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Song des Tages: Musa Dagh – „Halo“


Foto: Christoph Eisenwenger

Bereits im vergangenen Sommer pfiffen ein paar gut informierte Musikus-Spatzen von den Dächern von Berlin-Lichtenberg, dass da im Heimstudio von Beatsteaks-Schlagzeuger Thomas Götz gerade eine neue „Supergroup“ entstehen würde, welche nun auf den Namen Musa Dagh hört. Geschichtsgeflissenen Köpfen (oder eben allen, die Wikipedia zu benutzen wissen) dürfte zudem bekannt sein, dass sich die „Supergroup“ nach einem Berg im Nurgebirge im Süden der Türkei benannt hat, welcher 1915 während des Völkermords an den Armeniern mehr als 4.000 wiederständischen Bewohnern der umliegenden Dörfer als Zufluchtsort diente. Ausgestattet mit diesem Hinweis lässt sich zudem auf die weiteren Bandmitglieder schließen: Zum einen Ex-Harmful-Frontmann Aren Emirze, der armenische Wurzeln besitzt (und diesen etwa bei seinem Solo-Projekt Emirsian deutlich hörbar nachspürte), zum anderen Ex-Blackmail-Stimme Aydo Abay. Der ohnehin für so ziemlich jedes kreative Band-Projekt offene Musiker mit der unverwechselbaren Stimme dürfte auch das Bindeglied von Musa Dagh darstellen, schließlich lieferte er bei einem Stück des in diesem Jahr erschienenen Emirsian-Albums „Lezoon“ einen Gesangsbeitrag und stellte erst kürzlich mit „High Times In Babylon“ den ersten Langspieler des Band-Projektes Freindz in die Regale – und zu diesem gehört eben auch Thomas Götz. Komplettiert werden Musa Dagh von Studio-Tausendsassa Moses Schneider (Beatsteaks, Tocotronic, Turbostaat), der zwar vor allem als Produzent fungiert, aufgrund seines kreativen Inputs jedoch gern als inoffizielles viertes Mitglied gezählt werden darf.

Die Rollenverteilung dürfte trotz all des Namedroppings und der zahlreichen Querverweise also klar sein: Moses Schneider an den Studioreglern, Thomas Götz am Schlagwerk, Aydo Abay leiht dem Ganzen sein Stimmchen und Aren Emirze versorgt die Songs mit krachigen, noisig wummernden Gitarren. Zu dessen einstiger Noise-Rock/Alternative-Band Harmful mag es bei Musa Dagh daher sicherlich Parallelen geben, doch klingen die am 26. November erscheinenden zehn Songs des unbetitelten Debüts – wie man liest – variabler, unberechenbarer, spielfreudiger, überraschender. In jedem Fall darf man gespannt sein. 

So kommentieren es die Köpfe hinter der Band:

Thomas Götz: „Musa Dagh: Die Lizenz zum viel Spielen, Moses Schneider at the controls. Vertrauen – sich gehen lassen. Fünf sind doch gerade. Aufnehmen zuhause @fake Hansa Studios. How Aydo writes 10 Texte around Neukölln in einem Tag.“

Aydo Abay: „Es sollte in vier Tagen in den Hansa-Studios mit Moses und einem Drummer aus New York passieren. Dave Sardy sollte die Platte mischen. Im Hansa Studio hatte ich noch nie aufgenommen, mit Moses und Dave noch nie gearbeitet. Plötzlich hat das mit dem New Yorker Drummer doch nicht geklappt, und Aren fragte Moses und mich, ob man Thomas von den Beatsteaks als Drummer ins Boot holen könne. Gesagt, getan und Thomas war dabei. Noch mehr Vorfreude. Dann standen wir auf einmal im Proberaum von Thomas. Was soll ich sagen? Es hat sehr viel Spaß gemacht. Kaum Verantwortung. Hier einen Text schreiben, Melodien fallen mir immer zu allem ein und ein nettes Miteinander mit besonderen Menschen. Dass die Platte so gut wird, hat mich umgehauen. Auch hier gilt wieder: einfach mal machen und schauen was passiert!“

Aren Emirze: „Im Grunde wollten Aydo und ich immer schon eine Platte zusammen machen. Seit den bluNoise-Tagen in den 90ern denken wir darüber nach. Etwas schön Hartes, Krasses stellten wir uns vor. Warum es nie dazu kam und warum die Zeit genau jetzt dafür reif schien, kann ich echt nicht sagen. Dass Moses das Ganze produzieren sollte, stand auch schnell fest – ich habe ja schon einige Platten mit Moses gemacht, und er hatte auch Lust auf so ein neues Projekt. Dann, als das in New York alles nichts wurde, fiel uns ein, dass die Beatsteaks ja gerade Pause machen, und ich dachte mir, fragen wir doch mal den Thomas, ob er Bock hat zu trommeln. Hatte er. Also ab in Proberaum. Zunächst nur Thomas und ich – und dann kam die Explosion. Die ganzen Riffs, die vertrackten Ideen, die Urgewalt, das kam alles sofort raus. Von da an hab ich allen gesagt: Mehr ist mehr. Macht und spielt was ihr wollt, je größer ihr dabei den Raum füllt, umso besser. Je drei kompakte Proben- und Aufnahmesessions später hatten wir das Album beisammen und das Gefühl, dass kein Song darunter ist, der unnötige Kompromisse eingeht. Ich verstehe, dass diese Platte die Leute draußen fordern wird. Für uns, die wir genau dorther kommen, ist das ganz natürlich. Das kommt einfach aus uns raus und fühlt sich total poppig und easy an. Ich finde nicht, dass wir unnötig kompliziert sind, aber es sind schon krasse Nummern auf der Platte. Es war total schön, mit diesen Freunden ein Album aufzunehmen, bei dem es für niemanden darum geht, irgendwelche Erwartungen zu erfüllen – und das gerade, wo die Erwartung von Fans unserer anderen Bands sicher riesig ist. Trotzdem waren wir alle überrascht, was für ein Album dann dabei rausgekommen ist. Denn klar, wir kommen alle aus der härteren Gitarrenmusik, aber dort doch aus recht unterschiedlichen Ecken. Wo genau da die Schnittmenge liegt und wie die Synergie aus diesen Persönlichkeiten klingen könnte, das wussten wir alle vorher nicht.“

Emirze kommentiert den Song „Halo“, der gestern als erster akustischer Vorbote des kommenden Albums seine Premiere feiern durfte, wie folgt: „Die Hauptriffs von ‚Halo‘ schwirrten schon länger in meinem Kopf. Mit Thomas und Aydo im Proberaum gab es kein Halten mehr, und der Song ging auf die Reise… Eine Achterbahnfahrt mit klarem Ziel: alles zu vereinen was Musa Dagh ausmacht. In einem Song.“

Rock and Roll.

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Song des Tages: LP – „Halo“ (live)


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Eine Powerfrau im wahrsten Sinne. Familiäre Wurzeln sowohl in Italien (ihr Vater) als auch in Irland (ihre Mutter, obendrein noch Opernsängerin) – somit durchdringt nicht nur Temperament, sondern auch Musikalität ihre DNA. Aufgewachsen in New York und mittlerweile ins Showbizz-Mekka Los Angeles übergesiedelt. Jahrelange Ghostwriting-Einsätze für Songs von Künstlern wie wie Rihanna, Christina Aguilera, Rita Ora oder The Backstreet Boys, weil die eigene Karriere zunächst nicht wirklich in Gang kommen wollte. Wer nun denkt, hier einen Auszug aus dem Lebenslauf von Linda „What’s Up“ Perry zu lesen, der liegt zwar nicht komplett falsch – schließlich haben beide Frauen in der Vergangenheit bereits das ein oder andere Mal zusammen gearbeitet und stehen jeweils offen zu ihrer Homosexualität. Dennoch ist hier von LP – alias Laura Pergolizzi – die Schreibe.

4050538287011Nun mag die 39-jährige US-Musikerin mit der durchdringend röhrigen, mit einem dezent souligen Tremolo ausgestatteten Stimme, die von der „Vogue“ bereits als „mit einem Hauch Elektro-Dylan“ umschrieben wurde (nicht gänzlich unpassend, denn auch optisch hat sich die androgyne Wuschelmähnenträgerin wohl etwas von His Bobness abgeschaut), zwar – noch – keinen Radiohit-Evergreen wie die ehemalige 4 Non Blondes-Frontfrau in petto haben. Dennoch dürfte vielen das feine, 2016 erschienene „Lost On You“ durchaus bekannt vorkommen (welches sich übrigens in Ländern wie Griechenland, Polen, Frankreich, Italien und Belgien ganz vorn in den Charts platzierte). Über das gleichnamige, im selben Jahr veröffentlichte Album sagte sie: „Wenn meine letzte Platte die Party war, ist mein neues Album so etwas wie der Kater danach.“ – Wenig verwunderlich, schließlich handelten die geschickt zwischen Rock und Pop, Dramatik und Pathos, Kraft und Gefühl pendelnden Songs in erster Linie vom Herzschmerz nach einer zerbrochenen Beziehung.

Und in der Tat ist Laura Pergolizzi, die bereits 2011 mit ihrem Song „Into The Wild„, welcher in einem Werbespot verwendet wurde, ein erstes Ausrufezeichen setzen konnte, während andere Stücke bereits in TV-Serien wie „Orange Is The New Black“ (Klischee! Klischee!) zu hören waren, eine durchaus beachtliche, charismatische Erscheinung mit Haltung und einem Gespür für die richtige Melodie, welche vor allem live auf der Bühne zu imponieren weiß – was man leider weniger von ihrem jüngsten, fünften, 2018 erschienenen Studiowerk „Heart To Mouth“ behaupten kann, da es seine Fühler wohl ein ganzes Stück zu weit in Richtung Westcoast-Seventies-Pop à la Eagles oder Fleetwood Mac und Radiopop-Beliebigkeit ausstreckt. Da sei allen, die mit der Dame und ihren Songs warm werden möchten, viel eher der oben benannte Vorgänger oder das im Mai erschienene Live-Album „Live in Moscow“ ans Hörerherz gelegt, welche die im April 2019 mitgeschnittene Show von Pergolizzi (die ab und an übrigens auch an der Ukulele zu brillieren weiß) und Band vor 6.000 Fans in der russischen Landeshauptstadt dokumentiert (wer mag, der findet hier das bereits erwähnte „Lost On You“ als Hörprobe).

 

Dass es Laura „LP“ Pergolizzi ebenso versteht, die Kompositionen anderer großer Pop-Künstlerinnen für sich einzunehmen, bewies die Musikerin bereits 2012, als sie sich ihm Rahmen ihrer EastWest Studio-Session nichts Geringeres als „Halo“ von Beyoncé vornahm – und dem Song mal eben einen siebenminütigen Powerrock-Anstrich verlieh…

 

Rock and Roll.

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