Schlagwort-Archive: Italien

Das Album der Woche


Vanessa Peters – Modern Age (2021)

-erschienen bei Idol/Cargo-

Mittlerweile ist’s hinlänglich bekannt: Corona drängte 2020 (und auch in diesem bisherigen Jahr) nicht eben wenige Künstler, die nicht das zwiespältige Glück genießen, Madonna, U2 oder Coldplay zu sein, an den kritischen Rand des Existenzminimums. Tourneen mussten abgesagt werden, selbst Studioaufenthalte waren teil- wie zeitweise nicht erlaubt. Und da alles medaillengleich auch eine andere Seite hat, entsprang aus der Not einiges an Erfindungsreichtum… Wenig verwunderlich also, dass auch „Modern Age„, das neue Album der US-amerikanischen Singer/Songwriterin Vanessa Peters, der Pandemie zum Opfer fiel – zunächst zumindest. Die 40-jährige Musikerin hatte einen Stapel neuer Stücke für den Nachfolger ihres 2018er Langspielers „Foxhole Prayers“ geschrieben und – nach einer kleinen Tournee durch ihre zweite Wahlheimat Italien – teilweise bereits mit ihrer italienischen Touringband als Demos aufbereitet, als es daran ging, im März im heimischen Texas ins Studio zu gehen. Der Plan? Im Grunde gut ausgearbeitet, selbst der Studioaufenthalt war bereits über eine Kickstarter-Kampagne innerhalb von nur drei Tagen vorfinanziert worden. Unglücklicherweise befanden sich Peters und ihre vierköpfige Band zu diesem Zeitpunkt in Europa, wo damals vor allem Italien durch seine hohen Infektionsraten kurz vor dem Lockdown stand. Da zudem auch einzelne Bandmitglieder aus Italien stammen, stand man vor einer schwierigen Entscheidung: bleiben oder gehen? Schließlich blieb man, ließ sich in einem Bauernhaus im toskanischen Castiglion Fiorentino nieder und nahm das komplette Album innerhalb von zehn Tagen auf.

Trotzdem hört man dem 40-minütigen Endergebnis seine wohl recht idyllische Entstehungsumgebung nur bedingt an, Italo-Klischee-Klänge à la Adriano Celentano oder Eros Ramazzotti waren ja ohnehin eher weniger zu erwarten gewesen von einer, die vor ein paar Jahren noch ein unter der dräuenden Last der Trump-Administration entstandenes Album mit Protestsong-Appeal veröffentlicht hatte. Stattdessen ist Vanessa Peters mit „Modern Age“ ein feines Alternative Rock-Album mit – gefühlt – heftigen Nineties-Bezügen gelungen, welches gleichzeitig auch eine Abkehr von früheren Werken, die eher im Folk-Bereich anzusiedeln waren, darstellt. Easy Listening ist trotzdem selten drin, denn auch diesmal nehmen die Texte bei der Texanerin eine durchaus gewichtige Rolle ein. Neben der Anprangerung gesellschaftlicher Missstände (wie im Titelstück) sind einige von ihnen recht persönlicher Natur. Trotzdem kommen viele der elf Songs verdammt poppig daher, es wird das ein oder andere Mal die Akustikklampfe gezückt. Das mag manchem, der das hier liest, vielleicht ein wenig abschrecken (oder gar zum Gähnen animieren). Fehlende Abwechslung ist jedoch etwas, was man dem Album gewiss nicht vorwerfen darf, zumal es durchaus das ein oder andere Stück gibt, welches selbst Hörern etwas härterer Klänge durchaus gefallen könnte – Pop-Faktor hin oder her.

„Wir beeilen uns immer, etwas neuer oder schneller zu machen, ohne darüber nachzudenken, ob es tatsächlich besser ist. Ich schrieb diesen Song, nachdem ich herausfand, dass die Besitzer meines Lieblings-Baseball-Teams, die Texas Rangers, ihr Stadium nicht mehr nutzen würden, obwohl es erst 25 Jahre alt ist und stattdessen ein neues bauen würden, nur um eine Klimaanlage zu installieren.“ (Vanessa Peters über das Titelstück von „Modern Age“)

Der Titelsong sowie „Make Up My Mind“, die das Album einleiten, fangen denn schonmal hervorragend den Geist der seligen Neunziger ein, zu welchem letzteres dem versammelten Patriarchat den Stinkefinger zeigt. Man merkt, dass hier die ein oder andere Grunge-Kapelle als Inspiration diente. Das Gleiche gilt später noch einmal für „Yes“, das mit seiner bedrückenden Atmosphäre gar an ältere Pearl Jam-Songs erinnert. Immer wieder erweist sich Peters nicht nur als klassische Storytellerin, sondern stellt auch ihr Gespür für gute Melodien unter Beweis. „Never Really Gone“ und das melancholische „The Weight Of This“ sind schlicht wunderschöne Songperlen. Sicher mag es auch die ein oder andere Schwachstelle geben. „The Band Played On“ etwa tönt zu Beginn ein wenig schnulzer’esk, ehe die Streicher im Refrain (und später ihre Begleitband) wieder etwas qualitativen Boden gutmachen. Der Großteil des dargebotenen Materials aber weiß voll und ganz zu überzeugen. Weitere Highlights sind das bereits zuvor veröffentlichte „Crazymaker“ sowie die Blues-Ballade „Valley Of Ashes“. „Yes“ mag auf textlicher Ebene der vielleicht ausdrucksstärkste Song des Albums sein, wehrt sich die Sängerin doch vehement dagegen, als „Chick Singer“ abgeschrieben zu werden – man hört sie später noch im Hintergrund ihren Zorn hinaus schreien. Angry middle-aged woman? Nope. Mit „Still Got Time“ endet „Modern Age“ dann doch noch weltumarmend und mit einer positiven Botschaft: „Cause you’ve still got time / To shake off your loneliness / You’ve still got time / To make your own happiness“ singt Peters hier und hält nicht nur sich selbst, sondern wohl auch uns dazu an, noch ein bisschen durchzuhalten, bis diese Pandemie vorbei ist…

Alles in allem ist „Modern Age“ – bis auf ein paar kleine Abzüge in der B-Note – ein gelungenes Album geworden. Vanessa Peters‘ Homepage gibt als Einflüsse tatsächlich Liz Phair, Spoon, Foo Fighters, LCD Soundsystem und die Neunziger-Smashing-Pumpkins an. Trotzdem will die Musikerin – bis auf die recht treffende erste Referenz – ihr neustes Werk zu etwas anderem machen als einem bloßen Neunzigerjahre-Revival-Knicks. Gelingt’s am Ende? Nennen wir das Ergebnis ein richtig starkes und (im positiven Sinne) richtig stark gestriges Pop-Rock-Album ohne einen echten Komplettausfall, dafür mit umso präziserer und unaufgeregterer Singer/Songwriterinnen-Kunst. Und mit Melodien für Millionen, die bisher leider nur wenige Tausend hören wollen. Melodien, die daran erinnern, dass „gefällig“ eigentlich ein positives Attribut ist. An denen dürften Freunde und Kumpelinen von Künstlerinnen wie Alanis Morissette, Sheryl Crow, Joan Osborne, Suzanne Vega oder Aimee Mann (welche hier vor allem stimmlich recht nahe scheint) ebenso Gefallen finden wie Highway-Rock-Genüssler auf den Spuren Tom Pettys. Nicht weltbewegend, dafür authentisch und prächtig tönend.

Rock and Roll.

Getaggt mit , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , ,

Zitat des Tages


ennio-morricone-film-composer-quotes-1374750494-view-0

 

Der italienische Komponist, Dirigent und Oscarpreisträger Ennio Morricone ist tot. Der Autor zahlreicher Filmmusik-Klassiker – von Italowestern wie „Zwei glorreiche Halunken“ oder „Spiel mir das Lied vom Tod“ in den 1960ern bis hin für jüngste Tarantino-Werke wie „Django Unchained“ oder „The Hateful Eight“ in den Jahren 2012 und 2015 – starb heute am frühen Morgen im Alter von 91 Jahren in Rom. Nicht nur das Revolverheld-Zelluloid wird das gleichsam geniale wie selbstbewusste und mürrische Musikgenie vermissen. Arrivederci, Maestro Morricone!

Einen Nachruf des „Spiegel“ findet man hier. Außerdem lesenswert: Dieser Hausbesuch des „Rolling Stone“ aus dem Jahr 2014.

 

 

Rock and Roll.

Getaggt mit , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , ,

Song des Tages: Any Other – „Lost Cause“


0018175346_10

Auf Bühnenbrettern mag das mit Gitarre, Wurlitzer, Bratsche, Cello, Flügelhorn und Saxophon ausgestattete „Any Other Sextet“ – obgleich immer noch über alle Maßen in melancholischen Traumgefilden unterwegs – wohl stellenweise eindrucksvoll tönen. Wer’s nicht in die italienische Heimat des Mailänder Kollektivs schaffen sollte, um einer Show von Frontfrau Adele Nigro sowie Laura Agnusdei, Federica Furlani, Eleuteria Arena, Paola Fecarotta und Marco Giudici beizuwohnen, dem sei etwa das zweite, 2018 erschienene Album „Two, Geography“ wärmstens ans Hörerherz gelegt – gerade, wenn man sonntags ein wenig den sinngrüblerischen Gedanken nachhängen mag.

Im Grunde steckt hinter Any Other jedoch nur Adele Nigro. Dass die junge Indie-Musikerin denn auch im Alleingang zu überzeugen weiß, beweist die Italienerin mit ihrer Coverversion des ohnehin ewig tollen Beck’schen Drüsendrückers „Lost Cause“ (vom wunderschönen, mittlerweile fast 18 Lenze jungen Herzschmerz-Werk „Sea Change„), welche sie, wie seinerzeit auch Mr. Hansen, in reduziert-rohem Singer/Songwriter-Gewand präsentiert… *hach*

 

 

„Your sorry eyes cut through the bone
They make it hard to leave you alone
Leave you here wearing your wounds
Waving your guns at somebody new

Baby you’re lost
Baby you’re lost
Baby you’re a lost cause

There’s too many people you used to know
They see you coming they see you go
They know your secrets and you know theirs
This town is crazy; nobody cares

Baby you’re lost
Baby you’re lost
Baby you’re a lost cause

I’m tired of fighting
I’m tired of fighting
Fighting for a lost cause

There’s a place where you are going
You ain’t never been before
No one left to watch your back now
No one standing at your door
That’s what you thought love was for

Baby you’re lost
Baby you’re lost
Baby you’re a lost cause

I’m tired of fighting
I’m tired of fighting
Fighting for a lost cause…“

 

Rock and Roll.

Getaggt mit , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , ,

Zitat des Tages


quote-when-i-was-young-i-believed-in-three-things-marxism-the-redemptive-power-of-cinema-and-sergio-leone-72-71-25

 

(Sergio Leone, 1929-1989, italienischer Filmregisseur, bekannt für Italo-Western wie „Zwei glorreiche Halunken“ oder „Spiel mir das Lied vom Tod“)

 

Rock and Roll.

Getaggt mit , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , ,

Good news for people who love good news – Mauro Gatti feiert das Positive in 2018


mauro-gatti-900x500

Habt ihr auch all die allgegenwärtigen, allabendlichen schlechten Nachrichten, die mal von Naturkatastrophen, mal von korrupten, unfähigen Politikern, mal von Krieg, Mord und Totschlag berichten, so richtig satt? All das Negative, das einem die Lust am Lachen vergelten mag? Ja? Dem aus Italien stammenden und mittlerweile in Los Angeles beheimateten Künstler Mauro Gatti geht’s kaum anders…

Genau deshalb hat sich Gatti, der bereits auf eine mehr als 15-jährige vielseitige kreative Karriere (und etwa den „2017 Emmy Award for Best Interactive“) zurück blicken kann, so einige ausgesprochen positiv-optimistische Nachrichten des Jahres 2018 geschnappt – und diese für seine Reihe „The Happy Broadcast“ grafisch in Szene gesetzt. Nicht als Schönrederei, sondern vielmehr als Motivationshilfe, um sich fortan mehr auf das Gute zu fokussieren… Good news for people who love good news.

 

„I’m honestly fed up with all the bad news everywhere. I am not a journalist or an influencer, but I want to use my art to spread some positivity.

I wanted to create something positive as an anti-venom to the vitriolic rhetoric that pervades our media.

That’s why I want to share some of this year’s positive news from around the world in the hope that it brings you some happiness and inspires you to spread some good news yourself!

Art, technology, food, science, animal rights, human rights… we have progressed in so many categories and it’s necessary to let the world know that, despite having much more to do, we’ve accomplished some amazing things in 2018.“

 

Diese Diashow benötigt JavaScript.

(via boredpanda.com)

 

Rock and Roll.

Getaggt mit , , , , , , , , , , , , , , , , , , , ,

Song des Tages: Giardini di Mirò – „Different Times“


02_gdm_ilariamagliocchettilombi_lr

Alter… Da melden sich Giardini di Mirò nach vier Jahren Funkstille zurück – und fast (aber nur fast!) hätte ich’s nicht mitbekommen! Kein Wunder, schließlich waren die italienischen Post-Rock-Urgesteine nie wirklich Männer vieler Worte, und haben meist – und das ist ja auch vollkommen in Ordnung – die großartige, oft genug mitreißende Musik für sich sprechen lassen…

Das tut die sechsköpfige Band aus Cavriago, die bereits seit Mitte der Neunziger gemeinsame Sache macht, nun auch auf dem nunmehr siebenten Langspieler „Different Times„. Für gesangliche Untermalung der neun Albumstücke holten sich Giardini di Mirò  den ein oder anderen Gast ins heimische Studio, etwa Daniel O’Sullivan (Ulver, Sunn O))) ) oder God-Machine- und Sophia-Trauerkloss Robin Proper-Sheppard (der den Italienern den Song „Hold On“ veredelt). Bentornato!

47001521_10155995963273481_7658943097073565696_o

 

Hier gibt es den das neue, am vergangenen Freitag erschiene Album eröffnenden Titelsong auf die Post-Rock geschulten Lauscher:

 

Rock and Roll.

Getaggt mit , , , , , , , , , , , , , , , ,
%d Bloggern gefällt das: