„Life is what happens to you while you’re busy making other plans“ sang der große John Lennon einst in „Beautiful Boy (Darling Boy)„. Und irgendwie scheinen diese Zeilen auch – so traurig das sein mag – gut auf die ohnehin bereits bewegte Biografie von William Fitzsimmons zuzutreffen.
Denn während der aus dem US-amerikanischen Pittsburgh, Pennsylvania stammende Singer/Songwriter vor einiger Zeit mit einem (damaligen) Freund und Kollegen, der nicht namentlich genannt wurde, an einer neue Platte (dem Nachfolger zum 2014 erschienen „Lions“ sowie in den Jahren darauf veröffentlichten, sehr persönlichen EP-Doppel „Pittsburgh“ und „Charleroi: Pittsburgh Vol. 2„) arbeitete, hatte dieser gleichzeitig eine Affäre mit Fitzsimmons‘ Frau. Zehn Jahre Ehe waren damit dahin und das fast fertiggestellte Album eigentlich auch. Doch inmitten der Scherben hatte Fitzsimmons unverhofft Glück. In einem Statement erzählt er laut „Belle Music“ weiter: „Viele Monate später stellte mir mein langjähriger Manager und guter Freund Rishon den aus Nashville stammenden Produzenten Adam Landry vor. Adam war überzeugt, dass er das Albumprojekt nicht nur retten, sondern es besser machen könne, als ich es vielleicht jemals für möglich gehalten hatte. Da ich ohnehin schon Monate vergeudet hatte und keine klare Richtung vor mir sah, hatte ich ehrlich gesagt nichts zu verlieren. (…) ‚Mission Bell‘ ist nicht nur das Resultat der Asche eines gescheiterten Albums und einer gescheiterten Phase meines Lebens, sondern auch die Wiedergeburt des Wunsches und des Ziels, etwas zu schaffen, was zutiefst ehrlich, auf höchst unbequeme Weise persönlich und vollkommen leidenschaftlich sein würde.“
Gut möglich also, dass das am 21. September erscheinende neue, siebende Studioalbum „Mission Bell“ – allein schon der heiklen Entstehungsgeschichte wegen – an sehr persönliche, sehr bewegende Trauerkloß-Werke wie „Until When We Are Ghosts„, „Goodnight“ oder „The Sparrow and the Crow“ anknüpft.
Nach den einmal mehr traurig-schönen ersten Vorboten „Second Hand Smoke„, „Distant Lovers“ und „Never Really Mine“ lässt William Fitzsimmons mit der neusten Single „Angela“ bereits einen weiteren Albumsong hören. In dem dazugehörigen, fünfminütigen Musikvideo begibt sich ein Mann, der – wie könnte es anders sein – vor den Scherben einer einst glücklichen Beziehung steht, auf eine emotionale Zeitreise. Den Protagonisten des Clips führt es dabei durch zahlreiche intime Momente, die er in der Vergangenheit mit seiner besseren Hälfte erlebt hat. Der gebrochene Mann wandert buchstäblich durch Zeitfenster und beobachtet wehmütig die längst verflogene Liebe. Dazu breitet Fitzsimmons‘ gefühlvolle Ballade einen warmen Klangteppich aus, der mit sanftem Rhythmus und verträumtem Delay in der Gitarre daherkommt. Der bärtige Liedermacher erzählt mit „Angela“ eine weiteres bitteres (Album-)Kapitel von unerwiderter Liebe und Zurückweisung. „‚Angela‘ handelt davon, durch die Gefühle eines anderen geblendet zu werden“, so Fitzsimmons.
„I can’t believe that we burned through this whole pack of cigarettes I swear to God there is nothing to do in this town Maybe we’ll find out that we’re just not made for each other Hell, I don’t care you’re the best thing that I’ve ever found
Sooner or later we end up as fragile compartments Tired of carrying a soul that is so far from home I never said I was scared of eventually dying My only fear is I might have to do it alone
Wherever you go I will find you I will find you, Angela
Sometimes at night I can still hear you laying beside him Whispering about all the hurt that you’re leaving behind They tell me Jesus can fix all the ones who need healing Wonder if you’ll think of me when you open your eyes
Wherever you go I will find you I will find you, Angela Wherever you go I will find you I will find you, Angela Angela“
Aufgewachsen in Pittsburgh, Pennsylvania, als Sohn zweier blinder Eltern, die sich scheiden ließen, als der Mann, von dem wir hier sprechen (slash: schreiben) noch klein war. Die Mutter nahm sich das Leben, der Vater fiel – wohl auch von Schuld geplagt – in ein tiefes Loch und war unfähig, sich um seine Kinder zu kümmern. Und obwohl sein Sohn sich in Momenten wie diesen wohl vornahm, später im eigenen Erwachsenenleben und -lieben mal alles anders und besser und richtig zu machen, stand auch er vor einigen Jahren – es muss um 2009 herum gewesen sein – vor den Scherben (s)einer immerhin zehnjährigen Ehe…
Was sich liest, als habe irgendein findiger Hollywood-Drehbuchschreiberling mal eben die Pillen vertauscht und sei diesüber in einen wahnsinnig-abstrusen Schreibwahn abgeglitten, ist tatsächlich die Biografie von William Fitzsimmons. Und: ja, dessen Aussehen macht es, wenn man’s oberflächlich nimmt, kaum… nun ja: besser. Kahl geschorener Kopf, ein imposanter Rauschebart, tief blickende Augen, Holzfällerhemd, unter dem tätowierte Arme hervor lugen. Sähe man den Hünen, Jahrgang 1978, auf der anderen Straßenseite, so könnte man so ziemlich alles als Berufsfeld es US-Amerikaners vermuten – Waldarbeiter (freilich), Trapper (logisch), Rhythmusbassist einer Hardcore-Formation (natürlich) -, nicht jedoch, dass Fitzsimmons a) gelernter Psychotherapeut ist und b) seit 2005 in recht regelmäßigen Abständen tolle Singer/Songwriter-Alben veröffentlicht. So weit, so fern ab des Augenscheinlichen.
Ebenso nah – musikalisch wie geografisch – liegt den auch ein klanglicher Vergleichspunkt, denn vor allem Fitzsimmons‘ erste drei Werke vom Debüt „Until When We Are Ghosts“ (2005) bis „The Sparrow And The Crow“ (2008) liegen nahe bei dem, was der ebenfalls aus Illinois stammende Sufjan Stevens in seinen Glanzzeiten (man denke da an die Songwriter-Perlen „Seven Swans“, „Michigan“ oder jüngst „Carrie & Lowell„) heraus brachte: zart besaitete große Songs, die bewegende Geschichten vom Leben erzählen, sich selbst nicht wichtig nehmen, dieses dafür umso mehr sind: wichtig. Und: bewegend. Doch wo man bei Stevens in der Vergangenheit nie so recht wusste, wo die Biografie aufhörte und die fiktionale Erzählung begann (das neuste Werk mal außen vor), so war und ist bei William Fitzsimmons jeder Song, jede Note bitterer Ernst und wohl nie so ganz um der schönen Künste Willen gespielt. Denn vor allem den beiden Alben „Goodnight“ (2006) und „The Sparrow And The Crow“ merkt(e) man an, dass ihre Geschichten einfach raus, einfach erzählt, einfach vom Herzen abgerückt werden mussten. So singt Fitzsimmons in leisen Tönen auf ersterem von seiner Kindheit, von Leben mit seinen blinden Eltern, von deren Trennung und Scheidung, vom Freitod seiner Mutter und von der Unfähigkeit seines Vaters, mit alledem und den eigenen Schuldgefühlen klarzukommen – und das, vor allem im Stück „You Broke My Heart„, recht unverblümt: „Did you think about my mother / When you shared the same bed cover / Did you wonder if it changed her / When your son became your stranger / When will you admit your lonely / Since we split apart the family / All the pictures are updated / All of us are separated / You broke my heart / I don’t feel it anymore“. Das geht ebenso zu Herzen wie die Direktheit, mit der er auch vor sich selbst nicht Halt macht(e) und nahtlos das Scheitern der eigenen Ehe analysiert – dann vor allem im zweitgenannten „The Sparrow And The Crow“. Musikalisch kleidet Fitzsimmons seine Songs seit jeher als kleine Akustikgitarren-Kleinode, die selten mehr benötigen als ein, zwei elektronische Sprengsel hier, drei, vier Tupfer auf dem Piano da. Wer bei den Songs der ersten drei Alben nicht gefesselt zuhört(e), der darf sich getrost fragen, ob sein Herz nicht aus Stein gemeißelt ist (oder gefälligst noch einmal genauer hinhören).
Und irgendwie freute man sich für und mit William Fitzsimmons, dass die beiden darauf folgenden Alben „Gold In The Shadow“ (2011) und „Lions“ (2014, produziert von Ex-Death Cab For Cutie-Gitarrist Chris Walla) um einiges positiver und hoffnungsvoller ausfielen, präsentierten sie den Singer/Songwriter und patenten Geschichtenerzähler doch von einer seiner Seiten, die jeder, der mit dem freundlichen, aufgeschlossenen Bartträger ins Gespräch kommt, sofort bemerkt: die des durchaus optimistischen Zeitgenossen. Ja, da schlichen sich nun geradezu poppige (etwa „Beautiful Girl“ von „Gold In The Shadows“) und beschwingte („Took“ von „Lions“) Melodien ins Klangbild, während der Künstler selbst universellere, weltoffenere Themen anschnitt. Und auch wenn der Singer/Songwriter der herbstlich gestimmten Melancholie nicht abschwor, so hatte das Ganze jedoch einen kleinen Makel: alles in allem gerieten diese beiden Werke etwas austauschbarer als ihre drei Vorgänger, denn – ähnlich wie Sufjan Stevens – war und ist Fitzsimmons vor allem dann am besten, wenn er ans Eingemachte geht, von seinem Leben singt. Sich bewegen können viele, bewegen die wenigsten. Umso besser, dass William Fitzsimmons nun (s)eine Rückkehr feiert – wenn auch im Mini-Format…
Im vergangenen Oktober verbrachte der Musiker eine kurze Zeit in der Stadt, in der er als Sohn blinder Eltern aufwuchs, zum Scheidungskind wurde und in der er im Herbst 2014 seine Großmutter zu Grabe trug. Aus diesem schmerzhaften Anlass erhielt das nun erscheinende sechste Album den ebenso kurzen wie treffenden Titel „Pittsburgh„, auf dem sich lediglich sieben Songs befinden, welche in nur drei Tagen entstanden. Wieder einmal also arbeitet der Mann mit dem imposanten Bart sehr persönliche Themen ab, das wird bereits im ersten Stück „I Had To Carry Her (Virginia’s Song)“ deutlich: „I saw her lying there on the table / Buried in flowers cross that I made for her / Kneeling beside you next to my mother weeping like willows / I had to carry her“. Und als ob die Verstorbene eine Entschuldigung dafür benötigen würde, dass ihr Enkel so lange der einstigen Heimat, mit welcher er nicht wenige bittere, traurige Erinnerungen verbindet, fern geblieben ist, schiebt er diese sogleich nach: „I’m sorry it took me two years to come home / I’ve been so busy / You should see how the kids have grown / I’ll tell the children how much you loved them / They’ll never know you“. Erneut braucht Fitzsimmons nicht viel, um zu rühren: seine Akustische, ein wenig Piano hier und da, das Zwischenräume gekonnt ausfüllt, auch mal die Beatbox (etwa in „Better“ und „Matter“). Noch immer bildet Akustik-Folk freilich das Grundgerüst seiner Songs. Und diese widmet der Musiker auf „Pittsburgh“ voll und ganz seiner Großmutter, die die Musik in seine Familie brachte.
Wohlmöglich wird William Fitzsimmons‘ neustes Werk nur eine Art (ungeplantes) knapp 25 Minuten kurzes Zwischenalbum sein, eines, auf dem eventuell zum (vorerst) letzten Mal die Schatten seiner Familiengeschichte aufblitzen, nur um langsam und nach und nach im melancholischen Nebel zu verschwinden. Die Dramen hat er freilich längst erzählt, sich an ihnen abgerieben, sich durchs Darüber-singen selbst geheilt und wie verblichene Schwarz-weiß-Fotos zurück ins Familienalbum geschoben. Natürlich klangen seine letzten Werke weitaus sonniger und hoffnungsvoller als das, was „Pittsburgh“ nun zum nahenden Sommer anstimmt. Trotzdem ist man dankbar für diese Stücke, beweisen sie doch, dass die größte Stärke darin liegt, zwar mit einem weinenden Auge, jedoch ohne Wehklage, ohne Pathos und bleierne Stimmung zurück zu blicken. The Waldschrat is coming home. Der Rest soll Licht sein…
Hier gibt es einige Stücke von „Pittsburgh“ in Akustikversionen…
…sowie ein knapp einstündiges (!) Filmportrait über William Fitzsimmons, welches im Zuge der Promotion des im vergangenen Jahr veröffentlichten fünften Albums „Lions“ entstand:
Damit ihr nicht vollkommen den Überblick über alle hörens- und sehenswerten Neuerscheinungen der letzten Woche(n) verliert, hat ANEWFRIEND hier wieder einige der Video- und Songneuerscheinungen der letzten Tage für euch aufgelesen…
Marcus Wiebusch – Was wir tun werden
„Manche sagen, es wär‘ einfach / Ich sage, es ist schwer / Denn du, ja, du bist Audrey Hepburn / Und ich Balu, der Bär / Immer pläneschmiedend dastehen / So schön und stumm / Und ich, ich fang an zu tanzen / Werf‘ erstmal alles um“ – Anhand Zeilen wie dieser, die Marcus Wiebusch vor ein paar Jahren im Kettcar-Song „Balu“ sang, war wohl kaum zu erwarten, dass der Mann irgendwann einmal mit einem Tanzvideo (!) ums Eck biegen würde… Nun, er hat’s tatsächlich getan! Mit „Was wir tun werden“ schickt der Hamburger nicht nur ein weiteres Stück seines in wenigen Tagen erscheinenden Solodebüts „Konfetti“ ins Rennen, er hat sich für das Musikvideo auch Unterstützung von Tänzern der „HipHop Academy“ vor die Kamera geholt, die dem Stück mit einer Art „tanzenden Stillen Post“ eine ganz eigene Perspektive verleihen – nicht, dass dies der – mal wieder – tolle Song benötigt hätte… Wiebusch beweist, dass er es auch auf Solopfaden trefflich versteht, sich selbst nicht zu ernst zu nehmen, seine Musik und deren Botschaften jedoch dafür umso mehr. Und wenn „Konfetti“ auch nur im Ansatz das halten kann, was die ein oder andere Vorab-Review verspricht, dann darf man sich (weiterhin!) auf die Albumveröffentlichung am kommenden Freitag freuen…
Eels – Mistakes Of My Youth
Gleicher Veröffentlichungstag, identischer Sympathiefaktor (von meiner Seite): Ebenfalls am kommenden Freitag wird „The Cautionary Tales Of Mark Oliver Everett„, das neue Album der Eels, seinen Weg in die deutschen Plattenläden finden. Dem bereits bekannten Vorab-Song „Mistakes Of My Youth“ schicken Bandvorsteher Mark Oliver „E“ Everett & Co. nun ein Musikvideo hinterher, in welchem ein Teenager durch das trist-graue Hinterland (s)einer Kleinstadt zieht. Irgendwie nostalgisch, irgendwie: schön.
Queens Of The Stone Age – Smooth Sailing
Sex and drugs and Rock’nRoll – dieser Ruf eilte Josh Homme und seinen Mannen der Queens Of The Stone Age freilich seit Gründung der Band vor gut 18 Jahren voraus. In ihren „besten“ Zeiten wurden sie diesem Ruf im benebeltsten aller Sinne sogar in rauen Mengen gerecht. Doch selbst Rockmusiker werden – insofern sie sich nicht gerade im „magischen Alter“ von 27 Jahren in jenseitige Gefilde befördern – älter, gesetzter und familiärer. Insofern ist das neue Musikvideo der Wüstensöhne zum Song „Smooth Sailing“, welcher vom im vergangenen Jahr erschienenen Album „…Like Clockwork“ stammt, eher als augenzwinkernde Coolness-Referenz an frühere Tage zu verstehen. Regisseur Hiro Murai zeigt Josh Homme hier mit vier japanischen Partnern, mit denen er reichlich angetrunken um die Häuser zieht – Karaoke-Sessions und einen pöbeligen Schlägerzug durch die Nacht inklusive. Am Ende geraten die Dinge dann aber doch reichlich außer Kontrolle… They’re out fpr fun, they’re out for blood.
Warpaint – Disco//Very + Keep It Healthy
Ähnlich wie Herrn Wiebusch muss wohl auch den vier Ladies von Warpaint der Sinn nach Tanzen gestanden haben… So zumindest ließe sich die erste Hälfte ihres Doppelmusikvideos zu „Disco//Very“ deuten, bei welcher sie ausgelassen über die – freilich sonnenbeschienenen – Asphaltstraßen ihrer Heimat Los Angeles tanzen, um am Abend zu den Klängen des zweiten Songs „Keep It Healthy“ mit einer Horde Skaterboys abzuhängen. Da kann man nur all zu gut verstehen, dass Laban Pheidias, der Regisseur der neuen acht Zelluloidminuten der Warpaint’schen Medienwelt, seines Zeichens selbst Teil der kalifornischen Skaterszene ist. Ob der Vierer aus Emily Kokal, Theresa Wayman, Jenny Lee Lindberg und Stella Mozgawa bei all den Torneeterminen rund um das kürzlich erschienene selbstbetitelte Zweitwerk oft in der Genuss von chilligen Hang-loose-Situationen wie diesen kommt, darf gern bezweifelt werden…
William Fitzsimmons – Lions
Kaum weniger gut beschäftigt dürfte unser Lieblingsrauschebartbarde William Fitzsimmons sein, der im Februar sein mittlerweile fünftes Album „Lions“ veröffentlichte und dieses aktuell auf den spärlich-romantisch beleuchteten Konzertbühnen rund um die Welt vorstellt. Da kann man sich schon vor dem inneren Auge vorstellen, wie zu den berührenden Songs des aus Jacksonville, Illinois stammenden US-Singer/Songwriters die Pärchen näher zusammen rücken, während nicht wenige tätowierte Fanellhemdträger kleine Tränchen verdrücken… Schön ist das Ganze – auch wenn den Songs von Fitzsimmons, die auf „Lions“ von Death Cab For Cutie-Gitarrist Chris Walla produziert wurden, nichts ferner liegen würde als die Bezeichnung „spektakulär“. Und so kommt auch das Musikvideo zum Titelstück daher, sodass man beinahe denken könnte, Fitzsimmons wäre Hausmeister an einer US-amerikanischen High School und hätte sich in der Lunch Break mal eben fix in die Werkstatt verzogen, um ein YouTube-Video abzudrehen… Aber, hach: diese Stimme!
Wer ein wenig mehr über Fitzsimmons‘ neustes Werk erfahren möchte, der findet hier einen fünfminütigen „EPK“-Kurzfilm zu „Lions“:
Louise Distras – Love Me The Way I Am
„Schön“ wäre wohl ein Ausdruck, der Louise Distras‚ aktuelle Single „Love Me The Way I Am“ nur unzulänglich beschreiben würde. Vielmehr packt die britische Singer/Songwriterin mit der kraftvollen Reibeisenstimme und dem Herzen voller Punkrock für den Song, welcher von ihrem im vergangenen Jahr erschienenen Albumdebüt „Dreams From The Factory Floor“ stammt, all ihre Energie in eine dreiminütige Ballade, der jedoch – und auch das darf bezeichnend für Distras stehen, die ANEWFRIEND bereits im vergangenen August „auf dem Radar“ hatte – alles andere als danach ist, einfach „schön“ und oberflächlich zu sein: „Open your eyes, what can you see? / Closing your heart won’t set you free / Love me the way that I am / Equal rights aren’t special rights / When you let go of who you are / You become who you will be“. Joe Strummer wäre stolz, Billy Bragg ist es.
Die Coverversion der Woche…
Wenn sich Lou Rhodes, ihres Zeichens On/Off-Frontfrau des aus dem englischen Manchester stammenden Elektro-Folk-Duos Lamb, Solo-Singer/Songwriterin im Stile eines Nick Drake und außerdem mit einer der schönsten und ergreifendsten Stimmen im Musikgeschäft gesegnet, einem Stück wie dem im Original von The xx stammenden „Angels“ annimmt, dann kann das Ergebnis eigentlich nur mit einem Wort adäquat beschrieben werden: großartig. Reduziert und ebenso filigran wie zerbrechlich wirkend – da bin ich fast geneigt, den noch immer und auf ewig großen Lamb-Song „Gabriel“ mal wieder auf Dauerschleife hören zu wollen…
Der Song soll Teil von Rhodes‘ viertem Soloalbum „theeyesandeye“ sein (das erste seit „One Good Thing„, Album Nummer drei von 2010), das demnächst erscheinen soll.
Damit ihr nicht vollkommen den Überblick über alle hörens- und sehenswerten Neuerscheinungen der letzten Woche(n) verliert, hat ANEWFRIEND hier wieder einige der Video- und Songneuerscheinungen der letzten Tage für euch aufgelesen…
Elbow – New York Morning
Das im März erscheinende sechste Elbow-Studioalbum „The Take Off And Landing Of Everything“ wirft weiter seine Schatten voraus. Nach „Fly Boy Blue / Lunette“ hat die Band aus Manchester mit „New York Morning“ nun einen zweiten Song vorab ins Rennen geschickt. Im dazugehörigen Musikvideo finden, dem Titel gemäß, zwei Dinge zusammen: Einerseits stellte der nie zur Ruhe kommende „Big Apple“ laut Elbow-Frontmann Guy Garvey für ihn und seine Bandkollegen eine der größten Inspirationsquellen der neuen Platte dar, andererseits begleitet der knapp fünfminütige Clip im Dokustil die beiden Punkrock-Fans Lois und Dennis aus dem New Yorker Stadtteil Brooklyn, die seit ihrer ersten Begegnung im Jahr 1975 – der Blütezeit von Bands wie den Ramones – quasi eine untrennbare Leidenschaft zu den krachigen drei Power-Akkorden verbindet und denen die Happy Mondays im Jahr 1990 gar einen eigenen Song namens „Dennis and Lois“ widmeten, bei Betrachtungen ihrer New Yorker Heimat im Gestern und Heute: „Hier war die Musik, hier waren die intelligenten Leute, hier war einfach das Leben. Die meisten der Dinge, die wir kannten und liebten, sind inzwischen weg, aber wir sind immer noch da“. Und wieder einmal kann man fast gar nicht anders, als Elbow für ehrlich empfundene Sentimentalitäten wie diese einfach zu lieben…
William Fitzsimmons – Fortune
Auch der singende klingende Zauselbart William Fitzsimmons hat, wie bereits auf ANEWFRIENDzu sehen und zu hören war, ein in zwei Wochen erscheinendes neues Album in den Startlöchern. Nach Akustikversionen von „Centralia“ und „Sister“ schickt der US-Singer/Songwriter mit „Fortune“ einen dritten neuen Song seines fünften Albums „Lions“ ins weltweite Netzrund, zu dem ihr euch nun das Musikvideo und die Akustikvariante anschauen und anhören könnt…
Elliott Smith – neue Songs mit UUL
Auch über zehn Jahr nach seinem tragischen (Frei)Tod sind Elliott Smith und seine Musik freilich weit davon entfernt, in Vergessenheit zu geraten. Auch bezweifelt kaum einer, dass sich auf der ein oder anderen Tonspule oder der ein oder anderen Schublade von befreundeten Produzenten und Musikern noch so einige bislang unveröffentlichte Schätze in Form von unvollendeten Elliott Smith-Aufnahmen befinden könnten…
Trotzdem dürften Fans der 2003 verstorbenen Singer/Songwriter-Ikone anhand drei „neuer“ Stücke sich verwundert die Augen gerieben (respektive: Ohren geputzt) haben: In den späten neunziger Jahren schrieb und komponierte Elliott Smith Stücke für den Gus van Sant-Kinofilm „Good Will Hunting“ in Los Angeles. Als der ehemalige Soul Coughing-Frontmann Mike Doughty von Smiths Aufenthalt in der Stadt der Engel Wind bekam, wollte dieser unbedingt mit dem sensiblen Musiker ins Studio: „Er [Smith] sagte: ‚Ich mache da diese Sache für einen Film. Ich kann nicht glauben, dass ich das tue‘. Aber ich glaube, er hat nur auf cool gemacht. Er dachte bestimmt, dass ich sagen würde: ‚Das ist so langweilig, Mann. Es ist ein verdammter Film.‘ Aber so etwas hätte ich niemals gesagt.“
Die beiden verstanden sich gut und gingen tatsächlich gemeinsam ins Studio. Völlig ohne Instrumente sang Smith dort ein paar Gesangsparts ins Mikrofon. Dabei entstanden sogenannte binaurale Tonaufnahmen, die einen möglichst realistischen Stereoklang erzeugen sollten. Ärgerlicherweise kam es bisher nie zu einer Veröffentlichung, noch im Oktober sagte Doughty: „Ich wüsste zu gerne, wo ich die Aufnahmen hingetan habe.“
Einen Monat später, im November des vergangenen Jahres, tauchten die alten Tonbänder dann doch noch auf. Doughty verschwendete keine Zeit und bastelte aus dem mehr als 15 Jahre alten Material neue Songs. Eine „reine“ Rock-Kollaboration erschien beiden Künstlern schon damals als zu langweilig, etwas Spannenderes sollte es sein. Unter dem Künstlernamen UUL entstanden aus dem A-Capella-Gesang Smiths drei tanzbare Elektro-Tracks (!). Und weil das Material lange genug verschollen auf Halde lag, stellt Doughty die Songs nun via Soundcloud als Gratis-Downloads (im *.wav-Format) zur Verfügung.
Clare Maguire – MixTape
Apropos „kostenlos“: Auf die stimmlichen Qualitäten der 26-jährigen britischen Musikerin Clare Maguire wies ANEWFRIEND bereits im vergangenen Jahr hin, als ihre Version des gut 50 Jahre jungen Peggy Lee-Jazzstandards „Black Coffee“ hier als „Song des Tages“ Erwähnung fand. Dieses Stück bietet Maguire – nebst acht weiteren Songs (unter anderem ihre wunderschöne Interpretation von Joni Mitchells „The Last Time I Saw Richard“ und die des Jeff Buckley-Klassikers „Lilac Wine„) auf ihrer Homepage als kostenfreies „MixTape“ zum Download an. Zuschlagen und herniederladen, Lädiletten und Dschäntelmänner, bitte!
Spaceman Spiff – Akustik Session für lamosiqa.com
..und weil Spaceman Spiffs kürzlich erschienenes drittes Album „Endlich Nichts“ in letzter Zeit immer öfter den Weg in die ANEWFRIEND’schen Gehörgange gefunden hat, gibt es zum Abschluss der „Bild und Ton“-Woche noch „Teesatz“ und „Wände“, im Original beide auf dem neuen Album zu finden, die Hannes „Spaceman Spiff“ Wittmer und Band während ihrer vor wenigen Tagen beendeten Tournee für lamosiqa.com in reduzierten Akustikvarianten darboten…
Damit ihr nicht vollkommen den Überblick über alle hörens- und sehenswerten Neuerscheinungen der letzten Woche(n) verliert, hat ANEWFRIEND hier wieder einige der Video- und Songneuerscheinungen der letzten Tage für euch aufgelesen…
Casper – Alles endet (aber nie die Musik)
Unser monatlich Casper gib‘ uns heute… Mit „Alles endet (aber nie die Musik)“ koppelt der gebürtige Bielefelder und jetzige wahl-Berliner Konsensraprockpopper bereits den vierten Song aus seinem im vergangenen September erschienenen Erfolgsalbum „Hinterland“ aus. Wie bereits „Im Ascheregen„, „Hinterland“ und „Jambalaya“ wurde auch das neue Musikvideo in den USA abgedreht und gliedert sich mit seiner Ödland-Optik perfekt ins anvisierte Gesamtbild ein… „Hinterland“ eben. Auch an Dramatik wurde nicht gespart. Und so liefern sich Benjamin „Casper“ Griffey und seine Begleiterin bei einem Tankstellenüberfall zuerst eine Schießerei á la „Bonnie & Clyde“, bevor die Schöne vor den Cops in die Wälder flieht… to be continued?
Marteria – OMG!
Auch der nächste Künstler kommt aus Berlin (und das hört man ihm an!). Auch der nächste Künstler hält sein kreatives Fähnchen für Deutsch-Rap, der es sich vorbehält, etwas anders und unkonventioneller zu sein, in den Wind. Dass der 1982 im hanseatischen Rostock geborene Marten „Marteria“ Laciny niemandem nach dem Mund redet, dürfte bekannt sein. Vielmehr schuf er sich mit seinen letzten beiden Alben „Zum Glück in die Zukunft“ (2010) und „Grüner Samt“ (2012, unter seinem zweiten Pseudonym Marsimoto) seine eigene kleine Rap-Nische. Dass Marteria, der in seiner Jugend im ein Haar eine Profifussballerkarriere beim FC Hansa Rostock eingeschlagen hätte, durchaus bereit ist, Pop-Kontroversen einzugehen (so tritt er ebenso als Co-Autor bei mehreren Stücken des letzten Toten Hosen-Albums „Ballast der Republik“ in Erscheinung wie mit dem 2012er Nummer-eins-Hit „Lila Wolken„), beweist auch das Musikvideo zum neuen Song „OMG!“, der vom in einer Woche erscheinenden neuen Album „Zum Glück in die Zukunft II“ stammt. Ein junge Frau weint blutige Tränen, eine andere läuft über einen See, Nonnen entdecken ihre Lust (aufeinander), es wird sich selbst kasteit und an anderer Stelle Wasser in Wein verwandelt – Marteria nimmt innerhalb von vier Minuten so allerhand spirituelle Szenen aufs Korn, düst mit seinem Quad durchs osteuropäische Niemandsland, feiert eine HipHop-Party in einer Kirche und fragt sich im Text: „Oh mein Gott dieser Himmel / Wie komm ich da bloß rein? / Oh mein Gott dieser Himmel / Wo zur Hölle soll das sein?“. Nonchalanter Zeitgeist vom Feinsten…
Spaceman Spiff – Die Nutzlosen
Ein Frage der Ehre… Nachdem sein Musikkollege ClickClickDecker sich kürzlich den neuen Spaceman Spiff-Song „Der Tag an dem ich nicht verrückt wurde“ vornahm und diesen (s)einer Neuinterpretation unterzog, gibt Hannes „Spaceman Spiff“ Wittmer nun das öffentliche Kompliment zurück, indem er das ebenfalls neue ClickClickDecker-Stück „Die Nutzlosen“ in beschwingte Singer/Songwriter-Gefilde transportiert. Dabei ist dieser Cover-Austausch auch eine offensichtliche Geste der beiden Plattenlabels Audiolith (ClickClickDeckers neues Album „Ich glaub dir gar nichts und irgendwie doch alles“ erschien da vor wenigen Tagen) und Grand Hotel Van Cleef (die Hamburger haben kürzlich Spaceman Spiffs bisher gelungenstes Werk „Endlich Nichts“ in die Regale gestellt), welche bereits in der Vergangenheit die ein oder andere partnerschaftliche Kooperation eingegangen waren (etwa mit dem Kettcar-Frittenbude-Austausch)…
Maxïmo Park – Brain Cells + Fade Into You
Ich gestehe: Da ist dieser Song, da ist dieses Musikvideo doch seit seinem Release im vergangenen November – bislang – tatsächlich unbemerkt an mir vorbei gegangen! Dabei hat „Brain Cells“ einiges an Catchyness an Bord, und ist mit seinen vertrackten Elektrobeats dazu noch höchst ungewöhnlich für die sonst zumeist auf zackigen Brit-Rockpop abonnierten Maxïmo Park. Hoffen wir also, dass das in wenigen Tagen erscheinende fünfte Album „Too Much Information“ noch einige weitere (positive!) Überraschungen der aus dem englischen Newcastle stammenden Band bereit hält, und dass die Jungs um den stets Melone tragenden Frontmann Paul Smith damit irgendwie an die Qualitäten, welche vor allem das tolle zweite Album „Our Earthly Pleasures“ (2007) auszeichneten, heranreichen…
Wer mag, kann sich mit dem Mazzy Star-Cover „Fade Into You“, welches auf der Limited Deluxe Edition von „Too Much Information“ enthalten sein wird, bereits einen weiteren Eindruck vom 2014er Update der Band verschaffen:
Manchester Orchestra – Top Notch
Kein Aprilscherz: Nach allerlei mysteriösen Andeutungen via Facebook und Twitter hat der aus dem US-amerikanischen Atlanta, Georgia stammende Alternative Rock-Fünfer Manchester Orchestra nun mit „Cope“ für den 1. April offiziell ein Album angekündigt und mit dem breitbeinig rockenden Dreieinhalbminüter „Top Notch“ auch gleich einen ersten Höreindruck online gestellt.
Das Album selbst dürfte jedoch mit 38 Minuten Spieldauer deutlich straffer ausfallen als noch die mehr oder minder epischen Vorgänger „Mean Everything To Nothing“ (2009) und „Simple Math“ (2011). „Für mich bedeutet ‚Cope‘ (deutsch: etwas Schwieriges meistern), klarzukommen. Es bedeutet loszulassen, und sich mit dem Gefühl, okay zu sein, anzufreunden“, wie Andy Hull, der Frontmann der Band, kürzlich über das Album schrieb. „Du kannst auf positive wie auf negative Art und Weise damit klarkommen, dass schlechte Dinge geschehen – diese Verschmelzung war für mich ein großes lyrisches Thema auf diesem Album.“
William Fitzsimmons – Centralia + Sister (live & acoustic)
Auch ANEWFRIENDs Lieblingsbartträgerbarde William Fitzsimmons lässt so langsam mehr und mehr neue Songs vom am 14. Februar erscheinenden fünften Album „Lions“ durchsickern. So kann man sich nach „Centralia“ nun mit „Sister“ ein zweites neues Stück im akustischen Gewand anhören.
Against Me! – FUCKMYLIFE666
Als kleines Dankeschön für all das positive Feedback zum neuen Against Me!-Album „Transgender Dysphoria Blues“ (ANEWFRIENDs aktuelles „Album der Woche“) verschenken Frontfrau Laura Jane Grace und ihre Jungs den straight durchrockenden Song „FUCKMYLIFE666“ aktuell als Gratisdownload via Twitter.
Des weiteren steht das Stück hier noch immer im Stream bereit: