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Song des Tages: FHEELS – „Sharp Dressed Animal“


Foto: Promo / Sophie Schwarzenberger

Man kommt nicht umhin den Elefanten, der da nunmal in der Manege sitzt, auch anzusprechen, also tun wir’s gleich, denn natürlich fällt auf, dass zumindest ein Viertel der Newcomer-Band FHEELS optisch nicht der augenscheinlich-oberflächlichen „Norm“ entspricht: Sänger und Gitarrist Felix Brückner ist seit einem Snowboard-Unfall im Alter von 17 Jahren zumindest teilweise querschnittgelähmt und daher auf (s)einen Rollstuhl angewiesen. Klar, lässt sich ja auch kaum übersehen. Für seine Bandmates Tobias Nitzbon (Rhodes, Organ, Backgroundgesang), Jens Boysen (Bass) und Justus Murphy (Schlagzeug, Backgroundgesang), mit denen er bereits seit Studientagen zusammenspielt, war dieses vermeintliche Handicap jedoch nie ein allzu großes Thema, und auch auf Starthilfe durch ordentlich mediales Fishing for Pity in einer Casting-Show hatte das Hamburger Quartett recht wenig Böcke, wie Brückner vor etwa zwei Jahren in einem Interview erzählte: „Natürlich hätten wir auch in irgendeine Talent- oder Casting-Show gehen können um bekannter zu werden. Aber das ist eher unattraktiv, weil zu sehr die Behinderung und das Ausschlachten der Background-Story im Fokus steht und nicht das eigentliche Musiker-Sein.“ Stattdessen entschieden sich FHEELS dazu, eine Crowdfunding-Kampagne unter dem Motto „FHEELFALT“ zu starten und steckten die dabei gesammelten 6.000 Euro in Musik- und Videoproduktion sowie Promotion und Fotoshootings.

Und wie sich nun zeigt, war diese Summe nicht eben schlecht investiert, denn die akustischen Vorboten, welche der Vierer von ihrem im April erscheinenden Debütalbum „Lotus“ hören lässt, lassen durchaus aufhorchen: düstere Grunge Rock-Gitarren und apokalyptisch dröhnender Hard Rock-Hymnus treffen auf lyrische Melodiebögen, tanzbare Leichtigkeit und eine Prise Jazz, Blues n‘ Soul – eine klare Weiterentwicklung zur 2017 erschienenen „Traveller EP„. Und da es umso schöner ist, wenn sich Kreise manchmal schließen, führt die Band den oben erwähnten Elefanten in der Manege in „Mr. Elephant“ gleich höchstselbst in selbige und beleuchtet im aktuellsten Album-Vorboten „Sharp Dressed Animal“ – Offensive, Offensive! – Sexualität aus der Perspektive von Menschen mit Behinderung.

Gezupfte Bassakkorde sorgen im Song für das harmonische Gerüst, welche die rohe Ästhetik prägen. In Brückners Gesang spiegelt sich die stets steigende Begierde der Protagonisten wieder: Er beginnt mit leichten Falsetttönen und endet mit rohen Schreien. Produziert wurde der Song, der trotz vieler klassischer Rock-Elemente frisch und eigen klingt, wie das gesamte kommende Album, zusammen mit Christoph Hessler von The Intersphere.

Das dazugehörige, bewusst recht explizite Musikvideo soll dabei die Botschaft des Songs nochmal bekräftigen: Auch Menschen mit Behinderung haben Sex, ihre Bedürfnisse und Lust unterscheiden sich keineswegs von denen ohne – ein beeindruckendes und mutiges Statement für Body-/Sex-Positivity und dem selbstbewussten Umgang mit dem eigenen Körper, abseits des leider noch immer allzu oft vorherrschenden gesellschaftlichen Schönheitsideals und Perfektionismus.

Warum dieses sehr intime Thema Felix Brückner ein großes Anliegen ist, erklärt er recht unumwunden so: „Der Song ist eine kritische Auseinandersetzung mit mir als Mann und den Facetten meiner Sexualität. Anders als oftmals indirekt unterstellt wird, macht es dabei keinen Unterschied, dass ich ein Mann mit Behinderung bin. Auch wir haben Triebe, auch wir haben Sexualität, die sich in ihrer zuweilen Primitivität nicht von der nichtbehinderter Männer unterscheidet und persönlich hinterfragt werden sollte. Vor allem muss aufgehört werden Menschen mit Behinderung die Sexualität und das Bedürfnis danach abzuerkennen oder nicht sehen zu wollen.“ 

Im Musikvideo übernimmt neben der Musik und Band die Schauspielerin Laura Ehrich die Hauptrolle. Brückner dazu: „Ich habe mich bewusst dazu entschlossen, sehr erotische Szenen für das Video umzusetzen, die ich in dieser Form so noch nicht gesehen habe. Bewusst war auch die Entscheidung meinen Körper, der sich durch die Lähmung von denen nichtbehinderter Männer unterscheidet, zu zeigen. In Zeiten, in denen es – neben einer Ästhetik, die durch Perfektion geprägt ist – keinen Platz zu geben scheint, war es mir wichtig, damit ein selbstbewusstes Zeichen zu setzen. Ich habe viel zu lange versucht mein Aussehen Idealen anzupassen und hoffe damit Mut zu machen, den eigenen Körper mit seinen ihn besonders und einzigartig machenden Eigenschaften zu akzeptieren. Perfektion ist nicht real und schon gar nicht normal.“ 

Und überhaupt: Was zur Hölle ist schon „normal“? Rock‘n‘Roll und Behinderung gehen nicht zusammen? Scheiß doch der Hund auf solchen vorgestrigen Scheuklappen-Unsinn!

Rock and Roll.

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Zitat des Tages


(Axl Rose, * 6. Februar 1962 als William Bruce Rose Jr., US-amerikanischer Sänger, Songwriter und Frontmann von Guns N‘ Roses)

Rock and Roll.

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„Der Usain Bolt der elektrischen Gitarre“ – Eddie Van Halen ist tot.


Foto: Redferns

Seine Gitarrensolos? Virtuos und auch für gleichsam bekannte Kollegen stilprägend. Songs wie „Jump“ oder „Why Can’t This Be Love“? Chartstürmer, Evergreens, Rock-Klassiker. Musik war für den Autodidakten zeitlebens Beruf und Berufung zugleich. Jetzt ist Eddie Van Halen gestorben.

Mit „Jump“ schafften die Hardrocker von Van Halen 1984 einen internationalen Charterfolg. Der Song wurde zu ihrem Trademark und ist bis heute ein allseits bekannter Klassiker. Über Jahrzehnte begeisterte Eddie Van Halen mit seiner Musik Millionen Fans wie Hobby-Luftgitarristen. Die Musikzeitschrift „Billboard“ nannte ihn den „letzten Gitarren-Boss“, das „Guitar World Magazine“ zeichnete ihn 2012 als „größten Gitarristen aller Zeiten“ aus (bei einer identischen Liste des „Rolling Stone“ wiederum belegte er Rang acht).

Musik bedeute für ihn alles, erzählte Eddie vor drei Jahren in einem seiner seltenen Interviews dem TV-Sender CNN: „Selbst bei der neuntägigen Schiffsüberfahrt von Holland nach New York hat mein Vater in einer Schiffsband gespielt, mein Bruder und ich traten ebenfalls auf und spielten Klavier. Mein ganzes Leben bestand aus Musik, ich kann mir nichts anderes vorstellen.“

Geboren wird Edward Lodewijk „Eddie“ Van Halen 1955 in Amsterdam, die Familie wandert jedoch 1962 nach Kalifornien aus. Eddie wächst in Pasadena, einem Vorort von Los Angeles, auf. Gemeinsam mit seinem Bruder Alex gründet er 1972 die Band Van Halen – quasi also als Familienunternehmen. Zeitweise sind auch Sänger David Lee Roth und Bassist Michael Anthony mit dabei.

Eddie Van Halen kommt durch seinen Vater, einen professionellen Saxophonspieler und Jazzklarinettisten, schon früh mit Musik in Berührung und entwickelt sich zum Autodidakt, der an fast jedem Instrument zu brillieren weiß. Nur Noten lesen kann er nicht. Vor allem an der E-Gitarre jedoch ist Van Halen nahezu gottähnlich: Kaum ein anderer Musiker – mal abgesehen von Größen wie etwa Jimi Hendrix – kann dem Instrument solche Töne entlocken und es so atemberaubend schnell spielen wie Eddie. 

Foto: dpa

Berühmt ist auch sein Solo in Michael Jacksons 1983 veröffentlichtem Hit „Beat It„. Musikproduzent Qunicy Jones hatte den Gitarristen damals engagiert: „Ich habe Van Halen angerufen und jedes Mal, wenn er ans Telefon ging, hat er mich beschimpft, weil er glaubte, jemand würde ihn auf den Arm nehmen. Nach dem fünften Anlauf hat er mir geglaubt und wir wurden Freunde.“

Auch wenn es nach ihrer erfolgreichsten Zeit in den Achtzigern später etwas stiller um die Band wurde, deren letztes Album „A Different Kind Of Truth“ 2012 erschien und die 2007 in die „Rock and Roll Hall of Fame“ aufgenommen wurde, bleibt Van Halen selbst über Jahrzehnte erfolgreich. Privat läuft es aber weniger gut. Der Musiker hat, wie so viele seiner Kollegen, Suchtprobleme, seine Ehe mit der Schauspielerin Valerie Bertinelli geht 2007 in die Brüche. Zwei Jahre später heiratet er Janie Liszewski, die frühere Band-Sprecherin.

Alkohol und Drogen hinterlassen jedoch ihre Spuren: Der langjährige Raucher erkrankt vor zwanzig Jahren das erste Mal an Krebs. Sein 29-jähriger Sohn Wolfgang, der ebenfalls in der Band seines Vaters spielte, schrieb auf Twitter: „Er war der beste Vater, den ich mir wünschen konnte. Jeder Moment, den ich mit ihm auf und jenseits der Bühne verbrachte, war ein Geschenk.“

Nun ist Eddie Van Halen am gestrigen 6. Oktober im St. John’s Krankenhaus in Santa Monica im Beisein seiner zweiten Frau Janie, seines Sohnes Wolfgang und seiner Ex-Frau Valerie im Alter von 65 Jahren gestorben – nur zehn Tage nach Ex-Bandkollege und Bassist Mark Stone, der anno 1972 in den Anfangstagen bei Van Halen spielte und ebenfalls den Kampf gegen (s)eine Krebserkrankung verlor. Gut möglich also, dass „Jump“ nun auch in den Playlists im Gitarrengötterhimmel in die Heavy Rotation wandert… Mach’s gut, Mr. Van Halen!

(Wer mehr lesen mag, dem sei etwa dieser Nachruf der „Süddeutschen Zeitung“ empfohlen…)

Rock and Roll.

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„Bad Reputation“ – Die Dokumentation über Punkrockerin Joan Jett


badreputation

Joan Jett? Fair enough, denn natürlich kommt sicherlich jeder und jedem zuerst ihr 1981er Nummer-eins-Hit „I Love Rock’n’Roll“ in den Sinn. Aber: Joan Jett ist so viel mehr als ebenjene Nummer, die derb-feministische Lederjacken-Attitüde mit beinahe zuckersüßem Bubblegum-Pop vereint (und später noch einmal von einer gewissen Britney Spears hervor gekramt wurde). Die heute 61-Jährige war in den wilden Siebzigern  erst federführende Gitarristin, dann Stimme und Rückgrat der All-Female-Hard-Rock-Band The Runaways (hier sei allen das sehenswerte 2010er Biopic „The Runaways“ empfohlen), nach deren Auflösung Anfang der Achtziger einflussreiche Solo-Heroin, die mit Songs und Gestus einen großen Anteil an einer ganzen Reihe von Musikstilen und Bewegungen von den „Riot Grrrls“ bis hin zum Grunge hat. Gemeinsam mit Partner und Produzent Kenny Laguna startete Jett einst ihr eigenes Label aus ihrem Kofferraum heraus, wurde von ganzen 23 Labels abgewiesen – und ging trotzdem unbeirrt ihren Weg getreu des Mottos „No bullshit, man!“. Heute gilt die engagierte und überzeugte Feministin, Menschen- und Tierrechtlerin und Punkrockerin by heart, die 2015 mit ihrer Begleitband The Blackhearts verdientermaßen in die „Rock and Roll Hall of Fame“ aufgenommen wurde, als Vorbild für ganze Generationen von Kollegen und Musiker und Musikerinnen!), von Kathleen Hanna (Bikini Kill, Le Tigre) über Laura Jane Grace (Against Me!) bis hin zu Iggy Pop, Debbie Harry (Blondie), Billie Joe Armstrong (Green Day), Pat Smear (Foo Fighters, Ex-Germs) oder Miley Cyrus. Unvergessen auch ihr Gastspiel als Kurt-Cobain-Ersatz bei „Smells Like Teen Spirit“ anlässlich Nirvanas Aufnahme in die „Rock and Roll Hall of Fame“ im Jahr 2014:

MV5BMjUwNTIzMDY5OF5BMl5BanBnXkFtZTgwMTMzMjg5NTM@._V1_SY1000_CR0,0,674,1000_AL_Die 2018 erschienene Musik-Dokumentation „Bad Reputation“ nimmt den interessierten Zuschauer mit auf einen wilden Ritt entlang des steinigen Weges, den Joan Marie „Jett“ Larkin zuerst mit den Runaways in den Siebzigern, in einem Los Angeles zwischen Disco und wilder, aufkeimender Punk-Szene, nehmen musste, dann mitten hinein in ihren Kampf um Akzeptanz und Relevanz in den Achtzigern und Neunzigern. Zusätzlich zu Interviews mit Wegbegleitern und prominenten Fans sammelte Regisseur Kevin Kerslake für die kurzweiligen 90 Minuten allerhand großartiges Archiv-Material aus Jetts Karriere zusammen. Der Tenor ist klar: Obwohl die (meist männlichen) Leute versuchten, Joan Jett nach ihrem Gusto zu formen und zu definieren, hat sie selbst kaum Kompromisse gemacht. Joan Jett ist Punkrock. Joan Jett ist das Role Model aller weiblichen Rockstars. Joan Jett ist eine der ganz Großen der Musikhistorie. Und nicht ohne Grund meint selbst Blondie-Grand-Dame Debbie Harry: „Rock n Roll Animal – I mean, if there’s ever anyone that fit that description, it’s Joan – through and through.“

 

 

Rock and Roll.

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Song des Tages: Steve’N’Seagulls – „November Rain“


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Coverbands gibt’s ja seit eh und je wie den Sand am schwülwarmen Südseestrand. Und die meisten sind? Mäßig interessant, mittelmäßig kreativ und kaum leidlich erfolgreich.

Dass es auch anders und in der Tat ungewöhnlich geht, bewiesen bereits in den Neunzigern die Finnen von Apocalyptica, die sich schon für ihr Debütwerk „Plays Metallica by Four Cellos“ die Songs ebenjener kalifornischen Metal-Ikonen vornahmen und in Gänze sowie höchsten Konzertsaal-Ansprüchen genügend instrumental auf vier Celli darboten. Man stelle sich nur einmal das dazugehörige Publikum vor, wie es in feinster, sündhaft teuerer Abendrobe zum überschwänglichen Headbang ansetzt…

61QNOjUE0EL.jpgEine ganz ähnliche sympathische Verspultheit legen auch Apocalypticas Landmänner von Steve’N’Seagulls an den Tag. Doch anstatt von Celli bearbeiten die fünf Finnen bekannte Hardrock-Evergreens von AC/DC, Guns N’Roses, Iron Maiden, Deep Purple oder Metallica mit Akustikgitarren, Banjos, Waschbrettern und ähnlichen Instrumenten, welche man so im nordischen Hillbilly-Hinterländ finden könnte. Heraus kommen recht amüsante Bluegrass-Versionen von „Thunderstruck„, „You Shook Me All Night Long„, „Nothing Else Matters„, „Run To The Hills„, dem Foo-Fighters-Smasher „The Pretender“ oder eben dem ewig großen Guns N’Roses-Tränendrücker „November Rain“. Um nicht aus Versehen optisch mit den Originalen verwechselt zu werden, scheinen bei Steve’N’Seagulls, die das Wortspiel im Bandnamen denn mal auch bei ihren bisherigen zwei Alben „Farm Machine“ und „Brothers In Farms“ fortgesetzt haben, seltsame Hüte oder Kopfbedeckungen der Marke „überfahrenes Pelztier“ Pflicht zu sein. Die spinnen, die Polka-Finnen…

 

 

Rock and Roll.

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