
(gefunden bei Facebook)
Wahre Worte. Weise Worte.
Rock and Roll.
Feines Ding geworden, und mit ’ner Extraportion ♥ ausgestattet: Der Singer/Songwriter (oder eben, auf Gutdeutsch und in bester Reinhard-Mey-Tradition: Liedermacher) Matze Rossi präsentiert mit „Milliarden“ seine brandneue Single und wird nach 22 Jahren darin (endlich) wieder politisch. Der Künstler aus dem unterfränkischen Schweinfurt dazu:
„VIEL ZU LANG HABE ICH MICH DARAUF AUSGERUHT, DARAUF VERTRAUT, DASS ANDERE GUTE POLITISCHE LIEDER SCHREIBEN. VIEL ZU LANG WAR ICH DER ANSICHT, DASS JEDER DER MEINE MUSIK HÖRT, EIN GEWISSES GRUNDVERSTÄNDNIS VON HUMANISMUS, ACHTSAMKEIT DEM PLANETEN ERDE & ALLEN LEBEWESEN GEGENÜBER HAT UND STELLUNG BEZIEHT. DOCH DAS REICHT NICHT MEHR!“
Ganze zwei Jahre habe der ehemalige Frontmann der Schweinfurter Punk-Band Tagtraum, welcher seit gut 15 Jahren vor allem solo unterwegs ist (und so bereits das ein oder andere Mal hier auf ANEWFRIEND Erwähnung fand), laut eigener Aussagen an „Milliarden“ geschrieben, „unzählige Text- und Arrangementversionen verfasst, alle verworfen und es auch schon fast aufgegeben“. Doch dann hat er den Song ganz spontan und wunderschön unfertig auf der 2019er TVNoir-Tour live gespielt. Als Feedback haben ihn zahlreiche Menschen darauf angesprochen, wo sie denn das Lied bekommen könnten. Well… Nun ist es soweit und Matthias „Matze Rossi“ Nürnberger präsentiert das von Herzen kommende, zu selbigem gehende Stück in diesem faszinierend vielfältigem Ding namens Internet. Im Grunde ist „Milliarden“ einfach ein sehr schönes Lied über Themen, die einen allein (ver)zweifeln lassen könnten – käme da nicht der Schwenk dahin, warum das mit dem Verzweifeln halt doch nicht geht. Vielleicht nah am Kitsch gebaut, aber noch in genau der richtigen Nachbarschaft der Menschlichkeit untergekommen…
Was sich der 42-jährige Akustikklampfer mit dem Punk im Herzen nun wünscht? Verrät er via Facebook:
„Hallo Ihr Lieben,
‚Milliarden‘ ist endlich draußen, ich habe im Vorfeld schon viel erzählt zu dem Lied und ich könnte noch so unendlich viel dazu sagen…doch lassen wir es erstmal wirken.
Teilt es, packt es in eure Streaming-Playlisten, nervt Radiosender es zu spielen, lasst mir einen Kommentar da, und bitte singt es ab 14.02. so laut ihr könnt auf der End Hits Records Tour mit mir.
Zum Video geht es hier:
https://youtu.be/SEcSoFe8BjU
Und zum Lied direkt hier:
https://orcd.co/milliarden
Ganz großen Dank möchte ich an meine lieben Freunde raushauen, die sich beim ersten Hören des Liedes gefilmt haben, und so das wunderbare Video möglich gemacht haben♥. Und natürlich an mein Label End Hits Records und die ganze Uncle M Bande, die so hinter mir stehen und mit viel Einsatz diesen Blitzrelease möglich gemacht haben.
Wir sind Milliarden
Punk & Liebe
Matze Rossi“
Rock and Roll. ✌️
(Frank Vincent Zappa, 1940-1993, US-amerikanischer Komponist und Musiker)
Der regelmäßige Besucher dieses bescheidenen Blogs dürfte ja wissen, wie gern hier der olle Zappa-Frank zitiert wird.
Die kurze Hintergrundstory zur heutigen Zappa’schen Lebensweisheit geht so:
Frank Zappa war in der Talkshow eines gewissen Joe Pyne eingeladen. Und ebendieser Joe Pyne war bekannt für seine böswillige Form der Gesprächsführung. Es war nichts Ungewöhnliches, dass er einen Besucher vorstellte, und dann sofort über die Begabung, das Aussehen oder die Überzeugungen des Betreffenden herzog. Manche Leute behaupteten, Pynes verletzende Art gehe zum Teil auf seine Beinamputation zurück, die ihn verbittert habe. Andere stritten das ab und meinten, er sei einfach von Natur aus bösartig. Zappa wurde Anfang der sechziger Jahre eingeladen, als lange Haare bei einem Mann noch ungewöhnlich waren. Nachdem er vorgestellt wurde, kam es zu folgendem Schlagabtausch:
Joe Pyne: „Ich habe den Eindruck, Ihre langen Haare machen aus Ihnen ein Mädchen.“
Frank Zappa: „Und ich habe den Eindruck, Ihr Holzbein macht aus Ihnen einen Tisch.“
Was will uns der Autor also sagen? Nun – und da fass‘ ich mir freilich auch ans eigene Riechorgan -, lasst uns doch ab und an die dämliche Reduziertheit außen vor lassen und unserem Gegenüber mit weniger Voreingenommenheit begegnen. Deal?
Rock and Roll.
Cosmopolis (2012)
Eric Parker (Robert Pattinson) braucht einen Haarschnitt. Was bei 99,9 Prozent der Weltbevölkerung im Nu erledigt wäre, stellt ihn allerdings vor eine Reihe von Problemen…
Problem eins: der favorisierte Frisör hausiert am anderen Ende der nicht eben kleinen Großstadt. Problem zwei: Eric ist zwar erst 28 Jahre jung, jedoch bereits zigfacher Milliardär. Und da Geld bekanntlich die Zahl der falschen und halben Freunde sowie der Neider exponentiell erhöht, schwebt er zwar latent, aber permanent in Gefahr. Problem drei: der Präsident ist in der Stadt, und die eh schon engen und taxigelblich vollgestopften Straßen der Millionenmetropole New York werden somit für Erics Stretch-Limousine noch um einiges beengter. Doch all das stört ihn keineswegs. Welcher Präsident? Ach, der der Vereinigten Staaten! Macht nix. Und so macht sich der wie aus dem Ei gepellte Geschäftsmann samt motorisiertem Gefährt und hypernervöser Bodyguard-Entourage im elendig langsamen Schritttempo auf, um sich seine perfekt sitzende Scheitelfrisur noch ein wenig perfekter richten zu lassen. Überhaupt scheint diese futuristisch eingerichtete Limousine mehr Lebensmittelpunkt denn Fortbewegungsmittel für den kalt berechnenden, selbsterklärten Visionär und Kosmopoliten zu sein – er steigt nur zu kurzen Tête-à-têtes – etwa mit seiner gleichsam unterkühlten Ehefrau, mit der er die Möglichkeiten des lieblosen ehelichen Beischlafs abwägt – aus der blütenweißen Luxuskarosse aus, lässt lieber Bedienstete zusteigen: halbkindliche Berater, gestresste, durchschwitzte Sekretärinnen, den Arzt zur täglichen Prostatauntersuchung (!), mittelalte Mätressen (toll: Juliette Binoche) für ereignislosen Sex… Er ist selten allein, verzieht keine Miene, analysiert, diagnostiziert, ist dem Gegenüber nicht selten einen Schritt voraus und ummantelt sinnfrei kreisende Dialoge scheinbar stets mit Metaebenen. Dass um den Wagen herum der Globalisierungsgegnermob in Zerstörungswut tobt, scheint Parker ebenso wenig zu interessieren (geschweige denn: beunruhigen), wie die Worte, die seine einerseits exquisit erlesenen, auf der andere Seite jedoch gnadenlos austauschbaren Begleitpersonen von sich geben, denn der steinreiche Schönling hat nur Augen für sich selbst. Und: er ist schrecklich gelangweilt. Doch gibt es noch Leben am Rande des Geldes? Wie probt man den Ausbruch aus einem selbstgeschaffenen, teuer erkauften und hermetisch abgeriegelten Kokon? Und: wer sind diese Leute, die mit toten Ratten um sich werfen?
Die Ausgangssituation für „Cosmopolis„, David Cronenbergs (u.a. A Dangerous Method, A History Of Violence, Die Fliege) neusten Film, mag nicht die schlechteste sein, immerhin darf er hier den gleichnamigen, 2003 erschienenen Bestseller-Roman von Don DeLillo verfilmen. Und trotzdem hat er ein Problem: Robert Pattinson. Zwar mag der durch seine Rolle als „Twilight„-Vampir weltberühmt gewordene Engländer nach Außen und auf den ersten Blick der passende Darsteller für den gefühlskalten, ständig analysierenden Business-Zombi sein, doch bringt er die Zerrissenheit, die latente innere Panik, die DeLillos Figur zwischen den Zeilen innewohnt, zu keinem Moment auf der Leinwand herüber. Während sich die Limousine wie ein technoider Bandwurm auf finanziellem Trauermarsch durch die beengten Straßen des Millionenmollochs quält, bleibt von Pattisons Mienenspiel oft nicht mehr als Zynismus, Arroganz und Gleichgültigkeit. DeLillos bissiger, nur knapp 200 Seiten kurzer – und, bedenkt man das Datum der Veröffentlichung, auch recht visionärer – Abgesang an den New-Economy-Hype gerät zur 123-Minuten-Qual, an dessen Ende man sich fragt, ob diese gefühlte Verschwendung an Zelluloid und Lebenszeit wirklich notwenig war. Dann sollte man sich doch lieber die gelungenere Romanvorlage
zu Gemüte führen (kann hier leider selbst weder zustimmen noch widersprechen, da ich sie bisher nicht gelesen habe). Oder Aldous Huxleys 1932 (!) erschienen Klassiker „Brave New World„. Oder, wenn es denn schon bewegte Bilder sein müssen, sich von Christian Bale als Business-Psychopath Patrick Bateman im ähnlich angelegten „American Psycho“ vormachen lassen, wie man es richtig macht. Alles an „Cosmopolis“ mag sich schrecklich wichtig nehmen. Jedoch hat man all das schon tausendfach gesehen. Nur besser.
Wie bereits erwähnt, werden hier spannende Ausgangsmaterialen – Roman, Thema, Drehort – von einem Hauptdarsteller gekonnt versenkt, der selbst als misantropher Antisympath so glaubhaft ist wie ein Ku Klux Klan-Anhänger im Gospelchor. Und da man kaum ernsthaft annehmen darf, dass Cronenberg bei einem Film mit derart gehobenem Sujet vorhatte, hysterische „Twilight“-Screamager ins Kino zu locken, kann man sich nur allzu lebhaft vorstellen, wie der 69jährige kanadische Regisseur seine Wahl inmitten der Dreharbeiten alsbald selbst bereut haben mag (zuerst war Gerüchten zufolge Colin Farrell für die Hauptrolle vorgesehen, dieser zog es jedoch vor, im Remake von „Total Recall“ den Ersatz-Schwarzenegger zu spielen). Denn erst hier verwandelt sich Pattinson in den wahren, bieder-bleichen Vampir und saugt mit bedrohlicher Talentfreiheit als Geheimwaffe den Zuschauern die Lebenszeit aus. Jedoch: die Frisur sitzt. Herrje, schöne neue Welt…
Rock and Roll.
Wohl kaum einer versteht den Text, und doch marschiert „Gangnam Style„, der K-Pop-Song des südkoreanischen „Rappers“ Psy, Rekorde brechend um den Erdball: das bisher beliebteste Video in der Geschichte Youtubes (sprich: die meisten „Like“-Klicks), zahlreiche Nummer Eins-Plazierungen, sogar Video-Nominierungen (wie etwa bei den kommenden MTV Europe Music Awards 2012) hat der Song, der ursprünglich eine möglichst lächerliche Parodie des protzigen und verschwenderischen Lebensstils der Bewohner des Stadtteils Gangnam in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul darstellen sollte, bereits eingeheimst. Fünfhundertdreißig (!) Millionen Klicks sprechen für sich. Und doch nur für den Moment…
Nun ist sogar der chinesische Künstler Ai Weiwei auf den „Gangnam Style“-Zug aufgesprungen und präsentiert seine Video-Parodie: bekleidet mit pinkem Shirt und schwarzem Sakko tanzen er sowie seine Angestellten, Kollegen und Freunde ausgelassen in einem Innenhof ihre Version des Tanzes, welche sie passend dadaistisch „Gras-Sumpf-Pferd“ nennen. Zwischendrin werden immer wieder kurze Szenen des Originalvideos hineingeschnitten, und gegen Ende lässt sich Ai Weiwei sogar in Handschellen legen. – Das war wohl zu viel des Guten für die chinesische Regierung und ihren berühmt-berüchtigten Zensurdrang, denn bereits binnen kürzester Zeit war der Clip innerhalb Chinas gesperrt und ist nun für Ai Weiweis Landsleute nur noch in kommentierten Ausschnitten verfügbar… Da der 55-jährige Künstler für Peking beileibe kein Unbekannter ist – er ist als Regierungskritiker bekannt, wegen Pornographie und Steuerhinterziehung angeklagt (wobei in einem Land wie China in diesem Fall wohl mit einem anderen Maß gemessen wird) und wurde 80 Tage an einem unbekannten Ort festgehalten – darf man davon ausgehen, dass seine „Gangnam Style“-Version mehr Gesellschaftskritik mit politischem Hintergrund als Tribut an den Zeitgeist darstellen soll. Lustig anzuschauen ist’s allemal.
Glücklicherweise darf ich aus einem weit freieren Teil der Welt schreiben, deshalb gibt’s hier Ai Weiweis Video:
Und der regimekritische Chinese ist keinesfalls der einzige, der sich dieser Tage im Glanz der amüsanten popkulturellen Eintagsfliege sonnt, wie man anhand dieses Videos, das den UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon bei einem Treffen mit dem für den globalen Hit verantwortlichen Künstler Psy zeigt…
Als meinen eigenen Tribut an den Zeitgeist habe ich hier für die zwei Menschen auf der Welt, denen das Original – mutmaßlich – noch fremd sein dürfte, das Video. Und als ganz besonderen Service: die deutsche Übersetzung des Textes als Untertitel!
„Oppan Gangnam Style!“
Rock and Roll.