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Das Album der Woche


Thees Uhlmann & Band – 100.000 Songs Live in Hamburg (2022)

-erschienen bei Grand Hotel Van Cleef-

Es ist eigentlich unwichtig, auf welcher Bühne der passionierte Bahnreisende und Jeansjackenträger, der in manchem Moment wirkt wie der Vorstandsvorsitzende der bundesdeutschen Berufsjugendlichen (und das ist keineswegs despektierlich gemeint!), auftaucht. Und es ist genauso unwichtig, ob er zum Singen, Vorlesen oder einer Mischung aus beidem diese Bühne betritt: Thees Uhlmann macht einfach, Thees Uhlmann liefert verlässlich ab. Und sieht sich wohl auch deshalb stets mindestens gut gefüllten Sälen, Hallen oder Open-Air-Locations gegenüber. Dort präsentiert er dann, in beiderseits bester Laune und lautstark gefeiert, eine Mischung aus Songs (alleine oder in Begleitung von Freunden oder seiner Band), Anekdoten (über Freunde, seine Band, Kölner, Düsseldorfer oder seine Familie), Büchern (eigene Romane oder über befreundete Düsseldorfer) und – ja eben, man kann’s kaum oft genug tippen! – weltbester Feierlaune. Auch wenn die Bücher dieses Mal keine Rolle spielen: Die Nachricht über eine relativ kurzfristige Veröffentlichung in Form eines amtlichen Live-Albums von Thees Uhlmann & Band kann nur für strahlende Gesichter bei all denen gesorgt haben, die in den letzten Jahren einem dieser Auftritte beigewohnt haben.

Foto: Sebastian Igel

Von außen und im Gesamten betrachtet dürfte es selten so simpel und gleichzeitig so schwer gewesen sein, ein Live-Album beschreibend und bewertend in Worte zu fassen, denn Konzerte von Thees Uhlmann umfassen einfach so viel mehr als die reine Musik, die nun eben aus der Konserve tönt. Es sind auch die Stories zwischen den Songs, die der gebürtige Hemmoorer und Wahl-Berliner so wunderbar einzigartig und in weltexklusiver Uhlo-Manier erzählt, die Momente im singenden Publikum oder einfach nur das Bild, wenn dieser so nonchalant zwischen Mittelmaß und Einzigartigkeit changierende Typ nach der Show nassgeschwitzt da oben steht oder mal eben spontan den Mittelfinger in die Luft reißt. Klar, das mag bei anderen Künstler*innen freilich nicht groß anders sein, doch um die geht es ja gerade mal nicht. „Das Album ist einfach genauso großartig wie die Konzerte!“ mag der eine oder die andere in Fankreisen rufen. Das stimmt, und doch scheint es zu einfach, um diese Konzerte für alle greifbar zu machen. „Es ist die Mischung aus guter Musik und erzähltem Quatsch!“ ist schon ein etwas präziserer Ausruf, und dennoch nicht ausreichend um wirklich eine Vorstellung davon zu geben, was die 23 Songs auf „100.000 Songs Live in Hamburg“ alles zu bieten haben. Also versuchen wir mal etwas ins Detail zu gehen…

Die sechsköpfige Band um Thees Uhlmann, die der bekennende Springsteen-Fan sich für die Support-Konzerte seines dritten, 2019 erschienenen Solo-Albums „Junkies und Scientologen“ in bester E-Street-Manier zusammengestellt hat (und selbst meist knapp mit „TUB“ abkürzt), betritt im Dezember 2019, als „Corona“ nur der Name irgendeiner Biermarke war und Masken vor allem in Krankenhäusern getragen wurden, unter großem Applaus die Bühne der Hamburger Großen Freiheit 36, um die Show mit „Fünf Jahre nicht gesungen“ zu eröffnen. Passender? Geht’s nicht. Was übrigens auch auf das anwesende Publikum zutrifft, das sich von Anfang an textsicher zeigt und mit Jubel ’n‘ Applaus nicht geizt. Wer in der letzten Zeit selbst das ein oder andere TUB-Konzert besucht hat, dem bieten sich während der knapp zwei Stunden so einige Déjà-Entendu-Erlebnisse, denn freilich kann Uhlmann bei den Ansagen und Geschichten das Rad (beziehungsweise seine Erlebnisse) ja nicht neu erfinden, sodass den Besuchern der Konzerte das eine oder andere natürlich bestens bekannt vorkommt. Das muss jedoch kein Nachteil sein, denn aus den küchentischenen „Also gestern hat er auch irgendwas von seiner Tochter erzählt und hat die so nachgeäfft“-Erzählungen am Morgen danach wird jetzt ein „Hier, hör‘ mal! So war das, was ich da damals meinte…“. Und endlich können alle Uhlmanns so norddeutsch-sympathisches, so herrlich selbstironisches Frei-von-der-Leber-weg-Gesabbel nachvollziehen, ohne sich auf wohlmöglich verkatert-wirre Erinnerungen anderer verlassen zu müssen: wie er den Hamburger „Gefangenenchor“ antreibt und zum Mitsingen animiert, von einem verlorenen Streit mit seiner Tochter erzählt, den Literaturnobelpreis für Stephen King fordert oder das Publikum zu dessen Dorfherkunft befragt. Interaktion? Geht bestenfalls genau so.

Foto: via Facebook

Doch natürlich gibt es zwischen Thees Uhlamnns unterhaltsamer Sabbelei noch allerhand Songs aufs Ohr. Die recht bunt durchgemischte Setlist fokussiert Uhlos 2011er Solodebüt sowie das damals neue „Junkies und Scientologen„, die es beide nahezu komplett zu hören gibt. Da muss die zweite, 2013 veröffentlichte und simple „#2“ betitelte Soloplatte, welche lediglich mit „Zugvögel“ vertreten ist, etwas zurückstecken (und hätte doch zumindest noch mit „Am 7. März„, der tollen Hommage an Mama Uhlmann, repräsentiert werden dürfen), Dennoch folgt hier Hit auf Hit auf Hit, sodass die Platte gut und gern als eine Art Live-Best-Of durchgehen dürfte: von „Danke für die Angst“, der Musik gewordenen Verbeugung vor Horrorautor Stephen King, über „& Jay-Z singt uns ein Lied“, bei dem Uhlmann den Rap-Part von Benjamin „Casper“ Griffey in voller Länge mal eben selbst übernimmt, der herrlich alltäglichen Sozialstudie „Das Mädchen von Kasse 2“, Mittelmäßigkeits- und Heimat-Oden („Was wird aus Hannover“ und „Lat: 53.7 Lon: 9.11667“), etwas ruhigeren („Ich bin der Fahrer, der die Frauen nach HipHop-Videodrehs nach Hause fährt“ oder „Ein Satellit sendet leise“) oder fieberhaft-ruppigeren Nummern („Katy Grayson Perry“) bis hin zu „Römer am Ende Roms“, bei dessen Ende der Blondschopf mal eben die Mundharmonika auspackt, sowie unverblümt hittigen Immergrün-Songs wie „Avicii“ oder „Zum Laichen und Sterben ziehen die Lachse den Fluss hinauf“. Doch Solo-Schaffen hin oder her, die viel umjubelten echten Highlights bilden hier „Ich sang die ganze Zeit von dir“, „Korn & Sprite“, „Schreit den Namen meiner Mutter“ und „Die Schönheit der Chance“ aus Uhlmanns Tomte-Zeit – allesamt deutschsprachige Manifeste allererster Hamburger-Schule-Güte, welche auch mit einigen Lenzen auf dem Buckel noch so großartig tönen wie anno dazumal (wenngleich hier zwei von ihnen, nämlich „Korn & Sprite“ und „Schreit den Namen meiner Mutter“, eventuell etwas zu zahm abgemischt wurden). Dementsprechend darf „Die Schönheit der Chance“, diese frontale Emotionalität, diese ewiglich funkelnde Ode an das Leben, welche mit immer weniger Instrumenten, aber sämtlichen Publikumsstimmen ausklingt, schließlich das auf Platte festgehaltene Live-Erlebnis abschließen und alle Anwesenden selig gestimmt in die Nacht entlassen – wenn Uhlmann nicht noch ein letztes Mal in bester St. Pauli-Manier dazwischen grätschen würde: „Das war ein geiles Konzert!“, schreit der Bandleader zum Ende ins Mikrofon, das er dann noch hörbar droppt. Nun, Rock’n’Roll neigt ja bekanntlich ebenso selten zu Understatement wie Uhlo selbst…

Zwanzig Jahre! Eine „Schnapsidee“, wie Thees Uhlmann, Marcus Wiebusch und Reimer Bustorff (die letztgenannten dürften die meisten als Frontmann respektive Bassist von Kettcar kennen) die Gründung ihres Hamburger Labels Grand Hotel Van Cleef gern nennen, trägt sich nicht nur bereits seit nunmehr zwei Jahrzehnten, sondern steht heutzutage sogar renommierter denn je innerhalb der von nicht wenigen Krisen gebeutelten bundesdeutschen Musikbranche dar. Ein solches Jubiläum, eine solche Leistung hat sämtliche Glückwünsche absolut verdient. Was Uhlmann und seine Label-Mitmacher dabei über all die Jahre seit 2002 auf dem Boden hielt, sind bei aller Arbeit und Mühe, bei allem Punk-Ethos und Idealismus vor allem die gemeinsame Freundschaft sowie eine bedingungslos-leidenschaftliche Liebe zur Musik. Und eine zumindest angetäuschte, sympathische Unprofessionalität – das Bodenständige, die nordisch-trockene Selbstironie eben. Und vor allem Uhlmann trägt sein Herz eh auf der Zunge, teilt seine Leidenschaft für Musik und Popkultur mit jedem, der es (nicht) wissen möchte. Das mag manchmal auch nerdig-aufdringlich wirken und nicht jedem und jeder schmecken, aber, verehrte internetaffine Leserschaft, der Uhlo ist einer von uns: nicht nur Künstler, sondern auch und vor allem Fan. Und in diesem Sinne macht er mit „100.000 Songs Live in Hamburg“ nicht nur, er liefert amtlich ab, sodass alle geneigten Ohren, die diese Live-Platte hören, sogleich mächtig Bock auf Konzerte und Festivals, auf den Sommer, das Leben bekommen – und in jeder Sekunde spüren, dass es den Typen und Typinnen da auf der Bühne genauso geht. Ein größeres Kompliment kann’s ja im Grunde kaum geben, oder?

Wer übrigens nicht genug von Thees Uhlmanns gleichsam sprunghaftem wie unterhaltsamem Gesabbel bekommen mag, dem sei „Amara & Uhlmann“ ans Herz gelegt, eine bisher 3-teilige Gefilmter-Podcast-Reihe (ein 4. Teil soll in den könnenden Tagen erscheinen), in welcher er sich mit Broilers-Frontmann Sammy Amara nicht nur über ihre jeweils neuen Live-Platten, sondern auch (und vor allem!) über das Leben und die Musik unterhält:

Rock and Roll.

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Der Jahresrückblick – Teil 1


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Was für Musik braucht man in einem Jahr wie diesem? Solche, bei der die Halsschlagader wild pocht und der ganze gerechte Zorn auf die Welt ein brodelndes Ventil bekommt. Solche, die einem sanft über den Kopf streicht und einem die Hoffnung einhaucht, dass alles schon besser werden wird – irgendwann, irgendwie. Und auch solche, die einen in ihrer Euphorie einfach gnadenlos mitreißt, und einen – im besten Fall – alles andere – das Gute wie Schlechte – für Momente vergessen lässt. Zwischen diesen drei Fixpunkten ist in meiner Bestenliste der persönlich tollsten Alben des Musikjahres 2019 einmal mehr wenig zu finden, an den Endpunkten dafür umso mehr. Bühne frei und Vorhang auf für ANEWFRIENDs Alben des Jahres!

 

sam fender1.  Sam Fender – Hypersonic Missiles

Knapp zwei Jahre lang hätte Sam Fender auch gut als Spiegel für das musikalische Konsumverhalten der ADHS-geschädigten breiten Masse herhalten können. Wer braucht schon noch Alben, wenn der Künstler des Vertrauens reihenweise Songs raushaut, die sich via Spotify und Co. doch allzu hervorragend in die persönliche Playlist integrieren lassen? Anders hier: Die elf zwischen 2017 und dem Erscheinungstag von „Hypersonic Missiles“ im September diesen Jahres veröffentlichten Stücke (von denen sich schlussendlich nicht einmal alle auf dem Album wiederfinden) waren vielmehr ein wahres Appetizer-Festival und so etwas wie die Deluxe Edition eines erwartungsfreudigen Spannungsbogens. Parallel zur Release-Strategie ließ sich eine immens wachsende Fanschar ausmachen, die den Newcomer im Londoner Hyde Park auf dieselbe Bühne mit Größen wie Bob Dylan oder Neil Young spülte. Was summa summarum nach Hype müffelt, mag wohlmöglich auch einer sein. Aber wenn, dann ist es im doch recht schnelllebigen Pop-Rock-Bizz einer berechtigtsten der vergangenen Jahre. Potential? En masse vorhanden.

Oder reiten Sam Fender und seine Band doch vielmehr auf der Retro-Welle? Schließlich reichen schon ein paar Töne zu Beginn des Albums, um Fenders Vorliebe für Bruce Springsteen als fast schon schamlos direkte, ehrwürdig inszenierte Verbeugung im Soundbild zu identifizieren. Die Saxophon-Soli im eröffnenden Titelstück und in „You’re Not The Only One“ fungieren als unverhüllte Hommage an den großen Clarence „Big Man“ Clemons – bis zu seinem Tod 2011 jahrzehntelang Springsteens wohl wichtigstes Puzzle-Stück in der berühmt-berüchtigten E Street Band – und sind gerade im Dialog mit dem Glockenspiel und der leicht zeternden E-Gitarre ein untrügliches Zeichen für expliziten Boss-Content. Der straighte Beat mit Achtziger-Touch in „The Borders“ und die Geschichte über unglückliche, zerrüttete und zerrissene Familien lassen sich als eine klangliche Addition zu Evergreens wie „Dancing In The Dark“, „Bobby Jean“ oder „No Surrender“ hören, während die Gedanken spätestens im ausgedehnten Outro (und vor allem der stellenweise doch recht flächigen Produktion wegen) zu The War On Drugs‘ „A Deeper Understanding“ wandern. Der feine, dezent hibbelige Unter-drei-Minuten-Ohrwurm “Will We Talk?“ hingegen könnte auch unter den Bannern New Jersey meets Newcastle oder Springsteen meets The Strokes‘ „Last Nite“ stehen – eine Wiederaufführung des altbekannten Dramas der verlorenen Jugend, jedoch eine mit neuer Dringlichkeit.

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Fest steht, erfreulicherweise: Samuel Thomas Fender hält dem Erwartungsdruck über den ersten (Ohren-)Eindruck hinaus problemlos Stand. Er ist nicht nur ein (weiterer) bleichgesichtiger Justin-Bieber-Lookalike-Hansel mit Gitarre, dem von irgendwelchen findigen PR-Managern ein leidlich interessanter Lebenslauf samt veritablen Referenzpunkten angedichtet wurde. Live ohnehin nicht. Wie er mit seinen Band-Lads agiert, unachtsam-juvenil die eigenen Stimmbänder strapaziert und sich am Ende verdutzt fragt, warum sich plötzlich so viele Menschen für einen 25-Jährigen aus North Shields im Nordosten Englands interessieren, der sich – ganz englisches Klischee – bis vor Kurzem noch mit dem Zapfen von Pints hinter dem lokalen Pub-Tresen über Wasser hielt, das besitzt schon ein gewisses Maß an unaufgesetztem Charme. Die Live-Version von „Use“ (oder eben zig im reduzierten Ambiente aufgenommene Live Sessions bei YouTube und Co.) dient insofern als Beleg, dass Sam Fender, lediglich vom Keyboard oder seiner E-Gitarre begleitet, durchaus in der Lage ist, dem Hörer auf beeindruckende Weise Volumen und Bandbreite seiner Stimmbänder um die Ohren zu pfeffern.

Ebenso erfreulich: Bei genauerem Hinhören überzeugt der junge Brite auch textlich. So hält er schlagenden Vätern und tablettenabhängigen Müttern ebenso den trüben Alltagsgrau-Spiegel vor wie der Masse von traditionell zum nächstbesten Absturz wankenden Binge-Trinkern („Saturday“). Das sinistre „Play God“ zeichnet autokratische Allmachtsfantasien, und seine ungefilterten Wahrnehmungen im beatlosen „White Privilege“ reichen von einer zur Kleingeistigkeit verdammten Generation über digitales Meinungszerfleischen bis hin zu den “old cunts“, die gemeinsam mit ihrer Upper-Class-Mischpoke und einer Horde aus tumben „Yes!“-Brüllern den Brexit (und dessen Chaos) verbockt haben: „The patriarchy is real, the proof is here in my song / I’ll sit and mansplain every detail of the things it does wrong / ‚Cause I’m a white male, full of shame / My ancestry is evil and their evil is still not gone“. Als zackiger Hit verpackt, thematisiert Fender zu treibenden Gitarren in „Dead Boys“ (welches bereits der 2018er Debüt-EP ihren Titel gab) die Ignoranz gegenüber der hohen Selbstmordrate junger Männer in seiner Heimat. Er, der selbst Freunde durch Suizid verlor, führt in der Herleitung mit „toxic masculinity“ einen Begriff aus der Soziologie an, dem er bereits im vergangenen Jahr auf „Friday Fighting“ Beachtung schenkte: „We close our eyes, learn our pain / Nobody ever could explain / All the dead boys in our hometown“. Fazit? In Indierock eingelegte Gänsehaut.

Sam Fender ist weder Problemlöser noch Analytiker, sondern aufgewühlter Beobachter und Zeichner von Verzweiflung. Irgendwo zwischen Herz, Hirn, Seele und Arschtritt treffen zwischenmenschliche Geflechte und Pub-Talk auf geo-, sozio- und gesellschaftspolitische Themenkomplexe. So wohnt dem Namenspatron der Platte, „Hypersonic Missiles“, ein morbider Zauber inne. Während die Welt unter Raketenbeschuss zugrunde geht, blüht die Beziehung zweier Liebender auf. Fender selbst bezeichnet das Stück als eine verkappte Liebesgeschichte: „This world is gonna end but ‚til then I give you everything I have“ – ein Boss-Move galore (ebenso übrigens wie die augenzwinkernde Behauptung des 2019er Senkrechtstarters, mit seinem Langspiel-Debüt so etwas wie „eine Emo-Version von ‚Darkness On The Edge Of Town‘“ im Sinn gehabt zu haben). Nach den rauschhaften Rocknummern und einem dicken Paket an Hits versteckt der Mittzwanziger zum Ende des Debüts in „Leave Fast“ einmal mehr eine seiner springsteen’schen Fluchtpunktperspektiven. Hieß es anno dazumal beim US-Vorbild noch „We gotta get out while we’re young“ oder „It’s a death trap, it’s a suicide rap“, singt Sam Fender nun mit Blick auf seine politisch vernachlässigte Kleinstadt und Heimat „Leave fast or stay forever“. Entkontextualisiert bitte letzteres. Denn obgleich Sam Fender – zum Glück – kein Kaschemmen bespielender Geheimtipp mehr sein mag, so ist der Brite doch ein gern angenommenes Geschenk. File under: Die Frontmänner von The Gaslight Anthem und The Killers treffen sich im englischen Pub zum schwarzhumorigen Springsteen-Tribute-Abend. Rein zufällig würde man Sam Fender denn noch genau zwischen ebenjene Brian Fallon und Brandon Flowers ins Albumregal einsortieren… Aber an Zufälle glaube ich sowieso nicht. Von daher: (m)ein verdientes Album des Jahres.

 

 

thees uhlmann2.  Thees Uhlmann – Junkies und Scientologen

Die Schönheit der Chance: Thees Uhlmann musste erst seine Begleitband neu durchmischen, musste erst ein missglücktes Album in die Studiotonne werfen, damit ihm „Junkies und Scientologen“ gelingen konnte – und das ist mit seinem Töne gewordenen Lebenshunger und Optimismus, mit seinem Füllhorn an verschmitzten popkulturellen Anspielungen eine der zweifellos wichtigsten (deutschsprachigen) Platten des Jahres. Klingt 2019 sonst – und selbst beim Radiopop von Abwegig-Popsternchen Billie Eilish („bad guy“) – allzu oft hülsenreich bedeutungsgeschwängert, ernst und schwer, so geht „Uhlo“ auf seinem dritten Solo-Album, auf das seine Fans geschlagene sechs Jahre warten mussten, viele Dinge wieder etwas anders an, bringt – nach dem tollen Einstieg „Fünf Jahre nicht gesungen“ – schon in den ersten vier Stücken drei popkulturell gefärbte Liebeserklärungen – und sprechsingt in bekannt-unnachahmlicher Manier in „Danke für die Angst“, „Avicii“ und „Was wird aus Hannover“ nicht nur über den (ohnehin gerade oft Tribut gezollten) Horror-Kultautor Stephen King, den im vergangenen Jahr jung verstorbenen schwedischen Pop-DJ und die niedersächsische Landeshauptstadt (als Metapher für bundesdeutsche Verdienstrocker wie die Scorpions), sondern das Leben an sich als stetig buntes Wunder (der kaum weniger tolle, gleichsam sympathische Gisbert zu Knyphausen brachte es vor ein paar Monden mit der Zeile „Die Welt ist grässlich und wunderschön“ auf ebenso treffliche Weise auf den Punkt) Ob in Dur oder in Moll, in melancholischen Balladen oder enthusiastischem Indierock, ob in der Spingsteen’esken Musik-Lobpreisung „100.000 Songs“ oder dem stillen Nachruf „Menschen ohne Angst wissen nicht, wie man singt“: Überall blickt Uhlmann mit so viel Wärme und Mitgefühl auf das Leben, schüttelt locker, beschwingt, federleicht und selbstsicher die Hits und Punchlines aus den Ärmeln seines GHvC-Longsleeves, dass sich am Ende jede noch so gedehnte Silbe und jeder hemdsärmelig-ehrlich zurechtgebogene Reim absolut richtig, absolut gelungen anfühlt. Zumal „Junkies und Scientologen“ zwar von der erhabenen Alltagsphilosophie des Musikers, der 2015 mit „Sophia, der Tod und ich“ auch unter die Romanautoren ging, lebt, dazwischen aber immer wieder klare Haltung aufblitzt: die Leadsingle, das sechsminütige Titelstück oder das im Grunde doch recht alberne „Katy Grayson Perry“ lassen in nur wenigen Worten durchblicken, was von Nationalismus und Misogynie zu halten ist – ein Mittelfinger mit Herz(chen). So ist „Junkies und Scientologen“ nicht nur Uhlmanns bisher gelungenster Alleingang (der obendrein in der erweiterten Version noch mit feinen Coverversionen von Künstlerinnen wie Sophie Hunger oder Judith Holofernes punktet), sondern irgendwie auch wie ein Kneipenabend mit einem alten Freund: Danach mag zwar noch immer derselbe nasskalte Herbstregen auf einen hinab prasseln, aber die Welt, sie fühlt sich ein kitzekleines Stückchen sonniger und heiler an.

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better oblivion community center3.  Better Oblivion Community Center – Better Oblivion Community Center

Sollte heutzutage noch jemand Liebeskummer haben oder an gepflegten Selbstzweifeln laborieren, so sind Conor Obersts Bright-Eyes-Veröffentlichungen von „Letting off the Happiness“ bis mindestens „Cassadaga“ nach wie vor eine gute Soundtrack-Adresse. Doch die Zeiten sind komplizierter geworden, und auch Oberst selbst, mittlerweile eigentlich teenage angst-ferne 39 Lenze alt, strauchelte in den letzten Jahren mit mal feinen, mal jedoch auch mittelmäßigen Soloalben oder recht altbacken dadrockenden Americana-Projekten – auch wenn jüngst mit der zusammenhängenden Doppel-Veröffentlichung von „Ruminations“ und „Salutations“ die Alt.Country-meets-Indiefolk-Formkurve wieder nach oben zeigte (ersteres war anno 2016 gar ANEWFRIENDs „Album des Jahres“). 

Nun hat das „Wunderkind mit Reifegrad“ ausgerechnet in der 25-jährigen Songwriterin Phoebe Bridgers (s)eine gleichgesinnte Seele und Duettpartnerin gefunden – ebenjene Phoebe Bridgers, auf deren herausragendem Debüt-Longplayer „Stranger In The Alps“ er bereits bei der einsamen Nummer „Would You Rather“ zu hören war und die zuletzt mit dem boygenius-Projekt an der Seite von Lucy Dacus und Julien Baker überzeugen konnte. Gemeinsam stecken die beiden unter dem nebulös-vielsagenden Banner Better Oblivion Community Center das Feld zwischen Emo-Folk und Indierock neu ab, und anstatt wieder einmal die Mundharmonika hervor zu kramen, setzen sie bei „Exception To The Rule“ auch mal Synthies ein oder verschleppen bei „Sleepwalkin’“ die Gitarrenakkorde. Während Oberst hier an alte Glanzleistungen anknüpfen kann, ist es Bridgers, die mit einer ganz neuen Wandelbarkeit begeistert. In „Big Black Heart“ schreit sie sich das titelgebende schwarze Herz aus dem Leib. Im Kontrast dazu steht der Opener „Didn‘t Know What I Was In For“, in dem sie so einsam und verlassen wie der letzte Mensch auf der Welt klingt. Bei der durchaus fuzzig-hittigen Single „Dylan Thomas“ ist dann auch noch Yeah Yeah Yeahs-Saitenmann Nick Zinner an der Gitarre dabei, und selbst wenn die Ballade „Chesapeake“, welche Phoebe Bridgers als zarte Duett-Partnerin zeigt, die sich mit ätherischen Harmonien wie eine beruhigende Warmfläsche an Conor Obersts nervöse Stimme anschmiegt, nach dem ein oder anderen Tränchen verlangt und sich die Texte immer wieder in der Beschissenheit der Gegenwart verfangen, haben die beiden doch auch kleine Auszeiten eingebaut. Ganz zum Schluss heißt es in „Dominos“ sogar „If you’re not feeling ready, there’s always tomorrow“. Ergibt schon Sinn, dass Oberst und Bridgers ihr Bandprojekt Better Oblivion Community Center nennen und es zur Hauruck-Veröffentlichung im Januar gar mit mit einer fingierten Infobroschüre samt Hotlinenummer bewarben. Dieses Update schadet der alten Bright-Eyes-Sammlung auf keinen Fall, und der (beileibe nicht unkritische) olle Conor-Oberst-Ultra in mir jubiliert ohnehin einmal mehr.

 

 

steiner & madlaina4.  Steiner & Madlaina – Cheers

Schon bemerkenswert, was Nora Steiner und Madlaina Pollina, jüngere Schwester von Julian „Faber“ Pollina, da auf ihrem gemeinsamen Album „Cheers“ auf die Schweizer Beine stellen. Und selbst, wenn der scheinbar mühelos zwischen Stimmungen und Genres changierende Zehnerpack an Songs bereits 2018 erschien, so bleibt unterm Strich eines meiner liebsten (Herbst)Alben des Musikjahres. Hört, hört!

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greet death5.  Greet Death – New Hell

Wie ich vor einigen Wochen schrob: „Obwohl ‚New Hell‘, Great Deaths so unerwartet wie unverhofft grandios mit schwerem Herzen daher rockender zweiter Albumstreich, stellenweise recht introspektiv und keineswegs leichter Tobak ist, wurde schöner länger nicht mehr in aschfahl schimmernden Herbstdepressionsgewässern gebadet. Sollte man gehört haben!“

Stimmt natürlich immer noch. Dieses Ungeheuer von Album kam krachend durch die Tür, hat mich in seine Krallen genommen und bis jetzt nicht wirklich losgelassen. Greet Death, die Band dahinter, rückt aber auch jeden Knopf, der mich potentiell anmachen könnte: Emo, Indie Rock, Shoegaze, Post Rock – und dann alles einfach mal in einen Topf voll mit tiefstem Schwarz getaucht. Denn viel Sonne? Kommt hier nicht durch. Am meisten beeindruckt dabei die Wandlungsfähigkeit: Vom schweren Opener „Circles Of Hell“ (puh) zur leisen Folk-Ballade „Let It Die“ (uff) bis hin zum Fast-Popsong „Do You Feel Nothing?“ (verdammt) und dem übergroßen „You’re Gonna Hate What You’ve Done“ (jeez). Dauerschleife seit Release, mit Tendenz zum Grower über alle Maßen. Und belegt daher, als Album, in das man sich Hals über Kopfhörer fallen lassen kann, als überraschender Späteinsteiger einen verdienten vorderen Platz in den Langspieler-Bestenliste. Geheimtipp des Jahres.

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tool6.  Tool – Fear Inoculum

Die unmögliche Platte. Der BER würde früher fertiggestellt sein als dieses eine Album, hieß es. Axl Rose wäre bereits neidisch, hieß es. Dreizehn Jahre nach „10,000 Days“, als wirklich niemand mehr tatsächlich daran glaubte, gaben uns Tool: den Rest, das Maximum, die neuste, die eventuell endgültige Selbstverortung. Und das Album, das sich langfristig vielleicht nicht als ihr bestes, dafür jedoch als jenes mit dem größten Tool-Trademark-Faktor erweisen wird – ihre Visitenkarte ab sofort, wenn man so mag. 

Nach allem, was zum fünften Album der zweifellos wichtigsten Band des Alternative Metal geschrieben wurde – nicht zuletzt in all den Jahren bevor „Fear Inoculum“ tatsächlich erschien -, sucht man instinktiv nach einem der weniger ausgelatschten Pfade, um sich den fast 90 Minuten zu nähern. Zum einen holt einen das Album genau da ab, wo Tool 2006 den letzten Ton auf Band gespielt hatten. Ein klares Soundkonzept, so archaisch und selbstbestimmt wie in den ersten Momenten von „Sober“ oder den letzten von „Rosetta Stoned“, ohne aufgeblasene Production Values und übermäßige technische Kosmetik. Alles, wirklich alles auf „Fear Inoculum“ ist Handwerk, so bestechend, dass einem die kleinen Ungenauigkeiten, die diese Band nie durch Quantisierung glattbügeln würde, die Haare zu Berge stehen lassen. Das vielschichtige Schlagzeugspiel, die mittenlastige Gitarre, der wuchtige Bass: Das, was den Sound von Tool so ikonisch, so unverwechselbar macht, ist seine Konsequenz. Leicht haben es sich Danny Carey, Adam Jones und Justin Chancellor dabei nicht gemacht. Die sorgfältig gebauten Prog-Spannungsbögen, die sie ihrem Sänger zu Füßen legen, nimmt Maynard James Keenan mit bis dato ungehörter Disziplin und Eleganz auf (wenngleich sich der oberflächlich kreative Anteil des seit eh und je enigmatischen Frontmanns auf den neusten Stücken etwas geringer als noch auf früheren Werken gestaltet). 

Klar: Eine Band, die in 29 Jahren gerade einmal fünf Alben veröffentlicht, aber trotz alledem als eine der relevantesten Metal-Bands des Universums und als lebendes Gesamtkunstwerk gefeiert wird, sklavisch verehrt wird von (s)einer Heerschar von Die-Hard-Fans, die sich auch exorbitante Preise für die audiovisuellen Leckerbissen eines Tool-Artworks vom Munde absparen, konnte mit „Fear Inoculum“ musikalisch nicht wirklich etwas falsch machen. Allen Unkenrufen zum Trotz ist das Album trotzdem genau das monströse Meisterwerk geworden, das man sich gewünscht hat. Und ebenjenes wird wohl mindestens 10.000 Durchgänge benötigen, um es im Ansatz zu begreifen…

 

 

amanda palmer7.  Amanda Palmer – There Will Be No Intermission

Um gar nicht erst den Anschein von Mansplaining zu erwecken – niemand mit Y-Chromosom kann einschätzen, was sich wie für eine Frau ändert, wenn sie Mutter wird. Im Falle von Amanda Palmer ermöglicht ihr drittes Soloalbum (das erste seit 2012, obwohl die Ex-Dresden-Dolls-Frontfrau andererseits keine wirkliche Kreativpause kennt) aber zumindest eine vage Vermutung.

Dass Palmer auf „There Will Be No Intermission“ über Themen wie Fehlgeburten, Abtreibungen und den Verlust von Freunden an das alte Arschloch Krebs auch aus eigenen Erfahrungen berichtet, sollte die wenigsten Fans und treuen Patreon-Unterstützer schockieren. Schließlich gehört sie zu jenen Künstlerinnen, die aus ihrem Privatleben und ihren innersten Gedanken nie einen Hehl machten, wie Unmengen von Tweets, Blog-Einträgen und Video-Tagebüchern ebenso zeigen wie das reine Ausmaß der oft autobiographischen Geschichten, die auf diesem nicht eben einfach zu hörendem Werk erzählt werden: Mehrere dieser epischen Diskurs- und Klagelieder knacken (fast) die Zehn-Minuten-Marke, einige davon sind recht monoton und karg mit Ukulele instrumentiert, als könnte der Drang, zu erzählen, kein großes Brimborium und keine ausgefeilten Songwritingprozesse abwarten.

So ist „Drowning In The Sound“ einer ebenjener liebgewonnenen Amanda-Palmer-Standards mit Stakkatoklavier und dramatischer Phrasierung, „The Thing About Things“ wiederholt das gleiche Prinzip an der Ukulele, bevor sich der Song zur Hymne aufbäumt. Ihre teils fast schon zynische Leichtfüßigkeit kann Palmer dennoch nicht ganz einbüßen: In „A Mother’s Confession“ lässt sie einen ganzen Frauenchor schmettern, dass trotz aller Probleme und Fehlerchen immerhin das Baby noch nicht tot sei; die Angst vor der Unberechenbarkeit des Lebens mit einer Zeile wie „Suicide, homicide, genocide – that’s a fuckton of -cides to choose from“ auszudrücken, würde auch nicht jeder einfallen – doch auch deshalb wird die 43-jährige Herzblut-und-Herz-auf-der-Zunge-Indie-Musikerin von ihrer Hörerschaft mit Haut und Haar geliebt. Im Gegensatz zu (insbesondere) den frühen Dresden-Dolls-Werken geschieht dies jedoch immer öfter in einem gemächlichen Dreivierteltakt und – bis auf Zoe Keatings Cello in „Bigger On The Inside“ – mit Fokus auf dem Piano (oder eben der Ukulele).

Mit dem Stream-of-consciousness-Mammutwerk „There Will Be No Intermission“ festigt Amanda Palmer endgültig ihre Stellung als Grande Dame in ihrem Genre (welches das auch immer sein mag). Nur der Albumtitel „There Will Be No Intermission“ stimmt hinsichtlich der vielen kleinen filmsoundtrackhaften Interludes, die Melodiefragmente oder Textzeilen der Songs aufgreifen, wohl nicht ganz. Mit diesen reizt die Platte die klassisch-altmodischen 80 Minuten Speicherkapazität einer CD fast komplett aus – und das, ohne – fernab von Easy Listening – an irgendeiner Stelle je zu langweilen.

 

 

last train8.  Last Train – The Big Picture

Hört man die Songs von Last Trains zweitem Album „The Big Picture“, so würde man diese durchaus rauschhaft-wilde, im besten Sinne gleichsam jung wie befreit aufspielende Rock-Orgie leichtfertig irgendwo zwischen San Francisco, Seattle, Manchester, Chicago und Down Under verorten, jedoch kaum in einer 100.000-Einwohner-Stadt im Elsass. Auch (und gerade!) deshalb ist das erstaunlich junge Quartett Frankreichs formidabelste Rockband des Musikjahres. Pas de discussion, sans doute!

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faber9.  Faber – I Fucking Love My Life

Im Jahr 2017 veröffentlichte der Schweizer Faber mit „Sei ein Faber im Wind“ sein Debüt, das Polka und Blechbläser mit kontroversem, bissigem Songwriting verband (und absolut zurecht ANEWFRIENDs „Album des Jahres“ wurde). Die einen lobten Julian Pollina in den Himmel, andere sahen in ihm nur einen Provokateur, der es verstand, seine Musik ins Scheinwerferlicht zu rücken (und überhörten somit dessen kluges Zerrspiel mit anderen Identitäten).

Zwei Jahre später liefert Faber nun den mit Spannung erwarteten und in Gänze deutlich reiferen, experimentelleren Nachfolger „I Fucking Love My Life“. Dort wettert er zwar immer noch am liebsten gegen die Millennials, Social Media und den Abstieg ins Spießbürgertum, aber die musikalische Untermalung kommt um einiges vielseitiger ums Eck: teils nur mit Akustischer („Ihr habt meinen Segen„), dann wieder mit größenwahnsinnigem Nölen, Streichern und Piano erforscht Faber die eigene Bandbreite und die seiner Band. Lange im Kopf bleiben Zeilen wie „Ich hab‘ mehr Highlights im Gesicht als im Leben“ oder auch „Ich würd‘ gerne Immobilienhaie fischen aus dem Zürichsee mit dir“ (und freilich die Kontroverse um den Vorab-Song „Das Boot ist voll„). Das Albumcover zeigt ihn im Stile eines Paparazzi-Schnappschusses im Morgenmantel mit Goldkettchen und Kippenschachtel – Großkotzigkeit, Mummenschanz und Ironie gehen bei Julian „Faber“ Pollina auch 2019 Hand in Hand.

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future teens10.  Future Teens – Breakup Season

„Breakup Season“ macht in der Tat auch all jenen mächtig Laune, die ihren Alltag längst jenseits der herzschmerzenden Zwanziger verbringen. „Bummer Pop“ nennen Future Teens, das aus Boston, Massachusetts stammende Viergespann, das Ganze dann. Und liefern mit den zehn Songs ihres zweiten Albums den wohl schönsten, himmelhoch heulenden Herzensbrecher-Indierock in der Tradition von Klassikern wie etwa Weezers „Pinkerton“, den man in diesem Herbst finden konnte. It’s breakup season, y’all!

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…und auf den weiteren Plätzen:

Various Artists – Tiny Changes: A Celebration of Frightened Rabbit’s ‚The Midnight Organ Fight‘ mehr…

BRUTUS – Nest mehr…

La Dispute – Panorama

The National – I Am Easy To Find mehr…

Enno Bunger – Was berührt, das bleibt. mehr…

Noah Gundersen – Lover mehr…

Frank Turner – No Man’s Land mehr…

 

Rock and Roll.

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Die 9 Elemente des Hip-Hop


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(gefunden bei Facebook / Hannes Richert Cartoons)

 

Yo, Digger. Isso.

 

Passend dazu denn auch Thees Uhlmanns neuste Auskopplung aus seinem kommende Woche erscheinenden Album „Junkies und Scientologen„, welche auf den griffig-knappen Titel „Ich bin der Fahrer, der die Frauen nach HipHop Videodrehs nach Hause fährt“ hört (die beiden vorherigen Songs, „Fünf Jahre nicht gesungen“ und „Avicii„, waren ja bereits kürzlich hier auf diesen Seiten zu hören). Und obwohl in den fünfeinhalb Minuten ungefähr so viel Hippe-Di-Hopp-Flavour drin steckt wie in einer Polit-Talk-Runde mit Annegret „The AKK“ Kramp-Karrenbauer, Philipp „The Eternal Bubiface“ Amthor und Alexander „The Hunter“ Gauland, trifft Uhlo auch bei diesem Song viel Wahres mit dem ihm eigenen Witz auf den Kopf. Guter Typ, sowieso – und ich erwarte mit Vorfreude ein gelungenes drittes Solo-Werk…

 

 

Rock and Roll.

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Song des Tages: Thees Uhlmann – „Avicii“


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Flirrende Arpeggio-Gitarren, Uptempo-Schlagzeug, zum Refrain hin dezent verzerrter Indierock-Sound – „Avicii“ ist vermutlich einer der zackigeren Songs des kommenden Thees Uhlmann-Albums „Junkies und Scientologen„. Inhaltlich offenbart der selten um einen krummen Witz verlegene Musiker und „Sophia, der Tod und ich“-Autor hier seine – wer hätte gerade das vermutet – Liebe zum 2018 mit nur 28 Jahren verstorbenen schwedischen Electro-DJ Avicii, Textzeilen wie „Avicii, Avicii / Was machst du in Oman? / Deine Mutter macht sich Sorgen / Und ich denke ‚Oh man'“ spielen auf den Sterbeort des jungen Musikers an, „Du warst die neuen Abba“ singt Uhlmann dann, während er Avicii an der Theke gedenkt. Später zementiert er seine Leidenschaft für den Verstorbenen: „Avicii, Kunst wird nicht schlecht, nur weil das Viele hören“, heißt es da, und: „Wie oft hab ich zu dir gesagt / ‚Den finde ich toll.'“

Das Video von Andreas Hornoff und Ingo Pertramer lässt Thees Uhlmann (musikalische) Erinnerungsstücke aus vergangenen Jahrzehnten präsentieren – und unterstreicht damit noch einmal die Wärme und das Mitgefühl, mit dem der ehemalige Tomte-Frontmann dem tragischen Schicksal des von ihm geschätzten Tim „Avicii“ Bergling hier begegnet.

„Avicii“ ist bereits die zweite Vorab-Single des am 20. September erscheinenden neuen Uhlmann-Albums „Junkies und Scientologen“. Vor knapp einem Monat hatten bereits der Song „Fünf Jahre nicht gesungen“ sowie das zugehörige Video Uhlmanns Comeback nach einer längeren Zeit ohne große musikalische Aktivitäten eingeläutet…

aviciiUhlo zu „Avicii“ via Facebook:

„Mein Freund Christoph fragte mich, als er den Song das erste Mal hörte: ‚Meinst Du das ironisch?‘ und ich meinte:

‚Nein, Christoph! Ich meine das ernst. Ich habe den geliebt. Es ist so traurig. Warum kommt es manchmal so, wie es kommt? Warum kann manchmal keiner helfen? Wie kommen wir durch? Wie bleiben wir stark und sanft?‘

Und dann hat Christoph gesagt: ‚Ich hab nichts anderes von dir erwartet. Ich hab mich nur kurz gewundert.‘

Immer weiter singen. Immer weiter Kunst.

Avicii war der Geilste! Wie gerne ich das nachts in der Küche höre!
– Das beste Gitarrenriff der letzten 5 Jahre ist von uns! (Welches ist besser? In die Kommentare! Das Battle ist on!)
– Video ist von Horni (80% – Unit Haupstadt) und Fotoingo (25% – Unit Wien)
– Ich wollte ‚OMAN‘ und ‚OH MAN‘ genau gleich singen. Rudi Meier und Simon Frontzek haben das verhindert. Mit Fäusten! Mit Recht!
– Hat jemand die Star Wars-Vans aus dem Video noch mal in neu? Schuhgröße 41-45 reicht.
– Ja, das ist ein John F. Kennedy Teppich. Ich weiß. Ich finde es genau so geil.“

 

 

 

Rock and Roll.

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Song des Tages: Thees Uhlmann – „Fünf Jahre nicht gesungen“


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Uhlo ist back! Satte sechs Jahre nach dem zweiten Solowerk „#2“ hat Thees Uhlmann (s)einen neuen Song „Fünf Jahre nicht gesungen“ veröffentlicht und gibt damit einen ersten musikalischen Vorgeschmack auf sein vor kurzem angekündigtes drittes Album „Junkies und Scientologen“, welches am 20. September – natürlich beim heimischen Grand Hotel Van Cleef – erscheinen wird (und in der Box-Set-Variante – nebst Vinyl sowie etlichen Gimmicks – wahlweise auch eine Bonus-Platte mit „8 unveröffentlichten deutschsprachigen Coverversionen“ enthält).

funf-jahre-nicht-gesungen.jpg„Fünf Jahre nicht gesungen“ nun beginnt mit einem hart angeschlagenen Keyboard, dessen Rhythmus verdammt an Foreigners „Cold As Ice“ erinnert – schon der Pressetext warnt davor, dass das aber auf die falsche Fährte führt. Wenn Uhlmanns unverkennbarer Gesang, der seit jeher die Lager spaltet, einsetzt, wird das viereinhalbminütige Stück in der Tat zum vertraut umarmenden Liedermacher-Indierock Uhlmann’scher Bauart. Im Text reflektiert der ehemalige Tomte-Frontmann und Jetzt-auch-Romanautor (das tatsächlich tolle „Sophia, der Tod und ich“ erschien 2015) die vergangenen paar (turbulenten) Jahre seines Lebens und stellt in Passagen wie „Und dann kam Silvester und mir wurde klar / Wenn der Sommer beginnt stirbt ein weiteres Jahr“ fest, wie vergänglich und schnell wandelbar alles ist.

Die Idee dazu kam dem Vertreter der Hamburger Schule nach eigener Aussage, als ihm im vergangenen Jahr klar wurde, dass er seit fünf Jahre keine neuen Songs geschrieben hatte und lange nicht mehr vor Publikum musizierte: „Wobei aus fünf Jahren ja schon fast sechs geworden sind, aber vor einem Jahr habe ich eben darüber nachgedacht, warum mir seit fünf Jahren nichts mehr eingefallen ist. Von daher mögen mir die Mathelehrer verzeihen, wie sie mir schon so viel verziehen haben.“ Der 45-jährige Wahl-Berliner empfiehlt augenzwinkernd: „Wenn Sie schlechte Laune haben, dann wird das genau Ihr Song sein. Und wenn Sie gute Laune haben, dann werden Sie sich freuen, wie schön es ist, keine schlechte Laune zu haben, aber auch gut, wenn bei den anderen so ein Song dabei raus kommt. So ist das eben. Das Leben ist kein Highway, es ist die B73!“

Und schon wird einem klar, wie sehr der ebenso trockene wie fein austarierte norddeutsche Humor des bekennenden St.-Pauli-Fans in den letzten Jahren gefehlt hat – dem tut die einmal mehr seeeehr spezielle Tracklist von „Junkies und Scientologen“ freilich keinen Abbruch:

01. Fünf Jahre nicht gesungen
02. Danke für die Angst
03. Avicii
04. Was wird aus Hannover
05. 100.000 Songs
06. Ich bin der Fahrer, der die Frauen nach Hip Hop Videodrehs nach Hause fährt
07. Junkies und Scientologen
08. Katy Grayson Perry
09. Menschen ohne Angst wissen nicht, wie man singt
10. Ein Satellit sendet leise
11. Die Welt ist unser Feld
12. Immer wenn ich an dich denke, stirbt etwas in mir

 

 

Im August, September und Dezember sind Thees Uhlmann und Band denn auch auf ausgedehnter Tour:

03.08. Hamburg, Theaterschiff (solo, ausverkauft)
13.08. Reutlingen, Franz.K
14.08. Worpswede, Music Hall
15.08. DK – Rømø, Cruise van Cleef (ausverkauft)
16.08. Kassel, Kulturzelt
17.08. Grosspösna, Highfield Festival
23.08. Essen, Zeche Carl Open Air

25.09. Rostock, Mau Club
26.09. Cottbus, Glad-House
27.09. Hamburg, Große Freiheit 36 (ausverkauft)
28.09. Berlin, Lido (ausverkauft)
29.09. München, Ampere (ausverkauft)
30.09. Köln, Stadtgarten (ausverkauft)

06.12. A – Wien, Gasometer
07.12. München, Tonhalle
08.12. Saarbrücken, Garage
10.12. Erlangen, Heinrich Lades Halle
11.12. Dortmund, FZW
12.12. Wiesbaden, Schlachthof
13.12. Stuttgart, LKA Longhorn
14.12. Berlin, Columbiahalle
16.12. Hannover, Capitol
17.12. Hamburg, Große Freiheit 36
18.12. Hamburg, Große Freiheit 36
19.12. Bielefeld, Lokschuppen
20.12. Bremen, Pier 2
21.12. Köln, Palladium

 

Rock and Roll.

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