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Moment! Aufnahme.


Dave Grohl und Shane Hawkins in London. (Foto gefunden bei Facebook)

„Meine Damen und Herren, wir haben uns heute Abend hier versammelt, um das Leben, die Musik und die Liebe unseres lieben Freundes, unseres Bandkollegen, unseres Bruders Taylor Hawkins zu feiern“, leiteten Dave Grohl und seine restlichen Foo Fighters-Bandmates Nate Mendel, Chris Shiflett, Pat Smear und Rami Jaffee am Samstag sichtlich bewegt das erste Tribute-Konzert zu Ehren ihres verstorbenen Bandkollegen und Freundes ein – ein Abend, der mit seinen zahlreichen einmaligen Auftritten im ausverkauften Londoner Wembley-Stadion in vielerlei Hinsicht kaum denkwürdiger hätte ausfallen können…

„Wir haben uns heute Abend mit seiner Familie und seinen engsten Freunden, seinen musikalischen Helden und größten Inspirationen versammelt, um euch eine verdammt gigantische Nacht für einen verdammt gigantischen Menschen zu bieten. Also singt und tanzt und lacht und weint und schreit und macht verdammt noch mal Lärm, damit er uns jetzt hören kann! Denn wisst ihr was? Es wird eine verdammt lange Nacht werden“, fuhr der Foo Fighters-Frontmann fort. Über sechs Stunden folgten Auftritte wie etwa von Ex-Oasis-Lautsprecher Liam Gallagher, Brian Johnson (AC/DC), Lars Ulrich (Metallica), Stewart Copeland (The Police), Brian May und Roger Taylor (beide Queen), Justin Hawkins (The Darkness), Josh Homme (Queens Of The Stone Age), Wolfang Van Halen, Kesha, Chris Chaney, Greg Kurstin, Supergrass, Geddy Lee und Alex Lifeson (beide Rush), den Pretenders oder Nile Rogers, um Hits der jeweiligen Künstler oder Cover-Versionen mal gemeinsam mit den Foo Fighters als souverän aufspielende Backing-Band, mal in amtlicher All-Star-Besetzung zu performen. Beinahe immer an irgendeinem Instrument dabei: Dave Grohl.

Buddies for life: Taylor Hawkins und Dave Grohl. (Foto: Danny Clinch)

Für alle Freunde des durchaus weitreichenden kreativen Schaffens des 53-jährigen Musiker-Tausendsassas dürfte vor allem die Reunion von Them Crooked Vultures von Interesse gewesen sein, jener Supergroup bestehend aus Grohl, Queens Of The Stone Age-Kopf Josh Homme und John Paul Jones von Led Zeppelin. Nach einer Videobotschaft von Elton John betrat die kurzlebige Band, deren einziges Album 2009 erschienen war, zusammen mit Alain Johannes (Eleven, Queens Of The Stone Age) erstmals seit zwölf Jahren gemeinsam die Bühne, eröffnete mit dem Elton-John-Song „Goodbye Yellow Brick Road“ und spielte dann ihren Song „Gunman“ sowie „Long Slow Goodbye“ von den Queens Of The Stone Age.

Dass Talent scheinbar vererbt werden kann, bewies Dave Grohls 16-jährige Tochter Violet, die ebenfalls in London anwesend war und Coverversionen von Jeff Buckley („Last Goodbye“ und „Grace“, angesichts der nicht eben simplen Originale durchaus amtlich abgeliefert) sowie „Valerie“ (The Zutons) zum Besten gab. Bei letzterem war übrigens ein gewisser Mark Ronson an der Gitarre dabei, der dem Song anno dazumal als Coverversion der ebenso großen wie früh verstobenen Amy Winehouse zu neuen Bekanntheitshöhen verhalf.

Gegen Ende des Tribute-Abends betraten dann erneut die Foo Fighters die Bühne des Wembley-Stadions und spielten während ihres ersten offiziellen Auftritts nach dem Tod von Taylor Hawkins im März diesen Jahres insgesamt zehn Songs mit wechselnden Schlagzeugern, darunter Session-Drummer Josh Freese (A Perfect Circle, Nine Inch Nails, Weezer, Sting), Travis Barker (blink-182), die 12-jährige Erzfeindin“ von Grohl, Youtuberin Nandi Bushell (welche angesichts ihres zarten Alters von gerade einmal zwölf Jahren fantastisch aufspielte), sowie Rufus Taylor, dem Sohn von Queen-Schlagzeuger Roger Taylor, bei dem man schon zwei Mal genauer hinschauen musste, ob da nicht Taylor Hawkins aus dem Rocker-Jenseits hinabgestiegen sei, so sehr ähnelt die Optik des 31-Jährigen der des verstorbenen Foos-Drummers – wenig verwunderlich also, dass sich nicht wenige Anhänger der Band ausgerechnet ihn als Hawkins‘ Nachfolger wünschen. Ebenso wenig überraschend dürfte denn auch gewesen sein, dass Grohl, der im Juli diesen Jahres (und während der Vorbereitungen zu den Tribute-Shows) auch noch seine Mutter verlor, bereits während des eröffnenden „Times Like These“ mit den Tränen kämpfte und sichtlich bewegt innehalten musste. Glücklicherweise war auf die Anwesenden verlassen: Das Publikum sang für ihn, bis er sich wieder gefangen hatte.

Es folgte – nach energetischen Performances von Foo-Evergreens wie „All My Life“, „The Pretender“ oder „Best Of You“ – ein Überrschungs-Auftritt von Paul McCartney, der die Foo Fighters letztes Jahr in die legendäre „Rock And Roll Hall Of Fame“ aufgenommen hatte. Er betrat die Bühne zusammen mit Pretenders-Frontfrau Chrissie Hynde und kündigte einen Song an, „den ich nicht mehr gespielt habe, seit ich ihn vor 100 Jahren aufgenommen habe – ich habe ihn noch nie im Duett gesungen, aber wir werden ihn heute Abend zum ersten Mal singen“. Zusammen mit Grohl, Pat Smear und Jazz-Schlagzeuger Omar Hakim in der Band performten McCartney und Hynde – mit 80 beziehungsweise 70 Lenzen allein schon altersbedingt Rock-Legenden und dementsprechend nicht mehr ganz so gut bei Stimme wie in jungen Jahren – dann „Oh! Darling“ von den Beatles – immerhin die erste Performance des Songs von McCartney seit 1969.

Zum Finale spielten die Foo Fighters „Aurora“ mit Omar Hakim (das Stück war der erklärte Foo-Fighters-Backkatalog-Liebling von Taylor Hawkins) und danach „My Hero“ mit Taylor Hawkins‘ Sohn Oliver Shane Hawkins am Schlagzeug. Dass der 16-Jährige seligen drauf hat, bewies Shane bereits im Juli, als er den Song vom zweiten, 1997 veröffentlichten Foo-Album „The Colour And The Shape“ mit seiner Schulband bei einem öffentlichen Auftritt zu Ehren seines Vaters spielte. In den sozialen Medien schwärmten Fans von einem der „berührendsten Momente in der Rockgeschichte“. Der Auftritt des Jungen sei „unglaublich“ und „beeindruckend“ gewesen, hieß es bei Twitter unter dem Hashtag #TaylorHawkinsTribute. Ein Nutzer schrieb recht treffend nur: „Gänsehaut“. Was darauf noch folgen konnte? Klar: Als letzten Song des Abends performte Grohl das nahezu unvermeidliche „Everlong“ solo (und damit kaum weniger reich an Gänsehaut), bevor er (fast) alle Teilnehmenden des Abends zur finalen Verabschiedung auf die Bühne holte. Uff. Wahnsinn. Großartig. Vonwoauchimmer Taylor Hawkins dem ganzen, amtlich rockenden Konzert zu seinen Ehren gelauscht haben mag, es wird ihm gefallen haben, denn sein Surfer-Dude-Grinsen war in jedem verfickten Moment spürbar.

Das erste offizielle Bild der Foo Fighters ohne Taylor. (Foto: Danny Clinch via Facebook)

Wer (wie ich) nicht in der englischen Hauptstadt anwesend war, der hatte Glück, denn die komplette Show wurde unter anderem auf YouTube gestreamt (und kann auch noch nachträglich über Paramount+ angesehen werden). Die Ticket- und Merchandise-Einnahmen der beiden „Taylor Hawkins Tribute Concerts“ kommen auf Wunsch der Hawkins-Familie den Organisationen Music Support und Musicares zugute, die sich der Gesundheit und dem Wohlergehen der Musikgemeinschaft widmen. Das zweite Tribute-Konzert findet am 27. September in Los Angeles mit vielen weiteren Gästen statt. 

Taylor Hawkins war am 25. März während der Südamerika-Tour der Foo Fighters tot in seinem Hotelzimmer aufgefunden worden. Die Todesursache wurde nicht öffentlich bekannt gegeben. Bei einer Untersuchung wurden allerdings verschiedene Substanzen in Hawkins‘ Körper festgestellt, die auf die Umstände seines Todes hinweisen.

— SETLIST: Taylor Hawkins Tribute Concert (Wembley Stadium, London, Sept 3, 2022) —

Liam Gallagher & Foo Fighters

„Rock ‚N‘ Roll Star“ (Oasis)
„Live Forever“ (Oasis) 

Nile Rodgers, Chris Chaney & Omar Hakim

„Let’s Dance“ (David Bowie) (mit Josh Homme)
„Modern Love“ (David Bowie) (mit Gaz Coombes) 

Chevy Metal

„Psycho Killer“ (Talking Heads)
„Children Of The Revolution“ (T. Rex) (mit Kesha) 

Justin Hawkins, Josh Freese & The Coattail Riders

„Louise“ (Taylor Hawkins & The Coattail Riders)
„Range Rover Bitch“ (Taylor Hawkins)
„It’s Over“ (Taylor Hawkins & The Coattail Riders) 

Wolfgang Van Halen, Dave Grohl, Justin Hawkins & Josh Freese

„On Fire“ (Van Halen)
„Hot For Teacher“ (Van Halen) 

Violet Grohl, Dave Grohl, Alain Johannes, Chris Chaney, Greg Kurstin & Jason Falkner

„Last Goodbye“ (Jeff Buckley)
„Grace“ (Jeff Buckley) 

Supergrass

„Richard III“ (Supergrass)
„Alright“ (Supergrass)
„Caught By the Fuzz“ (Supergrass) 

Them Crooked Vultures

„Goodbye Yellow Brick Road“ (Elton John)
„Gunman“ (Them Crooked Vultures)
„Long Slow Goodbye“ (Queens Of The Stone Age) 

Pretenders & Dave Grohl

„Precious“ (Pretenders)
„Tattooed Love Boys“ (Pretenders)
„Brass In Pocket“ (Pretenders) 

James Gang

„Walk Away“ (James Gang)
„The Bomber: Closet Queen / Bolero / Cast Your Fate to the Wind“ (James Gang)
„Funk #49“ (James Gang) (mit Dave Grohl) 

Violet Grohl, Mark Ronson, Chris Chaney & Jason Falkner

„Valerie“ (The Zutons) 

Brian Johnson, Lars Ulrich & Foo Fighters

„Back In Black“ (AC/DC) (mit Justin Hawkins)
„Let There Be Rock“ (AC/DC) 

Stewart Copeland & Foo Fighters

„Next To You“ (The Police) „Every Little Thing She Does Is Magic“ (The Police) (mit Gaz Coombes)

Geddy Lee & Alex Lifeson

„2112 Part I: Overture“ (Rush) (mit Dave Grohl) „Working Man“ (Rush) (mit Dave Grohl) „YYZ“ (Rush) (mit Omar Hakim)

Brian May, Roger Taylor, Rufus Taylor & Foo Fighters

„We Will Rock You“ (Queen) (mit Luke Spiller)
„I’m in Love With My Car“ (Queen)
„Under Pressure“ (Queen) (mit Justin Hawkins)
„Somebody To Love“ (Queen) (mit Sam Ryder)
„Love Of My Life“ (Queen) (Brian May solo) 

Foo Fighters

„Times Like These“ (mit Josh Freese)
„All My Life“ (mit Josh Freese)
„The Pretender“ (mit Travis Barker)
„Monkey Wrench“ (mit Travis Barker)
„Learn To Fly“ (mit Nandi Bushell)
„These Days“ (mit Rufus Taylor)
„Best Of You“ (mit Rufus Taylor) 

Paul McCartney, Chrissie Hynde, Dave Grohl, Omar Hakim & Pat Smear

„Oh! Darling“ (The Beatles) & „Helter Skelter“ (The Beatles)

Foo Fighters

„Aurora“ (mit Omar Hakim)
„My Hero“ (mit Oliver Shane Hawkins)
„Everlong“ (Dave Grohl solo)

Rock and Roll.

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Das Album der Woche


A Perfect Circle – Stone and Echo: Live at Red Rocks / Trifecta (2013)

Stone And Echo (Cover)-erschienen bei Amazon & iTunes (digital)-

Zum Anfang sei einfach einmal folgende Behauptung in den Raum gestellt: Maynard James Keenan ist ein dauerbeschäftigter Workaholic. Während die einen nun wohlmöglich panisch beginnen, diesen Namen zu googeln um so ihre vermeintliche Wissenslücke zu schließen (was wären wir nur ohne das Internet und seine kleinen Helfershelfer), schüttelt der grob kundige Rockhörer ungläubig den Kopf…

Und das ist an sich auch erst einmal kaum verwerflich. Denn das letzte akustische Lebenszeichen von Keenans Hauptband Tool liegt in Form des bislang letzten Albums „10,000 Days“ – Tourneen und vereinzelte Konzerte einmal außen vor – bereits satte sieben Jahre zurück. Und auch seine kaum weniger bekannte und erfolgreiche Zweitband A Perfect Circle lässt die Fans seit dem 2004 erschienenen (Beinahe-)Cover-only-Album „eMOTIVe“ auf ein neues Studiolebenszeichen warten. Was zur Hölle bringt den Schreiberling dieser Zeilen also zu seiner tollkühnen Behauptung? Viel wichtiger noch: Was zur Hölle hat Keenan seitdem gemacht?

Maynard James Keenan

Nun, der regelmäßige ANEWFRIEND-Leser wird sich an Maynard James Keenan wohl als den Typen erinnern, der es doch tatsächlich wagte, im staubigen Wüstenboden Arizonas Wein anzubauen (zu sehen in der noch immer tollen Dokumentation „Blood Into Wine„) – und damit auch noch Erfolg hatte. Und auch die Musik verlor der 49-Jährige keineswegs aus den Augen: Mit seinem „Musikprojekt“ Puscifer widmet er sich bereits seit 2007 in losen Abständen jenen mal rocklastig bombastischen (man höre deren Queen-Coverversion von „Bohemian Rhapsody„!), mal derbst verspulten elektronischen Grenzbereichen, für die in seinen anderen Bands eben nie ausreichend Platz schien. Ganz nebenbei bewies Keenan, ob nun während der Puscifer-Bühnenshows oder in den Covergestaltungen, sein Talent für schwarzhumorige Comedy und dafür, sich auch mal selbst auf die Schippe zu nehmen. Fraglos: Nicht alles an Puscifer gelang ebenso großartig wie die zurückliegenden Veröffentlichungen von Tool oder A Perfect Circle, jedoch merkte man dem Mann an, dass er seine selbstgeschaffene (künstlerische) Freiheit in vollen Zügen genoss. Und wo blieben dabei eben jene erwähnten Tool und A Perfect Circle? Die hock(t)en in den jeweiligen Proberäumen (respektive: Startlöchern) und schienen nur auf ein Zeichen ihres charismatischen Frontmanns zu warten. Schon irre: Da hat man je eine Auswahl von Ausnahmemusikern beisammen (Adam Jones, Danny Carey und Justin Chancellor auf der Tool-Seite, Billy Howerdel als Songwriter-Konstante bei A Perfect Circle), und trotzdem sind diese immer noch dermaßen auf ihre Frontstimme (Keenan) angewiesen, dass sie es nicht wagen, ohne ihn weiterzumachen. Dumm nur, dass für diese Stimme weder nervenaufreibende Aufnahmesessions noch Promoterin noch Endlostourneen in der Zukunftsplanung eine Rolle spiel(t)en. Winzertum, lose Veröffentlichung mit Puscifer – null Bock aufs musikalische Rattenrennen nach den Regeln der Plattenindustrie seitens Keenan…

a perfect circle 2013

Umso erstaunlicher ist es, dass sich nun – gefühlt – die Ereignisse zu überschlagen scheinen. So durfte man sich anhand der Meldungen, dass sich der Frontmann nun doch und tatsächlich bereit erklärt habe, einem neuen (!) Tool-Album (!) seine Stimme zu leihen, völlig zu recht ungläubig die Augen gerieben und ein Tränchen der Vorfreude beiseite gewischt haben. Und als dann auch noch A Perfect Circle eine neue Veröffentlichung ankündigten, war der ein oder andere kundige Alternative Rock-Gegustinato wohl völlig der Ohnmacht nahe… Obwohl: „neu“? Natürlich, dass opulente, „A Perfect Circle Live: Featuring Stone And Echo“ betitelte Box Set ließ bereits vermuten, dass es sich hier „lediglich“ um die freundliche Resteverwertung bereits bekannten Songmaterials handele. Und trotzdem war die Box, welche exklusiv über die bandeigene Homepage angeboten wurde, in Windeseile ausverkauft. Doch damit der Rest der Hörerschar nicht in die leere Tonröhre schaut, bietet die Band den Audioteil der Box – also exklusive der heiligenden Live-DVD – nun zumindest zum Download an…

APC - box set

Und der hat es in sich! Nicht weniger als vier (!) komplette Konzerte ihrer drei beziehungsweise zwei Jahre zurückliegenden „Comeback-Minitournee“ haben A Perfect Circle darauf archiviert. Zum einen wäre da das namensgebende „Stone and Echo: Live at Red Rocks„, aufgenommen im August 2011 im Red Rocks Amphitheatre in Morrison, Colorado, welches auf einer Stunde und vierzig Minuten Länge einen Zwanzig-Song-Querschnitt durch die (bislang) drei erschienenen A Perfect Circle-Studioalben bietet, dabei zwar den Fokus auf Coverversionen wie „Imagine“ (John Lennon), „What’s Going On“ (Marvin Gaye) oder „Gimmie Gimmie Gimmie“ (Black Flag) – und damit auf das letzte Album „eMOTIVe“ – legt, jedoch auch kaum einen der anderen starken Fanfavoriten auslässt. Ob nun „Weak And Powerless“, „Blue“, das tolle „The Noose“ oder „Orestes“ – am Ende steht eine runde Setlist, auf der zwar Überraschungen ausbleiben (das Fehlen des großartigen Dauerbrenners „Judith“ liegt wohl darin begründet, dass Keenans Mutter, die Inspirationsquelle des Stückes, kurz vorher verstarb), aber dennoch beinahe jeder Wunsch – mit dem Abschluss „By And Down“ sogar der nach einem neuen Song – erfüllt wird. Wichtiger noch: Das Konzert gerät zu keiner Minute zur bloßen Pflicht- und/oder Geldeintreibeveranstaltung. Man merkt Maynard James Keenan, dem ehemaligen Nine Inch Nails-Gitarrentechniker, Leadgitarristen und musikalischen Hauptsongwriter Billy Howerdel, Ex-Smashing Pumpkin James Iha an der zweiten Gitarre, Bassist Matt McJunkins und Alround-Schlagzeuger Josh Freese jederzeit an, dass sie tatsächlich Bock auf ein paar mehr gemeinsame Shows hatten. Die Musik strömt so druckvoll wie klar aus den Boxen, Howerdel gibt zwar auch auf der Bühne den mannschaftsdienlichen Gitarrenschattenboxer, gönnt sich jedoch – im Vergleich zu den Studioversionen – die ein oder andere gröbere Note sowie ein kleines eingestreutes Minisolo oder sporadische Variationen dann und wann. Und Keenan? Dessen Gesangsorgan steht eh über allem, packt die Töne an ihren Wurzeln, wirbelt sie ins Besucherrund und zieht alle in seinen Bann. Da verzichtet man nur all zu gern auf großartige Publikumsinteraktion…

Doch das Box Set bietet sogar noch mehr: Wer mit „Stone and Echo: Live at Red Rocks“ noch nicht ausreichend versorgt ist, der kann sich alle drei A Perfect Circle-Alben als komplette (!) Liveaufführungen, welche während einer ein Jahr zuvor (also: 2010) absolvierten Mini-Tournee mitgeschnitten wurden, aufs heimische Abspielgerät laden. Wie schon bei der „Stone And Echo“-Revue kommen auch „Mer de Noms – LIVE„, „Thirteenth Step – LIVE“ und „eMOTIVe – LIVE„, zusammengefasst unter dem mysteriösen „Trifecta“-Banner, in glänzendem Livegewand daher, bieten sogar mit dem David Bowie-Cover „Ashes To Ashes“ (auf „Mer de Noms – LIVE“), dem längst legendären Ozzy Osborne-/The Cure-Doppelcover „Diary Of A Madman“ sowie dem damals erstmals live präsentierten neuen Song „By And Down“ (beide auf „eMOTIVe – LIVE“) das ein oder andere interessante Fan-Gimmick.

apc 2010 (tim cadiente)

Freilich sind zumindest die beiden ersten beiden A Perfect Circle-Alben, dreizehn („Mer de Noms„) beziehungsweise zehn Jahre („Thirteenth Step„) nach ihrem Erscheinen, noch immer über jeden Zweifel erhaben. Klar mögen Tool jederzeit versierter und größer zu Werke gegangen sein. Dennoch kann sich der kundige Alternative Rock-Freund ein Zungenschnalzen zur wohl auf ewig zeitgemäßen Mystik eben jener Alben kaum verkneifen, während auf „eMOTIVe“ A Perfect Circles Inspirationen offenbar wurden. Und obwohl man, wenn schon nicht geahnt, dann doch zumindest immer gehofft hatte, dass jene (einmaligen?) Comeback-Shows eines Tages ihre Veröffentlichung erfahren würden, so ist es doch umso toller, diese nun tatsächlich hören zu dürfen. Fans greifen also digital zu, und ziehen den gut dreistündigen Live-Rundumschlag damit der parallel erscheinenden Werkschau „Three Sixty“ vor, die Neulingen zwar einen recht guten Überblick über die lediglich drei veröffentlichten Alben bietet, Neues jedoch „nur“ in Form der – nichtsdestotrotz tollen – Studioversion des Songs „By And Down“ bereit hält (ohnehin erfüllte die Band damit lediglich ihren Plattenvertrag). Der Workaholic-Motor des erfolgreichen Hobby-Winzers und musikalischen Grenzgängers Maynard James Keenan, er läuft also tatsächlich auf Hochtouren. Hoffen wir, wenn schon nicht auf ein neues A Perfect Circle-Album, dann doch wenigstens auf ein neues Tool-Gesamtkunstwerk in baldigster Zukunft…

Mer de Noms LIVE

Thirteenth Step LIVE

eMOTIVe LIVE

 

 

 

 

 

 

 

Hier gibt es den kompletten (!), 15 Songs straken Auftritt von A Perfect Circle beim diesjährigen Lollapalooza-Festival für Augen und Ohren…

 

…sowie das neue Stück „By And Down“, einmal als Liveversion, mitgeschnitten in diesem Jahr in Brasilien…

 

…und als Studioversion für die Gehörgänge:

 

Rock and Roll.

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