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Song des Tages: John K. Samson – „Fantasy Baseball At The End Of The World“


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Mit Baseball kehrte am 24. Juli mit der Eröffnung der Major League Baseball Saison eine der US-amerikanischen Lieblingssportarten mit klaren Abstandsregeln in leere Stadien zurück – schließlich leben wir noch immer in einer von einer Pandemie dominierten Zeit. Und wie es anders kaum passender sein könnte, reihten sich damit beginnend so einige seltsame Ereignisse aneinander: So warf Immunologe Anthony Fauci den ersten Ball in Washington, DC (bei dem er nur knapp das Schlagmal verfehlte), bevor die Nationals gegen die Yankees antraten und verloren. Und Donald Trump? Der passionierte Golfer, welcher sich zufälligerweise ab und an auch im Weißen Haus aufhalten soll, kündigte an, dass er am 15. August den ersten Wurf beim Spiel der Yankees machen würde (und sagte gestern Abend zu Fox News-Fernsehmoderator Sean Hannity in bekannter Tölpel-Manier, dass er hoffe, dass die Spieler beim Hissen der Fahne nicht knien würden, da der Präsident das nicht gern sähe)…

a1289543500_16All diese Absonderlichkeiten sind – auf die ein oder andere Weise – tief in „Fantasy Baseball At The End Of The World“, einem recht neuen Song aus der Feder von Ex-Propagandhi-Bassist und Ex-The Weakerthans-Frontmann John K. Samson, verwurzelt, der das Stück zwar schon das ein ums andere Mal live spielte, doch erst jetzt offiziell veröffentlichte. Und obwohl der lediglich knapp zwei Minuten kurze Song, der nur einen Tag vor dem 20. Geburtstag des Weakerthans-Platten-Meilensteins „Left And Leaving“ erschien, vordergründig von Fantasy Baseball handeln mag, so denkt der kanadische Musiker auch hier wieder feinsinnig ums Eck, wenn er auch vom Trost, dass der gegenwärtige US-Präsident Donald Trump irgendwann sterben wird und wir bis dahin die Zeit nutzen können, um uns zu organisieren und um „something better, something beautiful“ zu erschaffen, singt.

„I manage my fantasy baseball team better than I manage my anger these days / And I’d trade my best pitcher for a draft-pick and picture of the president writhing in pain…“

Verpackt sind Samsons wie üblich zart intonierte, trotzdem teils sardonische Zeilen in minimalistisch gepickte Akustikgitarrentöne. Dazu noch ein schönes Stop-Motion/Cut-&-Paste-Video, und fertig ist ein weiterer Beweis dafür, dass man John K. Samson einfach lieben muss

 

 

Rock and Roll.

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„One Great Tribute!“ – Der Weakerthans-Tribute-Sampler im Stream


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Die Weakerthans mögen zwar seit etwa vier Jahren auf Eis liegen, nichtsdestotrotz erfreuen sich John K. Samson und seine Band-Buddies immer noch großer Beliebtheit – kaum verwunderlich für mich, verfalle ich Alben wie „Left and Leaving“ oder „Reconstruction Site“ doch bei jedem Mal, wenn sich diese von Zeit zu Zeit (und vor allem bei heimeliger Herbst-Atmosphäre) in meine Playlist schleichen, aufs Neue. Und auch Thees Uhlmann verewigte die Band aus dem kanadischen Winnipeg nicht ohne Grund zu Tomte-Zeiten in einem seiner schönsten Songs (für alle, die zu faul zur Google-Recherche sind: „Walter & Gail“ war’s)…

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Daher war es wohl nur eine Frage der Zeit, bis der beliebten Indie-Rock-Band aus dem Ahorn-Staat ein ganzer Tribute-Sampler gewidmet wird. Spoiler: Dies ist nun mit „One Great Tribute! – a love letter to The Weakerthans“ passiert. Die Macher dahinter schrieben während der Entstehung Folgendes:

„Our Mandate is simple: We’re putting together a Tribute Album, have gotten the OK from the band […]. We aim to present proceeds both to CAMH (Centre for Addiction and Mental Health) & CMHA (Canadian Mental Health Association) and will be crowdfunding for the eventual production of the album.“

Das fertige Endergebnis, welches ganze 23 Cover-Beiträge von teils (noch) recht unbekannten Bands und Künstlern, aber auch namenhafteren Weakerthans-Fans wie etwa Frank Turner enthält (dieser nimmt sich den Song „Bigfoot“, im Original auf dem letzten, 2007 erschienenen Weakerthans-Studiowerk „Reunion Tour“ zu finden, vor), lässt sich nun in Gänze via Bandcamp streamen. Feine, kurzweilige Sache mit so einigen Neuinterpretation von Klassikern wie „One Great City!“, „Night Windows“ oder „Left & Leaving“, die dem ein oder anderen Song von John K. Samson und Co. sogar noch manch‘ neue Nuance entlocken.

 

 

Rock and Roll.

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Vom Verlassen und Zurückgelassen werden: die Weakerthans machen Schluss – ein beiläufiger Nachruf


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„Beiläufig“ ist wohl das Wort, das die Weakerthans beinahe zwanzig Jahre lang am besten beschrieb – und das im schönsten aller Sinne.

Beiläufig waren viele der famosen Texte von Frontmann John K. Samson, der die Band nach seinem Ausstieg als Bassist der Politpunks von Propagandhi gemeinsam mit Schlagzeuger Jason Tait und Saitenzupfer John P. Sutton gründete. Sie erzählten mal von – nunja – beiläufigen Situationen, kleinen Gesten, die von 99,9 Prozent der Weltbevölkerung wohl einfach achtlos übersehen worden wären. Von der gefühlten Enttäuschung vernachlässigter Haustiere, vom Reisen, vom Verlassen und Zurückgelassen werden, vom Leben im vergleichsweise beschaulichen Winnipeg, irgendwo im Nirgendwo von Kanada. Und – zwischendrin und immer rund immer wieder – vom Eishockey – ein Sport, der hier in Europa definitiv unter „beiläufig“ einzuordnen ist, während er in Nordamerika höchste Popularitätsnoten einheimst (und wohl nicht ohne Grund gefühlte drei Viertel der bekannten Persönlichkeiten aus Winnipeg mit Eishockey im Bunde stehen). Ja, den Texten, die Samson für seine Weakerthans schrieb, wohnte stets eine Herzlichkeit inne, die die kleinen Leute für Momente zu Giganten erhob, Vergessenes zeitlos werden ließ und scheinbar Nichtiges ewig. Freilich, man musste auf den vier zwischen 1997 und 2007 erschienen Weakerthans-Alben schon genau hinhören, um die Liebe zwischen den Zeilen zu entdecken (oder sich eben alle Texte von Samson in Buchform zulegen). Wer dies jedoch je einmal getan hat, den werden Meisterwerke wie „Left And Leaving“ oder „Reconstruction Site“ nie, nie wieder loslassen.

512X8K10BZLBeiläufig – nein, vielmehr: selbstverständlich – fiel meine Entscheidung, als ich mich für einen Moment fragte, welches Album ich einer guten Freundin, die sich für einige Zeit ins Nirgendwo der frankokanadischen Einöde aufmachte, mit an die Hand geben wollte, auf „Reconstruction Site“. Klar, schöner als auf dem 2003 beim Indienpunk-Label Epitaph dritten Weakerthans-Werk wurde das stete Pendeln zwischen dem Hier und dem da, zwischen Heim- und Fernweh, zwischen Tagtraum und voll da selten von einer kanadischen Band betont (und Wintersleep waren damals noch nicht in Sichtweite). Das wusste auch Deutschlands Indie-Chefpathetiker Nummer eins Thees Uhlmann, der den Weakerthans 2006 mit einer Zeile im Song „Walter & Gail“ (vom Tonte-Album „Buchstaben über der Stadt“) ein kleines Denkmal setzte.

Beiläufig habe ich die Weakerthans während ihrer nicht eben allzu zahlreichen Tourneen ein, zwei Mal live auf der Bühne erleben dürfen. In Erinnerung bleiben wird mir ihr Konzert im Dresdner Beatpol, der damals noch „Starclub“ hieß, als sie Olli Schulz als Ein-Mann-Vorband und Busfahrer in Personalunion begleitete und sich dermaßen mit dem anwesenden Publikum in die Haare bekam – es kam zum Wort- und glücklicherweise nicht zum Handgemenge -, dass dieser auf Jahre einen großen Bogen um die sächsische Landeshauptstadt machte. Freilich waren die Weakerthans, als Hauptband des Abends, erwartetermaßen grandios, aber es liegt hier wohl in der Natur der Sache, dass selbst ein toller Auftritt beiläufig hinter andere Dinge der Erinnerung zurück tritt.

The+Weakerthans

Beinahe beiläufig war am vergangenen Dienstag demnach auch die Nachricht des kanadischen Digital-Musikservice CBC Music, welcher, nach acht Jahren ohne neues Weakerthans-Studioalbum und Bezug nehmend auf ein Statement von Gitarrist Stephen Carroll, die Tatsachen sachlich, aber auch ein wenig melancholisch auf den Tisch legte: „Angeführt von den verletzlichen Vocals und poetischen Texten von John K. Samson hat die Band zwischen 1997 und 2007 vier brillante Alben veröffentlicht“, hieß es in einem Instagram-Post des Dienstes. „Das heißt, es sind acht Jahre seit dem letzten vergangen (‚Reunion Tour‘). Hofft nicht mehr auf eine fünfte Studioplatte. Gitarrist und Manager Stephen Carroll hat mitgeteilt, dass sich die Band getrennt hat.“ Auch ein Tweet von Weakerthans-Schlagzeuger Jason Tait ließ nur wenig Raum zur Interpretation: „Es verbreitet sich ja gerade, dass es mit den Weakerthans vorbei ist. Hier ist der Song, zu dem wir all die Jahre auf die Bühne gegangen sind. Bye Bye.“, twitterte Tait kurz und schmerzlos und postete ein Audio-Video zum Song „Abide With Me“ von John Coltrane & Thelonius Monk Septet.

Beiläufig hatte sich die Band in den Jahren nach dem letzten Studiowerk immer rarer gemacht, hatte 2010 noch das Livealbum „Live at the Burton Cummings Theatre“ veröffentlicht, für das sie alle vier Studioalben an einem Abend gespielt hatten. Im gleichen Jahr nahm die Band außerdem Material für das Album „The Falcon Lake Incident“ des kanadischen Singer/Songwriters Jim Bryson auf. Beiläufig hatte sich Frontmann John K. Samson ab 2009 immer mehr auf seine zwei Solo-Beine gestellt, auf mehrere EPs folgte 2012 der Solo-Erstling „Provincial„. Selbstredend handelnde auch dieser vom Reisen, vom Verlassen und Zurückgelassen werden, von Winnipeg, der großen, weiten Welt und den kleinen, scheinbar unbedeutenden Dingen. Und vom Eishockey.

Kein großes Drama, keine großen Pamphlete oder Reden – die Band zieht beinahe schon klammheimlich, in jedem Fall jedoch zutiefst bodenständig und – ja! – beiläufig einen Schlussstrich. So beiläufig, wie sie angefangen hat, endet nun der gemeinsame Weg der Weakerthans. Niemand ist gestorben, niemand krank oder am Boden zerstört – alles ist in Ordnung. Die Welt, sie wird keine schlechtere werden ohne die vier Herren irgendwo aus dem Nirgendwo von Kanada. Aber ohne ihre Songs wäre sie ein klein wenig trister, grauer. Sicherlich? Definitiv. Wer weiß, vielleicht nehmen sich John K. Samson & Co. den Titel ihres letzten Albums irgendwann zu Herzen und spielen noch einmal eine „Reunion Tour„? Schön wäre es. Und nicht nur Thees Uhlmann und ich werden die „kanadische Band“ und ihre „traurigen Lieder“ (beides Zitate aus oben erwähntem Tomte-Stück) vermissen…

 

 

„My city’s still breathing, but barely, it’s true
Through buildings gone missing like teeth
The sidewalks are watching me think about you
Sparkled with broken glass

I’m back with scars to show
Back with the streets I know
Will never take me anywhere but here

The stain in the carpet, this drink in my hand
The strangers whose faces I know
We meet here for our dress rehearsal to say
‚I wanted it this way‘

Wait for the year to drown
Spring forward, fall back down
I’m trying not to wonder where you are

All this time
Lingers, undefined
Someone choose
Who’s left and who’s leaving

Memory will rust and erode into lists
Of all that you gave me
A blanket, some matches, this pain in my chest
The best parts of lonely

Duct-tape and soldered wires
New words for old desires
And every birthday card I threw away

I wait in 4/4 time
Count yellow highway lines
That you’re relying on to lead you home…“

 

Hier (via Bandcamp) kann man sich alle vier Studiowerke der Weakerthans – allen voran die unkaputtbaren Meisterwerke „Left And Leaving“ und „Reconstruction Site“ – in Gänze zu Gemüte führen:

 

 

Rock and Roll.

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