Mad Circus – Eine Ballade von Liebe und Tod (2010)
„Homo homini lupus est“ („Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf.“ – Plautus, 495)
Madrid, 1937, zu Zeiten des spanischen Bürgerkriegs: der junge Javier muss mit ansehen, wie seine Vater, ein Zirkusclown und Widerstandskämpfer wider Willen, vor seinen Augen von Francos Schergen hingerichtet wird. Was ihm bleibt, sind die letzten Worte seines Vaters, die Traurigkeit einer gestohlenen Kindheit und der Wunsch nach Rache.
Rund drei Jahrzehnte später ist Javier (Carlos Areces) in die übergroßen Fußstapfen seines Vaters und Großvaters getreten und ebenfalls Clown. Doch anders als seine Vorfahren scheint diesem Clown das Lachen gestohlen. Und so schließt er sich als trauriger „dummer August“ einem Wanderzirkus an. Dort lernt er die schöne Akrobatin Natalia (Carolina Bang) kennen, die in fataler Liaison mit Sergio (Antonio de la Torre), dem Hauptclown und heimlichen Anführer des Zirkus‘, verbunden ist. Schon bald gerät Javier in Natalias Bann und die beiden kommen sich – wenn auch aus unterschiedlichen Motiven – näher, was bei dem sowieso schon zu Gewaltausbrüchen neigenden, trinksüchtigen Sergio das Fass zu Überlaufen bringt. Stück für Stück setzt sich eine Abwärtsspirale der Gewalt in Gang, aus der keiner der Beteiligten lebendig oder mit heiler Haut herauskommen wird und Javier unverhofft bis zu General Franco persönlich führt…
Der spanische Regisseur Alex de la Iglesia schafft mit „Mad Circus – Eine Ballade von Liebe und Tod“ (Originaltitel: „Balada triste de trompeta“) einen schaurigen Genremix aus Love Story, Politthriller und Splatter, welcher tausende Querverweise auf die – fantastischen Filmen wie „Pan’s Labyrinth“ zu Trotz – längst noch nicht ausreichend aufgearbeitete Historie seines Heimatlandes liefert, denn laut de la Iglesia, seinen seine Landsleute eben selbst traurige Clowns, welche sich erst langsam aus der Schockstarre des Franco-Regimes lösen und (noch) unfähig seien, das Trauma zu verarbeiten. Der Film bedient sich gekonnt der unterschwelligen Metaphorik und mutet in all seiner schaurig-schönen Bildgewalt wie ein wilder Cocktail aus Shakespeare, Tarantino und Almodóvar an, so als hätte man „Moulin Rouge“ und „Natural Born Killers“ auf einer Filmrolle zusammengeschnitten. In seinem Handlungsradius bewegen sich fast ausschließlich psychisch und physisch gebrochene Figuren, der Zirkus gleicht mehr einer Freakshow denn einer bunten Attraktion und zieht durch Stadtruinen, um den Kindern ein Gefühl von Freude zu vermitteln, das den Protagonisten im Rund der Manege längst abhanden gekommen ist. Da hier an einigen recht drastischen Stellen der Blut- und Gewaltpegel arg ausgereizt wird, hat sich „Mad Circus“ sein rotes FSK18-Siegel durchaus redlich verdient. Allen Mutigen bietet sich hier jedoch nicht mehr und nicht weniger als ein cineastisches Meisterwerk von morbider Schönheit.
Rock and Roll.