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Song des Tages: Gisbert zu Knyphausen – „Hurra! Hurra! So nicht.“ (live bei TV Noir)


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Geht immer: Die großartige Stinkefinger-an-den-oder-die-Ex-Hymne „Hurra! Hurra! So nicht.“ von Gisbert zu Knyphausen, bekanntlich erschienen vor nunmehr acht Jahren auf dem zweiten Album desselben Namens (welches nicht nur mein liebstes des deutschen Liedermachers ist, sondern unter Garantie eines der besten deutschsprachigen musikalischen Werke der letzten zehn Lenze). Gespielt hat sie der Gisbert, den wohl nur gute Freunde scherzhaft bei seinem vollen Namen „Gisbert Wilhelm Enno Freiherr zu Innhausen und Knyphausen“ rufen, in einer speziellen Version im vergangenen Jahr bei TV Noir gemeinsam mit Stücken seines aktuellen 2017er Albums „Das Licht dieser Welt“ sowie – alle Achtung! – einer Coverversion des Songs „Bagagedrager“ der niederländischen Indietronic-Band Spinvis – natürlich stilecht auf Holländisch!

 

 

 

— Gisbert zu Knyphausen LIVE — (* Duo mit Karl Ivar am Vibraphon)
07.06.2019 Oberhausen, Druckluft *
09.06.2019 Karlsruhe, Café NUN *
29.06.2019 Leipzig, Parkbühne Geyserhaus
31.07.2019 Jena, Kulturarena

01.08.2019 Plauen, Malzhaus Open Air
02.08.2019 Darmstadt, Merck Sommerperlen @ Centralstation
03.08.2019 Böblingen, Böblinger Songtage
04.08.2019 Freiburg, Zelt-Musik-Festival ZMF
09.08.2019 Königs Wusterhausen, Bergfunk Open Air
10.08.2019 Saarburg, Station K Pop Festival
11.08.2019 Hamburg, Wutzrock Festival

 

Rock and Roll.

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Song des Tages: Gisbert zu Knyphausen – „Niemand“


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Sieben Jahren mögen, verglichen mit der Zeit, die Tool-Fans bereits auf einen Nachfolger zum noch immer aktuellen Album „10,000 Days“ warten (das ist vor nunmehr elf Jahren erschienen), beinahe ein gefühlter Katzensprung sein. Und so richtig weg und frei jeglicher Kreativität war Gisbert zu Knyphausen seit dem letzten Werk „Hurra! Hurra! So nicht.“ natürlich auch nie. Dennoch: die Freude ist groß, dass im Herbst endlich und tatsächlich Album Nummer drei erscheint.

Bereits Anfang des Jahres gab es ein erstes Lebenszeichen des seit Jahren wohl besten deutschen Singer/Songwriters (oder sollte man Leiber „Liedermacher“ schreiben?): im Januar veröffentlichte Gisbert zu Knyphausen den Song „Das Licht dieser Welt“ als Teil des Soundtracks zum Kinderfilm „Timm Thaler oder das verkaufte Lachen“.

Nun erscheint am 27. Oktober 2017 auch ein Album, das den gleichen Titel trägt wie der Filmsong, nämlich „Das Licht dieser Welt„. Nimmt man die ersten Hörproben und vergleicht, so hat sich bei Knyphausen offenbar Einiges geändert: Die zwei bisher bekannten neuen Lieder sind vielseitiger als noch 2010 arrangiert – weniger Gitarre, dafür vielmehr Klavier, Trompeten, Posaunen, ja sogar Synthesizer sind zu hören.

Die siebenjährige „Pause“ zwischen der letzten, zweiten Knyphausen-Platte „Hurra! Hurra! So nicht.“ und dem neuen Album hat gleich mehrere Gründe: Gemeinsam mit dem Hamburger Liedermacher Nils Koppbruch gründete er das Duo Kid Kopphausen, das 2012 sein erstes gemeinsames Album „I“ veröffentlichte. Kurz darauf starb Koppbruch völlig unerwartet.

Getroffen vom (zu) frühen Tod seines Kumpels nahm Knyphausen eine kreative Pause, tastete sich danach langsam wieder an die Musik heran. Einer Art Honour-Tour mit der Kid-Kopphausen-Band folgte ein Bass-Engagement in der Begleitband von Olli Schulz. Und sonst? Mit dem Produzenten Moses Schneider und dem Musiker Tobias „Der dünne Mann“ Friedrich erschien im Mai mit „Husten“ eine neue EP (von der ANEWFRIEND auch berichtete), die sich ebenfalls recht weit vom guten alten Akustikgitarren-Stil entfernte. Und als wäre das noch nicht genug, richtet Gisbert zu Knyphausen alljährlich das „Heimspiel Knyphausen“ aus, zu dem er im Sommer befreundete Bands und Musiker sowie Fans auf das Weingut seiner Familie in Eltville am Rhein einlädt.

Ein erster Vorbote, wie das dritte Soloalbum des 38-jährigen Liedermachers wohl klingen wird, ist die auch das Album eröffnende Single „Niemand“. Das dazugehörige Lyric-Video greift das Artwork des Albumcovers auf:

 

81JH0I5QWYL._SL1200_Hier schon einmal die Tracklist von „Das Licht dieser Welt“:

  1. Niemand
  2. Sonnige Grüße aus Khao Lak, Thailand
  3. Unter dem hellblauen Himmel
  4. Dich zu lieben ist einfach
  5. Stadt Land Flucht
  6. Keine Zeit zu verlieren
  7. Kommen und Gehen
  8. Teheran Smiles
  9. Das Licht dieser Welt
  10. Cigarettes & Citylights
  11. Etwas Besseres als den Tod finden wir überall
  12. Carla Bruno

 

Auch eine kleine Tour wird es im Oktober und November geben – natürlich mit den neuen Songs im Gepäck:

28.10. | Berlin, Lido

29.10. | Hamburg, Uebel & Gefährlich

30.10. | Leipzig, Werk 2

01.11. | Köln, Gloria

02.11. | München, Technikum

03.11. | Zürich (CH) , Bogen F

04.11. | Schorndorf , Manufaktur

05.11. | Hannover, Kulturzentrum Faust

 

Karten bekommt ihr alsbald an allen Vorverkaufsstellen oder hier.

 

Rock and Roll.

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Song des Tages: Husten – „Liebe kaputt“


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Ich, inoffizieller Ehrenpräsident des weltersten (?) Gisbert-zu-Knyphausen-Ultra-Fanclubs, feiere natürlich so ziemlich alles Neue ab, was der Mann in die Musikwelt entlässt…

Okay, fair enough: Das mit dem „Ehrenpräsidenten“ hab‘ ich mir ausgedacht, den Fanclub wird’s zwar sicherlich irgendwo geben, ich selbst gehöre jedoch nur im Geiste dazu. Aber dennoch stimmt es: eine schlechte Veröffentlichung hat die – zugegebenermaßen noch recht spärliche – Veröffentlichungsvita von Gisbert zu Knyphausen bislang nicht vorzuweisen. Die beiden 2008 beziehungsweise zwei Jahre darauf erschienenen Soloalben „Gisbert zu Knyphausen“ und „Hurra! Hurra! So nicht.„? Großartig. Das 2012 veröffentlichte erste – und einzige – Album „I“ von Kid Kopphausen, dem feinen Projekt mit seinem leider im selben Jahr viel zu früh verstorbenen Hamburger Musikerkumpel Nils Koppruch? Großartig. Ob sich zu Knpyhausens neues Band-Projekt Husten da nahtlos einreiht?

Nun, zunächst einmal stellt einen das neuste kreative Baby des Mannes, dessen Fans bereits seit geschlagenen sieben Jahren vergeblich auf einen legitimen Nachfolger von „Hurra! Hurra! So nicht.“ warten, auf eine ziemliche Probe, sind die fünf Songs (in 14 Minuten), die zu Knyphausen mit seinen aktuellen Husten-Musizierpartnern Moses Schneider (Studiobesitzer und Produzent von u.a. den Beatsteaks, Tocotronic, Turbostaat oder Olli Schulz) und Tobias „Der dünne Mann“ Friedrich (ehemals Sänger von Viktoriapark) im Mai auf der „Husten EP“ zusammengefasst hat, vor allem eines: untypisch und sperrig.

EP_Husten_Front-600x600Anstoß war die geplante Verfilmung von Tino Hanekamps Erfolgsroman „So was von da“ – die darin porträtierte Band brauche Lieder, war man sich sicher. Oder wie die drei von Husten selbst via Facebook schreiben:

„Es war die Rede davon, dass Tino Hanekamps Roman ‚So was von da‘ verfilmt werden sollte. Moses Schneider bekam davon Wind und fragte den dünnen Mann, ob er Lust hätte, am Soundtrack dafür mitzuschreiben. Die Band aus dem Buch brauchte Lieder. Wie das so ist, vergingen drei, vier Jahre, einige Songs entstanden, aus dem Film wurde (noch) nichts.
Also gründete man eine eigene Band, die Lieder waren ja da. Zwei sind aber keine Band, also fragten sie Gisbert zu Knyphausen, ob er mal im Studio vorbeikommen wolle, es gäbe was zu singen. Das hat er dann getan und ihm gefielen die Lieder.
Aber eine ‚richtige‘ Band mit Live-Auftritten und Album wollte man eigentlich gar nicht sein. Das Leben ist kompliziert. Schließlich traf man sich öfter in Restaurants als im Studio. Richtige Bands sind oft im Übungsraum. Moses, Gisbert und der dünne Mann nannten sich dann ‚Husten‘ und schraubten ihre Lieder aus allen möglichen Überbleibseln der letzten zwanzig Jahre fertig zusammen. Hier ein Schlagzeug-Take, zu dem es kein Lied gab, dort ein Sample, das niemand wollte; eine übrig gebliebene Nummer vom dünnen Mann, ein Playback von Moses, neue Melodielinien von Gisbert. Mehr war das nicht.“

Eben. Den bislang fünf Songs des Endergebnisses (welche via Bandcamp im Stream bereitstehen) hört jeder, der in den letzten Jahren die deutsche Musikszene aufmerksam verfolgt hat, sowohl den Einfluss von Moses Schneider – die staubig-trockene Produktion, welche in ihrer direkten Art an US-Vorbilder wie Steve Albini gemahnt – als auch den von Gisbert zu Knyphausen – sinistre Melodiebögen mit Hang zur melancholischen Alltäglichkeit – an. „Songwriter-Betulichkeit findet man hier nicht, es ist eher ein sehr schön inszenierter Auffahrunfall, den die Stücke nachstellen“, wie der „Musikexpress“ schreibt. Oder, an anderer Stelle: „Die lediglich auf Vinyl gepressten fünf Stücke sind aber genauso gut geeignet als Soundtrack für die schnelle Fahrt ins Freibad. Wie man das mit dem Plattenspieler hinbekommt, ist jedem selbst überlassen.“ Mindestens „Liebe kaputt“ dürfte sich auch bei der sommerlichen Fahrt ins Freibad als kleiner Indie-Hit herausstellen (trotzdem darf man sich gern noch die Musikvideos zu „Bis einer heult“ und „So was von da“ ansehen).

Und die beste Nachricht zum Schluss kommt von der Husten-Band selbst: „Ach ja, es hat der Band so viel Spaß gemacht, dass die nächste EP ist schon fast fertig ist, ebenso die übernächste. Die kommen dann wieder im Mai. 2018, 2019, …“

 

 

„Ich krieg‘ die Liebe geschenkt
Und muss dafür teuer bezahl’n
Du kaufst dir Liebe und mehr
Es war alles umsonst
Und so bricht es auseinander wie Zwieback
Was eigentlich für die Ewigkeit war
Will oft nicht länger halten, als ein Wimpernschlag

Auf’s Herz gefallen – Liebe kaputt
Auf’s Herz gefallen – Liebe kaputt
Auf’s Herz gefallen – Liebe kaputt
Asche zu Asche, Schutt zu Schutt

Und wenn du mich fragst
‚Was war denn deiner Meinung nach unser schönster Augenblick?‘
Glaub‘ ich, es war ein anderer
Und so bricht es auseinander wie Zwieback
Was eigentlich für die Ewigkeit war
Will oft nicht länger halten, als ein Wimpernschlag

Auf’s Herz gefallen – Liebe kaputt
Auf’s Herz gefallen – Liebe kaputt
Auf’s Herz gefallen – Liebe kaputt
Asche zu Asche, Schutt zu Schutt

Sie kriegt die Liebe geschenkt
Und muss dafür teuer bezahl’n
Er kauft sich Liebe und mehr
Es war alles umsonst
Und so bricht es auseinander wie Zwieback
Was eigentlich für die Ewigkeit war
Will oft nicht länger halten, als ein Wimpernschlag

Auf’s Herz gefallen – Liebe kaputt
Auf’s Herz gefallen – Liebe kaputt
Auf’s Herz gefallen – Liebe kaputt
Auf’s Herz gefallen – wieder ausgespuckt
Hey, hey, hey
Auf’s Herz gefallen – Liebe kaputt
Auf’s Herz gefallen, uf’s Herz gefallen – Liebe kaputt
Liebe kaputt“

 

Rock and Roll.

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Song des Tages: Gisbert zu Knyphausen – „Das Licht dieser Welt“


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„Es ist schön zu sehen, dass es in diesen atemlosen und hastigen Tagen noch Musik gibt, die sich so tief in die Herzen und Leben ihrer Fans gesungen und getextet hat, dass deren Zuneigung auch nicht abreißt, wenn der Künstler einmal länger nichts oder nur sehr wenig von sich hören lässt. Gisbert zu Knyphausen letzte reguläre Studioveröffentlichung ist beinahe fünf Jahre her, und dennoch waren seine spontan angesetzten Solo-Konzerte 2016 in Berlin, Leipzig, Wiesbaden oder München oftmals innerhalb weniger Stunden ausverkauft. 

Da ist es gleich noch viel schöner zu hören, dass für 2017 ein neues Gisbert Album geplant ist. Die Doppel-Single ‚Das Licht der Welt‘ ist früher Vorbote und gleichzeitig Titelsong des Filmes ‚Timm Thaler-oder das verkaufte Lachen‘ von Andreas Dresen, der am 2.Februar in die Kinos kommt. 

Veröffentlicht wird sie als limitierte Vinyl-Single und Download/Stream über das kleine Dresdner Songwriter-Label K&F Records, ganz klassisch als Solo (Seite A) sowie als Vollband-Variante (Seite B), die zusammen mit Jean-Michelle Tourette von Wir sind Helden in dessen Hannoveraner Studio aufgenommen und arrangiert wurden. Zu Gast an den Instrumenten Christoph van Hal (Trompete), Florian Eilers (Bass), Max Schröder (Schlagzeug).“

Ist dem noch irgendetwas hinzuzufügen? Nope, eigentlich nicht – meine Loblieder auf Herrn zu Knyphasuen gab es ja in den vergangenen Jahren an allen digitalen Ecken und Enden dieses bescheidenen Blogs bereits zur Genüge zu lesen. Außer vielleicht, wie verdammt hoch erfreut ich bin, dass der olle Gisbert nun, beinahe geschlagene sieben (!) Jahre nach dem letzten Solowerk „Hurra! Hurra! So nicht.“ und fünf Lenze nach bereits erwähntem Kid Kopphausen-Album „I„, endlich in die Pötte zu kommen scheint und sich ans dritte Album begeben hat. Zeit wird’s…

  


 
Rock and Roll.

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Das Album der Woche


Kid Kopphausen – I (2012)

-erschienen bei Trocadero/Indigo-

Wenn man sich „I„, das Debüt der zwei derzeitig wohl besten deutschen Liedermacher Gisbert zu Knyphausen und Nils Koppruch unter dem Bandverbund Kid Kopphausen, anhört, so erscheint das Doppel so logisch, so stimmig, dass man meint, dass beide bereits jahrelang zusammen schreiben und musizieren würden. Und doch war dieser Zusammenschluss alles andere als leicht, hatten doch sowohl Knyphausen (sein von allen Seiten gefeiertes Zweitwerk „Hurra! Hurra! So nicht.“ erschien 2010) als auch Koppruch (das bisher letzte Solowerk des Ex-Fink-Sängers, „Caruso„, wurde im selben Jahr veröffentlicht) mit Albumveröffentlichungen und Tourneen in den letzten Jahren ausreichend Beschäftigung. Doch beide kennen und schätzen sich schon seit Langem, haben mit „Knochen und Fleisch“ vor zwei Jahren bereits einen gemeinsamen Charity-Song für ein Obdachlosenmagazin veröffentlicht.

Und so traf man sich im letzten Jahr nach erfolgreich beschrittenen Solo-Pfaden (beziehungsweise mit den jeweils eigenen Begleitbands) in einem abgelegenen ehemaligen Schulhaus in Norddeutschland, unweit der dänischen Grenze, um den lang gehegten Plan vom gemeinsamen Projekt in die Tat umzusetzen und Songs zu schreiben. Dass die zwölf auf „I“ enthaltenen Titel am Ende kaum mehr sind als die Summe ihrer einzelnen kreativen Teile und sich sowohl Knyphausen als auch Koppruch kaum über Gebühr von ihrem eigentlichen Betätigungsfeldern weg bewegen, stört wegen der grandiosen individuellen Qualität kaum.

Das von Rock der durch Bands wie Blumfeld oder Tocotronic geprägten Marke ‚Hamburger Schule‘ getragene Eröffnungsstück „Hier bin ich“, welches wie eine Privatausgabe von „Mein Name ist Mensch“ (Ton Steine Scherben) daherkommt, tragen beide noch im Duett vor und geben dem Hörer eine erste Standortbestimmung sowie ein Rätsel mit auf den Weg: „Ich habe Geld wie Heu / Ich trag‘ einen Hut aus Stroh / Immer da, wo ich bin, da brennt es lichterloh / Ich lege Wert auf gutes Benehmen / Ich trag‘ ein Messer zwischen meinen schiefen Zähnen / Ich bin overdressed / Ich bin dehydriert / Ich bin gut vernetzt, weiß wie man buchstabiert / Ich bin gut gelaunt und mächtig / Ich bin naiv und niederträchtig / Wer bin ich?“ – es deutet sich an, dass die beiden in feinen Zwirn gekleideten Herren im vorliegenden Dutzend Lieder dem Hörer einige windschiefe Räuberpistolen vom Leben vortragen werden… Die darauf folgenden Songs werden jeweils im Wechsel gesungen, und obwohl zu keinem der Lieder offiziell überliefert ist, wer von beiden der Initiator war, kann, wer will, anhand von Stimmung, Stimme und Textfärbung doch deutliche Rückschlüsse ziehen. Das von Koppruch vorgetragene „Schritt für Schritt“ ist ein Lied über den Neuanfang, „Das Leichteste der Welt“ erzählt vom Willen, leben zu wollen, von „Blumen und Pralinen vom Arsch der Hölle“, enthält Knyphausen-typische Zeilen wie „jeder Tag ist ein Geschenk, er ist nur scheiße verpackt“ und schließt energisch zum englischen Zweizeiler „Never mind the darkness, baby / You will be saved by Rock’n’Roll!“. „Im Westen nichts Neues“ gewinnt  fatalistische Erkenntnisse zwischen Krieg, Tristesse und Alltag, in „Schon so lang“ nimmt Knyphausen vom Quasi-A-Capella-Intro kurz vor Ende die recht unerwartete Abfahrt Richtung Punkrock (mit Banjo!) und in „Meine Schwester“ singt Koppruch über den (fiktiven?) direkten Draht der eigenen Schwester zu höheren Mächten. Wer in Knyphausens bisherigem Schaffen die zwischen Fern- und Heimweh pendelnden Lieder besonders schätzte, der wird mit „Wenn ich dich gefunden hab“ bestens bedient, genauso wie jene, die Koppruch für seine überlegt vorwärts preschende Knochigkeit schätzen: „Zieh dein Hemd aus Moses“ ist ein modernes Shanty mit nautischen und religiösen Bezügen. Die darauf folgende Songtriologie bildet wohl das emotionale Herz von „I“: „Haus voller Lerchen“ ist Gisbert zu Knyphausens düsterer Mitternachtsblues zu gespenstischen Background-Chören, „Wenn der Wind übers Dach geht“ erinnert an die deutsche Band Voltaire und stellt, begleitet von Hammond-Orgel und Gitarrensolo, Nils Koppruchs Variation vom Vorgängersong des musikalischen Partners dar. Das das gefühlte Dreiergespann abschliessende „Mörderballade“ ist eine grandiose, manisch-wütend ausufernde Moritat à la Knyphausen mit Zeilen wie „Wär‘ ich romantisch, ich hätte sie gefragt / Ob sie bei mir bleiben möchte bis zum allerletzten Tag“ oder „Würde ich glauben, ich hätte den Himmel um einen Rat gefragt / Doch ich bin ein Mörder / Und ich tat, was ich tat“ – kein Wunder, dass diesen Musiker, trotz (oder gerade wegen?) seiner furztrocken-poetischen, ehrlichen Art, in den letzten Jahren so viele Hörer und Musikjournalisten ins Herz geschlossen und ganz oben auf ihre „Personen, mit denen man mal ein Bier trinken möchte“-Listen gesetzt haben (obwohl bei Knyphausen Wein angemessener wäre, besitzt seine Familie doch ein eigenes Weingut in Rheingau). „Jeden Montag“ bildet darauf, mit hoffnungsvollem Text und beschwingter Melodie, den größtmöglich krassen Gegensatz zum gedacht kriminellen, blutrünstigen Vorgänger und „Nur ein Satz“ fährt, mit Poetry Slam-artigem Sprechgesang beginnend und teilweise gedoppelter und verfremdeter, rastloser Stimme sowie einem Ende im wilden instrumentalen Zusammenspiel, die Platte nach knapp 50 Minuten nach Hause.

Wie bereits erwähnt ist das Debüt von Kid Kopphausen dem bisherigen Schaffen von Koppruch und Knyphausen keineswegs fremd: die von Swen Meyer produzierte Platte ist ganz und gar organisch – Gitarren (gespielt von Marcus Schneider) knarzen und brechen auch schon mal zum Solo aus (wie in „Das Leichteste der Welt“ oder „Wenn der Wind übers Dach geht“), Kontrabass, Bass (gezupft von Felix Weigt) und Schlagzeug (betrieben von Alexander Jezdinsky) bummern im Takt, dazu geben die beiden Sänger Zeilen zum Besten, welche sich mit ihren bisher gelungensten messen können. Wer sich in der Vergangenheit für Fink, Nils Koppruch oder Gisbert zu Knyphausen begeistern konnte, der wird auch an diesem einladend schroffen Album zweier großer Poeten seine Freude haben. Man darf jedenfalls herzlich froh sein, dass beide Musiker endlich zu Kid Kopphausen zusammengefunden haben. Und hoffen, dass sie in Zukunft regelmäßig ausreichend Luft in den jeweiligen prall gefüllten Terminkalender schaufeln können, um das entstandene Bandprojekt mit neuen Songs und gemeinsamen Tourneen zu füttern.

 

Hier könnt ihr euch „Das Leichteste der Welt“, einen meiner Albumfavoriten, anhören…

 

…und euch das Video zum Albumopener „Hier bin ich“ ansehen:

 

Rock and Roll.

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Video zu Gisbert zu Knyphausens „Hurra! Hurra! So nicht.“


Ich bin durch die neuste Platten-Review (mehr dazu im Laufe des Tages) wieder auf Gisbert zu Knyphausens letztes Album „Hurra! Hurra! So nicht.“ gestoßen. Okay, in Wirklichkeit hat die Platte seit ihrem Erscheinen 2010 nie meine „Heavy Rotation-Liste“ verlassen. Und obwohl ich mit dieser Meinung nicht allein bin: Das ist der Mann, an dem sich in Deutschland alle Singer/Songwriter messen lassen müssen. Zu recht. Zweifel ausgeschlossen.

Das Video ist zwar nicht neu, aber genau wie der dazugehörige Song und das gleichnamige Zweitwerk vor allem eins: großartig.

 

Rock and Roll.

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