Wenn man Bastille nach ihren Lieblingskonzerten der zurückliegenden gut zwölf gemeinsamen Bandjahre fragen würde, stände das „MTV Unplugged„-Konzert vom vergangenen Dezember vermutlich weit oben auf der Liste – und das nicht ganz zu Unrecht…
Wer den Beitrag der britischen Indie-Pop-Band für die prestigeträchtige MTV-Konzertreihe verpasst hat, kann das Versäumnis nun nachholen, denn ab sofort ist das daraus resultierende „MTV Unplugged“-Album – pünktlich zum Record Store Day vor einigen Tagen – nicht nur auf Vinyl-Platte, sondern auch auf allen Streaming-Plattformen verfügbar. Und lässt sich selbst für alle, die den Formatradio-Einheitsbrei sonst meiden wie der Beelzebub das geweihte Nass, recht gut hören, denn für diesen besonderen Anlass hat Bastilles Langzeitkollaborateur Charlie Barnes wunderschöne neue Arrangements vieler Bastille-Klassiker erarbeitet, die, ausgeschmückt mit souligem Backgroundgesang oder Streichern, einmalig an diesem Abend performt wurden: “It was a privilege to work with some insanely talented musicians to put together these really different, special arrangements of a cross-section of our tunes”, sagt Dan Smith, Leadsänger und Songwriter der Band, über das Show-Heimspiel in London. So vereint die Tracklist des konservierten Live-Konzerts 13 Highlights aus allen bisherigen vier Bastille-Alben und zwei recht exquisite Coversongs: „Killing Me Softly With His Song„, welches man wohl vor allem durch die Versionen von Roberta Flack (von 1973) sowie den Fugees (von 1996) sofort im Ohr haben dürfte, und „Come As You Are“ von Nirvana. Und bei zweiterem schließt sich ein Kreis, hatten Kurt Cobain und Co. selbigen Song, im Original vom 1991er Erfolgsalbum „Nevermind“, doch seinerzeit – vor genau dreißig Jahren war’s – selbst bei ihrer legendären „MTV Unplugged“-Show gespielt…
Nee, George Hennessey macht beileibe keinen Hehl daraus, großer Fan des Britpops der seligen Neunziger zu sein, damals als Cool Britannia und schiere Heerscharen toller neuer Bands aus Good Ol‘ England die (Musik)Welt regierten. Mal ist der Sound des aus London stammenden 29-jährigen Newcomers psychedelischer Natur wie bei The Verve, mal eher ebenso hymnisch wie vollmundig poprockend wie weiland bei Oasis. Inhaltsleere muss trotzdem niemand befürchten, denn seine Songs sind im Kern persönlich, handeln unter anderem von der Desillusionierung junger Menschen – das hat durchaus seine Gründe: Auch Hennessey wusste vor ein paar Jahren noch nicht so genau, was er wollte. Die Musik war damals sein Anker: „Kreativ und produktiv zu sein, hat mich glücklich gemacht, mir Hoffnung gegeben. Ich fühle mich wohler in meinem Leben, ich bin recht optimistisch.“ Das kann er auch sein, denn am 3. Februar erscheint mit „If You Can’t Find What You’re Looking For Please Ask“ nach der 2021er „Purified EP“ sowie einigen Singles endlich sein Debütalbum. Und auch selbiges dürfte so einige in die Zukunft weisende Retro-Songs bieten. Irgendwann erlebt halt alles mal wieder (s)ein Revival…
Adele Laurie Blue Adkins anno 1998 in ihrem Kinderzimmer in Tottenham, Nordlondon. Damals wusste die Zehnjährige freilich weder, dass sie selbst mal ein weitaus größerer Pop-Star werden noch dass sie ihre Idole etwa zwanzig Jahre später höchstpersönlich treffen würde – und Scary, Baby, Ginger, Sporty sowie Posh Spice mittlerweile ihrerseits große Fans ihrer Musik sein würden. Manchmal werden Superfan-Träume eben doch wahr… So oder so: eine wunderbare Momentaufnahme, die rückblickend voller Female Empowerment steckt.
Dave Grohl und Shane Hawkins in London. (Foto gefunden bei Facebook)
„Meine Damen und Herren, wir haben uns heute Abend hier versammelt, um das Leben, die Musik und die Liebe unseres lieben Freundes, unseres Bandkollegen, unseres Bruders Taylor Hawkins zu feiern“, leiteten Dave Grohl und seine restlichen Foo Fighters-Bandmates Nate Mendel, Chris Shiflett, Pat Smear und Rami Jaffee am Samstag sichtlich bewegt das erste Tribute-Konzert zu Ehren ihres verstorbenen Bandkollegen und Freundes ein – ein Abend, der mit seinen zahlreichen einmaligen Auftritten im ausverkauften Londoner Wembley-Stadion in vielerlei Hinsicht kaum denkwürdiger hätte ausfallen können…
„Wir haben uns heute Abend mit seiner Familie und seinen engsten Freunden, seinen musikalischen Helden und größten Inspirationen versammelt, um euch eine verdammt gigantische Nacht für einen verdammt gigantischen Menschen zu bieten. Also singt und tanzt und lacht und weint und schreit und macht verdammt noch mal Lärm, damit er uns jetzt hören kann! Denn wisst ihr was? Es wird eine verdammt lange Nacht werden“, fuhr der Foo Fighters-Frontmann fort. Über sechs Stunden folgten Auftritte wie etwa von Ex-Oasis-Lautsprecher Liam Gallagher, Brian Johnson (AC/DC), Lars Ulrich (Metallica), Stewart Copeland (The Police), Brian May und Roger Taylor (beide Queen), Justin Hawkins (The Darkness), Josh Homme (Queens Of The Stone Age), Wolfang Van Halen, Kesha, Chris Chaney, Greg Kurstin, Supergrass, Geddy Lee und Alex Lifeson (beide Rush), den Pretenders oder Nile Rogers, um Hits der jeweiligen Künstler oder Cover-Versionen mal gemeinsam mit den Foo Fighters als souverän aufspielende Backing-Band, mal in amtlicher All-Star-Besetzung zu performen. Beinahe immer an irgendeinem Instrument dabei: Dave Grohl.
Buddies for life: Taylor Hawkins und Dave Grohl. (Foto: Danny Clinch)
Für alle Freunde des durchaus weitreichenden kreativen Schaffens des 53-jährigen Musiker-Tausendsassas dürfte vor allem die Reunion von Them Crooked Vultures von Interesse gewesen sein, jener Supergroup bestehend aus Grohl, Queens Of The Stone Age-Kopf Josh Homme und John Paul Jones von Led Zeppelin. Nach einer Videobotschaft von Elton John betrat die kurzlebige Band, deren einziges Album 2009 erschienen war, zusammen mit Alain Johannes (Eleven, Queens Of The Stone Age) erstmals seit zwölf Jahren gemeinsam die Bühne, eröffnete mit dem Elton-John-Song „Goodbye Yellow Brick Road“ und spielte dann ihren Song „Gunman“ sowie „Long Slow Goodbye“ von den Queens Of The Stone Age.
Dass Talent scheinbar vererbt werden kann, bewies Dave Grohls 16-jährige Tochter Violet, die ebenfalls in London anwesend war und Coverversionen von Jeff Buckley („Last Goodbye“ und „Grace“, angesichts der nicht eben simplen Originale durchaus amtlich abgeliefert) sowie „Valerie“ (The Zutons) zum Besten gab. Bei letzterem war übrigens ein gewisser Mark Ronson an der Gitarre dabei, der dem Song anno dazumal als Coverversion der ebenso großen wie früh verstobenen Amy Winehouse zu neuen Bekanntheitshöhen verhalf.
Gegen Ende des Tribute-Abends betraten dann erneut die Foo Fighters die Bühne des Wembley-Stadions und spielten während ihres ersten offiziellen Auftritts nach dem Tod von Taylor Hawkins im März diesen Jahres insgesamt zehn Songs mit wechselnden Schlagzeugern, darunter Session-Drummer Josh Freese (A Perfect Circle, Nine Inch Nails, Weezer, Sting), Travis Barker (blink-182), die 12-jährige „Erzfeindin“ von Grohl, Youtuberin Nandi Bushell (welche angesichts ihres zarten Alters von gerade einmal zwölf Jahren fantastisch aufspielte), sowie Rufus Taylor, dem Sohn von Queen-Schlagzeuger Roger Taylor, bei dem man schon zwei Mal genauer hinschauen musste, ob da nicht Taylor Hawkins aus dem Rocker-Jenseits hinabgestiegen sei, so sehr ähnelt die Optik des 31-Jährigen der des verstorbenen Foos-Drummers – wenig verwunderlich also, dass sich nicht wenige Anhänger der Band ausgerechnet ihn als Hawkins‘ Nachfolger wünschen. Ebenso wenig überraschend dürfte denn auch gewesen sein, dass Grohl, der im Juli diesen Jahres (und während der Vorbereitungen zu den Tribute-Shows) auch noch seine Mutter verlor, bereits während des eröffnenden „Times Like These“ mit den Tränen kämpfte und sichtlich bewegt innehalten musste. Glücklicherweise war auf die Anwesenden verlassen: Das Publikum sang für ihn, bis er sich wieder gefangen hatte.
Es folgte – nach energetischen Performances von Foo-Evergreens wie „All My Life“, „The Pretender“ oder „Best Of You“ – ein Überrschungs-Auftritt von Paul McCartney, der die Foo Fighters letztes Jahr in die legendäre „Rock And Roll Hall Of Fame“ aufgenommen hatte. Er betrat die Bühne zusammen mit Pretenders-Frontfrau Chrissie Hynde und kündigte einen Song an, „den ich nicht mehr gespielt habe, seit ich ihn vor 100 Jahren aufgenommen habe – ich habe ihn noch nie im Duett gesungen, aber wir werden ihn heute Abend zum ersten Mal singen“. Zusammen mit Grohl, Pat Smear und Jazz-Schlagzeuger Omar Hakim in der Band performten McCartney und Hynde – mit 80 beziehungsweise 70 Lenzen allein schon altersbedingt Rock-Legenden und dementsprechend nicht mehr ganz so gut bei Stimme wie in jungen Jahren – dann „Oh! Darling“ von den Beatles – immerhin die erste Performance des Songs von McCartney seit 1969.
Zum Finale spielten die Foo Fighters „Aurora“ mit Omar Hakim (das Stück war der erklärte Foo-Fighters-Backkatalog-Liebling von Taylor Hawkins) und danach „My Hero“ mit Taylor Hawkins‘ Sohn Oliver Shane Hawkins am Schlagzeug. Dass der 16-Jährige seligen drauf hat, bewies Shane bereits im Juli, als er den Song vom zweiten, 1997 veröffentlichten Foo-Album „The Colour And The Shape“ mit seiner Schulband bei einem öffentlichen Auftritt zu Ehren seines Vaters spielte. In den sozialen Medien schwärmten Fans von einem der „berührendsten Momente in der Rockgeschichte“. Der Auftritt des Jungen sei „unglaublich“ und „beeindruckend“ gewesen, hieß es bei Twitter unter dem Hashtag #TaylorHawkinsTribute. Ein Nutzer schrieb recht treffend nur: „Gänsehaut“. Was darauf noch folgen konnte? Klar: Als letzten Song des Abends performte Grohl das nahezu unvermeidliche „Everlong“ solo (und damit kaum weniger reich an Gänsehaut), bevor er (fast) alle Teilnehmenden des Abends zur finalen Verabschiedung auf die Bühne holte. Uff. Wahnsinn. Großartig. Vonwoauchimmer Taylor Hawkins dem ganzen, amtlich rockenden Konzert zu seinen Ehren gelauscht haben mag, es wird ihm gefallen haben, denn sein Surfer-Dude-Grinsen war in jedem verfickten Moment spürbar.
Das erste offizielle Bild der Foo Fighters ohne Taylor. (Foto: Danny Clinch via Facebook)
Wer (wie ich) nicht in der englischen Hauptstadt anwesend war, der hatte Glück, denn die komplette Show wurde unter anderem auf YouTube gestreamt (und kann auch noch nachträglich über Paramount+ angesehen werden). Die Ticket- und Merchandise-Einnahmen der beiden „Taylor Hawkins Tribute Concerts“ kommen auf Wunsch der Hawkins-Familie den Organisationen Music Support und Musicares zugute, die sich der Gesundheit und dem Wohlergehen der Musikgemeinschaft widmen. Das zweite Tribute-Konzert findet am 27. September in Los Angeles mit vielen weiteren Gästen statt.
Taylor Hawkins war am 25. März während der Südamerika-Tour der Foo Fighters tot in seinem Hotelzimmer aufgefunden worden. Die Todesursache wurde nicht öffentlich bekannt gegeben. Bei einer Untersuchung wurden allerdings verschiedene Substanzen in Hawkins‘ Körper festgestellt, die auf die Umstände seines Todes hinweisen.
„Richard III“ (Supergrass) „Alright“ (Supergrass) „Caught By the Fuzz“ (Supergrass)
Them Crooked Vultures
„Goodbye Yellow Brick Road“ (Elton John) „Gunman“ (Them Crooked Vultures) „Long Slow Goodbye“ (Queens Of The Stone Age)
Pretenders & Dave Grohl
„Precious“ (Pretenders) „Tattooed Love Boys“ (Pretenders) „Brass In Pocket“ (Pretenders)
James Gang
„Walk Away“ (James Gang) „The Bomber: Closet Queen / Bolero / Cast Your Fate to the Wind“ (James Gang) „Funk #49“ (James Gang) (mit Dave Grohl)
Violet Grohl, Mark Ronson, Chris Chaney & Jason Falkner
„Valerie“ (The Zutons)
Brian Johnson, Lars Ulrich & Foo Fighters
„Back In Black“ (AC/DC) (mit Justin Hawkins) „Let There Be Rock“ (AC/DC)
Stewart Copeland & Foo Fighters
„Next To You“ (The Police) „Every Little Thing She Does Is Magic“ (The Police) (mit Gaz Coombes)
Geddy Lee & Alex Lifeson
„2112 Part I: Overture“ (Rush) (mit Dave Grohl) „Working Man“ (Rush) (mit Dave Grohl) „YYZ“ (Rush) (mit Omar Hakim)
Brian May, Roger Taylor, Rufus Taylor & Foo Fighters
„We Will Rock You“ (Queen) (mit Luke Spiller) „I’m in Love With My Car“ (Queen) „Under Pressure“ (Queen) (mit Justin Hawkins) „Somebody To Love“ (Queen) (mit Sam Ryder) „Love Of My Life“ (Queen) (Brian May solo)
Foo Fighters
„Times Like These“ (mit Josh Freese) „All My Life“ (mit Josh Freese) „The Pretender“ (mit Travis Barker) „Monkey Wrench“ (mit Travis Barker) „Learn To Fly“ (mit Nandi Bushell) „These Days“ (mit Rufus Taylor) „Best Of You“ (mit Rufus Taylor)
Paul McCartney, Chrissie Hynde, Dave Grohl, Omar Hakim & Pat Smear
„Oh! Darling“ (The Beatles) & „Helter Skelter“ (The Beatles)
Bryde – das ist vor allem Sarah Howells. Eine Frau und ihre elektrische Gitarre, auf der sie mal wilde, mal zarte Songs spielt. Ihre Musik wechselt dabei von unnachgiebig zu verletzlich innerhalb von Strophe und Refrain, mit Botschaften, die schon melancholisch, aber auch lebensbejahend und trotzig zugleich sind. Fasziniert von der menschlichen Psyche und zwischenmenschlichen Dynamiken, schafft Bryde ehrliche und furchtlos authentische Lieder, die aus guten Gründen als „verworren und entblößend“ gleichzeitig beschrieben wurden.
Und obwohl der Name bislang vor allem auf der Agenda von findigen Indie-Poppe-di-Rock-Eingeweihten aufgetaucht sein dürfte, ist die aus dem walisischen Pembrokeshire stammende und in London beheimatete Musikerin keineswegs eine „Newcomerin“ im klassischen Sinne, denn Howells macht bereits seit gut und gern zwei Jahrzehnten Musik – und das nicht als Beruf, sondern vielmehr als Berufung (was sich nach Phrasenmäherei lesen mag, aber wohl tatsächlich so ist). So schwänzte sie etwa die Uni, um mit ihrer High-School-Rockband auf einem in einen rostigen Transit gequetschten alten Sofa durch das Vereinigte Königreich zu touren. Aufgewachsen im Grunge der Neunziger und Emo der Nullerjahre und kurz vor der Unterschrift eines Plattenvertrags, geriet die Welt der vier eng befreundeten Musiker*innen jedoch arg ins Wanken, als bei Bassistin und Gründungsmitglied Nia Leukämie diagnostiziert wurde. Und es kam noch schlimmer: Nach einem 18-monatigen Kampf gegen die Krankheit starb sie auf tragische Weise und die Band löste sich auf.
Also schlug auch Howells neue Wege ein. Der Verlust ihrer Freundin und ein Umzug von Milford Haven nach Cardiff führten dazu, dass sich ihr Musikgeschmack vom Powerpop ihrer Jugend hin zum introspektiven Emo Folk als Teil des Duos Paper Aeroplanes entwickelte und sie – zumindest vorübergehend – ihre E-Gitarre gegen die akustische Variante tauschte. An der Seite von Bandmate Richard Llewellyn tourte sie ausgiebig durch Großbritannien und Deutschland, verkaufte Venues wie die legendäre Union Chapel oder die Hamburger Prinzenbar aus, spielte auf dem angesagten US-Showcase-Festival SXSW, veröffentlichte drei Alben in Eigenregie und ließ – Krebibilität lässt sich eben nicht kaufen – dennoch ein Majorlabel nach dem anderen abblitzen.
Allen Erfolgen zum Trotz stand jedoch alsbald der nächste Richtungswechsel an. Während einer Bandpause im Jahr 2016 verspürte Sarah Howells das Bedürfnis, Songs abseits von Paper Aeroplanes zu kreieren und sich wieder ihrer E-Gitarre zu widmen – dies war der Beginn ihres Solo-Projekts Bryde, das von der renommierten „Sunday Times“ alsbald mit „wilde Gitarre…sensationell“ angepriesen wurde.
Mit ihrem 2018 erschienenen Debütalbum „Like An Island„, welchem drei EPs vorangingen, wurde Bryde im selben Jahr für den Welsh Music Prize nominiert, tourte durch Europa und zierte die Bühnen von Festivals wie dem Latitude, Boardmasters, Camden Rocks oder Live at Leeds. Die Songs der Erstlingsplatte erzählten von Emanzipation und vom Lernen, nach einer Trennung wieder allein zu existieren und auf eigenen Füßen zu stehen, während das Musikalische irgendwo zwischen sanftem Dreampop der Marke The xx, dem teils recht spröden Sound von Feists „Metals“ und einem Timbre à la Fiona Apple oszillierte. Obendrein umschiffte die Singer/Songwriterin die gröbsten Schmalz-Klippen ebenso schlicht wie galant mit ihrer entlarvenden Ehrlichkeit.
Es folgte – man ahnt’s wohl bereits – einmal mehr eine Richtungskorrektur, denn dem zweiten, 2020 erschienenen Album „The Volume Of Things“ gingen die explosiven Elemente, die das Debüt in seinen besten Momenten so spannend tönen ließen, fast vollständig ab. Geschrieben und aufgenommen zwischen London sowie den Studios verschiedener Freunde in Berlin und produziert von Thomas Mitchener (Frank Carter & The Rattlesnakes, The Futureheads) wurde das Zweitwerk während der ersten Phase der vermaledeiten Corona-Pandemie veröffentlicht und handelte von der Bombardierung des modernen Lebens, der Lawine von Nachrichten, Mitteilungen, Ratschlägen und Ideen, zu denen wir (zumindest im recht freien Teil der westlichen Welt) jeden Tag Zugang haben, sowie dem Versuch, aus all dem weißen Rauschen einen echten, tieferen Sinn herauszufiltern. Klar, die Amplitude der tönenden Erschütterungen mochte eine andere sein als auf „Like An Island„, das dezent vulkanische Brodeln mochte vermehrt Platz gemacht haben für ein Gefühl der Entschleunigung und des Loslassens, aber eitel Sonnenschein war auch auf „The Volume Of Things“ nie so ganz.
Folgt nun, mit dem kommenden dritten Langspieler „Still„, die beinahe obligatorische nächste Kehrtwende? Überraschenderweise: nein. Vielmehr Setzt Sarah „Bryde“ Howells den auf dem Vorgänger eingeschlagenen Weg in Musik und Gedankenwelt fort, schließt sich bei ersterem, der Musik, der Welle an talentierten Bedroom-Pop-Künstlerinnen an, die – mit Phoebe Bridgers an der Spitze – die Welt außerhalb des eigenen Schlafzimmers mit grandiosen Platten bereichern, während zweiteres, das Thematische, mit so viel- wie alles und nichts sagenden Begrifflichkeiten wie Spiritualität, Liebe, Religion, Heilung und der Macht des Geistes spielt – all das ja Themenkomplexe, denen man auch schon auf den ersten beiden Platten begegnen konnte, und die nun, im Jahr 2022, in mannigfaltiger Hinsicht relevanter denn je scheinen. Auf das introspektiv-entschleunigte Grundgefühl weist bereits das Coverartwork hin, auf den Rest von „Still“ darf man sich einmal mehr gern einlassen.
„So viele Liebeslieder verherrlichen die Idee, sich jemandem an den Hals zu werfen, das Drama und den Schmerz der Liebe. Ich wollte zugeben, dass ich das tue, aber auch anerkennen, dass es viele andere, gesündere Arten gibt, über die Liebe nachzudenken, und dann ein Gespräch darüber beginnen.“ (Sarah „Bryde“ Howells)