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Zu kurz gekommen – Teil 15


„Die Ramones gehören zu den wichtigsten Bands aller Zeiten. Für einige sind sie sogar die Schöpfer dessen, was man bald nach ihrer Gründung ‚Punk‘ nannte“, wie der „Rolling Stone“ schreibt. Daher ist es auch kaum verwunderlich, dass es im Laufe der Zeit so einige Tributes an die großen Ramones gab. Etwa jene, die am 11. Februar 2003 erschien – und mit einem außergewöhnlichen Staraufgebot überraschte. Zudem gehört die Cover-Compilation „We’re A Happy Family: A Tribute to Ramones“ zu den letzten Amtshandlungen von Gitarrist und Bandkopf Johnny Ramone.

Die Ramones sind bereits Geschichte, als die Idee eines Tribute-Albums an Johnny Ramone herangetragen wird. Im August 1996 hatte sich die 1974 in New York City gegründete Band mit einer Show in Hollywood aufgelöst, am 15. April 2001 war Sänger Joey Ramone verstorben. Johnny sagte seine Beteiligung an der Compilation unter einer Bedingung zu: Er wollte volle Kontrolle und das letzte Wort. Das sollte sich auszahlen, denn als Punk-Rock-Ikone hat man schließlich so ziemlich alle wichtigen Telefonnummern: „Ich habe ihnen gesagt, dass ich Eddie Vedder kriegen kann“, erklärt der Gitarrist später. „Und dass ich Rob Zombie bekommen kann, die Chili Peppers, Marilyn Manson und Metallica.“ Und so kommt es auch: Im Februar 2003 erscheint „We’re A Happy Family: A Tribute to Ramones“ mit prominenter Besetzung. Mit dabei sind neben den Genannten U2, Green Day, Garbage, The Offspring, Tom Waits, The Pretenders, Rancid, Pete Yorn und sogar Kiss.

Vorher hatte Johnny allen Bands nahegelegt, die Songs so anzugehen, als hätten sie sie selber geschrieben. Das funktioniert unterschiedlich gut: Rob Zombies Variante von „Blitzkrieg Bop“ und Marilyn Mansons „The KKK Took My Baby Away“ bekommen einen bizarren Industrial-Anstrich, „Do You Remember Rock’n’Roll Radio?“ klingt dank Kiss plötzlich nach großer Stadionshow. Green Day hingegen hauen „Outsider“ so raus, wie man es von ihnen gewohnt ist. Die Peppers-Version von „Havana Affair“ soll Johnny Ramone so gut gefallen haben, dass er sie deshalb an den Anfang der Platte setzte, während er „Something To Believe In“ nach eigenen Aussagen erst in der luftigen Aufnahme der Pretenders so richtig möchte. Auf einigen Editionen der Platte gibt es sogar einen versteckten Track: „Today Your Love, Tomorrow The World“ von Ex-und-jetzt-wieder-Chili-Peppers-Gitarrist John Frusciante.

Doch nicht alle Ideen und losen Pläne gehen auf: Für den Song „Here Today, Gone Tomorrow“ etwa hatte der Ramones-Chef ursprünglich Elvis‘ unlängst verstorbene Tochter Lisa Marie Presley eingeplant, auf der Platte landet jedoch eine Version von Rooney. (Frau Presley nimmt das Stück später für ihr eigenes Album „Now What“ auf.) Sogar den „Boss“ höchstselbst wollte Johnny für das Projekt gewinnen, doch leider fällt diese Anfrage ins Wasser, ohne dass er einen Grund dafür erfährt. „Wenn man versucht, an jemanden über sein Management ranzukommen, dann hört man nie genau, was los ist“, kommentiert der Ur-Ramone in einem Interview auf der Band-Homepage. „Später trifft man den Künstler dann, und der hat nie etwas von der Sache mitbekommen.“

Die Ramones live in Toronto, 1976 (Foto: Plismo)

Als Co-Produzent agiert Rob Zombie, er zeichnet auch das fein anzusehende Cover. Der Mann – immerhin selbst Musiker, Regisseur und Kreativling in Personalunion – ist, wie alle, die ihre Beiträge beisteuern, freilich erklärter Fan: „Die Ramones sind die beste amerikanische Band. Was sie gemacht haben, ist so simpel, so reduziert und so auf den Punkt, dass man damit nichts falsch machen kann.“ Die Liner Notes schreibt ebenfalls ein berühmter Fan: Horrorikone Stephen King.

Leider sollte dieses durch und durch gelungene Tribute eine der letzten „Amtshandlungen“ von Johnny Ramone sein: Anderthalb Jahre später verstirbt der stilprägende Gitarrist mit nur 55 Jahren an Prostatakrebs. Der Einfluss seiner Band auf Rock und Punk, wie wir sie kennen, bleibt jedoch unvergessen. Das zeigt sich auch darin, dass die beteiligten Bands und Künstler*innen die Ramones-Songs bis heute immer wieder gern live spielen.

Rock and Roll.

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Längst ein Gänsehaut-Klassiker – 65.000 Green-Day-Fans singen Queens „Bohemian Rhapsody“


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Man kann über die Briten sagen, was man will – aber feiern können sie auf jeden Fall. Ein recht guter Beweis dürften Szenen sein, die sich beim „British Summer Time“-Festival im Juli 2017 in London abspielten.

Kings Of Leon, The Killers und unter anderem auch die US-Punkrocker von Green Day hatten sich angesagt. Letztere Band um Billie Joe Armstrong, Mike Dirnt und Tré Cool spielte an einem sonnigen, sommerlich warmen Samstagabend – und schon vor ihrem Auftritt war die Stimmung extrem gut.

Denn als „Bohemian Rhapsody“ von Queen, ein von Green Day recht oft benutzter Intro-Song (zu dem es vor einigen Jahren im Londoner Emirates Stadion bereits zu ähnlichen Szenen kam, welche ein Zuschauer via YouTube mit den Worten „Nur Queen rocken ein volles Stadium, ohne selbst dort zu sein“ kommentierte) aus den Boxen lief, sangen 65.000 Fans ebenso lauthals wie textsicher mit. Wer da keine Hummeltittchen bekommt, ist weder Mensch noch rockbar…

Nur logisch also, dass all das selbst den erfahrenen Rockstars von Green Day ein großes Kompliment abnötigte: „Danke Hyde Park. London, du weißt, wie man rockt!“, schrieb die „American Idiot“-Band seinerzeit bei Facebook. Da dürfte sogar die seit eh und je großartigste „Bohemian Rhapsody“-Verwendung aller Zeiten in „Wayne’s World“ etwas neidisch werden.

Und jetzt all gemeinsam: „Is this the real life? / Is this just fantasy? / Caught in a landslide / No escape from reality…“

 

 

Rock and Roll.

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Song des Tages: SWMRS – „Lose It“


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„In ihrer Musik kombinieren SWMRS die bissigen Breitseiten von The Clash, das Amphetamin-Bubblegum der Ramones und die schneidenden Texte, treibende Energie und raue Ehrlichkeit von Public Enemy, Frank Ocean, A Tribe Called Quest und Kurt Cobain.“ Na, immerhin stapelt der Pressetext von Warner Music nicht zu tief…

81cWFGcvmEL._SS500_Dass Cole Becker, Max Becker, Joseph Armstrong und Sebastian Mueller diese Vorschusslorbeeren (ebenso wie den Fakt, dass der Punkpoprock-Vierer aus dem US-amerikanischen, sonnenbeschienenen Oakland, Kalifornien 2016 vom „Rolling Stone“ als „Best New Artist“ angepriesen wurde) nur bedingt einlöst, mag wohl daran liegen, dass SWMRS sich zwar bereits – wenn auch unter anderen Bandnamen – so einige Jahre lang ihre Bühnebrettersporen verdient haben, andererseits jedoch auch fern davon sind, als „alte Indierock-Hasen“ zu gelten. Vielmehr klingen sowohl das 2016er Album „Drive North“ als auch das nun erschienene neue Werk „Berkeley’s On Fire“ (mehr Infos dazu findet ihr etwa hier, das Musikvideo zum Titelstück gibt es an dieser Stelle) wie Mixtape-Soundtracks für imaginäre Frühsommer-Roadtrips entlang der kalifornischen Küste oder lange Abende im nahegelegenen Skate-Park, prall gefüllt mit allem, was sich an Indie-, Alternative-, (Post-)Punk-, seligem Neunziger-Retro-Rock, Synthie- oder Popwerpop gerade so auftreiben ließ. Im Einzel schön, als Ganzes jedoch schnell beliebig, und trotz guter Ansätze in Musik und Texten (noch) mit zu wenig eigenem Stil – da hilft auch die prominente Verwandtschaft (der Punkrock-Dad von Schlagzeuger Joseph Armstrong ist kein Geringerer als Green-Day-Frontmann Billie Joe Armstrong) wenig. Aber: all das kann ja noch werden…

 

Ganz toll in jedem Fall – und meinerseits mit erhöhter Ohrwurm-Warnung versehen: die auf dem Re-release von „Drive North“ erschienene Quasi-Slacker-Ballade „Lose It“:

 

„When I first saw you I made a mixtape
I didn’t know you’d do the same damn thing
When I said goodbye to you it went quiet
Cause I didn’t wanna feel any pain
The last thing I want is another debutante
To take me away from my world (Take me away from my world)
And I know that wasn’t us, but it still got tough
So come on, come on

And tell me why’d you have to have such a damn good taste in music?
Ya if all my favorite songs make me think of you I’m gonna lose it

When we drove up the coast we had a soundtrack
We made it feel like a film on a reel
And our story didn’t have a happy ending
But it still sounded good despite the way I feel
The last thing I want is another broken heart
To drive me to the brink of crazy (Drive me to the brink of crazy)
In the end I couldn’t take it cause I knew we wouldn’t make it
So come on, come on

And tell me why’d you have to have such a damn good taste in music?
Ya if all my favorite songs make me think of you I’m gonna lose it
Tell me why’d you have to have such a damn good taste in music?
Ya if all my favorite songs make me think of you I’m gonna lose it

In the end we were just a couple kids
Who thought and fought our way around each other
There’s a mark on the town from the times we had around
But there’s still some space for the rest of our lives

Sing it
Doo doo doo doo doo doo…

Tell me why’d you have to have such a damn good taste in music?
Ya if all my favorite songs make me think of you I’m gonna lose it
Tell me why’d you have to have such a damn good taste in music?
Ya if all my favorite songs make me think of you I’m gonna lose it

I’m gonna lose it…“

 

Rock and Roll.

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Abgehört…


Billie Joe + Norah – Foreverly (2013)

Foreverly (Cover)-erscheint bei Reprise Records/Warner-

Jetzt heißt’s ganz stark sein: Billie Joe Armstrong und Norah Jones veröffentlichen ein dreistündiges Dub Techno-Kompendium, welches sich ganz dem Gedenken an den deutschen Elektro-Pionier Karlheinz Stockhausen hingibt. Ist (h)ausgemachter Quatsch? Keine Angst – natürlich!

Viel einfacher, und nichtsdestotrotz immer noch recht spannend: Der Green Day-Frontmann und die Popfolkjazzsoul-Chanteuse haben sich „lediglich“ die Everly Brothers vorgenommen und werfen mit „Foreverly“ quasi ihre Reproduktionen des 1958 vom US-amerikanischen Country-Duo veröffentlichten Album „Songs Our Daddy Taught Us“ auf den Musikmarkt (das damals bereits Reinterpretationen von traditionellen Balladen und Standards darstellte). Dabei beweist die eine Seite (Billie Joe) Mut, die andere Seite (Norah) erneut das richtige Näschen für den passenden Duettpartner. Und der Zeitpunkt könnte kaum passender sein…

Billie Joe + Norah #1

Denn Armstrongs Hauptband Green Day steckt momentan, wie er selbst, in einer scheinbaren kreativen Sackgasse: Waren „American Idiot“ (2004) und „21st Century Breakdown“ (2009) noch musikalisch überbordende, überlange und preisgekrönte Rock-Rundumschläge mit wahrhaft epischen Ausmaßen und prächtigen Verkaufszahlen, versuchte sich die Band mit dem im vergangenen Jahr erschienenen Albumdreierpack aus „¡Uno!„, „¡Dos!“ und „¡Tré!“ quasi an der Rückbesinnung an selige Neunziger-Jahre-Punkrockzeiten. Reduktion? Fehlanzeige! Qualität? So lala… Dazu kam, dass man dem Frontmann die beinahe pausenfreien Ochsentouren zwischen Studio und Stadionbühne mehr und mehr ansah – boulevardträchtige Bühnenausraster, Rehab? Pause, bitte! Norah Jones hingegen gab seit ihrem elf Jahre zurückliegenden Debütalbum-Paukenschlag „Come Away With Me„, welcher die Musikwelt im Nu und auf sanften Jazz-Pfoten von ihrer Stimme und Person vereinnahmte, stets das auf niedlichem Niveau trällernde Jazz- und Soulpop-Goldkehlchen, sammelte Verkaufs- um Verkaufsschlager und Auszeichungen als Glanzlichter für die eigene Biografie und tobte sich auf breitem Terrain abseits des Mainstreams aus. So konnte man die Tochter von Sitar-Gott Ravi Shankar ebenso auf der großen Leinwand (2007 in „My Blueberry Nights“ und 2012 in „Ted“) bewundern wie in musikalisch mal gewagten (im Rahmen von Mike Pattons Projekt „Peeping Tom“ oder gemeinsam mit Danger Mouse und Daniele Luppi auf deren Album „Rome“), mal gefälligen (mit den Foo Fighters, mit Ray Charles, mit Ryan Adams) Kollaborationen oder im Bandverbund der Little Willies. Dass beide sich nun an Coverversionen einer US-Countryinstitution wagen, stellt dabei höchstens ein kleines Wagnis dar, denn Billie Joe griff bei Green Day schon in der Vergangenheit („Wake Me Up When September Ends“! „Good Riddance (Time Of Your Life)“!) gern mal zur Akustischen, während Norah sich gar nicht erst all zu fern von ihrem eigentlichen Klangfeld weg bewegen muss. Außerdem sind traditionelle Folker nicht erst seit Mumford & Sons, The Lumineers oder „Inside Llewyn Davis“, dem neuen Film der Coen-Brüder, für den sich die Regisseure tief in die New Yorker Folkszene der Sechziger Jahre hinein spüren, schwerst en vogue.

Billie Joe + Norah #2

Anhand all dieser kleinen Hinweise ahnt man bereits, wohin es mit „Foreverly“ geht. Die Akustische schrammelt keusch, die Mundharmonika erklingt (etwa im Opener „Roving Gambler“), die Fiddles fiedelieren („Barbara Allen“), das Piano klimpert, die Slidegitarre slidet, die Pedal Steel jubiliert, während Billie Joe und Norah diese wasweißichwiealten, quasi „uramerikanischen“ Stücke in allerliebstem Harmoniegesang vortragen (heißt auch: die Green Day-Stimme als markant schweres Kopfkissen und Jones‘ Organ als herrlich volle, warme Decke). Dass das Ganze nicht zum Vergangenes in all zu braver Form abfeiernden Schnarchgesang ausartet, darf als gesichert gelten, haben doch die zwölf Stücke – nicht erst seit der erfolgreichen Behandlung durch die Everly Brothers vor 55 Jahren – eine universale Gültigkeit, sind Abgesänge an Fern- und Heimweh, an Liebe und Triebe, an das Leben und Sterben. Da wippt das Bein, da flimmert das Kopfkino ganz von allein von staubig-sonnigen Straßen und endlosen Bahngleisen – ganz gleich, ob nun im kalten Bottrop-Kirchhellen oder in der texanischen Großstadt. Und Songs wie die schaurig schöne Moritat „Down In The Willow Garden“ oder der gut 300 (!) Jahre alte englische Traditional-Dauerbrenner „Barbara Allen“, an dem sich bereits so ziemlich jeder „Folkie“ von Bob Dylan über Art Garfunkel, Joan Baez, Emmylou Harris über Frank Turner oder die Decemberists versuchte, sind immer wieder schön anzuhören. Da macht „Foreverly„, das gelungene Everly Brothers-Tribut zweier glühender Everly Bothers-Fans, natürlich keine Ausnahme. Selten haben sich 15 Grammyauszeichnungen (zehn davon gehen allein auf Jones‘ Konto!) geschmackvoller an Instrumenten und vorm Mikrofon versucht, schöner haben es zwei Größen seit Robert Plant und Allison Krauss nicht mehr gemeinsam miteinander im Country House versucht. Die Schöne, der Punkrocker… und Stockhausen bleibt in der Kiste.

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Hier gibt’s die erste Single „Long Time Gone“ sowie das Stück „Silver Haired Daddy Of Mine“ im Stream…

 

…und ein kurzes Interview mit Armstrong und Jones zum gemeinsamen Album:

 

Rock and Roll.

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