Schlagwort-Archive: Glam Rock

Song des Tages: Starcrawler – „Chicken Woman“ (Live Session)


Header_1459697_16.9-1024x575

Mein erster Gedanke: Die gruselige dürre Horror-Uschi vom Dachboden des ersten „[REC]“-Streifens (und hiermit sei bitte explizit das spanische Original gemeint!) hat’s nach draußen geschafft und im sonnigen L.A. eine tieftönende Glamrock-Band gegründet…

coverIst natürlich Quatsch. Dennoch mag einen die groß gewachsene, mit „schlaksig“ noch mild umschriebene Statur von Frontdame Arrow De Wilde gut und gern das Fürchten lehren. Und die Musik, die die Tochter von Star- und Szene-Musikfotografin Autumn De Wilde (die in der Vergangenheit unter anderem Größen von Beck, Fiona Apple, die White Stripes, Wilco, die Raconteurs bis hin zu Elliott Smith vor die Linse bekam) mit ihrer Band Starcrawler auf dem selbstbetitelten, im vergangenen Jahr erschienenen Debütwerk durch die Lautsprecherboxen jagt? Klingt, „als hätten die Cramps mit Joan Jett im Schlepptau die B-52’s im Proberaum überfallen“ (meint etwa der „Musikexpress„). Oder wie ein zwischen somnambul und Sonnenstich pendelnder Mix aus Ozzy Osbourne, den Runways, Misfits, Yeah Yeah Yeahs und Patti Smith. Klar wäre das Quartett aus dem Los-Angeles-Viertel Echo Park, wo Arrow De Wilde ihre drei milchbübigen Mitstreiter einst auf dem Schulpausenhof rekrutierte, gern so manisch, bissig und gefährlich wie einst Iggy Pop und seine Stooges, oder meinetwegen – um auch ein weibliches Role Model ins Feld zu führen – wie Brody Dalle und ihre seligen Distillers. Dafür baden die zehn Glam’n’Punk’n’Roll-Songs des Debütalbums, welches übrigens von einem gewissen Ryan Adams mit reichlich fachmännischem Retro-Chic produziert wurde, jedoch zu genüsslich im Pop. Da können de Wilde und Band-Nesthäkchen-Gitarrist Henry Cash noch so sehr ihre Liebe zu Oralsex und der Stadt der Engel besingen, pausbäckigen Hass ausspeien, juvenile Tränen vergießen und verkünden: „I don’t wanna be anything but me. I don’t wanna be cause I will do what I want.“ Da kann man noch so viele prominente Fans und Fürsprecher von Dave Grohl (Foo Fighters) über Shirley Manson (Garbage) bis hin zu Elton John vorweisen und auf der Bühne manische an das „Der Exorzist“-Mädchen (oder eben „[REC]“) gemahnende Posen und Verrenkungen aufs Parkett legen. Es bleibt düster scheppernder Pop. Der jedoch? Unterhält.

 

 

 

Rock and Roll.

Getaggt mit , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , ,

Song des Tages: Kyle Craft – „Chelsea Hotel #2“


kyle-craft-cover photo by Mercy McNab

Foto: Mercy McNab

Chelsea Hotel #2„? Aye, Sir – großartig. Ein Klassiker der klassischsten Leonard-Cohen-Machart, veröffentlicht anno 1974 auf dem vierten Studioalbum des im vergangenen Jahr verstorbenen Troubadour-Großmeisters und Ladies‘ Man, „New Skin For The Old Ceremony“. Geschrieben vielleicht im, in jedem Fall über das Chelsea Hotel, jene berühmt-berüchtigte Absteige im New Yorker Künstler- und Einkaufsviertel Chelsea, 1883 erbaut und bis 1902 sogar das höchste Gebäude des Big Apple. Dass ebenjenes Hotel erst ab den Sechzigern, als sich zahlreiche Musiker, Schriftsteller und Künstler wie Salvador Dalí, Thomas Wolfe, Arthur Miller, Dylan Thomas, Charles R. Jackson, Nico, Jimi Hendrix, Janis Joplin, Catherine Leroy, Valerie Solanas, Patti Smith oder eben Leonard Cohen sprichwörtlich die Klinke in die Hand gaben, Berühmtheit erlangte – alles Musikhistorie. Ebenso wie der Fakt, dass es ausgeflippten Kunstschaffenden wie Andy Warhol und seiner „Factory“ als „Spielwiese“ für deren später wegweisende Film- und Kunstaktivitäten diente (Velvet Underground, anyone?). Oder die Tatsache dass ebenda im Jahr 1978 ein zwar absolut talentfreier, jedoch charismatisch-durchgedrehter Bassist mit dem Künstlernamen Sid Vicious (Sie wissen schon: die Sex Pistols – ihres Zeichens die welterste zusammen gecastete Punk-Boygroup) im Zimmer Nummer 100 seine Freundin Nancy Spungen – mutmaßlich im Drogenrausch – erstach und im Jahr darauf im selben Zimmer an einer Überdosis verstarb. Da der Hotelbetrieb seit 2011 wegen Renovierungsarbeiten eingestellt wurde, und die historischen Gemäuer nördlich von Greenwich Village und südlich des Garment District in der 222 West 23rd Street bei soviel umwehtem Geist wohl heutzutage nur enttäuschen können, hält man sich doch am Besten an den unkaputtbaren Leonard-Cohen-Song, in welchem dieser in seiner unnachahmlichen Art – mutmaßlich, denn bestätigen wollte er es freilich nie – von einer zwar kurzen, jedoch wohl höchst intensiven Liebschaft mit Rockröhre Janis Joplin berichtet: „I remember you well in the Chelsea Hotel / You were talking so brave and so sweet / Giving me head on the unmade bed / While the limousines wait in the street“. Wie so oft bei Cohen gehen graue Realität und deren romantische Verklärung, Anziehung, Verlangen, sauige Leibeslust und tiefe Spiritualität Hand in Hand durch alle Zeilen: „I remember you well in the Chelsea Hotel / You were famous, your heart was a legend / You told me again you preferred handsome men / But for me you would make an exception / And clenching your fist for the ones like us / Who are oppressed by the figures of beauty / You fixed yourself, you said, ‚Well never mind, / We are ugly but we have the music'“. Wenn schon der Dylan-Bob ’nen Nobelpreis für’s Lebenswerk bekommt, dann sollte Leonard Cohen höchstbald folgen…

homepage_large.fdd38cb8Kaum schlechter als das Original ist die Version von Kyle Craft, welche der im künstlerisch dicht bevölkerten Portland, Oregon beheimatete US-amerikanische Musiker kürzlich in einer Piano-Variante zum Besten gab. Apropos Kyle Craft: der 28-Jährige wird aufgrund seines leicht überreizt quengeligen Gesangsorgans gern mit Dylan verglichen, während der Bandsound seines 2016 erschienenen Debüts „Dolls Of Highland“ Vergleiche mit Bruce Springsteens E Street Band nahe legt (nicht als Rentnergang, aber in deren tighter Siebziger-Form). Außerdem recht oft in der Review-Wundertüte: Glam Rock (Bowie, T.Rex, Queen – der Hang zur pathetischen Übertreibung), erdiger Rock’n’Roll, Southern Rock (was nicht verwundert, denn Craft wurde in Shreveport, Louisiana geboren und verbrachte somit fast zwangsläufig Teile seiner Kindheit im baptistischen Kirchenchor zu). Ich selbst höre in Songs wie „Eye of a Hurricane„, „Lady of the Ark“ oder dem Titelstück des Debütalbums vielmehr Künstler wie Jesse Malin (den diesseits des Atlantiks noch immer viel zu wenige kennen) raus, während Crafts Stimmbänder gleich neben Starsailor-Frontmann James Walsh parken (Sie wissen schon, die gaaanz große Dramaschublade von „Alcoholic“ und so). Aber wie immer darf ja jede(r) gern seine ganz eigenen Vergleiche ziehen…

 

 

„I remember you well in the Chelsea Hotel
You were talkin‘ so brave and so sweet
Givin‘ me head on the unmade bed
While the limousines wait in the street

Those were the reason an‘ that was New York
We were runnin‘ for the money and the flesh
An‘ that was called love for the workers in song
Probably still is for those of them left

Ah, but you got away, didn’t you babe
You just turned your back on the crowd
You got away, I never once heard you say
I need you, I don’t need you
I need you, I don’t need you
And all of that jiving around 

I remember you well in Chelsea Hotel
You were famous, your heart was a legend
You told me again you preferred handsome men
But for me you would make an exception

An‘ clenching your fist for the ones like us
Who are oppressed by the figures of beauty
You fixed yourself, you said, „Well, never mind
We are ugly but we have the music“

And then you got away, didn’t you baby
You just turned your back on the crowd
You got away, I never once heard you say
I need you, I don’t need you
I need you, I don’t need you
And all of that jiving around

I don’t mean to suggest that I loved you the best
I can’t keep track of each fallen robin
I remember you well in Chelsea Hotel
That’s all, I don’t even think of you that often“

 

Rock and Roll.

Getaggt mit , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , ,
%d Bloggern gefällt das: