins Private, in seine vier Wände nach New York City zurück.

Umso überraschender kam Bowie 2013 – und damit ganze zehn Jahre nach „Reality“ – mit einem neuen Album, „The Next Day„, ums Eck, auf dem er unerwartet konventionell die Vergangenheit feiert. Trotzdem war es schön zu hören, dass der Mann auch nach (s)einer langen Pause sein Gespür fürs Musikalische nicht gänzlich verloren hatte. Mit dem am vergangenen Freitag, den 8. Januar – Bowies 69. Geburtstag – veröffentlichten 25. Studiowerk „Blackstar“ ging der visionäre Musiker mit seinem Stammproduzenten Toni Visconti sogar noch ein paar Schritte weiter, heuerte einige der besten Jazzmusiker New York Citys an und nahm Stücke wie das großartige „Lazarus“ auf – irgendwie Jazz, irgendwie Fusion, viel Improvisation. Man durfte nur erwarten, dass man ein Album wie dieses nicht (mehr) von Bowie erwartet hätte. Aber so war er eben.

War? Ja, leider. Am gestrigen 10. Januar erlag Bowie – zwei Tage (Lemmy lässt schön grüßen) nach seinem 69. Geburtstag, zwei Tage nach Veröffentlichung von „Blackstar“ – in New York (s)einem Krebsleiden, dessen Diagnose er 2014 bekam. Will heißen: er wusste, dass sein 25. Studiowerk sein ganz persönliches Abschiedsgeschenk an die Musikwelt werden würde, und arbeite mit diesem Wissen an seinen letzten Songs. Mit dieser Ahnung dröhnt „Blackstar“ noch um Einiges dunkler, abgründiger, verheißungsvoll nach Lebewohl.

screen-shot-2016-01-11-at-7-13-22-amErst vor wenigen Tagen hatte ich mit meinem Vater eine kurze Unterhaltung darüber, dass all seine – und auch einige von meinen – musikalischen Heroen, die man gefühlt schon immer um sich wusste, wohl in absehbarer Zeit das Zeitliche segnen werden, und wie eigenartig sich dieses Gefühl im Grunde anfühlt. Und obwohl weder mein Vater noch ich große Bowie-Fans waren, so fühlt sich die Nachricht vom Tod David Bowies exakt so an: eigenartig. Denn ohne David Bowie wäre die Musikwelt – egal, ob im Pop-, im Rock-, im Elektro-, im Jazz-, Soul-, Blues- oder Wasweißichauchimmerbereich – heute nicht die, die sie ist. Und nicht nur Musiker, auch Modemacher, Filmemacher (Bowies Sohn aus erster Ehe, Duncan Jones, ist selbst Regisseur) oder Maler ließen sich über die Jahrzehnte von ihm inspirieren. Er kollaborierte über all die Jahre mit zig Künstlern und Bands aus verschiedensten Genres (Queen, Pet Shop Boys, Iggy Pop, Nine Inch Nails, Placebo, Massive Attack, Lou Reed, TV On The Radio, Arcade Fire…), und jeder, den er mit einem seiner raren Gastauftritte die Ehre erwies, konnte sich a) glücklich schätzen und b) kein schlechtes Wort über den gebildeten gebürtigen Briten und Wahl-New-Yorker verlieren. Denn selbst für all jene, die im Laufe seiner Karriere nicht zu Fans mutierten, war Bowie etwas Besonderes, ein Chamäleon, das mit seinen einerseits visionären wie ebenso absolut zeitgeistigen Ideen allen Freaks und Intellektuellen, allen Abgehobenen wie Auf-dem-Boden-gebliebenen eine Stimme verlieh. David Bowie war der Außenseiter im inneren Zirkel, der Mann, der zur Erde fiel, und am Ende doch wohl ganz in sich ruhte. Die menschliche Seite an Bowie mag nur allzu sterblich gewesen sein, eine Legende, der man nie so ganz habhaft werden konnte, jedoch war der Mann bereits zu Lebzeiten. Und genau das ist es doch, was Popmusik so schön, so interessant macht: der kleine Rest Mysterium am Ende des Kaffeesatzes… Mach’s gut, Thin White Duke.

 

„This is Major Tom to Ground Control
I’m stepping through the door
And I’m floating in a most peculiar way
And the stars look very different today… for here.“

(„Space Oddity“ vom gleichnamigen Album)

 

(Obwohl ich heute im Laufe des Tages vor allem die tolle Queen-Kollaboration „Under Pressure“ und den Danny-Lohner-Mix von „Bring Me The Disco King“ im Kopf hatte…)

 

Rock and Roll.

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Song des Tages: Foxes In Fiction – „Shame“


Photo by Brian Vu

Foto: Brian Vu

Es gibt sie ja da draußen – sowohl in digitaler wie analoger Form – zuhauf, diese Nachtmusik… Musik, die man sich tagsüber – bei Licht, Gewusel, Sonne, Wind, Wetter und Trubel – nie und nimmer durch die Gehörgänge spülen lassen würde. The xx fallen manch einem da sicher spontan ein, oder der von Angelo Badalamenti komponierte Soundtrack der ewig großen David-Lynch-Kultserie „Twin Peaks“.

Nur zu passend, dass „Shame“, die neuste akustische Kostprobe des kanadischen Im-Grunde-Ein-Mann-Projekts Foxes In Fiction, da wie eine Mischung aus beidem daher schleicht. Und: ja, das Schleichen liegt freilich schon allein deshalb nahe, weil es sich bei dem Stück um eine Coverversion handelt – das Original stammt von den US-amerikanischen Slowcore-Heroen Low und erschien bereits 1995 auf deren zweitem Album „Long Division„. Und wieso sollte man ein eh schon feines Stück verändern? Diese Frage dürfte sich auch Foxes-In-Fiction-Kopf Warren Hildebrand gestellt haben, übernahm Lows hallende, raumfüllende, spärliche Gitarrenklänge, fügte diesen noch ein paar wenige Synthie-Bassnoten hinzu – et vollà, fertig war die Reinterpretation! Der Gesang stammt übrigens von Emily Reo, die Hildebrand, wie übrigens auch ein gewisser Owen Pallett, der schon mit so ziemlich allen kanadischen Indie-Künstlern von Arcade Fire über Fucked Up bis hin Stars gemeinsame Sache gemacht hat, des Öfteren live unterstützt.

a2891510784_2Wer mehr von Foxes In Fictions nachtgefärbtem Ambient-Pop hören mag, dem sei an dieser Stelle das gar nicht mal so üble, im vergangenen Jahr erschienene letzte Album „Ontario Gothic“ ans Herz gelegt, welches man sich – wie die bisherigen Veröffentlichungen auch – auf der Bandcamp-Seite des Projektes nach dem „Pay what you want“-Prinzip aufs heimische Abspielgerät laden kann. An anderer Stelle (bei den Kollegen von „Noisey – music by Vice„) kann man sich bei Interesse auch noch ein Interview mit FIF-Mastermind Warren Hildebrand zu Gemüte führen…

 

 

 

Rock and Roll.

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Neues David Bowie-Video zu „Where Are We Now?“ & Albumankündigung


Szene aus "Where Are We Now?"

„Where Are We Now?“ – gestern tauchte der neue Song samt dazugehörigem Video von David Bowie, einem der zweifellos einflussreichsten und faszinierendsten Musiker des 20. Jahrhunderts, unvermittelt im weltweiten Netz auf – wohl nicht ohne Grund am 66. Geburtstag des Altmeisters. Dabei hatte kaum noch jemand auf eine „vollwertige“ Rückkehr des Pop/Rock-Chamäleons gehofft…

Das Trauma, welches sich am 25. Juni im niedersächsischen Scheeßel ereignete, es ist zu einem guten Teil auch meins: nach dem Auftritt beim Hurricane Festival klagt David Bowie über Schmerzen in der Brust. Er wird sofort per Helikopter sofort ins Krankenhaus nach Hamburg-Altona geflogen – Herzinfarkt. Die folgenden Termine seiner „A Reality Tour“-Welttournee werden abgesagt, und somit auch eben jener Auftritt beim Southside Festival am Tag darauf, bei welchem auch ich zugegen gewesen wäre… Stattdessen lässt es Bowie folglich von da an ruhiger angehen, zieht sich in seine Wahlheimat New York zurück, belässt es fortan bei vereinzelten kurzen oder Gastauftritten.

Doch nun ist er zurück – zumindest einen Song beziehungsweise ein Album lang: „The Next Day“ wird am 8. März erscheinen. Und obwohl wohl eher keine Tour zu seinen ersten neuen Songs seit 10 Jahren (der Vorgänger „Reality“ erschien 2003) zu erwarten ist, ist diese Meldung allein schon ein Grund zu Freude. Hier die Tracklist zum Album, welches trotz alleiniger Vorbestellungsmöglichkeit von 0 auf Platz 1 der deutschen iTunes-Charts einstieg („Where Are We Now?“ landete als erste Auskopplung auf Platz 24, in England direkt auf Platz 1):

01. The Next Day 3:51

02. Dirty Boys 2:58bowiecover500

03. The Stars (Are Out Tonight) 3:56

04. Love Is Lost 3:57

05. Where Are We Now? 4:08

06. Valentine’s Day 3:01

07. If You Can See Me 3:16

08. I’d Rather Be High 3:53

09. Boss Of Me 4:09

10. Dancing Out In Space 3:24

11. How Does The Grass Grow 4:33

12. (You Will) Set The World On Fire 3:30

13. You Feel So Lonely You Could Die 4:41

14. Heat 4:25

Bonus Tracks:

15. So She 2:31

16. I’ll Take You There 2:44

17. Plan 2:34

Bowie today

Im Text und Video zu „Where Are We Now?“ lässt Bowie zu elegischen Klängen seine Zeit in West-Berlin, wo er in den 70er Jahren im Stadtteil Schöneberg lebte und wo er so richtungsweisende Alben wie „Low“, „Heroes“ oder „Lodger“ (seine sogenannte „Berlin-Trilogie“) aufnahm, Revue passieren. Der Potsdamer Platz (im Video „Potzdamer Platz“ geschrieben), die Diskothek „Dschungel“, die Nürnberger Straße, das Kaufhaus KaDeWe, die Bösebrücke an der Bornholmer Straße, einem der Grenzübergänge zur damaligen DDR – vor Bowies innerem Auge ziehen all diese Orte noch einmal vorbei. Er, der während dieser Zeit unter anderem keinen Geringeren als Ewig-Punkrocker Iggy Pop zum Mitbewohner hatte, erlebte die geteilte deutsche Metropole vor allem als Stadt, die einerseits noch unter den Nachwehen des Zweiten Weltkriegs zu leiden hatte und andererseits, trotz – oder gerade wegen – all ihrem tristen Grau so voller Hoffnungen und Möglichkeiten steckte. Das macht auch der Song, der wie die bereits genannten Albumklassiker wieder von Altmeister Tony Visconti produziert wurde, auf melancholische Art und Weise deutlich. Im Video sieht man Bowie anfangs nur als Kopfmontage auf einer von zwei Plüschfiguren, während im Hintergrund alte Aufnahmen von Berlin und im Vordergrund Textfetzen des Songs abgespielt werden. Erst gegen Ende, als „Where Are We Now?“ langsam an Tempo zulegt, sieht man den Künstler in der Totalen an eine Wand gelehnt, die Augen in der Ferne dieses voll mit Memorabilia gestellten Ateliers schweifend, die Gedanken tief in den 70er Jahren vergraben…

 

 

Bei diesem durchaus nicht üblen Vorgeschmack besteht also berechtigter Grund zur Freude und Neugier. Denn beweisen muss David Bowie, der als Musiker bisher etwa 140 Millionen Tonträger weltweit an seine Hörerschaft bringen konnte und auch als Schauspieler eine gute Figur abgab (man denke nur an die Filme „Der Mann, der vom Himmel fiel“ von 1976 oder „Die Reise ins Labyrinth“ von 1986!), höchstens noch einem etwas: sich selbst.

 

Rock and Roll.

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