Who Killed Marilyn? (2011)
Geplagt von einer Schreibblockade kehrt der erfolgreiche französische Krimiautor David Rousseau (Jean-Paul Rouve) in die alte Heimat inmitten der schneeverwehten Einöde zurück, denn (s)ein wohlhabender Onkel ist gestorben. Aus der reichen Erbschaft wird jedoch nichts, mehr als ein ausgestopfter Bernhardiner ist für ihn nicht drin, und so will er gleich wieder abreisen. Dann erfährt er jedoch, dass die lokale Berühmtheit Candice Lecoeur (Sophie Quinton) tot aufgefunden wurde und wittert inspirierenden Stoff für einen neuen Roman. Also bezieht er ein Zimmer im Hotel „Zur Schneeflocke“ in Candice‘ Heimatkaff Mouthe, in welchem ständig Strom und Heizung ausfallen und ihm die junge Empfangsdame trotz der kalten Jahreszeit in verrucht schwarzen, knappen Kleidern hinterher schmachtet. Rousseau hat jedoch nur Augen für Candice, denn die eiligst beendeten Ermittlungen zum Fall mit dem Abschluss „Selbstmord“ scheinen ihm doch ein wenig fadenscheinig. Und schon bald merkt er, der bei seinen Nachforschungen auf eine Mauer aus provinzieller Sensationslust, Gutgläubigkeit und Ablehnung stößt, dass beinahe jeder der nicht einmal 1000 Dorfbewohner, der mit der jungen, attraktiven Frau zu tun hatte, ein Motiv für den (möglichen) Mord zu haben scheint. Mit einer Mischung aus Aufdringlichkeit und Beharrlichkeit dringt er anhand von Candice Tagebüchern und der Mithilfe des aufstrebenden jungen Brigadiers Leloup (Guillaume Gouix) immer tiefer in die Lebensgeschichte und seelischen Abgründe der Martine Langevin, so Candice‘ bürgerlicher Name, vor und ergründet, wie das wasserstoffblonde Vamp, das als Gesicht der lokalen Käsemarke und als Fernsehwetterfee schnelle Berühmtheit erlangte und nicht wenigen Männern die Köpfe verdrehte, als wunderschön-steifgefrohrene Leiche in der schneebedeckten Einöde landen konnte. Steckt mehr hinter Candice‘ Marilyn Monroe-Besessenheit als der gemeinsame Geburtstag und die Parallelen in beider Leben? Wer war die in Natura brünette Dorfschönheit wirklich? Und wer trachtet nun auch dem Kriminalautor selbst nach dem Leben?
„Who Killed Marilyn?“ (franz. Originaltitel: „Poupoupidou“ – jener Laut, welchem Monroe im Song „I Wanna Be Loved By You“ macht) ist keineswegs die Aufarbeitung des Todes der Hollywood-Ikone (nachdem kürzlich in „My Week With Marilyn“ bereits ihr nicht minder tragisches Dasein beleuchtet wurde), sondern die gelungene französische Antwort auf David Lynchs „Twin Peaks“ und enthält immer wieder eindeutige Verweise Agent Dale Cooper und seine fanatische Jagd nach dem Mörder der verführerischen Laura Palmer – nur wird von Regisseut Gérald Hustache-Mathieu in „Who Killed Marilyn?“ die surreale Dunkelheit durch eine schneehelle französische Lakonie ersetzt, wie sie wohl nur in der Arschkälte des Juragebirges (im Ort Mouthe wurde mit -41 °C im Jahr 1985 die tiefste jemals in Frankreich gemessene Temperatur registriert) unweit der schweizerischen Grenze vorkommt. Gleichzeitig warten die etwa 100 Minuten mit vielen Querverweisen auf das auf ähnlich tragische Weise jäh beendete Leben der Marilyn Monroe auf und lassen den kundigen Zuschauer bis zur Aufklärung (welche am Ende nur mässig überrascht) anhand von Rückblenden selbst auf Spurensuche gehen. Nichtsdestotrotz weiß die ungewöhnliche Kriminalkomödie – auch aufgrund der überzeugenden Hauptdarsteller Jean-Paul Rouve und Sophie Quinton sowie des ausgezeichneten Soundtracks – zu unterhalten und zeigt, dass Frankreich auch in diesem Genre auf internationalem Niveau mitzuspielen versteht.
Rock and Roll.