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Song des Tages: Kira Skov & Bonnie “Prince” Billy – „We Won’t Go Quietly“


Im vergangenen Jahr, als eine Pandemie die ganze Welt und deren Bevölkerung in zeitweisen Stillstand und Isolation versetzte, spürte Kira Skov das dringende Bedürfnis, durch ihre Musik Kontakt aufzunehmen. Und so tat die dänische Sängerin und Songwriterin genau das und nahm Kontakt zu Sänger*innen und Instrumentalisten auf, mit denen sie in der Vergangenheit bereits zusammengearbeitet hatte, sowie zu anderen, die sie schon lange von weitem bewundert hatte – heraus kam eine durchaus hochkarätige Riegesliste von geschätzten Kolleg*innen, zu denen – neben einigen skandinavischen Musiker(inn)en – unter anderem Jenny Wilson, Mark Lanegan, Will „Bonnie ‚Prince‘ Billy“ Oldham, John Parish oder Bill Callahan gehörten. Gänzlich neu dürfte für Skov die Idee der musikalischen Kollaboration ohnehin nicht sein, schließlich hat die 44-jährige Musikerin in der Vergangenheit bereits mit einer Vielzahl von Künstlern aus verschiedensten Genres – von Bonnie „Prince“ Billy über Tricky und Lenny Kaye bis hin zu Trentemøller – zusammengearbeitet. Ein neues, wie viele weitere aus der Lockdown-Not entstandenes Projekt in Form des kollaborativen Duett-Albums „Spirit Tree“ war geboren. Und trotz der manchmal großen geografischen Entfernungen zwischen den Musiker*innen machten sich Skov und ihre Kreativpartner*innen gemeinsam auf den Weg, um in einer ansonsten oft genug bedeutungslosen Zeit nach Tiefe und Bedeutung zu suchen.

Die Basis-Tracks für diesen spirituellen Familienstammbaum spielte die dänische Sängerin, die sich in ihrer musikalisch vielfältigen 20-jährigen Karriere in ihrem Heimatland ein großes und loyales Publikum erspielt hat, zunächst mit ihrer Band – Silas Tinglef am Schlagzeug und an der Gitarre, Anders „AC“ Christensen an Bass und Klavier, Oliver Hoiness an der Gitarre und Keys, Maria Jagd an der Violine, Skov spielte selbst einige der Gitarrenspuren – in Kopenhagen ein und verschickte diese reihum an die angesprochenen Künstler*innen, mit der Bitte, das erhaltene Rohmaterial um geeignete Gesangsbeiträge zu ergänzen – was dazu führte, dass auf einigen Songs sogar mehrere Stimmen zu hören sind, die im Mix miteinander verwoben wurden. Stilistisch wandte sich Kira Skov dabei dieses Mal organischem Artpop, jazzigen Strukturen sowie Indie- beziehungsweise Folkpop-Elementen zu – was in dem Duett „Dusty Kate“, welches Skov mit Mette Lindberg als Duettpartnerin einspielte, gar zu einer kombinierten Hommage an Dusty Springfield und Kate Bush führte. Inhaltlich geht es um die Frage, was uns in Zeiten wie diesen als Menschen miteinander verbindet und vereint. Insgesamt überzeugen die 14 Stücke gerade durch ihre vielschichtige, facettenreiche Unvorhersehbarkeit und ihre musikalischen Überraschungseffekte.

„Es gibt ein gemeinsames Thema auf der Platte, das sich sowohl klanglich als auch thematisch manifestiert. In gewisser Weise ist es ein Stammbaum, in dem ich mit einigen Menschen zusammenarbeite, die mich und meine Musik im Laufe der Jahre geprägt haben. Die Pandemie hat mich darüber nachdenken lassen, was für uns am wichtigsten ist. Was verbindet uns, wenn wir alle gezwungen sind, allein zu sein? Diese Songs sind mit diesen Fragen im Sinn entstanden.“ (Kira Skov)

„Here we go again, when we go we go with style
We won’t go quietly into that good night
And here we go again, when we run we roar, we shout
We won’t go without a fight
We won’t go quietly into the night

When love stops, there is always force 
When force ends, there is violence
If violence wins, all is lost
Not even hope contains us

If justice ends, there’s always war
When war ends, we commend
A darker end, don’t give in
Let love in, let love in 

Here we go again, when we go we go with style
We won’t go quietly into that good night
And here we go again, when we run, we run, we roar, we shout
We won’t go without a fight
We won’t go quietly into the night“

Rock and Roll.

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Song des Tages: Kristian Harting – „Falling“


Photo by Asbjørn Skovkjær Sand

Foto: Facebook / Asbjørn Skovkjær Sand

„Im Musikbusiness herrschen raue Sitten. Viele Leute kämpfen um das wenige Geld, das es zu holen gibt, und das ist für mich einfach nicht besonders ansprechend.“ Dass Kristian Harting desillusioniert von der Musikindustrie ist, kommt wenig überraschend: Der Däne spielt seit den frühen Neunzigern in Bands von Trash Metal bis Noise Pop, bis er 2014 sein Solodebüt „Float“ veröffentlicht. Inzwischen beim dritten Album „The Fumes“ angelangt, glaubt Harting nicht mehr daran, in Zukunft nur und ausschließlich mit seiner Musik um die Runden zu kommen. „Ich erwarte inzwischen nicht mehr, als Vollzeitmusiker arbeiten zu können. Ich liebe es, Musik zu machen und Shows zu spielen. Ich liebe die Musik, aber eben nicht den ganzen Kapitalismus drumherum.“ Zwar mag auch Kristian Harting den inklusiven Charakter von Streaming-Diensten und nutzt diese auch selbst. Zusammen mit dem fast monopolisierten Konzertmarkt machen sie es unabhängigen Musikern jedoch immer schwerer, ihre Miete und Brötchen zu bezahlen. „Die Musikindustrie ist ein archetypisches Beispiel dafür, was in der Welt gerade schiefläuft“, meint der Däne.

0811521019934In den vier Jahren seit dem Vorgängerwerk „Summer Of Crush“ war Harting zunächst – Greta Thunberg approves! – mit dem Zug durch Europa getourt, bevor er wegen finanzieller Schwierigkeiten einen Job als Lehrer für Kinder mit Autismus annahm. „Der Job war toll und ich mochte die Kinder wirklich, dafür konnte ich aber nur jedes zweite Wochenende an ‚The Fumes‘ arbeiten und kam sehr langsam voran. Was sonst zwei Monate gedauert hätte, hat mich diesmal zwei Jahre gekostet.“

Nach zwei vollkommen im Alleingang eingespielten Werken suchte sich der dänische Musiker dieses Mal gleich eine Handvoll Mitstreiter, um im Geiste großer Vorbilder den Gesang und seine mal kämpferische, mal grüblerische Außenseiter-Lyrik mehr in den Mittelpunkt zu rücken und der Musik einen organischeren Charakter zu verleihen. Während Lars Lundholm in den Kopenhagener Black Tornado Studios hinter den Reglern saß, sind so unter anderem Jakob Falgren (Trentemøller) am Bass, Jesper Bo Hansen (Glenn Hughes) an Hammond-Orgel und Keyboards, Mads Beldring Hansen am Schlagzeug sowie Singer/Songwriterin Nana Schwartzlose beim Backgroundgesang als musikalische Gäste zu hören. Zum Ausgleich dienen die verspielt eingesetzten elektronischen Elemente diesmal eher der Atmosphäre. Das Resultat ist Hartings bisher traditionellstes Singer/Songwriter-Album in der Tradition von Künstlern wie Christian Kjellvander, Elliott Smith oder Sufjan Stevens, auf dem der Däne den Fokus vor allem auf Gesang und Texte legt. „Ich habe versucht, ein einfaches, düsteres, melancholisches aber auch schönes Indie-Pop-Rock-Album zu machen mit leicht zugänglichen Songs, die sehr fokussiert sein sollen. Die ‚Rubber Soul‘-Ära der Beatles diente als Vorbild“, beschreibt Kristian Harting seinen nunmehr dritten Longplayer.

Im Titelstück „The Fumes“ singt Harting: „The smoke screens, the cover-ups and the easy thrills / These are the fumes that we breathe“. Die „Dämpfe“ stehen dabei laut Harting für die kurzen freudigen Momente, die uns einerseits durch den Tag bringen, uns aber dafür vom großen Ganzen ablenken. „Sowohl im Alltag als auch in der Politik beschäftigen sich zu viele Leute mit belanglosen Dingen, anstatt die großen Probleme anzugehen.“ Dabei schließt Harting sich selbst mit ein: „Jeder Mensch hat schlechte Angewohnheiten. Der Eine raucht, trinkt oder kifft zu viel, der Andere geht zu oft auf Partys. Ich erwische mich selbst oft dabei, wie ich Netflix schaue, obwohl ich an neuer Musik arbeiten sollte. Aber solche kleinen Überlebensstrategien sind einfach notwendig, um mit den Alltag klarzukommen.“

Den atmosphärisch zwar dichten, bisweilen etwas erdrückenden Breitwand-Sound des bereits sechs Jahre jungen Erstlings „Float“ tauscht der Musiker aus der dänischen Hauptstadt in seinen elf neuen Songs gegen auf den Punkt gebrachte Zugänglichkeit und lässt im Spannungsfeld von singer/songwriterischem Indiepop und Rock noch genug Raum für dunkel schimmernde, fragil zu Werke gehende Melancholie, um ein Band zur Vergangenheit zu knüpfen.

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„Die Songs selbst sind in einer Zeit entstanden, als ich sehr viel auf Tour war. Ich bin meist allein unterwegs, wenn ich nicht zuhause nervende 9-to-5-Jobs machen muss um meine Rechnungen zu bezahlen. Die Songs reflektieren also die Dichotomie von Einsamkeit und Konzerten vor Publikum ‘on the road’. Hinzu kommt die Desillusionierung in der Musikindustrie und im Arbeitsmarkt in modernen kapitalistischen Gesellschaften. Diese Songs zu schreiben war Ausdruck eines permanenten Kampfes gegen das Gefühl ein Außenseiter zu sein, nicht willkommen in der Welt und von der Gesellschaft entmenschlicht, benutzt und ausgestoßen zu sein.

‚The Fumes‘ beschreiben die kurzen Schauer des Glücks, die uns helfen, den Tag zu überstehen im konsumorientierten Zirkus aus Geld, Status, Getriebenheit und Befriedigung. Der Begriff beschreibt für mich schnelle, nicht nachhaltige Shots aus Endorphin, die überdecken, wie dieser Zirkus die Menschlichkeit verschlingt und uns immer weiter voneinander isoliert, obwohl uns das Gegenteil vorgegaukelt wird. Es ist das Gefühl, dass wir in ein Desaster steuern und alles was wir dagegen tun können, ist uns gegenseitig auszunutzen und unsere Bedürfnisse nach Zwischenmenschlichkeit zu ignorieren während wir die Abfahrt genießen. Ich fühle mich in dieser Situation nicht wohl und suche nach einem Ausweg. Die Songs sind meine Verarbeitung dieser Gefühle, sie sind ihr Ausdruck. Die Platte ist für mich ein sehr wütendes Statement, wobei ich unsicher bin, ob sie tatsächlich so wahrgenommen werden wird.”

 

 

 

 

Vorhören? Hier findet man „The Fumes“ in Gänze im Stream:

 

 

Rock and Roll.

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Song des Tages: Talitha Ferri – „Tribute To Her“ (Live Session)


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Foto: Facebook

Dieser Tage landete ein „Gesponsert“-Link in meiner Facebook-Timeline, von dessen Güteklasse in Zukunft gern mehr ebenda auftauchen dürfen: eine Live-Session des Songs „Tribute To Her“ aus der Feder von Talitha Ferri.

Talitha…who?

Eben. Sagte auch mir: nichts.

Und auch eine kurze Recherche bei Google und Co. verstärke recht schnell den „Newcomer“-Verdacht. Talitha Ferri ist eine dänische Singer/Songwriterin mit US-Wurzeln, die bereits seit einiger Zeit ihre kreativen Zelte in Kopenhagen aufgeschlagen hat. Von der seit eh und je ebenso sauteuren wie hippen dänischen Hauptstadt aus kombiniert sie (fast schon) klassischen Indie-Folk mit Stilmitteln aus Rock’n’Pop sowie fragilen Melodien und recht offenherzigen Texten, die den geneigten Hörer mit ihrer rohen und beschwörenden Art schonmal direkt ins singende, klingende Herz treffen können – wie eben „Tribute To Her“, einer Hymne an das Weibliche, das wunderschön Unperfekte, die für gut fünf Minuten fast schon himmlische Brückenschläge von Emilíana Torrini über Tim Buckley und Lisa Hannigan bis hin zum selig-großen Leonard Cohen wagt. Recht phantastisch, und leider bereits der einzige Solo-Song der (noch und mit gerade einmal knapp 500 Facebook-Likes dekorierten) unbekannten Nachwuchs-Musikern der sich – insofern ich nicht schlampig gesucht habe (in diesen Fall würde ich mich natürlich über einen Kommentar und digitalen Fingerzeig freuen) –  aktuell im weltweiten Netz auftreiben lässt…

(Übrigens, wem es denn auf Teufelkommraus nach einem akustischen Nachschlag gelüstet: Bei der Live-Session von „Tribute To Her“ spielen auch Joseph „Joe“ Willem Ricci, Janus Jakobsen, Jamie Metcalfe an Gitarre, Bass und Violine mit, die gemeinsam mit Ferri auch im ebenfalls relativ frischen Alt.Folk-Band-Projekt Anima & Ennui musizieren, deren Debüt-Single „Nothing Better“ im vergangenen April erschien. Gute Nachricht an dieser Stelle: Das gemeinsame Debütwerk „An & En“ ist für dieses Jahr versprochen!)

 

 

Rock and Roll.

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Song des Tages: alt-J – „In Cold Blood“


alt-J

alt-J, Englands wohl verspulteste erfolgreiche Indierock-Band, haben im Zuge ihres in Kürze erscheinenden dritten Albums „RELAXER“ ein neues Video gedreht (oder: drehen lassen), und das ist, wie schon der Vorgängerclip zu „3WW„, kein gewöhnliches Musikvideo: Der Kurzfilm zu ihrem Song „In Cold Blood“ erzählt vom gefährlichen Leben einer Waldmaus, und als Sprecher konnte das Trio, welches bereits 2012 mit seinem Debütalbum „An Awesome Wave“ den in Großbritannien so renommierten „Mercury Prize“ einheimsen konnte und 2015 gar für einen Grammy nominiert war (fürs Zweitwerk „This Is All Yours„), niemand Geringeren als Iggy Pop himself gewinnen. Regie führte der dänische Regisseur und Fotograf Casper Balsley, gefilmt wurde das Ganze im Wald Hareskoven nahe Kopenhagen.

Das Video begleitet die kleine, namenlose Maus auf ihrer Wanderung über Stock, Stein und Gebüsch. Sie wird argwöhnisch von einer Schlange beobachtet, pausiert neben einer Schnecke, putzt sich, genießt die Aussicht, springt dem Tod von der Schippe, entdeckt schließlich Leichenteile, Blut und Bargeld – und macht sich erst einmal über die Fritten der Verblichenen her. Den Rest des (spätestens) von dort an völlig arty-absurden Musikvideos, dessen Titel „In Cold Blood“ nun mal so richtig Programm ist, schaut ihr euch lieber selbst an…

 

 

Und wie hört sich der Song bitte live an? Diese Frage dürfte wohl der folgende Mitschnitt beantworten, der alt-J bei einem Gastspiel in Jimmy Fallons „The Tonight Show“ zeigt – inklusive der Haus-und-Hof-Band The Roots:

 

Rock and Roll.

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Häppchenweise Vorfreude – ein weiterer neuer The National-Song im Stream & mehr…


The National

Ein Glück: der 17. Mai – und damit der Tag, an dem das neue, sechste The National-Album „Trouble Will Find Me“ offiziell seinen Weg in die bundesdeutschen  Plattenläden finden wird – rückt in immer greifbarere Nähe! Nach dem ersten Vorboten „Demons“ und dem dazugehörigen Video (ANEWFRIEND berichtete bereits) kann man nun mit „Don’t Swallow The Cap“ einen zweiten Song in seiner Albumversion belauschen. Erstes Fazit: in etwa zwei Wochen ist das Musikjahr 2013 wohl um einen weiteren, im Vorfeld bereits heiß ersehnten Kandidaten für die vordersten Plätze in den Album-Jahresendabrechnungen reicher…

 

 

An wem „Demons“ bisher vorbei gerauscht ist, hat hier noch einmal Gelegenheit, das Versäumnis nachzuholen:

 

Und um die Wartezeit zu verkürzen, hat ANEWFRIEND hier noch zwei ganz besondere Tipps für alle Freunde der Band um Frontmann Matt Berninger: auf archive.org gibt es bekanntlich haufenweise mehr oder minder qualitativ hochwertige, jedoch völlig kostenfrei und legal verfügbare Konzertmitschnitte jeglicher Couleur – so auch jene der Konzerte, die The National am 10. Dezember 2005 in Kopenhagen und am 11. Juni 2010 beim Bonnaroo Festival im im US-amerikanischen Bundesstaat Tennessee gelegenen Manchester spielten. Besonders empfehlenswert ist jedoch vor allem erstere Show, da man hier die Band in ihrer energetischen Frühphase – und in bester Sounboard-Audioqualität! – zu hören bekommt…

Hier findet ihr die Links:

The National – live at Loppen, Copenhagen, Denmark (December 10, 2005)

The National – live at Bonnaroo Festival, Manchester, TN, USA (June 11, 2010)

 

Rock and Roll.

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