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Auf dem Radar: Wunderhorse


Auf Jacob Slater konnten Kenner der eh nie um den nächsten Hype verlegenen britischen Musikszene zum ersten Mal im Jahr 2017 stoßen, als er als Frontmann der Teenage-Punks Dead Pretties mit massig Libertines’esker Energie durch schmuddelige Kellerclubs tingelte. Leider, wenn auch nicht völlig überraschend, löste sich das Trio so schnell und heftig auf, wie es entstanden war. Und Slater? Der verließ, dezent desillusioniert vom Musikbusiness, London und zog nach Cornwall, wo er seine Tage fortan mit Surfen verbrachte, sich in die Überschaubarkeit der örtlichen Gemeinschaft einfügte und mal hier, mal da Gelegenheitsjobs annahm. So ganz konnte und wollte er seine Finger jedoch nicht von der Gitarre lassen, denn nach einiger Zeit begann Slater, als Wunderhorse neue Songs zu schreiben, in denen er die juvenile Wut der Dead Pretties gegen die melodische Reflexion eines Mannes tauschte, der nach sich selbst und der eigenen Stimme sucht.

So ist es wenig verwunderlich, dass „Cub„, das kürzlich erschienene Debütalbum von Wunderhorse, den heute 24-jährigen Slater als vielseitigen Rock’n’Roll-Troubadour positioniert, der sich an Neil Young und Joni Mitchell orientiert (die Musik, die er schon immer gehört hat, wie er selbst sagt) und verzweifelt um die Kontrolle über seine Erzählung ringt – und an vielen Stellen des Albums zu der Erkenntnis kommt, dass er durchaus selbst über seine Entscheidungen und den Weg, den er einschlägt, bestimmen kann.

Die Highlights sind schnell ausgemacht: „Leader Of The Pack“ etwa, eine energiegeladene Hymne über enttäuschte Erwartungen, angereichert mit süchtig machenden Hooks, welche ein Hauch von Led Zeppelin, Lynyrd Skynyrd oder Suede umweht, cleveren Textzeilen und Slaters kraftvollem Gesang. Auf der anderen Seite steht mit dem bereits im vergangenen Jahr veröffentlichten „Teal“ eine an Heartland Rock geschulte Uptempo-Nummer, die von rohen Emotionen angetrieben wird und sich zu einem explosiven Höhepunkt aufstaut – besser hätten auch Sam Fender (der bereits als Fan von Wunderhorse gilt) oder The War On Drugs jenen Song kaum hinbekommen. Dieser Erfolgsformel, das Tempo des Stückes langsam aufzubauen und es dann mit einer nonchalanten Aura zu ummanteln, folgen denn auch viele der anderen Songs des Albums; „Mantis“ etwa ist das perfekte Beispiel für einen Song, der eine ganz ähnlichen Struktur folgt: zum gleichen Teilen euphorisch, elegant und luftig, was ihn zu einem feinen Hörerlebnis macht, während dem man eventuell, eventuell gar an Radiohead (in den Neunzigern, bitte) denken mag. Eine weitere Referenz lässt sich in „Purple“, einer schwungvollen Ode an die Liebe, finden, schließlich trägt die Nummer mehr als nur einen Hauch von Elliott Smith in sich. Und wohlmöglich mag ja das Surfen in Cornwall so einige Spuren hinterlassen haben, denn auch weitere Songs, wie „The Girl Behind The Glass“ oder „Epilogue“, welches mit Textzeilen wie „When I go back there and breathe the clean air“ von Slaters neu gefundener Lebenslust am Meer berichtet, verfolgen zunächst entspanntere Ansätze, bevor im zweiten Songteil deutliche Grunge-Einflüsse offensichtlich werden. In diesem Sinne erweist sich Jacob Slater, der sich unlängst auch als Schauspieler versuchte und in Danny Boyles Mini-Serie „PISTOL“ den Sex Pistols-Schlagzeuger Paul Cook verkörperte, als brillant darin, den Hörer in jedem einzelnen Song auf eine kurze, spannende Reise mitzunehmen, denn während der ersten dreißig Sekunden scheint es nahezu unmöglich vorherzusagen, in welche Richtung sich der Rest entwickeln wird.

So oder so hat man mit „Cub“ ein starkes Debütwerk vor sich, dessen knapp 40 Minuten ein ums andere Mal ihre enorme Wandlungsfähigkeit unter Beweis stellen. Die Punk-Wut aus Slaters früheren Tagen mag man höchstens noch als sehr fernes Echo vernehmen, dafür tragen die elf Songs umso mehr eingängigen Indie Rock in sich, dessen Inspirationsquellen zwar manches Mal im Gestern liegen mögen, der jedoch mit all seiner Kraft, all seiner Energie, all seiner verletzlichen Reflexion wachen Auges ins Morgen schaut – wenngleich auch lieber vom Strand als vom Dach eines Bachsteinhauses aus. Jacob Slater mag sein altes Leben als gehypter Nachwuchs-Punkrocker hinter sich gelassen haben – und kehrt als Wunderhorse nun umso reifer, stärker und vielseitiger zurück.

Rock and Roll.

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Song des Tages: Aree and the Pure Heart – „Fifty Dollar Bottle Of Wine“


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Bock auf ein neues The Gaslight Anthem-Album, welches schön retromäßig vor sich hin rockt und dabei nicht mit Spielereien der Duftmarke Against Me! geizt? Dann empfiehlt euch ANEWFRIEND wärmstens die – na klar! – aus den US of A stammenden Aree and the Pure Heart, die auf ihrem im vergangenen März erschienenen Album „Never Gonna Die“ schwungvoll und euphorisch rock’n’rollnen Heartland-Rock zelebrieren, der sich jedoch auch traut über die Punkrock-Kante hinaus zu lugen (und damit so einige verheißungsvolle Versprechen der 2015er „Heartsongs EP“ einlöst).

a0371789850_16Mit dem herrlich hartnäckigen Singalong-Mini-Hit „Fifty Dollar Dollar Bottle Of Wine“ beginnt das Quartett um Frontmann Aree den bunten Song-Reigen, der nur selten langweilig wird. Auch wenn es zwischendurch mal nachdenklich oder melancholisch vom Piano aus tönt (wie bei der passablen Feuerzeug-Ballade „The Feeling I Get„), ist die Grundhaltung stets eine positive – eine die das Leben mit gereckter Faust feiert, obwohl es vielleicht nicht immer Geschenke für einen parat halten mag. Der erwähnte Opener reißt einen mit seiner Leidenschaft förmlich mit – insofern man poppigen Ambitionen nicht abgeneigt ist, denn der Mix aus Seventies-Springsteen-Rock, der hier und da gern mit Achtziger-Jahre Bläsern aufgepeppt wird, wirkt wie aus der Zeit gefallen und deswegen irgendwie auch zeitlos – zeitlos schön.

Klar, Aree and the Pure Heart sind mehr dem Mainstream zugewandt und hätten wohl perfekt in das Vorprogramm einer Tom Petty-Show gepasst. Zuweilen – wie beim Classic-Rocker „Under The Streetlight“ – erinnert Arees Gesang gar an Meat Loaf – zum Glück allerdings ohne dessen over-the-top’sches Pathos. Als würde der in stylishe Denim-Fashion gekleidete Punkrock-Frontmann eine Armee von Träumern auf die Welt loslassen, vereint Aree diese ganz besonderen Charakteristika der großen, großen Evergreen-Musiker von Springsteen bis Adams, während er sich die Leichtigkeit von Craig Finn (seines Zeichens Frontmann der New Yorker Kaschemmen-Indierocker The Hold Steady) oder einer – vergleichsweise – sehr ausgeglichenen Laura Jane Grace (Against Me!) behält. All das verbindet er wiederum mit viel Emotionalität, Herzblut, Authentizität und den roughen „The ’59 Sound“-Großtaten von The Gaslight Anthem. Es sind eben nicht selten die unscheinbaren – „kleinen“ – Bands, die das Genre weiterhin spannend gestalten – der Vierer aus Atlanta, Georgia reiht sich nahtlos in diese Geheimtipp-Riege ein.

Auch weitere Songs wie „Never Gonna Die„, „Gasoline Heart„, „Black Cats“ oder „Crash Into The Sun“ laufen gut geölt in die Gehörgänge, wobei es manchmal an den berühmt-berüchtigten Ecken und Kanten fehlt, die ein Lied schlussendlich so besonders, so memorabel machen. Freilich sind Aree, PJ, Chris und Dave handwerklich sehr versiert und verstehen es zweifellos, eingängige Songs zu schreiben, die nach mehrmaligen Hören durchaus für Wiedererkennung sorgen, aber konsequent hängenbleiben möchten die wenigsten der lediglich neun Stücke. Dennoch ist das halbstündige Album im Ganzen mehr als solide und dürfte gerade im nahenden Frühling gern noch einige Fans mehr finden…

 

 

Rock and Roll.

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„Stay positive!“ – The Hold Steady verschenken formidable Live-Mitschnitte


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Das letzte letzte (sechste) Studioalbum „Teeth Dreams“ mag zwar bereits gute vier Jahre alt sein, untätig waren The Hold Steady in der Zwischenzeit allerdings kaum.

Denn wenn die US-Alternative-Heartland-Rocker nicht gerade kreuz und quer durch die heimatlichen Vereinigten Staaten getourt sind, hat das seit jeher hörbar an Bruce Springsteens Kumpelgeste geschulte Sechsergespann aus Brooklyn, New York in den vergangenen Monaten mit der ein oder anderen Single-Veröffentlichung (welche zusammen genommen wohl auch eine EP hergeben würden) oder den Reissues älterer Diskografie-Glanzlichter auf sich aufmerksam gemacht. Und darüber hinaus haben Frontmann Craig Finn und (Wieder-)Keyboarder Franz Nicolay ja noch immer Solo-Karrieren am Laufen (Finn etwa stellte im März 2017 sein drittes Soloalbum „We All Want The Same Things“ in die lokalen wie digitalen Plattenläden)… Ganz klare Sache: faule Tage auf der heimischen Couch sehen anders aus.

Und da Weihnachten naht und auch Craig Finn (Gesang, Gitarre), Tad Kubler (Gitarre), Galen Polivka (Bass), Bobby Drake (Schlagzeug), Franz Nicolay (Keyboard) und Steve Selvidge (Gitarre) wissen, dass Geben immer noch glücklicher macht als Nehmen, verschenken The Hold Steady aktuell via Bandcamp zwei Mitschnitte ihrer Live-Shows aus den vergangenen Jahren: einen Auftritt in der Thalia Hall in Chicago, Illinois im Juni 2017 sowie einen im Union Transfer in Philadelphia, Pennsylvania im Juli 2018. Wer zugreifen mag, sollte wohl allerdings schnell sein, denn die Band erwähnt, dass diese großzügige „Pay what you want“-Geste zunächst lediglich für „a limited time“ gilt… 🤟

 

„We’ve had a blast throughout 2018 doing these long weekends of shows – our first shows in London since 2014, Constructive Summer in Philly/NJ, San Francisco and Toronto; extended Constructive Summer with some beer fests in Chicago and Minneapolis; and, of course, finishing up last weekend at Brooklyn Bowl in New York for Massive Nights III.

Whether you realize it or not, we’re recording these shows so we can share the memories with you. (…) Enjoy reliving it!

This will be available pay-as-you want for only a limited time. We’ll have some more surprises in the coming weeks and months and if you choose to download these recordings, the money will go towards continuing to record and release as many of the live events as possible and any additional funds will go to the K+L Guardian Foundation.

Thanks for listening, thanks for understanding and Stay Positive! Happy Holidays and see you in 2019!“

 

„Whether you realize it or not, we’re recording these shows so we can share the memories with you. This is the first set of live recordings to celebrate — the first night in Philadelphia at Union Transfer.

Philly in July was a true highlight. It’s always been a fun place to play for us, and Union Transfer is really an incredible club. We remember a great atmosphere in the club that night, and we met a bunch of cool people before and after the shows. Enjoy reliving it!“

 

„Chicago has always had a special place in our hearts, it’s been the site of some incredibly memorable THS shows: the live recordings at Metro on the Art Brut Tour, Randolph Street Block Party, Hideout Block Party, our first show ever with Bobby Drake at Schubas, and most recently the Goose Island Fest. So we were excited to be at Thalia Hall June 2017 to kick off a big Chicago weekend. We also had a few tricks up our sleeves: some special Chicago guests for a Chicago encore, and a marriage proposal between two of our long time fans. Chicago (especially in the summer) is a one of my favorite places to play, and this show got a great weekend off on the right foot. – CF“

 

Rock and Roll.

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